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„Geschichtskonjunktur“ als Grundtendenz in der Gegenwart

„Geschichtskonjunktur“ als Grundtendenz in der Gegenwart. eine ungebrochene historische Faszination, die in unterschiedlichen Formen und Funktionen ihren Ausdruck findet Sensibilität der Öffentlichkeit gegenüber dem Gebrauch von Geschichte, Ge als politisches Argument

jensen
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„Geschichtskonjunktur“ als Grundtendenz in der Gegenwart

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Presentation Transcript


  1. „Geschichtskonjunktur“ als Grundtendenz in der Gegenwart • eine ungebrochene historische Faszination, die in unterschiedlichen Formen und Funktionen ihren Ausdruck findet • Sensibilität der Öffentlichkeit gegenüber dem Gebrauch von Geschichte, Ge als politisches Argument • deutsche Einheit, Neuordnung der europäischen Staatenwelt 1989/90, Globalisierung – Fragen nach neuen (universal-) historischen Konzepten Deutscher Buchpreis 2011 Tapetenkataloge 1931 und 2009.

  2. Karikaturen zur geplanten Veränderung des Rederechts im Deutschen Bundestag, 15.4. und 16.4.2012http://www.koufogiorgos.de/

  3. Tempo – Marke seit 1929 Kleenex-Werbung. USA , 1940er Jahre Vergangenheitsbezüge in der Gegenwart Ursachen für anhaltendes Interesse an Geschichte hoher Veränderungsgrad der Lebenswelt, Schwund an Stabilität und Vertrautheit Angst vor Verlust in einer explodierenden Informations- und Wissensgesellschaft („Wir dürfen nicht vergessen …“) zunehmende Fortschritts-Skepsis, ausgelöst durch ein neues Umweltbewusstsein, Wirtschafts- und Finanzkrisen • Sachverhalte und Begriffe des Alltags („Tempo“-Taschentuch) • Materielle Überbleibsel der Vergangenheit (Bauwerke, Denkmäler) • Errungenschaften der Vergangenheit (Menschenrechte, Völkerrecht, (Frauen)Wahlrecht, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, technische Innovationen) • Hypotheken der Vergangenheit (Palästina-Konflikt) • Geschichtskultur (Jubiläen, Werbung) Klaus Bergmann: Gegenwarts- und Zukunftsbezug, in: Ulrich Mayer u.a. (Hg.): Handbuch Methoden im GU, S. 93.

  4. „Übermaß an Historie“ als Last • versus Geschichte im Dienst der Befriedigung psychischer und sozialer Bedürfnisse • „Menschen denken zu historisch. Sie leben immer zur Hälfte auf dem Friedhof.“ Aristide Briand (1862 - 1932), franz. Außenminister • „Die Geschichte soll nicht das Gedächtnis beschweren, sondern den Verstand erleuchten.“ Gotthold Ephraim Lessing (1729 – 1781)

  5. Friedrich Nietzsche(1844-1900) Nietzsche nennt in seiner Betrachtung „Vom Nutzen und Nachteil der Historie“ , die er in der Auseinandersetzung mit dem Historismus seiner Zeit formulierte, drei lebensweltliche Funktionen von Geschichte: antiquarische, monumentalische kritische Verwendung von Geschichte „Wenn wir nur dies gerade immer besser lernen, Historie zum Zwecke des Lebens zu betreiben.“ Friedrich Nietzsche, 1882

  6. Lebensweltliche Funktionen von Geschichte (Joachim Rohlfes) • Orientierung • Aufklärung • Kritik • Legitimation • Identifikation Joachim Rohlfes: Geschichte und ihre Didaktik, 3. Auflage, Göttingen 2005, S. 35-46.

  7. Orientierung feste Vorgaben, eindeutige Erklärungsmuster, Ge-Bilder Historische „Alltagweisheiten“ wie zum Beispiel: • „Es wird alles immer besser.“ (Fortschrittsglaube) • „Es wird alles immer schlechter – Früher war alles besser.“ (Nostalgischer Pessimismus)  • „Es wird sich nie verändern. Man kann nichts dagegen tun. Wir müssen uns fügen.“ (Fatalismus) • „Die Großen leben immer auf Kosten der kleinen.“ (Sozialkritik) • „Es wird alles immer langweiliger.“ (Entzauberung)

  8. „Es wird sich nie verändern“Printwerbung, u.a. im Stern Nichts ist so stark wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Vor 200 Jahren begann die Erfolgsgeschichte der Sparkassen in Deutschland. Seither bieten Sparkassen Rückhalt und Unterstützung für alle Gruppen der Bevölkerung. Gerade in wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbruchzeiten sind die Sparkassen da, wenn Menschen und Unternehmen sie brauchen. Gestern heute und in Zukunft.

  9. „Es wird alles immer besser“(Fortschrittsglaube) Telekom-Werbung seit 2009 „Grenzen gabs gestern“ „Erleben, was verbindet“

  10. Aufklärung Historische Wissenslücken füllen, Irrtümer korrigieren, Richtiges vom Falschen unterscheiden allein sachorientierte Instruktion kann Ziel verfehlen Entnazifizierungsprogramm: Deutsche Kriegsgefangene in New York; Buchenwald 1945 Wolfgang Staudte: Die Mörder sind unter uns, 1945

  11. „Ruhebedürfnis“ und „Schlußstrich“mentalität Wahlplakat der FDP zur Bundestagswahl, 1949 (HdG Bonn EB-Nr. 1987/3/105) SED-Plakat 1950

  12. Historische Kritikan vorliegenden Darstellungen, Mythen und Legenden,trägt destruktive Züge • Luther schrieb am 31.10.1517 Briefe an seine Vorgesetzten, in denen er die Praxis des Ablaßhandels anprangerte • legte 95 Thesen als Grundlage für eine Disputation über das Thema bei • Iserloh (1961): Thesenanschlag gehöre ins Reich der Legenden • Bis heute Zweifel an der Authentizität des Thesenanschlags „Luther“ (Regie: Eric Till, 2003) Erwin Iserloh: Luther zwischen Reform und Reformation. Der Thesenanschlag fand nicht statt, Münster 1966.

  13. Legitimation eigene Gegenwart erscheint als vernünftiges, sinnvolles Ergebnis der Ge Vergangenheit soll Vortrefflichkeit der bestehenden Zustände erweisen Das Freiheits- und Einheitsdenkmal in Berlin (Bundestagsbeschluss 2007) historische Kontinuität der Bundesrepublik, revolutionäre Kontinuitätslinie die von 1848 über die Weimarer Republik bis hin zur Bundesrepublik reicht Robert Meyer, Lutz Haarmann: Das Freiheits- und Einheitsdenkmal. Die geschichtspolitische Verortung in der Ideengeschichte der Bundesrepublik, in: Deutschland-Archiv , 9/2011

  14. Identifikation Hülya (17 Jahre alt) Bülent (16 Jahre) „Ich kann mich für Dinge interessieren, für die sich jugendliche Deutsche auch interessieren. Als wir in Tschechien waren, das war eigentlich das einzige mal, wo ich als Deutscher angesehen worden bin. Also, da hab ich mich als ‚Reindeutscher‛ gesehen. Da hab ich den Türken in mir vergessen, weil da war es was anderes. (…) Da kam ich mir schon so schlecht auch vor, weil die Deutschen da so Schlimmes verbrochen haben. Das sind solche Momente, wo man drüber nachdenkt und wo man auch ein bisschen Schuldgefühle kriegt. Da hab ich mich echt als Deutscher angesehen, also als ein Gast in einem Land, der nicht gern gesehen wird.“ • Wir waren so deprimiert und so … wie die Leute da verbrannt wurden und wie sie alle in die Züge gestiegen sind und so. Also wir hatten gar nicht gedacht, dass es so schlimm ist, ja dass es so schlimm ausgeht (6 Sekunden Pause) total krass war das (leise) Ich hab Hass empfunden. Oberkrass so. Mich konnt’ in dieser Zeit niemand ansprechen. Ich hab die Leute auf der Straße nur so angeguckt (…) • Da war ich froh, dass ich nicht dazugehöre, dass ich Türkin bin“ • „Ich glaube, ich fühle mich so sehr betroffen, weil ich irgendetwas gemeinsam hab mit den Juden. (…) Ich habe Angst, dass mir als muslimische Deutsche das gleiche passieren könnte, wie den jüdischen Deutschen.“ Viola B. Georgi: „Ich kann mich für Dinge interessieren, für die sich jugendliche Deutsche auch interessieren“. Zur Bedeutung der NS-Geschichte und des Holocaust für Jugendliche aus Einwandererfamilien, in: Dies., Rainer Ohliger (Hg.): Historisches Bewusstsein Jugendlicher in der Einwanderungsgesellschaft, Hamburg 2009, S. 90-108, Zit. S. 96-102.

  15. Literatur • Stefan Jordan, Die Entwicklung einer problematischen Disziplin. Zur Geschichte der Geschichtsdidaktik, in: Zeithistorische Forschungen / Studies in Contemporary History, Onlineausgabe 2/2005, H.2; URL: <http://www.zeithistorische-forschungen.de/16126041-Jordan-2-2005> • Joachim Rohlfes: Geschichte und ihre Didaktik, 3. Auflage, Göttingen 2005, S. 35-46. • Klaus Bergmann: Gegenwarts- und Zukunftsbezug, in: Ulrich Mayer u.a. (Hg.): Handbuch Methoden im GU, S. 91-112. • Friedrich Nietzsche: Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben, Stuttgart 1995. (Unzeitgemässe Betrachtungen. Zweites Stück: Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben, Leipzig 1874) • Walter Schulz: Wie aktuell ist Nietzsches Geschichtsbetrachtung, Stuttgart 1972. • Mike Seidensticker, Geschichte in der Werbung, in: Klaus Bergmann u.a. (Hg.), Handbuch der Geschichtsdidaktik, 5., überarbeitete Aufl., Seelze-Velber 1997, S. 648-655. • Robert Meyer, Lutz Haarmann: Das Freiheits- und Einheitsdenkmal. Die geschichtspolitische Verortung in der Ideengeschichte der Bundesrepublik, in: Deutschland-Archiv , 9/2011. • Viola B. Georgi: „Ich kann mich für Dinge interessieren, für die sich jugendliche Deutsche auch interessieren“. Zur Bedeutung der NS-Geschichte und des Holocaust für Jugendliche aus Einwandererfamilien, in: Dies., Rainer Ohliger (Hg.): Historisches Bewusstsein Jugendlicher in der Einwanderungsgesellschaft, Hamburg 2009, S. 90-108.

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