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Kapitel 3 Die reellen Zahlen. Inhalt. 3.1 Was sind reelle Zahlen? 3.2 Wie viele reelle Zahlen gibt es? 3.3 Folgen 3.4 Was sind reelle Zahlen? – Teil II 3.5 Ungleichungen und Betrag 3.6 Summen. 3.1 Was sind reelle Zahlen?. Eine ausgesprochen schwierige Frage!
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Inhalt 3.1 Was sind reelle Zahlen? 3.2 Wie viele reelle Zahlen gibt es? 3.3 Folgen 3.4 Was sind reelle Zahlen? – Teil II 3.5 Ungleichungen und Betrag 3.6 Summen
3.1 Was sind reelle Zahlen? Eine ausgesprochen schwierige Frage! Wir bezeichnen die Menge der reellen Zahlen (von der wir noch nicht wissen, was sie ist) mit R. Wir können natürlich Beispiele von reellen Zahlen angeben:alle natürlichen, ganzen, rationalen Zahlen sind auch reelle Zahlen(d.h. R ist eine Erweiterung von Q)2, 5, ... sind reelle Zahlen,p ist eine reelle Zahl, ... Aber: Wie kann man alle reellen Zahlen beschreiben???
1. Beschreibung der reellen Zahlen Wir werden die reellen Zahlen nicht explizit konstruieren, sondern verschiedene Beschreibungen angeben. 1. Beschreibung: Die reellen Zahlen füllen die Zahlengerade lückenlos aus. Dies ist die elementarste, aber wichtigste Vorstellung. Wir stellen, dass sich an jeder Stelle der Zahlengeraden eine Zahl befindet. Wenn wir mit einem unendlich dünnen Messer die Zahlengerade anschneiden, haben wir eine reelle Zahl getroffen. Mit anderen Worten: Die reelle Zahlengerade hat keine Lücke.
2. Beschreibung durch Dezimalbrüche Die reellen Zahlen sind genau die Dezimalbrüche. Dezimalbrüche können endlich, periodisch oder nichtperiodisch sein. Endliche (abbrechende) Dezimalbrüche sind zum Beispiel 3,14; 2458493; 56568439,35. Bei periodischen Dezimalbrüchen wiederholt sich ab einer gewissen Stelle eine gewisse Ziffernfolge ständig. Beispiel: 24,9 456 456 456... Wir notieren dies wie üblich auch so:24,9 456 . Ein nichtperiodischer Dezimalbruch ist einer, der keine Periode hat. Zum Beispiel sind 2 und p keine periodischen Dezimalbrüche.
Weitere Beschreibungen Wir werden weitere Beschreibungen der reellen Zahlen angeben: als Grenzwerte von Folgen, durch „Dedekindsche Schnitte“ und durch die Supremumseigenschaft. Dazu brauchen wir aber noch einige Vorbereitungen. Bereits jetzt könne wir aber beweisen, dass es überabzählbar viele reelle Zahlen gibt!
3.2 Wie viele reelle Zahlen gibt es? Wir wissen: die Mengen Z und Q sind gleichmächtig zu N sind. Ist auch R gleichmächtig zu N? Oder besitzt R wesentlich mehr Elemente als N? Es ist eine der großen Leistungen von Georg Cantor (1845 - 1918), des Erfinders der Mengentheorie, bewiesen zu haben, dass R wesentlich mehr Elemente wie N enthält: Es gibt keine Möglichkeit, die reellen Zahlen zu nummerieren! Wir bezeichnen die Menge der reellen Zahlen zwischen 0 (einschließlich) und 1 (ausschließlich) mit dem Symbol [0, 1).Man nennt dies ein „haboffenes Intervall“; dazu später.
Überabzählbarkeit von R 3.2.1 Satz (Cantor). Es gibt keine bijektive Abbildung von N auf [0,1). Das heißt: Die reellen Zahlen zwischen 0 und 1 sind nicht abzählbar. Erst recht ist die Menge aller reellen Zahlen nicht abzählbar! Beweis. („Cantorsches Diagonalverfahren“)Der Beweis erfolgt durch Widerspruch. Wir nehmen an, dass sich die reellen Zahlen zwischen 0 und 1 abzählen lassen. Es gibt also eine erste reelle Zahl r1, eine zweite r2, eine dritte r3, usw.
Erster Trick Erster Trick: Wir schreiben die Zahlen zwischen 0 und 1 in dieser Reihenfolge als Dezimalbrüche auf! r1 = 0, a11 a12 a13 a14 a15 a16 ...r2 = 0, a21 a22 a23 a24 a25 a26 ...r3 = 0, a31 a32 a33 a34 a35 a36 ...r4 = 0, a41 a42 a43 a44 a45 a46 ...r5 = 0, a51 a52 a53 a54 a55 a56 ...... Beispiel: Wenn r1 = 0, 0925378929 ist, so ist a11 = 0, a12 = 9, a13 = 2 usw. Die vierte Nachkommastelle von r7 wird mit a74 bezeichnet.
Zweiter Trick Zweiter Trick (genial!): Wir konstruieren eine reelle Zahl t zwischen 0 und 1, die nicht in dieser Liste vorkommt! Dies ist ein Widerspruch, denn die obige Liste soll ja alle reellen Zahlen zwischen 0 und 1 enthalten. Konstruktion von t: Die Zahl t hat eine Null vor dem Komma und nach dem Komma die Stellen b1, b2, b3, ... Für die Ziffer b1 ist nur verboten, dass sie gleich a11 ist. Also unterscheidet sich t wenigstens an der ersten Nachkommastelle von r1. Somit ist sicher t r1. Die Ziffer b2 darf nicht gleich a22 sein. Daher unterscheidet sich t jedenfalls an der zweiten Nachkommastelle von r2; somit ist t r2.
Der Widerspruch Und so weiter: Die Ziffer bi wird so gewählt, dass bi aii ist. Dann unterscheidet sich t an der i-ten Stelle von ri, also ist t ri. So erhalten wir eine reelle Zahl t = 0, b1 b2 b3 ... zwischen 0 und 1. Behauptung: Die Zahl t steht nicht in obiger Liste! Warum? Wenn t auf der Liste wäre, müsste t gleich einer Zahl ri sein. Wir haben aber schon gesehen, dass dies (wegen bi aii) nicht der Fall sein kann. Widerspruch! Dieser Widerspruch kommt von der Annahme her. Also ist die Annahme falsch. Daher ist die Menge [0, 1) nicht abzählbar.
Folgerungen Definition:Eine unendliche Menge heißt überabzählbar, wenn sie nicht abzählbar ist. Wenn eine Menge überabzählbar ist, hat sie also eine höhere Stufe der Unendlichkeit als eine abzählbare Menge. 3.2.2 Folgerung. Die Menge R der reellen Zahlen ist überabzählbar. 3.2.3 Folgerung. Es gibt unendlich viele, sogar überabzählbar viele irrationale Zahlen! Beweis. Wenn die Menge der irrationalen Zahlen abzählbar wäre, dann wäre auch R abzählbar, denn die Vereinigung von zwei abzählbaren Mengen ist wieder abzählbar: Widerspruch! Also muss die Menge der irrationalen Zahlen überabzählbar sein.
3.3 Folgen Definition: Eine Folge reeller Zahlen ist eine (unendliche) Folge a1, a2, a3, ... von reellen Zahlen ai. Beispiele: 1, 2, 3, 4, 5, ...1, 1, 1, 1, 1, 1, ...1 –1, 1, –1, 1, –1, 1, ...1, 1/2, 1/3, 1/4, ...3, 1, 4, 1, 5, 9, ...
Schreibweisen für Folgen Für die Folge a1, a2, a3, ... schreiben wir auch (an) oder (an)nÎN. Beispiele: (n)nÎN,(1)nÎN,((–1)n+1)nÎN(1/n)nÎN. Eine Folge muss nicht mit der Nummer 1 beginnen; auch (an)n 5 ist eine Folge.
Schreibweise Die einzige Regel: Für jedes n muss klar sein, was an ist! Eine Folge kann durch eine Formel angegeben werden. Man kann aber auch zwei (oder mehrere) Formeln verwenden: an = 1, falls n ungerade istan = –n, falls n gerade ist. Man kann eine Folge aber auch verbal beschreiben: an ist n2, falls n eine Primzahl ist; sonst ist an = 1, es sei denn n = 2005; in diesem Fall ist an gleich der Anzahl der Hörer der WGMS IV.
Konvergente Folgen: Die Vorstellung Wichtig und zentral für die Analysis ist der Konvergenzbegriff. Vorstellung: Eine Folge konvergiert, wenn die Folgenglieder einer gewissen Zahl (dem „Grenzwert“) beliebig nahe kommen. Diese intuitive Vorstellung wollen wir präzisieren. Beispiele: 1, 1/2, 1/3, 1/4, ... konvergent 1, –1, 1, –1, 1, –1, 1, ... nicht konvergent 1000, 100.000, 1.000.000, 1, 1/2, 1/3, 1/4, ... konvergent 1, 1/2, 1, 1/3, 1, 1/4, 1, 1/5, 1, 1/6, 1, 1/7, ... nicht konvergent 1, –1/2, 1/4, –1/8, 1/16, –1/32, ... konvergent
Konvergente Folgen: Beschreibungen Was bedeutet „konvergent“? Wir beschreiben dieses Phänomen in sechs Schritten mit zunehmender mathematischer Präzision. Sei (an) eine Folge und a eine reelle Zahl. 0. Beschreibung. Eine Folge von Punkten der Zahlengerade nähert sich „immer mehr“ einem Punkt. 1. Beschreibung. Eine Folge konvergiert, wenn sie einen „Grenzwert“ hat. 2. Beschreibung. Die Folge (an) konvergiert gegen den Grenzwert a, wenn die Folgenglieder an mit wachsendem n der Zahl a immer näher kommen.
Definition 3. Beschreibung. Die Folge (an) konvergiert gegen den Grenzwert a, wenn in jeder noch so kleinen „Umgebung“ von a fast alle Folgenglieder an liegen. 4. Beschreibung (und schon fast die formale Definition): Die Folge (an) konvergiert gegen den Grenzwert a, wenn für jedes (noch so kleine) e > 0 ab einer gewissen Nummer N alle Folgenglieder höchsten den Abstand e von a haben. 5. Beschreibung (die formale Definition): Die Folge (an) konvergiert gegen eine reelle Zahl a (ihren Grenzwert), wenn es für jede reelle Zahl e > 0 eine Nummer N gibt, so dass für alle Folgenglieder an mit n N die Ungleichung an–a < e gilt.
Beispiele (a) Die Folge (1/n) konvergiert und hat den Grenzwert a = 0. Denn für alle e > 0 existiert ein N mit 1/N < e. Dann gilt 1/N – 0 = 1/N – 0 = 1/N < e Erst recht gilt dann für alle n N: 1/n – 0 = 1/n – 0 = 1/n < 1/N < e. (b) Die Folge ((n–1)/n) konvergiert und hat den Grenzwert 1. Denn sei e > 0 beliebig. Dann existiert ein N mit 1/N < e. Also ist (N–1)/N – 1 = –1/N = 1/N = 1/N < e. Dann gilt auch für alle n N: (n–1)/n – 1 = –1/n = 1/n = 1/n 1/N < e.
Wann konvergiert eine Folge nicht? Auch das werden wir auf verschiedenen Sprachebenen beschreiben. 1. Beschreibung: Eine Folge konvergiert nicht, wenn sie keinen Grenzwert hat. 2. Beschreibung: Die Folge (an) konvergiert nicht, wenn es keine reelle Zahl gibt, der die Folgenglieder an mit wachsendem n immer näher kommen. 3. Beschreibung: Die Folge (an) konvergiert nicht, wenn es für jede Zahl a eine kleine „Umgebung“ von a gibt, so dass außerhalb unendlich viele Folgenglieder an liegen.
Formale Beschreibung 4. Beschreibung: Die Folge (an) konvergiert nicht, wenn es für jede reelle Zahl a ein e > 0 gibt, so dass unendlich viele Folgenglieder an außerhalb der e-Umgebung von a liegen. 5. Beschreibung (formal): Die Folge (an) konvergiert nicht, wenn es für alle reellen Zahlen a ein e > 0 gibt, so dass für jede Nummer N gilt: Es gibt ein Folgenglied an mit n N, für das die Ungleichung an–a > e gilt. Wenn eine Folge nicht konvergiert, sagt man auch, sie divergiert.
Beispiele (a) Die Folge 1, 2, 3, 4, 5, ... divergiert (konvergiert nicht). Denn wir wählen e = 1. Dann haben für jede reelle Zahl a unendlich viele Folgenglieder einen Abstand größer als e (= 1) von a. Dies sind alle Folgenglieder, die größer als a+1 oder kleiner als a–1 sind. (b) Die Folge 1, –1, 1, –1, 1, ... konvergiert nicht. Denn wir wählen e = 1/4. Dann haben für jede reelle Zahl a die Folgenglieder 1 oder die Folgenglieder –1 einen Abstand > 1/4. Also kann keine Zahl a ein Grenzwert dieser Folge sein.
Cauchy-Folge Frage: Kann man die Konvergenz einer Folge auch erkennen, wenn man den Grenzwert nicht kennt? Definition. Sei (an) eine Folge. Man sagt, dass (an) eine Cauchy-Folge ist bzw. dass die Verdichtungseigenschaft gilt, wenn es für jedes (noch so kleine) e > 0 eine Nummer N so gibt, dass für alle Folgenglieder an und am mit n, m N die Ungleichung an–an < e gilt. (A.-L. Cauchy, franz.Mathematiker, 1789 – 1857) Vorstellung: „Späte Glieder“ der Folge kommen sich immer näher.
Konvergente Folgen sind Cauchy-Folgen 3.3.1 Satz. Jede konvergente Folge ist eine Cauchy-Folge. Beweis. Sei (an) eine konvergente Folge mit Grenzwert a. Idee: Da sich späte Glieder der Folge immer weniger vom Grenzwert unterscheiden, können sich diese Glieder auch untereinander nicht stark unterscheiden. Genauer gesagt: Der Abstand zweier Folgenglieder an, am kann höchstens doppelt so groß sein wie der Abstand von an bzw. am von a.
Beweis Dies beschreiben wir nun genauer: Sei e eine beliebige reelle Zahl > 0. Wir wenden die Definition der Konvergenz von (an) auf e/2 an. Dann gibt es eine Nummer N, so dass für alle Folgenglieder an mit n N die Ungleichung an–a < e/2 gilt. Seien nun n,m N. Dann gilt: an–am an–a + a–am < e/2 + e/2 = e. Also gilt die Verdichtungseigenschaft. Somit ist (an) eine Cauchy-Folge.
Vollständigkeit von R Mit Cauchy-Folgen kann man nicht nur konvergente Folgen beschreiben, deren Grenzwert man nicht kennt, sondern auch solche, von denen es den Grenzwert – bislang – gar nicht gibt. Man kann die reellen Zahlen auch so einführen, dass man fordert, dass jede Cauchy-Folge konvergiert. Man spricht von der Vollständigkeit der reellen Zahlen. Dies soll im folgenden geschehen.
3.4 Was sind reelle Zahlen II Wir werden jetzt noch drei mathematische Beschreibungen der entscheidenden Eigenschaften der reellen Zahlen angeben. Alle drei Beschreibungen sind mathematisch gleichwertig, aber aus begrifflicher sicht unterschiedlich schwierig zu verstehen. Wir fordern drei verschiedene Dinge von den reellen Zahlen: Man soll wie gewohnt mit ihnen rechnen können, sie sollen sinnvoll bezüglich < geordnet sein und sie sollen „lückenlos“ sein. Grundforderung:Die reellen Zahlen sollen mit + und einen Körper bilden. Das heißt: Man kann mit + und wie üblich rechnen.
Vollständigkeit 3. Beschreibung: Die Menge der reellen Zahlen ist vollständig. Das bedeutet, dass jede Cauchy-Folge in R konvergiert. Die Bedeutung dieses Axioms ist für uns im Augenblick noch kaum abschätzbar. Tatsache ist, dass die Analysis ohne dieses (oder ein äquivalentes) Axiom nicht funktionieren würde. Damit sind nicht nur die Grenzwerte der konvergenten Folgen reelle Zahlen, sondern umgekehrt: Wir fordern, dass jede Folge, die konvergieren könnte (Cauchy-Folge) auch tatsächlich konvergiert! Mit anderen Worten: Die meisten reellen Zahlen existieren (zunächst) nur als Grenzwerte von Cauchy-Folgen.
Anordnung Auf R gibt es eine Relation < mit folgenden Eigenschaften: – Für je zwei reelle Zahlen a und b gilt a < b, a = b oder a > b. – Wenn für drei reelle Zahlen a, b und c gilt a < b und b < c, so gilt auch a < c. (Transitivität von „<“.) – Seien a und b reelle Zahlen mit a < b. Dann gilt für jede reelle Zahl r: a + r < b + r – Ferner gilt für jede positive reelle Zahl r: ar < br. – Für jede negative reelle Zahl r gilt: ar > br.(Monotoniegesetze für Addition und Multiplikation)
Dedekindscher Schnitt Durch jede reelle Zahl s kann man die Menge R in „zwei Hälften“ A und B zerschneiden. Dazu definieren wir A = {r ÎR r < s} und B = {r ÎR r s}. Dann haben die Mengen A und B folgende Eigenschaften: • ·A und B sind nicht leer. • ·A B = R. • ·Für alle a Î A und alle b Î B gilt a < b. Jedes Paar A, B von Mengen reeller Zahlen mit diesen Eigenschaften heißt ein Schnitt (auch: Dedekindscher Schnitt); Richard Dedekind (1831 - 1916).
Beispiel Bei einem Schnitt, der so konstruiert ist, heißt s die Trennungszahl. Beispiel: Im Falle s = 2 geben wir einige Elemente von A und B an: –10; 1; 1,3; 1,4; 1,41 Î A, 1,42; 1,415 Î B. Ein Schnitt hat praktische Konsequenzen: Jede Zahl, die in A oder B liegt, ist eine untere bzw. obere Abschätzung der Zahl s.
Schnittaxiom 4. Beschreibung: Jeder Schnitt besitzt genau eine Trennungszahl. Das heißt: Wenn immer wir nichtleere Mengen A und B finden, die zusammen alle reellen Zahlen enthalten und die Eigenschaft haben, dass jedes Element aus A kleiner ist als jedes Element aus B, dann gibt es eine reelle Zahl s, so dass A und B durch Trennung der Menge der reellen Zahlen an der Schnittzahl s entstehen! Das Schnittaxiom ist die mathematisch präzise Formulierung der anschaulichen Vorstellung, dass an jeder Stelle („wo immer man durchschneidet“) der Zahlengerade eine reelle Zahl liegt.
Obere Schranke Definition.Sei M eine Menge reeller Zahlen. Eine reelle Zahl a heißt eine obere Schranke von M, falls gilt a m für alle m Î M. M heißt nach oben beschränkt, falls M eine obere Schranke hat. Beispiele: (a) Die Menge M = {1, 1/2, 1/3, ...} ist nach oben beschränkt; obere Schranken sind z.B. 1, 5, 10000000 usw. (b) Die Menge N = {0, 1, 2, 3, ...} ist nicht nach oben beschränkt. Ebenso sind Z, R, Q nicht nach oben beschränkt. (c) Jede endliche Menge M ist nach oben beschränkt: Das größte Element (Maximum) von M ist eine obere Schranke. (Achtung: unendliche Mengen haben meist kein größtes Element!)
Untere Schranke Definition. Eine reelle Zahl a heißt eine untere Schranke von M, falls gilt a m für alle m Î M. Die Menge M heißt nach unten beschränkt, falls M eine untere Schranke besitzt. Beispiele: (a) Die Menge M = {1, 1/2, 1/3, ...} ist nach unten beschränkt; untere Schranken sind zum Beispiel 0, –1, –1000 usw.(b) Die Menge N = {0, 1, 2, 3, ...} ist nicht nach unten beschränkt. Aber Z, R, Q sind nicht nach unten beschränkt. (c) Jede endliche Menge ist nach unten beschränkt: Das kleinste Element (Minimum) von M ist eine untere Schranke.
Supremum Es ist keine Kunst, große obere Schranken zu finden; die Kunst ist, möglichst kleine obere Schranken zu finden. Definition. Eine reelle Zahl s heißt kleinste obere Schranke (Supremum) von M, falls (1) s eine obere Schranke von M ist, und (2) s die kleinste obere Schranke von M ist. Die Bedingung (2) heißt, dass keine Zahl s' < s eine obere Schranke von M ist. Technisch ausgedrückt: Für jede reelle Zahl s' < s gibt es ein m Î M mit s' < m. (Das Element m ist ein „Zeuge“ dafür, dass s' keine obere Schranke ist.) Wir schreiben auch s = sup(M).
Beispiel Das Supremum der Menge M = {9/10, 99/100, 999/1000, ...} ist 1. Denn (1) ist 1 eine obere Schranke von M. Zum Nachweis der Bedingung (2) betrachten wir eine beliebige reelle Zahl s' < 1. Dann gibt es immer ein Element m der Menge M mit s' < m. Bemerkung. sup(M) muss nicht in der Menge M liegen. Wenn s = sup(M) in M liegt, nennt man das Element s auch das Maximum von M.
Infimum Definition.Wir nennen eine reelle Zahl s größte untere Schranke (Infimum) von M, falls (1) s eine untere Schranke von M ist, und (2) s die größte untere Schranke von M ist. Die Bedingung (2) bedeutet, dass keine Zahl s' > s eine untere Schranke von M ist. Das heißt : Für jede reelle Zahl s' > s gibt es ein m Î M mit s' > m. (Das Element m ist ein „Zeuge“ dafür, dass s' keine untere Schranke ist.) Wir schreiben auch s = inf(M).
Supremumsprinzip Klar: Eine nach oben unbeschränkte Menge hat kein Supremum. (Denn eine solche Menge hat keine obere Schranke, erst recht keine kleinste obere Schranke.) Das Supremumsprinzip sagt, dass ansonsten jede Menge ein Supremum hat. 5.Beschreibung. Jede nichtleere, nach oben beschränkte Menge reeller Zahlen hat ein eindeutig bestimmtes Supremum. Entsprechend gilt auch Infimumsprinzip. Jede nichtleere, nach unten beschränkte Menge reeller Zahlen hat ein Infimum.
Satz des Archimedes 3.4.1 Satz des Archimedes. Zu jeder reellen Zahl r gibt es eine natürliche Zahl n mit n > r. Mit anderen Worten: Die Menge der natürlichen Zahlen ist unbeschränkt. Beweis. Angenommen, N wäre beschränkt. Dann gäbe es nach dem Supremumsprinzip sup(N); dieses nennen wir s. Dann ist s–1 keine obere Schranke von N. Also muss es eine natürliche Zahl n geben mit n > s–1. (Sonst wäre s–1 eine obere Schranke für N.) Also ist s < n+1. Also wäre s kleiner als die natürliche Zahl n+1, und somit wäre s keine obere Schranke von N. Archimedes (287 v. Chr. - 212 v. Chr.)
Satz des Eudoxos 3.4.2 Satz des Eudoxos. Zu jedem e > 0 gibt es ein n Nmit 1/n < e. Beweis. Nach dem Satz des Archimedes gibt es ein n Nmit n > 1/e. Dann ist e > 1/n. Eudoxos (400 v. Chr. - 347 v. Chr.)
3.5 Betrag und Ungleichungen Definition. Für eine reelle Zahl a definieren wir a = a, falls a 0 a = –a, falls a < 0. Wir nennen a den Betrag der reellen Zahl a. Beispiele:1000 = 1000, –35 = 35, 0 = 0, –0,1 = 0,1 .
Eigenschaften der Betragsfunktion 3.5.1 Satz. Die Betragsfunktion hat folgende Eigenschaften:a 0 mit a = 0 genau dann, wenn a = 0 ist. ab = ab.a+ba + b. Beweis. (a) Nach Definition ist a nie negativ. Klar: 0 = 0. Wenn a = 0 ist, ist nach Definition a 0. Also ist a = a; da a = 0 ist, muss also a = 0 sein.
Beweis (b) (b) Wenn eine der Zahlen a, b Null ist, sind beide Seiten gleich Null. Seien also a 0 und b 0. Wir unterscheiden vier Fälle. 1. Fall: a, b > 0. Dann ist auch ab > 0, also ab = ab = ab. 2. Fall: a > 0, b < 0. Dann ist auch ab < 0, alsoab = –ab = a(–b) = ab. 3. Fall: a < 0, b > 0. Analog zu Fall 2. 4. Fall: a, b < 0. Dann ist ab > 0, also ab = ab = (–a)(–b) = ab.
Beweis (c) (c) Wenn a und b beide positiv oder beide negativ sind, dann gilt a+b=a + b. Sei also eine der beiden Zahlen, sagen wir a, positiv, die andere (also b) negativ. Dann ist a+ba (falls ba) oder a+bb (falls ab). In jedem Fall ist a+ba + b. Bemerkung: Für jede reelle Zahl gilt a = –a. Insbesondere gilt für je zwei reelle Zahlen a und b: a–b = b–a.
Ungleichung vom Mittelwert 3.5.2 Satz (Ungleichung vom arithmetischen Mittel).Seien a und b reelle Zahlen mit a b. Dann gilt: a (a+b)/2 b. Beweis. Wir zeigen 2a a+b und a+b 2b. Zunächst folgt 2a = a+a a+b, da a b. Entsprechend ergibt sich a+b b+b = 2b, da a b ist. Durch Multiplikation mit ½ ergibt sich daraus die Behauptung.
Das arithmetische Mittel Allgemein gilt: 3.2.3 Satz. Seien a1, a2, ..., an reelle Zahlen, wobei a1 die kleinste dieser Zahlen (das Minimum) und an die größte (das Maximum) ist. Dann gilt: a1 an . Beweis: Übungsaufgabe. Bemerkung: Man nennt das arithmetische Mittel der Zahlen a1, a2, ..., an.
Das geometrische Mittel Man nennt die Zahl das geometrische Mittel der positiven reellen Zahlen a und b. Zum Beispiel ist das geometrische Mittel der Zahlen 2 und 8 gleich 4. 3.2.4 Satz (Ungleichung zwischen arithmetischem und geometri-schem Mittel). Seien a und b nichtnegative reelle Zahlen. Dann gilt: (a+b)/2 . Kurz: Das geometrische Mittel ist nie größer als das arithmetische.
Beweis der Ungleichung (I) Beweis. Wir können a 0 und b 0 voraussetzen. Wir formen die Behauptung schrittweise äquivalent um: (a+b)/2 ab ((a+b)/2)2 ab (a+b)2 / 4 4ab (a+b)2 4ab a2 + 2ab + b2 0 a2 –2ab + b2 0 (a–b)2.
Beweis der Ungleichung (II) Diese letzte Ungleichung 0 (a–b)2 ist aber richtig, da das Quadrat jeder reellen Zahl positiv oder Null ist; also ist das Quadrat von a–b auch nichtnegativ. Da die letzte Ungleichung gilt, gilt auch die erste, also gilt die Behauptung. Achtung: Bei dieser Art der Beweisführung muß man darauf achten, daß wirklich alle Umformungen Äquivalenzumformungen sind. Das heißt: Aus der oberen folgt die untere und aus der unteren folgt die obere.
3.6 Summen Wir werden oft viele reelle Zahlen addieren. Zum Beispiel: 1 + 2 + 3 + 4 + ... + n, 1 + 2 + 4 + 8 + ... + 2n,a1 + a2 + ... + an. Diese Summen kann man auf zwei Arten darstellen: 1. Drei-Pünktchen-Schreibweise. Diese Schreibweise ist suggestiv und oft unmittelbar verständlich. Nachteil: das „Muster“ der einzelnen Terme ist nicht explizit klar. Zum Beispiel ist nicht klar, ob 1 + 2 + ... + 2n eine Summe aus n+1 oder aus 2n Gliedern ist.