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New Public Management und Neues Steuerungsmodell in der Kommunalverwaltung. Prof. Dr. Günter Roth www.sozial-politik-seminar.de. Probleme kommunaler Sozialpolitik/-verw. I. Alte u. neue Armut, Exklusion, Prekarität Ökon. Krisen / Transformation der Arbeit
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New Public Management und Neues Steuerungsmodell in der Kommunalverwaltung Prof. Dr. Günter Roth www.sozial-politik-seminar.de
Probleme kommunaler Sozialpolitik/-verw. I • Alte u. neue Armut, Exklusion, Prekarität • Ökon. Krisen / Transformation der Arbeit • Individualisierung, Pluralisierung sozialer Milieus • Krise / Wandel Familie • Internationalierung, ‘Globale Soziale Frage’ / Migration • Alterung und Demographischer Wandel • Legitimationsprobleme / ‘Krise Repräsentation’ (Vester)
Empfänger Sozialer Grundsicherung (Ende 2006) Zeile 2: davon 5,3 Mio. erwerbsfähige Hilfeempfänger! <-|-> offizielle Arbeitslosenzahl!
Soziale Milieus in Westdeutschland (2003) benachteiligte Quelle: Vester 2006: 12 (Repräsentativerhebungen) Eig. Bearb.: (‚benachteiligte‘ statt ‚unterprivilegierte‘ Volksmilieus)
Politische Milieus in Westdeutschland (2003) Quelle: Vester 2006
Sozialpolitische Milieus Quelle: Eigene Erstellung in Anlehnung an Bourdieu, Vester et al.
Probleme der Kommunalpol.-/verw. II • Selbstverwaltung statt Kommunalpolitik • Dominanz ‘Fachlichkeit’ (‘Experten’) u. Honoratioren • Verstaatlichung/Zentralisierung <-> Politikverflechtung • Institutionelle Beharrung, Inkrementalismus, Intransparenz • Fachbruderschaft, Korporatismus <-> Mythen <-> Institutionalisierung, Isomorphie <-> ‘lose Kopplung’ (Roth 1999) • Wachsende (disparitäre) Sozialausgaben <--> Finanzkrise • Bestandsgarantie (Org., Personal)
Weitere Probleme komm. Verwaltung • ‘Übersteuerung’ • Polit. Detailkontrolle u. ‘Hyperbürokratie’ • ‘Untersteuerung’ • Trennung v. Finanz- /Fachverantw. • Mangelnde Kontrolle von Effizienz u. Effektivität • Inkrementalismus, Selbststeuerung d. Verw. • Mangelnde Fachlichkeit • Strategieproblem, Managementproblem, Legitimationsproblem • Demotivation u. mangelnde Attraktivität d. Öff. Dienstes
Einheitlichkeit von Haushaltsrecht (GG, Haushaltsgrundsätzegesetz, Gemeindeordnung) Haushaltssteuerung durch Politik als Satzung oder Gesetz Jährliche Haushaltsaufstellung (Kämmerer oder Finanzminister) Jährlichkeit, Vorherigkeit, Fälligkeit, Haushaltsausgleich Kreditbegrenzung = Höhe Investitionen Kameralistik (Einnahmen u. Ausgaben getrennt nach Einzeltitel u. Gruppen) Bruttoprinzip Einzelveranschlagung (Bundeshaushalt mit a. 8.100 Ausg.- u. 1.200 Einnahmetitel, 1997) Keine Übertragung zwischen Einzeltiteln, Gruppen oder Jahren Reine Einzelausgabenorientierung Produkt- u. Prozesskosten, Effizienz u. Effektivität bleiben unbekannt Keine systematische Leistungsbeurteilung und –kontrolle Keine Vermögenskontrolle Hintergrund: Kameralistik
Kommunalfinanzen (2005-2007) Quelle: der städtetag 5/2007: 5
Beschäftigte bei den Kommunen (1992-2003) Quelle: Deutscher Städtetag 2004
Reformen der Kommunalpolitik • Direktwahl u. Stärkung der Oberbürgermeister • Wahlrecht: Panaschieren/Kumulieren • Stärkung direkter Partizipation (Bürgerbegehren, Bürgerentscheid, Bürgerhaushalt) • Schwächung von Parteien • Proporz-/Konkordanz- statt Konkurrenzdemokratie • Stärkung der Verwaltung <-> NPM
Kommunale Aufgaben: Reformforderungen • Rückführung staatl. Regulierung u. Stärkung kommunaler Kompetenz • Beteiligung der Kommunen bei Landes- u. Bundesgesetzgebung • Zuweisung von Aufgaben an Kommunen nur nach_ • Ermittlung der Kosten • Erforderlichkeitskontrolle u. • Gesetzesfolgenabschätzung • Rückführung / Dezentralisierung von Kompetenzen • Stärkung der kommunalen Finanzierung • Stärkung der Konnexität von Aufgaben- u. Finanzverantwortung • Stärkung des Föderalismus <-> Trennsystem u. Wettbewerb
New Public Management I • Neoliberalismus u. internationale Vorbilder (UK, USA, NZ, NL) • Ökonomisierung (BWL) <-> Staats- u. Bürokratiekritik • Unternehmens-/verwaltungsnahe ‚Think Tanks‘ u. Wiss. • Bertelsmann-Stiftung, Wirtschaftsinstitute u. Wiss. • KGSt (Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung, heute: ‚Verwaltungsmanagement‘) • Makro-Ebene: • Deregulierung, Privatisierung, Wettbewerb, aktivierender Staat • Mikro-Ebene: • Binnenmodernisierung (BWL/Effizienz/Effektivität) (NST) • Tilburger Modell <-> ‚Konzern Stadt‘, ‚Deutschland-AG‘
New Public Management II • Kontraktmanagement u. ‘Quasi-Wettbewerb’ • Trennung Politik/Verw. <-> Entpolitisierung? (‘Effizienz’ <-> Demokratie) • Recht u. Input-Steuerung <-> Output-/Outcome-Steuerung (Produkte, Effizienz, Effektivität = Service-Bürger-Kundenorientierung) • Abbau v. Leitungsstrukturen, Dezentralisierung mit Budgets, (Fachbereiche mit Fach u. Finanzverantwortung) • Kameralismus <-> Doppik/Leistungs-/Kostenrechnung • Controlling, Leistungs- u. Kennzahlenvergleich (Benchmark) • Personal: Rekrutierung, Qualifikation, OE/PE, Wettbewerb, Kontrakte, Anreize, Teamarbeit, Ganzheitl. Fallbearbeitung
Aufgabenkritik, Auslagerung, Privatisierung • Aufgabenkritik/Privatisierung als Grundlage des NPM (Makro-Ebene) • Privatisierung je nach strategisch-politischer Bedeutung u. Spezifität von Aufgaben (Risiko) <-> Komplexität, Effizienz/Effektivitätsprobleme • Rückzug auf Kernbereiche u. Gewährleistung • Reichweite der Privatisierung / Auslagerung • Gewährleistungsverantwortung, Finanzierung-, Durchführung- (Planung, Finanzierung, Ausführung, Kontrolle) • Formen der Verselbständigung • Regiebetriebe, Eigenbetriebe, öff.-rechtl. Anstalten, GmbH • Art der Subventionierung (instit. Objektförderung <-> Subjektförderung/Gutscheinmodell)
Modell ‚Konzern Stadt‘ / Kontraktmanagement Quelle: Trube 2001: 176
Kontraktmanagement • Kontraktmanagement als verbindliche Zielvereinbarung über einen festgelegten Zeitraum über die zu erstellende Dienstleistungen (Produkte) nach • Quantität und Qualität (Leistungsziele), • über die hierzu zur Verfügung stehenden Finanzen (Finanzziele) • und der Art der Berichterstattung über das tatsächlich erzielte Ergebnis (KGSt n. Knorr, F. (2001): Organisation in der Sozialwirtschaft, Frankfurt/M., S. 222) • Ausschreibung <-> Angebote <-> Auswahl • Leistungs-/Qualitäts-, Finanzierungs-, Prüfvereinbarung (BSHG/SGB)
Budgetierung • Plan zur Steuerung von Ressourcen, diff. nach Produkten, Funktionen, Regionen, Projekten, Organisationseinheit • Ziel ist effiziente und effektive Ressourcenverwendung (Allokation) sowie Planung und Kontrolle • Info zu Herkunft u. Verwendung der Mittel in einem Zeitraum • Kosten- und Leistungsrechnung mit Vergleich von Soll- und Ist u. Kontrolle in Relation zu Zielen • Regelungen zur Mittelübertragung (funktional u. zeitlich) • Regelungen zur Gewinnerzielung und -verwendung
Controlling • Begriff • Unterstützung der Führung durch Planung, Information, Kontrolle und Steuerung im Hinblick auf Zielerreichung durch Orientierung an Zielgrößen und Kennzahlen • Strategisches Controlling: • längerfristig, 5-10 Jahre, Oberziele, Strategie • Operatives Controlling: • Eher kurzfristig, diff. nach Bedarf, Leistung, Kosten, Qualität, Wirkung • Aufgaben • Planung (ausgehend von Zielen, Bestand, Prognosen) • Aufbau von Informationssystemen • Koordination und Kontrolle, Auswertung, Aufbereitung von Daten • Evaluation u. Wirkungsanalyse
NPM: Kontrolle der Zielerreichung • „Es gilt Indikatoren zu vereinbaren, die Aufschluss über die Erreichung bzw. die Einhaltung der Ziele und Qualitätsmerkmale geben“ (KGST 1998) • Was sind valide, objektive u. reliable Qualitätsindikatoren? • z.B. Altenhilfe, Erziehungshilfe, Arbeitsförderung, Sozialraum • Kundenbefragungen, Bürgerbefragungen ? • Kennzahlenvergleiche zwischen vergleichbaren Kommunen (KGSt, Bertelsmann etc.) • meist sehr allg., wenig aussagekräftig/ergebnisorientiert • externe Einflüsse
Probleme des New Public Managements I • Finanzkrise, Zeitdruck, hohe politische Erwartungen • Inkrementalistische, improvisierte, nur partielle u. symbolische Umsetzung durch Verwaltung selbst • Politische Interessen <-> Anpassung i.d. Umsetzung • Mangelnde Transparenz, Partizipation u. Widerstände • Mehrarbeit f. MA <-> Angst vor Kostendruck/Einsparungen, Kontrolle • NPM ignoriert komplexe politische u. rechtl. Logik • Gleichheit, Gerechtigkeit, Legitimation, Gemeinwohl, Partizipation • Rechtliche Grenzen (u.a. Haushalts- u. Dienstrecht) • Bestandsgarantien u. fehlende Sanktionsmöglichkeiten
Probleme des New Public Managements II • NPM ignoriert Probleme des Marktversagens b. öff. Diensten • Fehlende Wirkungsanalyse u. Evaluation v. NPM • Konzentration auf Verw.strukturen u. -prozesse (input) • Vernachlässigung von output/outcome • Mangelnde Leistungsanreize u. -kontrolle bei öff. Diensten • Problem der Qualitätsbewertung sozialer Dienstleistungen • Ziele bleiben allg. u. werden nicht analysiert/operationalisiert
‘old u. new Public Management’ Quelle: Trube 2001: 209
Literatur • Arnold, U./Maelicke, B. (Hg.) (2003): Lehrbuch der Sozialwirtschaft, Baden-Baden. • Bogumil, Jörg/Grohs, Stephan/Kuhlmann, Sabine/Ohm, Anna K. (2007): Konzepte der Verwaltungsmodernisierung (Kap. 2) in: dies., Zehn Jahre neues Steuerungsmodell: Eine Bilanz kommunaler Verwaltungsmodernisierung, Berlin: Edition Sigma, S. 23-35. • Jann, Werner (2005): Neues Steuerungsmodell, in: Blanke, Bernhard et al. (Hg.): Handbuch zur Verwaltungsreform (3. Aufl.), Wiesbaden: VS-Verlag, S. 74-84. • Roth, G. (1999): Die Institution der kommunalen Sozialverwaltung: Die Entwicklung von Aufgaben, Organisation, Leitgedanken und Mythen von der Weimarer Republik bis Mitte der neunziger Jahre, Berlin. • Schröter, Eckard/Wollmann, Hellmut (2005): New Public Management, in: Blanke, Bernhard et al. (Hg.): Handbuch zur Verwaltungsreform (3. Aufl.), Wiesbaden: VS-Verlag, S. 63-74. • Trube, A. (2001): Organisation der örtlichen Sozialverwaltung und Neue Steuerung (Grundlagen u. Reformansätze), Frankfurt. • Vester, M. (2006): Soziale Milieus und Gesellschaftspolitik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 44-45, S. 10-17.