530 likes | 635 Views
Leiharbeit – Rechtliche Grundlagen und aktuelle Probleme. Lübeck – 7. Mai 2009. Eingangsfall 1:
E N D
Leiharbeit – Rechtliche Grundlagen und aktuelle Probleme Lübeck – 7. Mai 2009
Eingangsfall 1: Arbeitgeber A hat infolge der Wirtschaftskrise einen Auftragseinbruch von rund 50 % zu verzeichnen. Das Stammpersonal von 150 Mitarbeitern soll aber durch diese „Talsohle“ möglichst gehalten werden. A verschiebt daher 15 Monteure gegen Entgelt vorübergehend zu einem befreundeten Unternehmen, dass aktuell Personalbedarf hat. Liegt genehmigungspflichtige Arbeitnehmer-überlassung vor?
Eingangsfall 2: Leiharbeitnehmer L hat im Entleiherbetrieb einen erheblichen Sachschaden (EUR 25.000,--) verursacht. Er ist mit ausgefahrener Staplergabel in ein Hochregallager gefahren und hat dieses samt gelagerter Ware eingerissen. Entleiher E möchte Haftungsansprüche geltend machen. An wen kann E sich mit Aussicht auf Erfolg halten?
Eingangsfall 3: Arbeitgeber A leiht fünf Leiharbeitnehmer beim Zeitarbeitsunternehmen Z für die Dauer von zwei Monaten. Nach einem Monat erfährt A von der Insolvenz von Z. Z hat für den gesamten Entleihzeitraum weder Steuern noch Sozialabgaben für die Entliehenen gezahlt. Die Einzugsstelle wendet sich an A. Muss A Steuern und Sozialabgaben neben dem bereits gezahlten Entleihentgelt bezahlen?
I. Grundlagen der AÜ • Abgrenzung zu anderen Vertragsarten • Gewerbsmäßige AÜ • Beteiligte und deren Rechtsbeziehungen • Beteiligung des Betriebsrats • Haftung • Aktuelle Rechtsprechung
Definition Arbeitnehmerüberlassung AÜ ist die gewerbsmäßige Überlassung von Arbeitnehmern zu Arbeitsleistung an einen Dritten, die dieser nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie eigene Arbeitnehmer einsetzt.
Verleiher Verleihvertrag Entleiher Arbeitsvertrag tatsächliche Überlassung Leiharbeitnehmer
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz • Neuregelung zum 01.01.2004 • vorher: Verhinderung der Zurückdrängung von unbefristeter Vollzeitbeschäftigung • heute: Arbeitnehmerüberlassung als Möglichkeit zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit • politisch nach wie vor höchst umstritten
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) • vorher: Verleiherbetriebsbezogenheit • heute: Entleiherbetriebsbezogenheit
Wesentliche Neuerungen des AÜG 2004: • keine speziellen Befristungsregelungen mehr es gilt das TzBfG • grundsätzliche Behandlung der Leiharbeitnehmer wie Stammbelegschaft des Entleiherbetriebs • keine Begrenzung der Leihe auf 24 Monate mehr „Dauerleihe“ möglich • teilweise Erlaubnis der Leiharbeit in der Baubranche
Werkvertrag Dienstvertrag Abordnung Bedienpersonal Arbeitsvermittlung
Risiken bei fehlerhafter Arbeitnehmerüberlassung: • Begründung eines Arbeitsverhältnisses zum „Entleiher“ • Ordnungswidrigkeit nach § 16 AÜG • bei fehlender Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung des „Verleihers“ (§ 1 AÜG)
Werkvertrag • eigenverantwortliche Herstellung durch Werkunternehmer • ausschließlich Weisungsrecht des Werkunternehmers • Risiko des Misslingens beim Werkunternehmer • geschuldet wird das Werk an sich, Weg dorthin Sache des Werkunternehmers
Dienstvertrag • Leistungserbringung in eigener Verantwortung des Auftragnehmers • ausschließlich Weisungsrecht des Auftragnehmers • Entgelt an Leistungserbringung geknüpft • keine Erfolgsabhängigkeit
Abordnung • zur Herstellung eines Werks im Rahmen einer ARGE (§ 1 Abs. 1 S. 2 AÜG) • abordnender Arbeitgeber muss Mitglied der ARGE sein • alle ARGE-Mitglieder müssen unter die Tarifverträge des selben Wirtschaftszweigs fallen • alle ARGE-Mitglieder müssen zur Leistungserbringung verpflichtet sein
Bedienpersonal • keine AÜ wenn Personalgestellung nur vertragliche Nebenleistung;Maßstab: wirtschaftlicher Wert der Mietsache • nicht gegeben bei nur untergeordneten Mietsachen
Arbeitsvermittlung • seit 1994 kein Monopol der BA mehr • Vermittlung in neues, dauerhaftes Arbeitsverhältnis • wirtschaftliche Verbindung mit Arbeitgeber • keine rechtliche „Rückkehrmöglichkeit“ zum Vermittler
Gewerbsmäßige AÜ, wenn • nicht nur gelegentlich • sondern wiederholt • Überlassung von Arbeitnehmern von Verleiher an Entleiher • mit Gewinnerzielungsabsicht
Grundsatz: Erlaubnispflicht (§ 1 AÜG) • Angabepflicht im Überlassungsvertrag • grundsätzlich nicht im Baugewerbe möglich • falls keine Erlaubnis:Entleiher wird Arbeitgeber + Ordnungswidrigkeit
Ausnahmen von der Erlaubnispflicht: • wenn AÜ im selben Wirtschaftszweig der Vermeidung von Entlassungen und Kurzarbeit dient (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 AÜG) • aber nicht wenn:für Ent- und Verleiher geltende Tarifverträge dies nicht vorsehen !!! • Ausnahme: Betriebe unter 50 Mitarbeiter aber Anzeige an BA
Sonderfragen bei vorübergehender Überlassung an Dritte: • Berechtigung aus dem einzelnen Arbeitsvertrag?§ 106 GewO • Übernahme der Entgeltzahlung durch Drittunternehmen schlüssige Vertragsänderung / Vertragspartner? Rückkehrrecht? § 623 BGB
Ausnahmen von der Erlaubnispflicht: • bei konzerninterner Leihe • auch bei zentraler Personalführungsgesellschaft • aber nicht wenn:dauerhafte Überlassung !!!
Keine Arbeitnehmerüberlassung, wenn • nur gelegentliche Arbeitnehmerüberlassung (betriebliche Ausnahmesituationen) • keine Gewinnerzielungsabsicht(karitativer Bereich)
Eingangsfall 1: Arbeitgeber A hat infolge der Wirtschaftskrise einen Auftragseinbruch von rund 50 % zu verzeichnen. Das Stammpersonal von 150 Mitarbeitern soll aber durch diese „Talsohle“ möglichst gehalten werden. A verschiebt daher 15 Monteure gegen Entgelt vorübergehend zu einem befreundeten Unternehmen, dass aktuell Personalbedarf hat. Liegt genehmigungspflichtige Arbeitnehmer-überlassung vor?
Verleiher Verleihvertrag Entleiher Arbeitsvertrag tatsächliche Überlassung Leiharbeitnehmer
Verleihvertrag Verleiher Entleiher Verleiher verpflichtet sich zur zeitweisen Überlassung von Arbeitnehmern mit bestimmter Qualifikation gegen Entgelt
Verleihvertrag Verleiher Entleiher • Nachweis der Erlaubnis zur AÜ • Schriftformerfordernis • keine Höchstdauer (mehr) • häufig: Vermittlungsprovision
Typische Regelungsinhalte des Verleihvertrages: • Anforderungsmerkmale der Leiharbeitnehmer • Auswechselungsrecht für beide Vertragspartner • Vertragslaufzeit • Überlassungsentgelt • Arbeitszeit und Überstundenanordnung durch Entleiher • Ersatzkraftregelung bei AU • Beendigung des Vertrags: Frist, Zweckerreichung, Kündigung
Arbeitsvertrag Verleiher Leiharbeitnehmer „Normaler“ ArbeitsvertragBesonderheit: Verpflichtung zur Arbeitsleistung bei Dritten
Weitere Besonderheiten: • Befristungen jetzt nach TzBfG möglich • i.d.R. gleiche Entgelthöhe wie vergleichbare Arbeitnehmer des Entleiherbetriebes im Leihvorgang • Ausnahme: auf Arbeitsverhältnis anwendbarer Tarifvertrag regelt abweichende VergütungProblem: „Christliche“ Tarifverträge
tatsächliche Überlassung Entleiher Leiharbeitnehmer • bleibt Arbeitnehmer des Verleihers • Direktionsrecht für Entleiher • arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht für Entleiher • Anzeigepflicht bei Verhinderung/AU • Haftung nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen
Eingangsfall 2: Leiharbeitnehmer L hat im Entleiherbetrieb einen erheblichen Sachschaden (EUR 25.000,--) verursacht. Er ist mit ausgefahrener Staplergabel in ein Hochregallager gefahren und hat dieses samt gelagerter Ware eingerissen. Entleiher E möchte Haftungsansprüche geltend machen. An wen kann E sich mit Aussicht auf Erfolg halten?
Verleiher • Beteiligung im Verleiherbetrieb: • dort aktives und passives Wahlrecht zum BR • Einsatz im Entleiherbetrieb keine zustimmungspflichtige Versetzung nach § 99 Abs. 1 BetrVG, da Leihe Geschäftsgegenstand
Entleiher • Beteiligung im Entleiherbetrieb: • Informationsanspruch im Rahmen der Personalbedarfsplanung (§ 92 BetrVG) • Einstellung zustimmungspflichtig (§ 99 Abs. 1 BetrVG, § 14 Abs. 3 S. 1 BetrVG) • Verlängerung des Einsatzes zustimmungspflichtig
Entleiher • Information des BR bei Einstellung über: • Anzahl der Leiharbeitnehmer • Qualifikationsprofil der Leiharbeitnehmer • Einsatzdauer und Einsatztermine • Einsatzarbeitsplätze • Vorliegen der Erlaubnis nach § 1 AÜG • aber: keine allgemeine Vertragskontrolle
Entleiher • Rechte des Leiharbeitnehmers im Entleiherbetrieb: • Teilnahme an Betriebsversammlungen • Besuch von Betriebsratssprechstunden • Beschwerderecht • passives Wahlrecht bei Einsatz über 3 Monate • empfehlenswert: Betriebsvereinbarung Leiharbeit
Risiken für den Entleiher: • Schadensrisiko im allgemeinen Arbeitsablauf • Haftung für Lohnsteuer als Gesamtschuldner neben Verleiher (§ 42d Abs. 6 S. 1 EStG) • Subsidiärhaftung des Entleiher bei Sozialabgaben (faktische Bürgenhaftung des Entleihers) • volle Arbeitgeberstellung bei fehlender Erlaubnis nach § 1 AÜG
Eingangsfall 3: Arbeitgeber A leiht fünf Leiharbeitnehmer beim Zeitarbeitsunternehmen Z für die Dauer von zwei Monaten. Nach einem Monat erfährt A von der Insolvenz von Z. Z hat für den gesamten Entleihzeitraum weder Steuern noch Sozialabgaben für die Entliehenen gezahlt. Die Einzugsstelle wendet sich an A. Muss A Steuern und Sozialabgaben neben dem bereits gezahlten Entleihentgelt bezahlen?
Austauschkündigung bei Umwandlung inLeiharbeitnehmerstellen BAG Urt. v. 26.09.1996 - 2 AZR 200/96
Reorganisation durch Vergabe von Tätigkeiten an freie Mitarbeiter („Moskito-Anschläger“) BAG Urt. v. 13.03.2008 - 2 AZR 1037/06
Besetzung eines Arbeitsplatzes mit einem Leiharbeitnehmer als Sachgrund für Befristung BAG Urt. v. 17.1.2007 - 7 AZR 20/06
Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei Einsatzvon Leiharbeitnehmern LAG Hamm Urt. v. 05.03.2007 11 Sa 1338/06
Aufnahme von Leiharbeitnehmern in Stellenpools BAG Beschl. v. 23.01.2008 - 1 ABR 74/06