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ZUCKER UND FREIHANDEL. Freihandel. Frank , Andre Gunder 1980: Abhängige Akkumulation und Unterentwicklung. Frankfurt am Main: suhrcamp. 4.1. Zuckeranbau und - verarbeitung in der Karibik. Kapitalistische Produktionsweise und Merkantilismus.
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Freihandel • Frank, Andre Gunder 1980: Abhängige Akkumulation und Unterentwicklung. Frankfurt am Main: suhrcamp
4.1. Zuckeranbau und - verarbeitung in der Karibik. Kapitalistische Produktionsweise und Merkantilismus
Sucrose = organ. Chemisches Produkt aus der Familie der • Kohlenhydrate • wird gewonnen aus: • 1. Zuckerrohr • 2. Zuckerrübe (seit 19. Jhdt.)
2. Z U C K E R R Ü B E Die Zuckerrübe gehört zur Familie Chenopodiaceae. Systematisch wird sie als Beta vulgaris var. altissima eingeordnet.
Zuckerrübe • 1. Erfolg der Professionellen Pflanzenzüchtung • Kulturform von Beta vulgaris aus der Familie • der Gänsefußgewächse. • Liefert etwa 2/5 des weltweit produzierten Zuckers. • Gedeiht gut auf nährstoffreichen, tiefgründigen Lehmböden • und in einem Klima, in dem die mittlere Temperatur während • der Wachstumsperiode bei etwa 20°C liegt. • Die Fruchtfolge auf Zuckerrübenfeldern wird sorgfältig geplant; • die richtige Düngung der Felder erforderlich
1. Zuckerrohr bildet die Gattung Saccharum der Familie Gramineae. Zuckerrohr (im engeren Sinn) wird botanisch Saccharum officinarum genannt.
Zuckerrohr • Gattung mehrjähriger Arten aus der botanischen • Familie der Süßgräser. • Zuckerrohr (im engeren Sinne) ist als Kulturpflanze weltweit in tropischen und subtropischen Ländern verbreitet. Die Reifezeit beträgt mehr als zwölf Monate. • Bewässerung und hoher Arbeitsaufwand nötig. Die Pflanze erreicht eine Höhe von drei bis sechs Metern, die Stängel werden zwei bis fünf Zentimeter dick. • Im Süden der USA wird Zuckerrohr meist im Winter gepflanzt und etwa acht Monate später geerntet. In tropischen Gegenden, wie Hawaii und Kuba, hat es eine Wachstumszeit von einem Jahr bis zu 18Monaten und wird von Januar bis August geerntet.
Verarbeitung von Zuckerrohr Rohrschneidemaschinen werden mit gewissem Erfolg eingesetzt das meiste Zuckerrohr mit der Hand geschnitten. häufigstes Werkzeug: eine große, etwa 50Zentimeter lange und 13Zentimeter breite Stahlklinge, die einen kleinen Haken auf der Rückseite aufweist und an einem Holzgriff befestigt ist Zuckerrohr wird dicht oberhalb des Erdbodens geschnitten. Die Blätterwerden mit dem Haken abgestreift und der Stängel kurz oberhalb des letzten reifen Sprossgliedes abgeschnitten. Das Rohr wird dann in Reihen aufgeschichtet, bis man es mit der Hand oder mit Maschinen aufsammelt, bindet und auf Karren oder Lastwagen zur Zuckerfabrik fährt. Dort wird der Zucker aus dem Rohr gemahlen.
Ausbreitung des Zuckerrohs vor ca. 8000 Jahren von Neuguinea nach Philippinien und Indien (vor ca. 6000 Jahren) Zuckergewinnung aus Zuckerrohr erstmals nachgewiesen in Indien u.a. auch in Ägypten bekannt
„Zucker folgt dem Koran“ • Arabische Expansion nach Westen • 636-711: Invasion in Spanien erst 732 durch Karl Martell in Poitiers gestoppt • Zuckerherstellung breitet sich im gesamten Mittelmeerraum aus: • Sizilien, Zypern, Malta, Rhodos, • Maghreb (v.a. Marokko), Südküste Spaniens
Zuckerproduktion in der Karibik ist Pionier der industriellen Produktionsweise • 14. Jahrhundert • Verlagerung der Produktion auf die atlantischen Inseln Spaniens • und Portugals • 16. Jahrhundert • Verlagerung in die Karibik und nach Brasilien
PRODUKTIONSBEDINUNGEN DES ZUCKERROHRS • 1. Bewässerung • 2. arbeitsintensive Anbau- und Verarbeitungsweise • Arabische Strategien in der Zuckerproduktion • Grosses Interesse an allen Arten von Bewässerungsmethoden • und den verschiedenen Zuckersorten • Sklaverei in der marokkanischen Zuckerproduktion • Europäische Zuckerproduktion • expandiert infolge der Kreuzzüge (1095-1291) • Versklavung begann für die Zuckerproduktion in Kreta, Zypern und • Marokko --> Vorbild für Plantagenwirtschaft • Kommerz. u. technolog. Machtzentren (im 13. Jh. Antwerpen) von • Produktionszentren GETRENNT entwickelt • Technologie: Erfindung der vertikalen Dreiwalzenmühle im 17. Jh.
Verarbeitung von Zuckerrohr 1 • Stängel werden von Blättern befreit • Stängel werden zwischen Höckerwalzen zerquetscht u. zerkleinert • Entsaftung unter Beigabe von heißem Wasser in einer Mühle BEGASSE = nach Extraktion zurück- bleibendes fleischig festes Material --> Brennstoff ZUCKERSAFT
Verarbeitung von Zuckerrohr 2 • Mischung von Zuckersaft und Kalkmilch wird zum Sieden gebracht • Organ. Säuren verbinden sich mit Kalk und werden ausgefiltert • Saft wird mit Schwefeldioxid gebleicht • Filterpressen • Verdampfen des Saftes mehrfach wiederholt • Ausschleudern der Melasse in der Zentrifuge MELASSE ROHZUCKER RUM RAFFINATION
Verarbeitung von Zuckerrohr 3 RAFFINATION • Rohzucker wird erneut gelöst • Rohzucker wird entfärbt und wieder kristallisiert • Die Größe der Kristalle variiert zwischen Staubzucker bis • Hagelzucker
Titelblatt der „Naturgeschichte des Kakaos und des Zuckers“ von De Quéls, mit der ersten genauen Beschreibung der Zuckergewinnung in Westindien 2. Auflage 1720
Zuckerherstellung in Westindien Stich aus „Ost-westindischer und sinesischer Lust- und Staatsgarten´“ 1668
Produktion von Zuckerrohr in der Neuen Welt durch Spanier, Portugiesen und Engländer 3 verschiedene Produktionsweisen und Vertriebstrukturen
1. SPANISCHE ZUCKERPRODUKTION IN DER KARIBIK • 1493: Zweite Reise des Columbus - bringt ZR nach Santo Domingo • von Anfang an (1503) Einsatz afrikanischer Sklaven auf Plantagen • 1515: Technologie-Import: Lehrmeister von den Kanarischen Inseln • --> Mühle mit 2 vertikalen Walzen • ca. 1516 Zucker-Export nach Europa • Kapitalintensive Ausweitung der Pflanzer-Aktivitäten wurde • von der spanischen Krone nicht gefördert Keine Ausbildung einer eigenständigen Pflanzerschicht Chronischer Mangel an Investiontionskapital deshonor del trabjo
2. Portugiesische Zuckerproduktion in Brasilien Im 16. Jahrhundert Förderung der Pflanzer durch europäisches (= holländisches) Kapital; Plantagenproduktion im Jahr 1625 stammte gesamte europäische Zuckerimport aus Brasilien Zuckerproduktion kann sich trotz massiver englischer und französischer Konkurrenz aus der Karibik bis zum Einsatz des brasilianischen Kaffeebooms im 19. Jahrhundert etablieren und ausweiten
3. Britische Zuckerproduktion Western Design 1655-1850 Basen der britischen Zuckerversorgung lagen innerhalb des Gefüges des Empires MONOPOL Piraterie und Seekriege in der Karibik 1627 Besiedlung von Barbados 1655 Invasion in Jamaika
FREIHANDEL = WELTHANDEL Paradefall Zucker
Vertriebsystem ist merkantilistisch MERKANTILISMUS 16.-18. Jh. • Ziel der Wirtschaft = Stärkung des Staates • Aktive Handelsbilanz < Export :: > Import • Privilegierung und Förderung der Exportindustrie • Rohstoffe sollen nicht exportiert werden • Fertigwaren sollen nicht importiert werden • < Bevölkerung < Produktionsfaktor Arbeit • Kolonien: Rohstoffe für die Exportindustrie u. Arbeitskräfte John Stuart Mill 1849: „Der Handel Englands mit Westindien kann kaum als ein auswärtiger Handelsverkehr betrachtet werden, sondern er gleicht mehr einem Verkehr zwischen Stadt und Land (...)“
Mintz 1987, 75 zum Merkantilismus: • „Kaufe Fertigwaren niemals anderswo, verkaufe deine (tropischen) • Erzeugnisse niemals anderswohin und benutze für den • Gütertransport ausschließlich englische Schiffe: • fast zwei Jahrhunderte lang verbanden diese Gebote, • die kaum weniger geheiligt wurden als die Bibel, • Plantagenbesitzer und Raffineure...“ • Ab 1585 war London das bedeudenste Raffinieriezentrum für den • europäischen Handel • „ .... Kaufleute und Abenteurer, jamaikanische Sklaven und • Liverpooler Schauerleute, Monarchen und Bürger miteinander.“
Wallerstein, Immanuel 1998: Das moderne Weltsystem II - Merkantilismus. Europa zwischen 1600 und 1750; Promedia: Wien <1980>, 194. Zwischen 1600 und 1750 wurde eine neue periphere Region geschaffen. „Bei jener peripheren Region handelte es sich um den erweiterten karibischen Raum, der sich von Nordostbrasilien bis Maryland erstreckte und hauptsächlich Zucker, Tabak und Gold lieferte. Den wirtschaftlichen Gewinn teilten sich die Vereinigten Niederlande,“ (bis 1650) „England“ (v.a. ab 1690) und „Frankreich, also die Staaten des Zentrums“ des kapitalistischen Weltsystems.
Transatlantischer Dreieckshandel 1 GB Fertigwaren Zucker WESTINDIEN AFRIKA Sklaven
Transatlantischer Dreieckshandel 2 GB Rum Melasse und Rum AFRIKA WESTINDIEN Sklaven
Andre Gunder Frank • „Smith war der Meinung, daß „die industrielle Arbeitsteilung in hohem Maße durch die Ausdehnung des Marktes [im Inland] begrenzt“ sei, insbesondere durch die Bevölkerung, die sich einer ineffektiven Landwirtschaft widme. Diese Grenze konnte verschoben werden, indem England seinen absolutren Vorteil in der Industrie und beim Export inustrieller Produkte im Austausch gegen Rohstoffe ohne die merkantilistische Handelsresdriktion ausnutzte.“ • Frank, Andre Gunder (1980): Abhängige Akkumulation und Unterentwicklung. Frankfurt am Main: 122
Friedrich List • „“Wir haben nachgewiesen, wie England durch seine Politik und durch seine Macht produktive Kraft und durch seine produktive Kraft Reichtum erlangt hat (...) Eine Nation wie die englische, deren Manufakturkraft einen weiten Vorsprung vor der aller anderen Nationen gewonnen hat, erhält und erweitert ihre Manufaktur- und Handelssuprematie am besten durch möglichst freien Handel. Bei ihr ist das kosmopolitische Prinzip und das politische ein und dasselbe.“ • List, Friedrich (1959): Das nationale System der Politischen Ökonomie. Basel (nach der Ausgabe letzter Hand von 1844), S. 45 (Hervorhebungen im Original)
Zu den 2 Typen des Transatlantik-Handels • „ ... in beiden Systemen gab es eine ‚falsche Ware‘ - die aber für • das System absolut unentbehrlich war -, sie bestand in menschlichen • Wesen, in Menschen. Skalven waren deshalb eine ‚falsche Ware‘, • weil ein Mensch kein Gegenstand ist, selbst wenn er als solcher • behandelt wird. In diesem Falle wurden Millionen von Menschen als • Waren behandelt. Um sich in ihren Besitz zu bringen, wurden Pro- • dukte nach Afrika verschifft; mit ihrer Arbeitskraft wurde in den • beiden Amerikas Reichtum geschaffen. Der Reichtum, den sie • schufen, floß zum größten Teil nach Britannien zurück; die Pro- • dukte, die sie erzeugten, wurden in Britannien konsumiert; und die • von den Briten hergestellten Güter - Kleidung, Werkzeug, Folter- • instrumente - wurden von den Sklaven konsumiert, die selbst • wiederum in diesem Prozeß der Schaffung von Reichtum • verkonsumiert wurden.“ (Mintz 1987, 72)
Im 19. Jahrhundert werden die Sklaven durch Wanderarbeiter ersetzt. Wander- oder Kontraktarbeiter („indendured servants“, „engagés“) kamen v.a. aus Europa nach Amerika (siehe für den österr. Fall: Ursula Prutsch 1995: Das Geschäft mit der Hoffnung. Österr. Auswanderung nach Brasilien 1918-1938; Wien/ Köln/ Weimar) Wanderung = saisonal: Semiproletarisierung Wanderung = definitiv: Proletarisierung (Immigranten)
Produktionsweise • Plantage(aus lateinisch plantare), • großflächige landwirtschaftliche Betriebsform in den Tropen und Subtropen, die – • meist in Form von Monokulturen – der Erzeugung pflanzlicher Produkte dient, die • überwiegend im Export vermarktet werden. Die Plantagenwirtschaft wurde von den • Europäern in ihren Kolonien eingeführt. Sie steht im Gegensatz zu den dort üblichen • Bewirtschaftungsweisen der lokalen Bevölkerung, die zumeist in Form der • Selbstversorgung und auf kleinen Flächen mit wechselnder Bepflanzung durchgeführt • wird. Übliche Anbauprodukte auf Plantagen sind Zuckerrohr, Tabak, Baumwolle, Kaffee, • Tee, Kakao, Bananen, Ananas und Kautschuk. • Üblich ist eine Betriebsführung ähnlich wie in einer großen Fabrik, mit einem Betriebs- • führer – der von dem häufig im Ausland ansässigen Besitzer der Plantage eingesetzt • wird und nur selten selbst Eigentümer ist – sowie einigen wenigen Aufsehern, jedoch • einer großen Zahl einfacher Landarbeiter, die auf Lohnbasis und oft nur saisonal, • etwa zur Erntezeit, dort beschäftigt sind.
Kapitalistische Produktionsweise Die Plantage ist als Synthese von Feld und Fabrik zu begreifen. Dunn, Richard S. 1972: Sugar and Slaves; Chapell Hill: University of North Carolina Press, 194 und Mintz 1987, 76 Zuckerrohr am Feld angebaut Zuckerherstellung im Siedehaus in einer Hand F A B R I K Spezialisierung und Unterteilung der Arbeitskräfte nach Alter, Geschlecht, körperl. Verfassung in Gruppen, Schichten, Kolonnen Prinzipien: Zeitbewußtsein und Disziplin
Zeitgenössische Beschreibung einer Siederei „ ... Es herrscht ein unablässiger Lärm und eine immerwährende Hitze, der Mensch kann gar nicht anders, als garstig und despotisch zu werden; es ist heiß, und die Arbeit reißt niemals ab, die Bediensteten (oder Sklaven) stehen Tag und Nacht in großen Siedehäusern, wo sechs oder sieben riesige Kupferkessel ständig am Kochen gehalten werden, aus denen sie mit schweren Schöpfkellen und Schaumlöffeln die kotartigen Abfälle des Zuckerrohrs abschöpfen, bis es seine Vollkommenheit und Reinheit erreicht, während andere im Versuch, die Öfen in Gang zu halten, gleichsam bei lebendigem Leib geröstet werden; ein Teil der Leute ist dauernd damit beschäftigt, die Mühle mit neuem Zucker- rohr zu füttern, Tag und Nacht, die gesamte Zuckersaison hindurch, die etwa sechs Monate im Jahr dauert.“ Tryon, T. 1700: Friendly advice to gentelmenplanters of the East and West Indies, 201-02; London zitiert nach Mintz 1987, 77
Zuckersiedehaus im 19. Jahrhundert Zuckerherstellung ist zeitbewusst, diszipliniert industriell
Plantagenbesitzer in der Karibik = Kombinierter Farmer-Fabrikant verfügt durchschnittl. über 100 Arbeitskräfte, Land (80 Morgen), 2 Mühlen, eine Siederei, Trockenkammer zur Dehydrierung der Melasse und Trocknung der Zuckerhüte, Rumbrennerei, Lagerhaus für Rohzucker HOHE INVESTIONEN Kredite/ Kommissionssystem -> Zuckerspekulation Boden-Fabrik-“Kombinat“
Industrialisierung beginnt in Karibik, nicht in Europa Plantagenbetrieb = industriell kapitalistisch 1. Trennung von Produktion und Konsumtion 2. Trennung des Arbeiters von seinem Werkzeug (Produktionsmittel) 3. Organisation der Arbeitskraft nach Effektivität --> Disziplin Europa hat die koloniale Welt (Entwicklungsländer) dem europäischen Herzland nach-entwickelt