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Die Banalität des Guten – Lektionen der Wirtschaftsethik Hannah-Arendt-Vorlesung Hannover

Die Banalität des Guten – Lektionen der Wirtschaftsethik Hannah-Arendt-Vorlesung Hannover 21. April 2010. Hannah Arendt (* 14. Oktober 1906; † 5. Dezember 1975). Hannah Arendt war eine der führenden Intellektuellen des 20. Jahrhunderts.

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Die Banalität des Guten – Lektionen der Wirtschaftsethik Hannah-Arendt-Vorlesung Hannover

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  1. Die Banalität des Guten – Lektionen der Wirtschaftsethik Hannah-Arendt-Vorlesung Hannover 21. April 2010

  2. Hannah Arendt (* 14. Oktober 1906; † 5. Dezember 1975) Hannah Arendt war eine der führenden Intellektuellen des 20. Jahrhunderts • Exzellente philosophische Ausbildung (bei Heidegger und Jaspers) • Nach 1933: Publizistisches Engagement im Exil • Ab 1953: Professorin für Politische Theorie an führenden US-amerikanischen Universitäten • Sie schaut mit einem sehr eigenständigen Blick auf politische Phänomene wie die Revolution oder den Totalitarismus: Sie will verstehen. • Auschwitz ist für sie das Ereignis des 20. Jhdts. http://www.thehindu.com/lr/2006/11/05/images/2006110500130401.jpg Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  3. Hannah Arendt über Auschwitz Im Fernsehinterview mit Günter Gaus gibt sie folgende autobiographische Auskunft: „Das Entscheidende ist der Tag gewesen, an dem wir von Auschwitz erfuhren. … Das war 1943. … Das ist der eigentliche Schock gewesen. Vorher hat man sich gesagt: Nun ja, man hat halt Feinde. Das ist doch ganz natürlich. Warum soll ein Volk keine Feinde haben? Aber dies ist anders gewesen. Das war wirklich, als ob der Abgrund sich öffnet. Weil man die Vorstellung gehabt hat, alles andere hätte irgendwie noch einmal gutgemacht werden können, wie in der Politik ja alles irgendwie einmal wiedergutgemacht werden kann. Dies nicht. Dies hätte nie geschehen dürfen. … Da ist irgendetwas passiert, mit dem wir alle nicht fertig werden.“ Hannah Arendt: (1964, 2007). Fernsehinterview mit Günter Gaus, in: dies.: Ich will verstehen. Selbstauskünfte zu Leben und Werk, hrsg. von Ursula Ludz, München und Zürich, S. 46-72, hier S. 61 f. http://www.notablebiographies.com/images/uewb_01_img0038.jpg Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  4. Hannah Arendt und die Banalität des Bösen Ein Jahr nach dem Fernsehinterview mit Günter Gaus, im Jahr 1965, hält sie an der New School for Social Research in New York eine Vorlesungsreihe unter dem Titel „Some Questions of Moral Philosophy“. Hier vertritt Hannah Arendt (2003, 2009) vier Thesen. • Hannah Arendt beobachtet eine moralphilosophi-scheAsymmetrie: Es gibt keine Ethik des Bösen, sondern nur Ethiken des Guten.* • Ihre Gegenthese zum Mainstream lautet: Eine Ethik des Bösen ist nötig und möglich. • Ihr perspektivischer Befund: Nur das extrem Gute ist radikal, nicht aber das extrem Böse. Dieses ist vielmehr wurzellos, flach und banal. • Ihre Schlussfolgerung: Auschwitz ist ein Verbrechen, das man den Verbrechern – mangels Persönlichkeit – nicht vergeben kann. • * des guten Willens, der „ja ich will“ antwortet, wenn man ihm sagt: „Du sollst“. (S. 48) http://www.notablebiographies.com/images/uewb_01_img0038.jpg Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  5. Hannah Arendts Bemühen, Auschwitz zu verstehen Hannah Arendt (2003, 2009) vertritt vier Thesen: (1) Der Mainstream kennt nur Ethiken des Guten. (2) Wir benötigen eine Ethik des Bösen; (3) Das Böse ist nicht einfach als Spiegelbild des Guten zu denken. (4) Das hat Konsequenzen für unser Verständnis von Auschwitz. • Mainstream-Auffassung: Man muss sich anstrengen, Gutes zu tun, und wird zum Bösen verführt. (S. 53) • Hannah Arendts Gegenthese: Manchmal muss man sich anstrengen, Böses zu tun, und wird zum Guten verführt. (S. 55) • Hannah Arendts perspektivischer Befund: „Das größte Böse ist nicht radikal, es hat keine Wurzeln“.(S. 77) • Hannah Arendts Schlussfolgerung: „[W]enn vergeben wird, dann wird nicht das Verbrechen vergeben, sondern der Person; beim wurzellosen Bösen gibt es keine Person mehr, der man je vergeben könnte.“ (S. 78) http://www.notablebiographies.com/images/uewb_01_img0038.jpg Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  6. Hannah Arendts Bemühen, Auschwitz zu verstehen Auschwitz ist für sie als historisch singuläres Verbrechen Ausdruck einer mangelnden Radikalität, einer mangelnden Verwurzelung von Menschen, die aus purer Skrupellosigkeit – im Sinne von Charakterlosigkeit – zu Verbrechern werden, nicht weil sie sich als starke Persönlichkeiten falsch entscheiden, sondern weil sie als schwache Persönlichkeiten das Denken verweigern. • Wer nicht verwurzelt, sondern entwurzelt ist, legt eine innere Haltlosigkeit an den Tag. Wem es daran mangelt, in der Kultur gemeinschaftlich verankert zu sein, wer also in diesem Sinne nicht zur Person geworden ist, hat es naturgemäß schwer, andere Menschen als Personen wahrzunehmen und anzuerkennen – mit der Folge, dass aufgrund einer solchen De-Personalisierung des Anderen dann Verbrechen möglich werden, die die Grenzen des bis dahin Vorstellbaren sprengen. Dass Auschwitz möglich war: dass es zu einem staatlich geplanten und bürokratisch exekutierten Vernichtungsprogramm kommen konnte, versteht Hannah Arendt also als das Resultat eines Versagens gemeinschaftlicher Persönlichkeitsbildung und mithin als Folge eines individuellen Vakuums moralischer Integrität. http://www.notablebiographies.com/images/uewb_01_img0038.jpg Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  7. Unterschiedliche Fragestellungen Hannah Arendt vertritt eine personale Individualethik (Q III und Q IV). Die ordonomische Wirtschaftsethik hingegen folgt einer anderen Fragestellung und einer anderen Antwortperspektive. Ihr geht es um eine systemische Ordnungsethik (Q I und Q II). Deshalb formuliert die These von der „Banalität des Guten“ keinen Widerspruch zu Hannah Arendt. gut Hannah Arendt: Das theoretische Gegensatz-paar der auf das Personale schauenden Individualethik lautet: gut versus böse. Radikalitätdes Guten Banalitätdes Guten I IV Person System III II Ordonomik: Das theoretische Gegensatz-paar der auf das Systemische schauenden Ordnungsethik lautet: gut versus schlecht. Banalitätdes Schlechten Banalitätdes Bösen böse / schlecht Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  8. Argumentation im Überblick • Hannah Arendts Auffassung von der Banalität des Bösen und von der Radikalität des Guten • Die wirtschaftsethische Auffassung von der Banalität des Guten und von der Banalität des Schlechten • Zum Vergleich der theoretischen Konzeptionen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  9. Erste These der ordonomischen Wirtschaftsethik Systemergebnisse sind das nicht-intendierte Resultat intentionalen Verhaltens. Beispiel: Rate der Banküberfälle. http://www.kalk.de/uploads/pics/Stahlsafe_shutt_1560794klei.jpg Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  10. Zweite These der ordonomischen Wirtschaftsethik Schlechte Systemergebnisse sind dilemmatisch bedingt. Beispiel: Klimawandel. (Viele Konsumenten handeln hier unbewusst. Aber selbst in Kenntnis des Problems kann man oft nicht anders handeln. Dies gilt insbesondere für Unternehmen im Wettbewerb.) Strategie: Freiwillige Anstrengung zum Klimaschutz? Spieler R nein ja IV I I d b* ja Spieler A c a nein II II III Szenario: kostenlose CO2-Emission Payoffs: a > b > c > d http://p3.focus.de/img/gen/2/8/HB28tYyG_Pxgen_r_467xA.jpg Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  11. Dritte These der ordonomischen Wirtschaftsethik Gute Systemergebnisse sind ebenfalls dilemmatisch bedingt. Beispiel: Wirtschaftsleistung. Strategie: Individuelle Anstrengung im Leistungswettbewerb? Spieler R ja nein IV I I d b* nein Spieler A c a ja II II III Szenario: funktionale Rahmenordnung Payoffs: a > b > c > d http://www.uibk.ac.at/ipoint/news/images/wwachst_topnews.jpg Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  12. Adam Smith und die „Banalität des Guten“ Adam Smith vertritt in „Wealth of Nations“ (1776) zwei Thesen: (1) Unternehmern liegt das Wohl der Konsumenten nicht am Herzen. (2) Unter bestimmten Bedingungen tragen sie trotzdem zum Konsumentenwohl bei. Fazit: Wohl-Stand setzt kein Wohl-Wollen voraus. „Geschäftsleute des gleichen Gewerbes kommen selten, selbst zu Festen und zur Zerstreuung, zusammen, ohne dass das Gespräch in einer Verschwörung gegen die Öffentlichkeit endet oder irgendein Plan ausgeheckt wird, wie man die Preise erhöhen kann.“ (S. 112) „Nicht vom Wohlwollen des Metzgers, Brauers und Bäckers erwarten wir das, was wir zum Essen brauchen, sondern davon, dass sie ihre eigenen Interessen wahrnehmen.“ (S. 17) http://www2.warwick.ac.uk/fac/soc/ppe/ppelectures/adam_smith_photo.jpg Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  13. Argumentation im Überblick • Hannah Arendts Auffassung von der Banalität des Bösen und von der Radikalität des Guten • Die wirtschaftsethische Auffassung von der Banalität des Guten und von der Banalität des Schlechten • Zum Vergleich der theoretischen Konzeptionen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  14. Hannah Arendts Diagnose der Moderne Hannah Arendt interpretiert den Kapitalismus als Ausbeutungssystem und vertritt eine generell dekadenztheoretische Perspektive, aus der die Moderne als Verfall erscheint. „In einer Beziehung hatte Marx vollkommen recht: Die logische Entwicklung des Kapitalismus ist der Sozialismus. Und der Grund dafür ist einfach. Der Kapitalismus begann mit der Ausbeutung. Das ist das Gesetz, das anschließend die Entwicklung determinierte. Und der Sozialismus bringt die Ausbeutung an ihr logisches Ende und bleibt damit in gewissem Sinne ohne mäßigenden Einfluss. … Dieser ganze moderne Produktionsprozess ist tatsächlich ein Prozess der schrittweisen Ausbeutung. Ich würde mich deshalb immer weigern, eine Unterscheidung zwischen beiden [gemeint sind: Kapitalismus und Sozialismus; I.P.] zu machen. Für mich ist es wirklich ein und dieselbe Bewegung. Und in dieser Beziehung hatte Karl Marx vollkommen recht. Er ist der einzige, der es wirklich wagte, diesen neuen Produktionsprozess zu durchdenken – jene Produktionsvorgänge, die sich in Europa im 17., dann im 18. und schließlich im 19. Jahrhundert allmählich durchsetzten. … Nur was am Ende dabei herauskommt, ist die Hölle, nicht das Paradies.“ (1979, 2007; S. 110 f.) http://www.notablebiographies.com/images/uewb_01_img0038.jpg Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  15. Die wirtschaftsethische Diagnose der Moderne Die ordonomische Wirtschaftsethik interpretiert den Kapitalismus als ein System wechselseitiger Besserstellung, das den Menschen auf breiter Front zivilisatorische Errungenschaften zuteil werden lässt.. Schätzungen des Pro-Kopf-Einkommens in USD von 0-2001 Quelle: Maddison (2005) Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  16. Bevölkerungsentwicklung von 1000 v. Chr. - 2000 n. Chr. Erst in den letzten Jahrhunderten hat die Bevölkerungszahl deutlich zugenommen. http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/8/8a/World-pop-hist-de-2.png Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  17. Gesundheitsentwicklung: Parallel zum Wachstum steigt die Lebenserwartung stark an Schätzung zur Entwicklung der Lebenserwartung von 1000-2002, weltweit (West: Europa, Nordamerika, Japan. Rest: Asien, Afrika, Südamerika und Osteuropa) Quelle: Maddison (2005) Trotz geringerer Einkommen nimmt die Lebenserwartung auch in Entwicklungsländern stark zu! Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies 17

  18. Entwicklung der Lebenserwartung: beschleunigte Aufholprozesse sind möglich Entwicklung der Lebenserwartung in 6 Staaten von 1725-1990 Japan China Indien USA UK/England Frankreich Quelle: Fogel (2004) Entwicklungsländer können durch das Globalisierungsphänomen des Technologietransfers Gesundheitsziele schneller erreichen! Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies 18

  19. Eine erste Gemeinsamkeit Hannah Arendt lehnt die These von der Radikalität des Bösen ab. Und analog lehnt die ordonomische Wirtschaftsethik die These von der Radikalität des Schlechten ab. Hannah Arendt: Es wäre ein Denkfehler, das Böse auf menschliche Monster und dämonische Schurken zurückzuführen. gut I IV Person System II III Ordonomik: Es wäre ein Denkfehler, das Schlechte auf schlechte Motive anstatt auf schlechte Anreize zurückzuführen. Radikalität Radikalität böse / schlecht Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  20. Ein zweiter Unterschied Hannah Arendt befürwortet die These von der Radikalität des Guten. Im Unterschied hierzu lehnt die ordonomische Wirtschaftsethik die These von der Radikalität des Guten ab. Hannah Arendt: Das personal Gute ist auf eine gemeinschaftliche Verwurzelung des Individuums zurückzuführen. gut Radikalität Radikalität I IV Person System II III Ordonomik: Es wäre ein Denkfehler, das systemisch Gute auf gute Motive anstatt auf gute Anreize zurückzuführen. böse / schlecht Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  21. Eine zweite Gemeinsamkeit Für Hannah Arendt ist Denken (als Zwiesprache mit sich selbst) ein letztlich sozialer Akt. Ihr kommt es auf Publizität an, auf die politische Arena des Diskurses. Auch für die ordonomische Wirtschaftsethik ist die Öffentlichkeit eine wichtige Arena. Öffentlichkeit (Meta-Metaspiel:Orientierung) Semantik Regelfindungsdiskurs Sozialstruktur Politik (Metaspiel: Spielregeln) Regelsetzungsprozess Wirtschaft(Basisspiel: Spielzüge) Regelbefolgungsspiel Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  22. Eine zweite Gemeinsamkeit Auch für die ordonomische Wirtschaftsethik ist die Öffentlichkeit eine wichtige Arena. Allerdings können hier zwei Fehlschlüsse zur intellektuellen Des-Orientierung führen.(Beispiele: Forderung als personale Überforderung; Schuld und Sühne) NormativistischerFehlchluss Öffentlichkeit (Meta-Metaspiel:Orientierung) Semantik Regelfindungsdiskurs Sozialstruktur Politik (Metaspiel: Spielregeln) Regelsetzungsprozess Wirtschaft(Basisspiel: Spielzüge) Regelbefolgungsspiel Moralistischer Kurzschluss Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  23. Zusammenfassung • Hannah Arendts Auffassung von der Banalität des Bösen und von der Radikalität des Guten • Die wirtschaftsethische Auffassung von der Banalität des Guten und von der Banalität des Schlechten • Zum Vergleich der theoretischen Konzeptionen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  24. Hannah Arendts These von der Banalität des Bösen Hannah Arendt ist bemüht, Auschwitz zu verstehen. Ihre These von der Banalität des Bösen wendet sich dagegen, das extrem Böse als bloßen Gegensatz – als einfaches Spiegelbild – zum extrem Guten zu denken. „Das größte Böse ist nicht radikal, es hat keine Wurzeln“. Quelle: Arendt (2003, 2009; S. 77). Hannah Arendt entwickelt eine Individualethik. Ihre Fragestellung und Antwortperspektive ist referentialisiert auf das Individuum als Person. Damit will sie Auschwitz als historisch singuläres Ereignis verstehen. http://www.notablebiographies.com/images/uewb_01_img0038.jpg Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  25. Die ordonomische These von der Banalität des systemisch Guten Hannah Arendt ist eine große Anhängerin von Bertolt Brecht. Der lässt in einem Theaterstück seinen Galilei ein klassisch gewordenes Statement gegen moralischen Heroismus abgeben. Dem kann die ordonomische Wirtschaftsethik nur nachdrücklich zustimmen: Die moderne Gesellschaft muss (und kann) so organisiert werden, dass sie ohne moralischen Heroismus auskommt. „Unglücklich das Land, das Helden nötig hat.“ Quelle: Dies lässt Bertolt Brecht (1955, 1998; S. 116) seinen Galilei sagen, und zwar ganz am Ende der 13. Szene. Die Ordonomik entwickelt eine Ordnungs-ethik. Ihre Fragestellung und Antwort-perspektive ist referentialisiert auf die Funktionsweise des (Wettbewerbs-) Systems mittels institutioneller Anreize. http://www.salzgeber.de/presse/bildarchiv/gross/brecht_01b.jpg Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  26. Eine wichtige Gemeinsamkeit Sowohl für Hannah Arendt als auch für die ordonomische Wirtschaftsethik sind öffentliche Diskurse von entscheidender Bedeutung. Insofern können beide David Hume zustimmen: „It is … on opinion only that government is founded“. Quelle: Hume (1741, 1987; S. 32). Steuerung setzt Aufklärung voraus. Die aber lässt sich nur als Selbstaufklärung realisieren. Deshalb gibt es keine Alternative zum Diskurs als Arena öffentlichen Denkens (im Sinne „öffentlichen Vernunftgebrauchs“). http://www.science-et-vie.net/img/illustrations/D/david-hume.jpg Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies

  27. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsethik Prof. Dr. Ingo Pies http://pics.livejournal.com/larvatus/pic/0029thc6

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