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Ringvorlesung Einführung in die Methoden der empirischen Sozialforschung Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

Philosophische Fakultät Institut für Soziologie, Lehrstuhl für Methoden der empirischen Sozialforschung. Ringvorlesung Einführung in die Methoden der empirischen Sozialforschung Messverfahren, Skalierung, Indexbildung. Dresden, 19. Januar 2010.

aubrianna
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Ringvorlesung Einführung in die Methoden der empirischen Sozialforschung Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

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  1. Philosophische Fakultät Institut für Soziologie, Lehrstuhl für Methoden der empirischen Sozialforschung RingvorlesungEinführung in die Methoden der empirischen SozialforschungMessverfahren, Skalierung, Indexbildung Dresden, 19. Januar 2010

  2. Problem: Messungen bei nicht direkt beobachtbaren Sachverhalten  Vorbild: Messungen in der Naturwissenschaft • Messverfahren • Kaufkraftindex • Human-Development-Index • Einschaltquoten beim Fernsehen • Klausurnoten usw. Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  3. Messungen in den Sozialwissenschaften: • Zumeist mehrere Items / Fragestellungen, um einen Sachverhalt „zu messen“. • Latente = verborgene (Meinungen, Werte usw.) und komplexe Sachverhalte (z.B. Wohlfahrt) werden aufgezeigt. • Zufallsmessfehler und systematische Messfehler sollen so reduziert werden. Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  4. Messung, Indexbildung und Skalierung als Spezialfälle der Operationalisierung • Operationalisierung: Anweisungen angeben, um Sachverhalte empirisch erhebbar zu machen Messen: Unbekanntes wird mit normiertem Bekannten verglichen: „Ziffern erhalten die Aufgabe, Eigenschaften zu bedeuten” (Stevens 1951) Skalierung: Messung aufgrund eines Skalenmodells, unterstellt eine bestimmte Struktur der Beobachtung Index: Variable, die sich aus der Rechenoperation mehrerer anderer Variablen ergeben (z.B. Zensur bei einer Klausur) Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  5. Operationalisierung von… WOHLFAHRT • Zufriedenheit mit dem eigenen Leben Lebensglück Besorgnis Anomie • = umfassende Bewertung der persönlichen = emotionales = mentale = Zukunfts- • Lebensverhältnisse (Gewünschtes und Wohlfühlen Belastungen erwartungen • Erhofftes) • Erschöpfungen Gefühle von • Ängste Machtlosigkeit • Zufriedenheit mit Wichtigkeit der Depressionen Sinnlosigkeit • Lebensbereichen Lebensbereiche Aufregung Orientierungs- • Nervosität losigkeit • Wohnung Wohnung • Arbeit Arbeit • Freizeit Freizeit • Bildungsangebot Bildungsangebot • Umwelt Umwelt • Gesundheit Gesundheit • Warenangebot Warenangebot • Tätigkeit im Haushalt Tätigkeit im Haushalt • Betreuung der Kinder Betreuung der Kinder Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  6. Beispiel für eine sozialwissenschaftliche Messung: Die Inglehart-Frage • Auch in der Politik kann man nicht alles auf einmal haben. • Auf dieser Liste finden Sie einige Ziele, die man in der Politik verfolgen kann. • Wenn Sie zwischen diesen verschiedenen Zielen wählen müssten, • welches Ziel erschiene Ihnen persönlich am wichtigsten? • A Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung in diesem Land • B Mehr Einfluss der Bürger auf die Entscheidungen der Regierung • C Kampf gegen die steigenden Preise • D Schutz des Rechtes auf freie Meinungsäußerung A Materialistisches Item B Postmaterialistisches Item C Materialistisches Item D Postmaterialistisches Item Quelle: Inglehart, R. (1977): The Silent Revolution. Changing Values and Political Styles Among Western Publics. Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  7. Quelle: ALLBUS, nur Westdeutschland Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  8. Messung des Wertewandels Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  9. Testtheorie • X = T + E • Wahrer Wert – „true score“: T • Messfehler: E • Beobachteter Wert: X • Idee: Messfehler streuen um den wahren Wert bei vielen Messungen. • μ (E) = 0 Erwartungswert des Testfehlers • T = μ(X) Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  10. Empirisches und numerisches Relativ • Menge von Objekten, über die eine Menge von Zahlen, über die eine • Relation definiert wird Relation definiert wird • Messen = die im empirischen Relativ vorhandene Ordnung im numerischen Relativ ausdrücken Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  11. Isomorphe und homomorphe Abbildungen • Umkehrbar eindeutig: Zahl sind mehrere Objekte • Jeder Zahl ist nur ein empirisches zugeordnet, nicht umkehrbar • Relativ zugeordnet worden • A 1 A • B 2 B 2 • C 3 C 3 • D 4 D 4 • empirisches numerisches empirisches numerisches • Relativ Relativ Relativ Relativ Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  12. Strukturtreue Abbildungen • Wichtiges Prinzip der Messung: Beziehungen der Objekte werden durch die Beziehungen der zugeordneten Zahlen wiedergegeben. • Merke: Bestimmte Objekte (z.B. Familienstand) können damit nicht „gemessen“ werden! Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  13. Unterschiedliche Mess-(Skalen-)niveaus ALLBUS 1980: Die nächste Frage bezieht sich auf die Wohnung, in der Sie bzw. Ihre Familie hier wohnen. Sagen Sie mir bitte, was von dieser Liste auf Sie bzw. Ihre Familie zutrifft. (Int.: Liste vorlegen. Nur eine Angabe möglich) ----------------------------------------------------------- 01. A – zur Untermiete............................................................................. 3.7% 02. B - in einer Dienst-/ Werkswohnung...................................................... 1.5% 03. C - in einer Mietwohnung des sozialen Wohnungsbaus ............................ 16.4% 04. D - in einer Mietwohnung (nicht sozialer Wohnungsbau), in gemieteter Eigentumswohnung ............................................................................................................... 31.2% 05. E - in einem gemieteten Haus ............................................................. 2.7% 06. F - in einer Eigentumswohnung (Eigen- oder Familienbesitz)...................... 6.5% 07. G - im eigenen Haus (oder dem Haus der Familie...................................... 37.4% 08. Andere Wohnform, welche?.................................................................... 0.6% 97. Verweigert 99. Keine Angabe n= 2.953 • 1. Nominalskala: Ziffern der Messskala lassen sich nur als Gleichheit/ • Ungleichheit interpretieren, einfache Klassifikation, gleich und nicht gleich • Auch bei Familienstand, Freizeitaktivitäten, Geschlecht usw. • Bildung des arithmetischen Mittels ist nicht zulässig • Modalwert (= größte Häufigkeit) kann festgestellt werden Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  14. 2. Ordinalskala: zusätzlich ist eine Rangordnung empirisch interpretierbar • ALLBUS 1980: Es wird heute viel über die verschiedenen Bevölkerungsschichten gesprochen. Welcher Schicht rechnen Sie sich selbst eher zu: Der Unterschicht, der Arbeiterschicht, der Mittelschicht, der oberen Mittelschicht oder der Oberschicht? • 1. Unterschicht 1.3% • 2. Arbeiterschicht 29.3% • 3. Mittelschicht 58.7% • 4. Obere Mittelschicht 9.4% • 5. Oberschicht 0.6% • 6. Keiner dieser Schichten 0.9% • (Int.: Nicht vorlesen) • 7. Einstufung abgelehnt • 8. Weiß nicht • 9. Keine Angabe n = 2.841 • Median als zulässiger Mittelwert, trennt die unteren und die oberen 50% • die Abstände zwischen 1 – 2 – 3 – usw. sind nicht interpretierbar Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  15. 3. Intervallskala: zusätzlich sind Abstände zw. den Messwerten interpretierbar • ALLBUS 1980: Auf dieser Liste stehen einige Sätze, die man schon irgendwann einmal gehört hat, wenn es um Gastarbeiter ging. Sagen Sie mir bitte zu jedem Satz, inwieweit Sie ihm zustimmen. Mit Hilfe der Skala unten auf der Liste können Sie wieder Ihre Meinung abstufen. (Int.: Liste überreichen - bitte Skalenwert notieren) • Gastarbeiter sollten ihren Lebensstil ein bisschen besser an den der Deutschen anpassen. • 01. Stimme überhaupt nicht zu 7.6% • 02. 5.3% • 03. 8.0% • 04. 13.6% • 05. 20.6% • 06. 15.1% • 07. Stimme voll und ganz zu 29.8% • 97. Verweigert • 98. Weiß nicht. • 99. Keine Angabe. n = 2.943 • Arithmetische Mittel ist zulässig, man kann Differenzen vergleichen usw. (wird in den Sozialwissenschaften zumindest behauptet) • vergleiche Schulnoten • Voraussetzung: alle Abstände sind gleich groß Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  16. 4. Ratioskala (auch Verhältnisskalen):Nullpunkt • ALLBUS 1980: DISTANZ ZUM LETZTEN WOHNORT • (Falls Befragter nicht von Geburt an dort wohnt) • Wie viele Kilometer ungefähr wohnen Sie von Ihrem vorigen Wohnort entfernt? • (Int.: Bei Rückfragen erläutern: also der Ort, in dem Sie gewohnt haben, bevor Sie nach hier zogen) • zulässig sind prozentuale Vergleiche (doppelt so weit weg wie ...) • auch bei Schuljahren, Ehedauer, Verdienst • insgesamt jedoch in den Sozialwissenschaften sehr selten Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  17. Schritte bei der Eichung von Skalen 2. Sammlung von (100 bis 200) Aussagen (Quellen: Literatur, eigene Konstruktionen, Voruntersuchung) Beispiel: „In der Öffentlichkeit wird ja viel über das Problem der Integration von Ausländern gesprochen. Bitte schreiben Sie fünf mögliche Meinungen dazu auf!” Antworten: (1.) Ausländer bereichern unser Leben. (2.) Ausländer bedrohen unsere Arbeitsplatze. (3.) Ausländer interessieren mich nicht. usw. • 1. Operationalisierung des Problems 3. Aussonderungen 4. Eichung: Verfahren der gleicherscheinenden Abstände nach Thurestone/Chave: Experteneichung mittels 11-stufiger Skala 5. Finalskala wird konstruiert Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  18. Likert-Skala (auch: Technik der summierten Einschätzungen) 1937 • Beliebt, da einfach • vgl. 1. bis 3. • 4. Subjektive Bewertung der Items mithilfe einer Intensitätsskala (1 ... 5), • Addition der Punktwerte • 1. Stimme zu • 2. stimme eher zu • 3. stimme teilweise zu • 4. stimme eher nicht zu • 5. stimme nicht zu • 5. Analyse der einzelnen Vorgaben, diskriminieren sie Versuchspersonen mit hohem (25%) und niedrigem (25%) Punktwert (t-Test)? • Trennschärfekoeffizient wird ermittelt, Ziel: geeignete und ungeeigneten Items trennen • Annahme: Man irrt sich in der Summe weniger als bei einem Item. • 6. Finalskala • Einstellungswert: Summe der bei jeder Aussage erzielten Punktwerte Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  19. Beispiel: Skalogramm-Analyse • – 3. Aussagensammlung • 4. Beurteilung nach ja/nein • Beispiel – Diekmann S. 237ff., Ja-Antworten: • A Haben Sie sich schon einmal in eine Unterschriftenliste eingetragen, • bei der es um Umweltschutzprobleme ging? 58% • B Haben Sie schon einmal oder häufiger Geld für eine Umweltschutzaktion • oder eine Umweltorganisation gespendet? 42% • C Sind Sie aktives oder passives Mitglied einer Umweltschutzorganisation • oder einer Vereinigung, die Umweltschutzinteressen verfolgt? 17% • D Haben Sie schon einmal ein Treffen oder eine Veranstaltung einer • Umweltschutzorganisation besucht? 16% • Kostenargument: je höher, desto seltener oder: schwieriger Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  20. 5. Anordnung der Personen, nach Zahl der Zustimmungen zu A ... D • Fragen A B C D • Person • 1 Ja Ja Ja Ja • 2 Ja Ja Ja Nein • 3 Ja Ja Nein Nein • 4 Ja Nein Nein Nein • 5 Nein Nein Nein Nein • 6 Ja Nein Ja Nein (???) • ... • Dabei: Annahme einer deterministischen Sprungfunktion Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  21. 6. Analyse der Antwortmuster: Reproduzierbarkeitskoeffizient ermitteln Beispiel Klausur: Alle Fragen so anordnen, dass sie immer schwieriger werden. Bis zum Umschlagpunkt werden dann alle Fragen richtig beantwortet und danach werden alle Fragen falsch beantwortet. Die Lage des Punktes ergibt dann die Note. Voraussetzung ist Eindimensionalität. Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  22. Unfolding (Entfaltungstechnik) – Coombs-Skalen • Beispiel: Parteipräferenzen • Idee: Alle Parteien lassen sich auf einer Links-Rechts-Dimension anordnen. • Diese Anordnung wird von allen als verbindlich angesehen. • Jede Person hat auf dieser Skala ihren Idealpunkt. • Sie präferiert jene Partei, welche diesem Idealpunkt am nächsten kommt usw. • ---|------------|-----------|--------------|-------------|------------|------- • REP FDP CSU SPD Grüne PDS • /CDU • Person A: I-Skala (individual)  PDS, Grüne, SPD, CDU/CSU, PDP, REP • Person B: I-Skala (individual)  CDU/CSU, SPD, FDP, Grüne, PDS, REP • ---|-----------------------|------------------|-----*-----------------|----------|---------------|-*---- • REP FDP CSU/CDU SPD Grüne PDS • Personen A und B: J-Skala (joint) • Annahme: • Personen nehmen die Elemente (die Anzahl Parteien in Deutschland) gleich wahr, • sie haben dazu jedoch jeweils eine andere Präferenz (eigenen Geschmack).  • Eindimensionalität ! Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  23. Multidimensionale Skalierung • Beispiel: Wie ähnlich sind sich jeweils die folgenden Länder? • sehr ähnlich sehr unähnlich • Brasilien (9) (8) (7) (6) (5) (4) (3) (2) (1)USA • Frankreich (9) (8) (7) (6) (5) (4) (3) (2) (1) China • USA (9) (8) (7) (6) (5) (4) (3) (2) (1) Frankreich • Brasilien (9) (8) (7) (6) (5) (4) (3) (2) (1) Israel • Brasilien (9) (8) (7) (6) (5) (4) (3) (2) (1) China • Frankreich (9) (8) (7) (6) (5) (4) (3) (2) (1) Israel • USA (9) (8) (7) (6) (5) (4) (3) (2) (1) China • Brasilien (9) (8) (7) (6) (5) (4) (3) (2) (1) Frankreich • USA (9) (8) (7) (6) (5) (4) (3) (2) (1) Israel • Israel (9) (8) (7) (6) (5) (4) (3) (2) (1) China Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  24. Mittlere Ähnlichkeitsrankings Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  25. Chernoff-Gesichter • Iconplots sind multidimensionale Symbole, die Fälle oder Beobachtungseinheiten darstellen“ (Statistica Manuel 2005:1) • Die Werte verschiedener Variablen werden bei den Chernoff-Gesichtern verschiedenen Elementen eines Gesichts zugewiesen. Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  26. Die Arbeit mit dem ZIS • Beispiele: • Ärger über zu viel globalen Umweltschutz • Akkulturation: Einstellungen zur • Allgemeine Arbeitszufriedenheit (Fischer/Lück) • Allgemeine Autoritarismus-Kurzform • Allgemeiner Autoritarismus • Allgemeines Umweltbewusstsein • Alltagsästhetische Schemata • Ambivalent-sexistische Einstellungen zu Männern • Angst im nichtklinischen Kontext • Angst in sozialen Situationen • usw. • http://www.gesis.org/Methodenberatung/ZIS/index.htm Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

  27. Weitere Literatur (Auswahl): • Häder, Michael (2008): Scaling. In: Donsbach, W./ Traugott, M.W. (Hrsg.): Handbook of Public Opinion Research. Los Angeles et al.: Sage. • Borg, Ingwer/ Staufenbiel, Thomas (1997): Theorien und Methoden der Skalierung. Eine Einführung. Bern Göttingen: Huber. • Prüfer, Peter/ Vazansky, Lisa/ Wystup, Darius (2003): Antwortskalen im ALLBUS und ISSP. Eine Sammlung. ZUMA-Methodenbericht 2003/11. Mannheim: ZUMA. • Schreiber, Dieter (1975): Skalierungsprobleme. In: Friedrich, Walter /Hennig, Werner (Hrsg.): Der sozialwissenschaftliche Forschungsprozess. Berlin: Deutscher Verlag der Wissenschaften, S. 277-334. • Stadtler, Klaus (1983): Die Skalierung in der empirischen Forschung. München: Infratest. Messverfahren, Skalierung, Indexbildung

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