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Problemlösen als Gegenstand von Psychologie und Kognitiver Ethnologie

Version: 15.6.2004. Problemlösen als Gegenstand von Psychologie und Kognitiver Ethnologie. Vortrag AG Kognition, 15.6.2004 Joachim Funke Psychologisches Institut, Uni Heidelberg. Problemlösen als Gegenstand von Psychologie und Kognitiver Ethnologie. 1 Was bedeutet Problemlösen?

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Problemlösen als Gegenstand von Psychologie und Kognitiver Ethnologie

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  1. Version: 15.6.2004 Problemlösen als Gegenstand vonPsychologie und Kognitiver Ethnologie Vortrag AG Kognition, 15.6.2004 Joachim Funke Psychologisches Institut, Uni Heidelberg

  2. Problemlösen als Gegenstand vonPsychologie und Kognitiver Ethnologie • 1 Was bedeutet Problemlösen? • 2 Welche Untersuchungsmethoden stehen bereit? • 3 Was leistet die kognitive Ethnologie?

  3. 1 Was bedeutet Problemlösen (PL)? • „Problemlösendes Denken erfolgt, um Lücken in einem Handlungsplan zu füllen, der nicht routinemäßig eingesetzt werden kann. Dazu wird eine gedankliche Repräsentation erstellt, die den Weg vom Ausgangs- zum Zielzustand überbrückt.“ (Funke, 2003, S. 25, kursiv) • Wichtige Elemente dieser Definition: • Handlungsplan (impliziert Intentionalität & Bewußtsein) • Gedankliche Repräsentation (sprachlich wie nicht-sprachlich) • Ausgangs- und Zielzustand (bezieht Situation ein) • Nicht-Routine impliziert fehlendes Wissen (generell: PL ist vorwissensabhängig) Funke, J. (2003). Problemlösendes Denken. Stuttgart: Kohlhammer.

  4. Problemtypen Teil 1 (nach Jonassen, 2000) • (1) Logische Probleme, bei denen abstraktes Denken verlangt wird (Beispiel: Turm von Hanoi). • (2) Algorithmische Probleme, wie sie in der Schule häufig vorkommen und bei denen es um das Verständnis von bestimmten formalen Operationen geht, die man dann in einer Beispielsituation anwenden soll (Beispiel: Lösen von Gleichungssystemen). • (3) Textprobleme, bei denen beispielsweise mathematische Werte in eine kurze Geschichte verpackt werden (mathematische Textaufgaben). • (4) Regelverwendende Probleme, bei denen einfache oder komplexere Regeln einen Lösungsprozess leiten (Beispiele: Erweitern eines Rezepts, um es für mehr als die geplante Personenzahl einsetzen zu können; Kartenspiele wie Bridge oder Spiele wie Schach). • (5) Entscheidungsprobleme, bei denen eine Option aus einer größeren Alternativenzahl zu wählen ist (Beispiele hierzu finden sich in der entscheidungstheoretischen Literatur). Jonassen, D. H. (2000). Toward a design theory of problem solving. Educational Technology: Research & Development, 48(4), 63-85.

  5. Problemtypen Teil 2 • (6+7) Fehlersuch-Probleme und Diagnose-Probleme, die im Alltag den größten Teil ausmachen: es geht darum, nicht funktionierende Teile wieder operational zu machen (Beispiele: Autoreparatur; Fehlersuche bei einem abgestürzten Computer; medizinische Diagnose und Behandlung). • (8) Strategische Leistungen stellen eine Form von Problemanforderung dar, bei denen mittels einer ganzen Zahl verschiedener Taktiken strategische Ziele zu erreichen sind (Beispiel: Autofahren). • (9) Fallanalyse-Probleme, bei denen komplexe, situierte Fälle vorgelegt und bearbeitet werden, bei denen Ziele nur unscharf definiert sind und wenig Informationen über das Problem gegeben sind (Beispiele: internationale Konflikte). • (10) Design-Probleme, die zu den schwierigsten und schlecht strukturiertesten Problemen schlechthin gehören und bei denen es darum geht, einen neuen Gegenstand zu erzeugen (Beispiele: Produkt-Design; System-Design). • (11) Dilemmata, bei denen unklare Kriterien für die Beurteilung der Lösung bestehen und die häufig ethische oder soziale Aspekte berühren, in denen Konflikte auftauchen (Beispiel: Abtreibung).

  6. unterschiedliche Problemstellungen: Einfache Probleme

  7. Komplexe Probleme: Eigenschaften 1/2 • Komplexität • Die Systeme bestehen aus sehr vielen verschiedenen Variablen • Konsequenz: Die Verarbeitungskapazität des Problemlösers wird überschritten, daher besteht die Notwendigkeit der Informationsreduzierung • Vernetztheit • Diese Variablen sind untereinander stark vernetzt • Konsequenz: Der Problemlöser muss die (wechselseitigen) Abhängigkeiten zwischen den beteiligten Variablen berücksichtigen, daher besteht die Notwendigkeit zur Modellbildung und Informationsstrukturierung • Eigendynamik • Das System entwickelt sich auch ohne Zutun des Akteurs weiter • Konsequenz: Es steht nur begrenzt Zeit zum Nachdenken zur Verfügung, daher besteht die Notwendigkeit rascher Entscheidungen aufgrund oberflächlicher Informationsverarbeitung

  8. Komplexe Probleme: Eigenschaften 2/2 • Intransparenz • Die Informationen, die der Akteur für seine Entscheidungen braucht, sind nicht vollständig zugänglich (z.T. aus prinzipiellen Gründen, z.T. aus Zeitgründen) • Konsequenz: Es besteht die Notwendigkeit aktiver Informationsbeschaffung • Polytelie • Es ist nicht nur ein Kriterium zu optimieren, sondern es müssen viele, gelegentlich einander widersprechende Bedingungen beachtet werden • Konsequenz: Der Problemlöser muß eine differenzierte Zielstruktur mit Regeln zur Konfliktlösung aufbauen und es besteht die Notwendigkeit mehrdimensionaler Informationsbewertung

  9. Auguste Rodin (1840-1917): „Der Denker“ 2 Welche Untersuchungsmethoden stehen bereit? • Lautes Denken • Sequentielle Problemstellungen • Blickbewegung • Simulierte Umwelten • “Künstliche Seelen”

  10. Lautes Denken: kryptarithmetisches Problem • C R O S S • R O A D S • ---------------- • D A N G E R • Analyse der Verbaldaten • zusätzlich: • Analyse von Blickbewegungen • Analyse der Lösungssequenz

  11. Auguste Rodin (1840-1917): „Der Denker“ 2 Welche Untersuchungsmethoden stehen bereit? • Lautes Denken • Sequentielle Problemstellungen • Blickbewegung • Simulierte Umwelten • “Künstliche Seelen”

  12. Sequentielle Probleme: Kannibalen und Missionare • 5 Missionare und 5 Kannibalen sind am linken Flußufer; Boot faßt 3 Personen; Kannibalen dürfen nicht in der Überzahl sein • Zustandsnotation: • z5,4,r bedeutet: 5 M, 5 K, Boot rechts • Veränderungsnotation: • 01 bedeutet: 0 M, 1 K im Boot • Vorteil: • Dokumentierte Lösungssequenz • Klarer Problemraum

  13. Turm von Hanoi minimale Zugzahl: 2n-1 Klix, F. & Rautenstrauch-Goede, K. (1967). Struktur- und Komponentenanalyse von Problemlösungsprozessen. Zeitschrift für Psychologie, 174, 167-193.

  14. Auguste Rodin (1840-1917): „Der Denker“ 2 Welche Untersuchungsmethoden stehen bereit? • Lautes Denken • Sequentielle Problemstellungen • Blickbewegung • Simulierte Umwelten • “Künstliche Seelen”

  15. Blickbewegungsmessung ATP Eye Tracking Lab http://atp.uni-hd.de/forschun/eyes/eyetracking.html

  16. Auguste Rodin (1840-1917): „Der Denker“ 2 Welche Untersuchungsmethoden stehen bereit? • Lautes Denken • Sequentielle Problemstellungen • Blickbewegung • Simulierte Umwelten • “Künstliche Seelen”

  17. LOHHAUSEN-Studie (Dörner et al., 1983) • Simulationssystem: • ca. 2000 Variablen simulieren Vorgänge in einer Kleinstadt; Pb soll Rolle eines Bürgermeisters für 10 simulierte Jahre einnehmen, verteilt auf mehrere Sitzungen von insgesamt 8 Stunden Dauer; keine direkte Interaktion mit dem System möglich; 48 studentische Pbn, Datenanalyse beruht im wesentlichen auf dem Vergleich der 12 besten mit den 12 schlechtesten Pbn [Abb. 4.36; Abb. 2-2] Stadtplan von Lohhausen an der Lohe Dörner, D., Kreuzig, H.W., Reither, F. & Stäudel, T. (Eds.). (1983). Lohhausen. Vom Umgang mit Unbestimmtheit und Komplexität. Bern: Huber.

  18. Lohhausen: Grobstruktur & Ergebnisse „gute“ Vp „schlechte“ Vp

  19. LOHHAUSEN: zentraler Befund • Testintelligenz ist kein Prädiktor für die Leistung im Bürgermeister-Spiel! • ebenfalls nicht prädiktiv: Motivation, Testkreativität, Geschlecht, Alter, Studienfach, Vorbildung • Erfolgs-Prädiktoren: • Selbstsicherheit; Extraversion; Streben nach sinnvoller Informationssuche (“kontrollierte diversive Exploration“); Umschalten zwischen fluktuierendem und fokussierendem Denken (“Steuerungsfähigkeit der der Divergenz-Konvergenz-Hemmschwelle“)

  20. Primärfehler beim Umgang mit dem komplexen System • (1) mangelnde Berücksichtigung zeitlicher Abläufe, Schwierigkeiten bei exponentiellen Entwicklungsverläufen • (2) Denken in Kausalketten statt in Kausalnetzen • (3) Überwertigkeit des aktuellen Motivs

  21. Effekte der intellektuellen Notfallsituation • Senkung des intellektuellen Niveaus • (1) Absinken der Selbstreflexionen • (2) Absinken von Absichten und Vornahmen • (3) Stereotypisierung • (4) Absinken realisierter Absichten • Tendenz zu schnellem Handeln • (5) Erhöhung der Risikobereitschaft • (6) erhöhte Regelverstöße • (7) erhöhte Fluchttendenzen • Degeneration der Hypothesenbildung • (8) globalere Hypothesenbildung und deformiertere Prüfung • (9) Verschanzungstendenz (keine Falsifikation mehr) • (10) Entkonkretisierung von Zielen

  22. Kritische Bewertung von LOHHAUSEN • Positiv: • Aufbruch in ein neues Zeitalter der PL-Forschung • Kreative Theorieelemente • Interessantes Fallmaterial • Negativ: • Geringe Reliabilität der abhängigen Variablen • Unklare Validität der abhängigen Variablen • Mangelnde Prüfbarkeit theoretischer Aussagen

  23. Auguste Rodin (1840-1917): „Der Denker“ 2 Welche Untersuchungsmethoden stehen bereit? • Lautes Denken • Sequentielle Problemstellungen • Blickbewegung • Simulierte Umwelten • “Künstliche Seelen”

  24. Künstliche Seelen • Simulation psychischer Prozesse, Modellierung des Psychischen • Wegen der Komplexität nur auf Rechnern möglich • Projekt „PSI“ von Dörner et al. Dörner, D. (1999). Bauplan für eine Seele. Reinbek: Rowohlt.

  25. 3 Was leistet die kognitive Ethnologie? • "Cognitive anthropology investigates cultural knowledge, knowledge which is embedded in words, stories, and in artifacts, and which is learned from and shared with other humans " (D'Andrade, 1995, p. xiv) • cognitive anthropology: the study of how peoples of different cultures acquire information about the world (cultural transmission), how they process that information and reach decisions, and how they act on that information in ways that other members of their cultures consider appropriate. [http://www.webref.org/anthropology/c/cognitive_anthropology.htm]

  26. Fragestellungen für die Problemlöse-Psychologie 1 • Zwei zentrale Begriffe: • Information: • Verhältnis Information zu Wissen (wie wird aus Information Wissen?) • Arten von Wissen (visuell, sprachlich, auditiv) • Zugänglichkeit des Wissens (bewußt-deliberativ versus unbewußt-intuitiv) • Action: • Verhältnis von Intentionen zu Handlungen (woher kommen die Intentionen? Welche Intentionen werden NICHT zu Handlungen?)

  27. Fragestellungen für die Problemlöse-Psychologie 2 • Inhaltliche Fragen • Problemtypen (Inventarisierung): • Welche Probleme stellen sich in einer bestimmten Kultur? • Stile und Strategien: • Gibt es bevorzugte Problemlöse-Stile und -Strategien? • Methodische Fragen • Anwendbarkeit neuer Methoden im Feld • z.B. Strohschneiders Versuch, Computersimulationen im Kulturvergleich einzusetzen Strohschneider, S. (2001). Kultur - Denken - Strategie. Eine indische Suite. Bern: Hans Huber.

  28. Kontakt • Prof. Dr. Joachim FunkePsychologisches InstitutUniversität Heidelberg Hauptstr. 47-51D-69117 HeidelbergGermany • Tel +49-6221-54-7388 (Sekr), -7305 (JF) • Fax +49-6221-54-7273 • E-Mail: joachim.funke@psychologie.uni-heidelberg.de • http://funke.uni-hd.de/

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