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Lautsprachliche Kommunikation Phänomenologie und phonetische Untersuchungsmethoden

Lautsprachliche Kommunikation Phänomenologie und phonetische Untersuchungsmethoden. Klaus J. Kohler IPDS, Kiel. Hauptseminar/Fortbildunsgveranstaltung, SomSem 2009 Thun/Pfitzinger/Kohler, Roman. Seminar, Kiel "Phonetik in der Analyse und Erstellung von Sprachkorpora". 1 Einführung.

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Lautsprachliche Kommunikation Phänomenologie und phonetische Untersuchungsmethoden

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Presentation Transcript


  1. Lautsprachliche KommunikationPhänomenologie und phonetische Untersuchungsmethoden Klaus J. Kohler IPDS, Kiel Hauptseminar/Fortbildunsgveranstaltung, SomSem 2009 Thun/Pfitzinger/Kohler, Roman. Seminar, Kiel "Phonetik in der Analyse und Erstellung von Sprachkorpora"

  2. 1 Einführung 1 Einführung 1 Einführung • In dieser Lehrveranstaltung wird Phonetik als wichtige Verarbeitungsebene in der vergleichenden Sprachwissenschaft eingeführt. • Diese Einführung beginnt • nicht mit Begriffsbestimmung und Beschreibung der wissenschaftlichen Disziplin • sondern mit einem "Anzapfen" Ihrer Erfahrung im alltäglichen Umgang mit sprachlicher Kommunikation • und führt über dieses Wissen aus Erfahrung dann zum Wissen durch Beschreibung (Bertrand Russel)

  3. 'sprachlich kommunizieren' bedeutet • im zwischenmenschlichen Verhalten • Bedeutungen zu übertragen (Sender – Empfänger) • mit Hilfe von Zeichen • die Zeichen sind entweder lautlich (Sprechen-Hören) • oder schriftlich (Schreiben-Lesen) • oder gestisch und mimisch in der Zeichensprache der Gehörlosen • die übertragenen Bedeutungen ordnen sich in drei Funktionsfelder ein

  4. Symbol Appell Signal Symptom ZEICHEN

  5. Beispiel aus französich-englischer Militärgeschichte zeigt die 3 Funktionen sprachlicher Kommunikation. • Sagt Ihnen der Ortsname Fontenoy etwas? • kleiner Ort im heutigen Belgien • am 11. Mai 1745 Schauplatz einer heftigen Schlacht • anglo-hannoversche, holländische, österreichische Armee unter dem Duke of Cumberland • und der französischen Armee unter Le Maréchal Saxe • Die Franzosen siegten. • Das sind die historischen Fakten. Nun kommen die Legenden.

  6. Sie unterscheiden sich auf den 2 Seiten des Ärmelkanals • Die französische Version: der kommandierende Offizier der Gardes Françaises ging auf die englische Linie zu, nahm seinen Hut ab, und rief: Messieurs les Anglais, tirez les premiers! Un bon exemple de la galanterie française: après vous, je vous en prie. • Die englische Version: der kommandierende Offizier ging auf die französische Linie zu, nahm seinen Hut ab und rief die entgegengesetzte Einladung:

  7. In welcher Sprache? • In Französisch, der Sprache europäischer Diplomatie und Kultur jener Zeit? Messieurs les Français, tirez les premiers! • oder in Englisch The French gentlemen have the first shot. • In beiden Fällen wird es als Beispiel für die höfliche englische Art gesellschaftlichen Miteinanders angeführt. "we must give the chaps a chance"

  8. Beide Versionen sind höchst unwahrscheinlich: die Engländer hätten sicher kein Französisch verstanden und die Franzosen weder Franglais noch Englisch. • Aber in Pierre Daninos "Les carnets du Major W. Marmaduke Thompson. Découverte de la France et des Français." finden wir p. 74 eine naheliegende Erklärung. • Sie hat zu tun mit der atmosphärischen Bedingung in einer Region so nahe am Ärmelkanal • dans le Nord, où il y a de la pluie et du brouillard tout anglais • sah der französische Offizier plötzlich die Engländer aus dem Nebel auftauchen und feuerte die Gardes Françaises an

  9. Messieurs!... Les Anglais!... Tirez les premiers! • Die legendäre französische Äußerung in der Schlacht von Fontenoy ist also • keine Anrede und Einladung zum Handeln an die Engländer, • sondern ein Appell an die eigenen, französischen Mannen, gefolgt von einer Warnung vor dem Feind und schließlich einem Befehl anzugreifen. • und die ganze Äußerung drückt ernste Sorge in negativer, lebensbedrohender Situation aus

  10. Unterschiede der 2. von der 1. Version • Zahl und Stärke der Phrasierungsgrenzen: 3 vs. 2 • aber auch in der durchgehend gepressten und verrauschten Stimme • accent d'insistance auf "tirez", Längung, Aspiration des initialen stimmlosen Konsonanten • Merkmale konvergieren in 'negativer Intensivierung', dh. emphatischer Akzntuierung zum Ausdruck negativer Erfahrung: Appell- + Ausdrucksfunktion

  11. ohne die Phonation und Intensivierung ist die Äußerung nicht als Anfeuerung der eigenen Mannen dekodierbar, auch nicht mit 3 Phrasengrenzen. • aber damit haben wir die Legende von Fontenoy noch immer nicht aufgeklärt • genau dieselbe Anfeuerung durch den englischen kommandierenden Offizier an seine Mannen ist ebenfalls möglich The French!... Gentlemen!... Have the first shot! • es liegt also ein sprachübergreifendes Phänomen vor • die Aufklärung bleibt den Historikern überlassen

  12. 2 Lautsprachliche Kommunikation – Der Sprecher • In der lautsprachlichen Kommunikation ist das Übertragungsmedium für Bedeutungen zwischen Sender und Empfänger Sprachschall • er ist eingegrenzter als durch den menschlichen Körper erzeugbarer Schall Fred Newman 'Mouthsounds

  13. in der Aufnahme Schallproduktion mit menschlichen Sprechwerkzeugen: Atmung, Phonation, Artikulation • unter Einsatz der Finger und Hände • Abbildung von Schallereignissen der externen Welt • stehen für Objekte und Vorgänge, sind also Zeichen, aber keine sprachlichen Zeichen • versprachlicht: kikeriki cocorico cock-a-doodle-do • aber auch kommunikative Zeichen • Pfeifen • Lachen, Weinen • Schmerzschrei, Freudenschrei versprachlicht: au(a); aïe ouïe ouille; ouch. juhu

  14. in lautsprachlicher Kommunikation nur Schallerzeugung mit Atmungs-, Phonations- und Artikulationsapparat • = Sprachschall + nonverbaler Schall

  15. es gibt auch kommunikative Derivate der Lautsprache • Pfeifsprachen • auf Tonbasis in Afrika und Südamerika • auf artikulatorischer Basis mit Einsatz der Finger • zur Erzeugung und Modulation des Pfeifens • bei gleichzeitiger Zungenbewegung wie in der Lautsprache • spanisch artikulierte Pfeifsprache auf La Gomera

  16. 2.1 Atmung • Lautsprachliche Kommunkation setzt Luftstrom voraus • langzeitige Steuerung von Richtung, Druck und Volumenfluss durch Atmungsorgane • Balance zwischen vegetativer und Sprechatmung • Gliederung des Sprechens durch Ein-/Ausatmen

  17. Atmen lagert sich über Sprechen • in starken Emotionen, wie Wut und ausgelassener Freude, strukturiert die Atmung das Sprechen in charakteristischer Weise • vor allem kann der Luftstrom durch Atmungskontrolle eine eigene segmentelle Struktur im Lachen erhalten • Lachen kann sich dann dem ganz anders segmentierten Sprechen überlagern

  18. 2.2 Phonation • langzeitige Einstellungen – Stimmqualitäten • begleitet Atmungskontrolle in Emotionen • und Segmentation der Atmung im Lachen • Sprechmelodie • Phonation aber auch Kurzzeiteinstellungen zur lautlichen Differenzierung: stimmhaft – stimmlos – glottalisiert

  19. 2.3 Artikulation im Ansatzrohr • kurzzeitige Öffnungs-Schließbewegungen • Unterkiefer, Zunge, Lippen, Gaumensegel • Konsonanten, Vokale • damit sind wir bei den Sprachlauten der Wörter

  20. 3 Lautsprachliche Kommunikation – Der Hörer • Die Abläufe im Atmungs-, Phonations- und Artikulationsapparat werden in akustischen Schall umgesetzt • er pflanzt sich durch ein Medium zum Hörer fort • der Hörer muss die Information, die im Schall kodiert ist, wieder dekodieren, um so die intendierte Bedeutung des Sprechers zu verstehen • Dekodieren der lautsprachlichen Funktion • der Atmungs- und Melodieeinheiten in Äußerungen • der Silben- und Lauteinheiten in Wörtern • der Stimmqualitäten des Einzelnen, des Sprechstils

  21. Bei der Wahrnehmung der Schallsignale und der Dekodierung der auf ihnen "reitenden" Bedeutungen spielt Einbettung in sprachlichen und non-verbalen Kontext sowie in die Kommunikationssituation eine entscheidende Rolle. nun wollen wir mal | kucken | ob mittwochs frei ist • extreme Reduktion der 4 Funktionswörter ist für sich nicht dekodierbar • hinzugefügter Sprachkontext macht Dekodierung sofort eindeutig, und zwar rückläufig

  22. 4 Schriftsprachliche Kommunikation • Derivat der lautsprachlichen Kommunikation • Abbildung der Wörter einer Sprache in Schriftzeichen • Alphabetschrift auf lateinischer Basis • bildet Sprachlaute ab: bunt, Entchen • aber morphologische Prinzipien: Kind – Kinder, Händchen; haut – hauts; reloj – relojes • historische Prinzipien: und; aux • Einzelheiten in K. J. Kohler, Die Alphabetschrift und Vortrag im Symposium Vom Schall zur Schrift und umgekehrt.

  23. 5 Netzwerk menschlicher Kommunikation Kommunikation nonverbaler Schall gestisch mimisch sprachlich lautsprachlich Sprachvermögen semant. Strukturen phys. Träger Einzelsprachen Sprechen Hören schriftsprachlich

  24. 6 Phonetische Untersuchungsmethoden • Wir können nunmehr fragen, wie die Phänomene der lautsprachlichen Kommunikation untersucht werden. • Aufgabe der wissenschaftlichen Disziplin Phonetik • Ihre umfassenden Fragestellungen sind "Wie kommunizieren Menschen mit verbalem und nonverbalem Schall in verschiedenen Situationen unter sozio-kulturellen Bedingungen in den Sprachen der Welt?" "Welches sind die Attribute dieses Schalls, seiner Erzeugung, seiner Wahrnehmung und seiner kognitiven Verarbeitung?"

  25. Dies bedeutet • analytische Beschreibung der phänomenalen Eigenschaften des Sprachschalls, wie sie sich in situ und vor allem in aufgezeichneten akustischnen Sprachkorpora manifestieren • Analyse physiologischer und artikulatorischer Vorgänge im Sprechapparat zur Schallerzeugung, Analyse der Schallübertragung zum Hörer und Analyse der Schallverarbeitung durch den Hörer

  26. daraus ergeben sich 2 verschiedene, aber aufeinander bezogene und sich ergänzende Untersuchungsmethoden • auditiv-deskriptive Klassifikation und symbolische Repräsentationlautsprachlicher Erscheinungen durch analytisch trainierte Beobachter: Symbolphonetik • instrumentelle Messung lautsprachlicher Vorgänge in Physiologie/Artikulation der Sprachproduktion, in deren akustischem Schallergebnis und in dessen psychophysischer Verarbeitung: Messphonetik

  27. Symbolphonetik • bedient sich eines Kategoriensystems zur Klassifikation von Vokalen und Konsonanten sowie von Akzent, Ton, Intonation • symbolisiert die lautlichen Kategorien durch Schriftsymbole eines Transkriptionsalphabets • IPA International Phonetic Alphabet der International Phonetic Association, Handbook • sytematisierte, eindeutige Alphabetschrift • phonemisch – phonetisch • breite – enge Transkription • Verteilung auf Text und Konventionen

  28. Anwendungen der Symbolphonetik • in Dialekt- und Feldforschung • im Sprachvergleich • in der Fremdsprachenvermittlung • in der Erstellung von Aussprachewörterbüchern • in der Annotation akustischer Sprachkorpora • breite – enge Transkription hängt von Zielsetzung ab • breiteste Transkription nur distinktive Phoneme • Vergleiche von Dialekten, Sprachen, fremden Akzenten erfordern detailliertere Lautbeschreibung und somit engere Transkription • dann werden Diakritika erforderlich

  29. Messphonetik • Analyse der Atmungsvorgänge: Ein-/Ausatmen, Volumengeschwindigkeit, Druck, Muskelaktivität • Analyse der Vorgänge im Kehlkopf: Schallgenerator • Analyse der Artikulationsbewegungen + zeitlich sich verändernder Hohlräume im Ansatzrohr • Analyse der resultierenden Akustik der Hohlräume • Analyse der Schallerzeugung durch Engebildung im Ansatzrohr • Analyse des abgestrahlten akustischen Signals • Analyse der Psychophysik Signal - Wahrnehmung

  30. In diesem Seminar werden nur die nicht-invasiven Methoden der Messphonetik berücksichtigt • akustische Sprachsignalanalyse • systematische Signalmanipulation (Sprachsynthese) • zur Stimulusgenerierung für Hörtests • akustische Grundbegriffe • Zeitsignal des Schalldrucks • Spektralanalyse: Spektrum – Spektrogamm • Grundfrequenz – Tonhöhenverlauf • akustische Energie – Lautstärke

  31. Messieurs les Anglais, tirez les premiers.

  32. Messieurs!...Les Anglais! …Tirez les premiers!.

  33. akustische Signalanalyse und Darstellung unterstützt die symbolphonetische Bearbeitung • Rechnerprogramm zur akustischen Analyse und graphischen Darstellung von Sprachsignalen • gleichzeitige Schallausgabe mit beliebiger Wiederholung • Zuordnung von graphischen Signalstücken zu entsprechenden Schallstücken • dadurch feine auditive Kategorisierung und Transkription • Einführung in ein solches Programm: Praat

  34. 7 Programm für das Seminar • Korpora der IPA für Deutsch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch, Italienisch: Transkription + Sprachsignale • symbolphonetische Beschreibungen in Handbook of the International Phonetic Association , Cambridge University Press 1999 Deutsch, Französisch, Europäisches Portugiesisch Journal of the International Phonetic Association Brasilianisches Portugiesisch, Kastilisches Spanisc Italienisch • Korpora zum Guaraní

  35. Einführung in das Analyseprogramm Praat • auditive und signalphonetische Analyse • signalphonetische Manifestation von Vokalen und Konsonanten in Einzelwörtern und Texten • vergleichende Bearbeitung folgender Themen in den genannten Sprachen, auch versus Deutsch • Stimmhaftigkeit in Obstruenten, Aspiration der Plosive, rehilamiento, Übergang stimmhafter Plosive in Approximanten, Glottalisierung, lautliche Reduktion in unbetonetn Silben, Akzentuierung und Rhythmus, Dauerstrukturen • Erhebung gezielter neuer Korpora zu diesen Themen

  36. Erhebung eines Korpus zur vergleichenden Untersuchung des Rhythmus in den 4 romanischen Sprachen und im Deutschen • einfache, in Silbenzahl vergleichbare Wortfolgen • Zahlenfolgen 1-2-3 1-2-3 1-2-3 …im Walzer- und 1-2-3-4 1-2-3-4 1-2-3-4 … im Marschtakt • Aufnahmen der Teilnehmer • Analyse in Praat • Interpretation der Daten mit Bezug auf die These silbenzählend – akzentzählend • Die Bedeutung der Phonetik in Sprachbeschreibung und Sprachvermittlung

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