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Partizipation des Betriebsrats im Arbeitsschutz Restriktionen bei der Zusammenarbeit mit Behörden und Chancen durch Betriebsvereinbarungen mit dem Arbeitgeber. Workshop auf der Tagung Arbeitsschutz trifft Personalmanagement Partizipation kontra Restriktion 10. September 2007 in Dortmund.
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Partizipation des Betriebsrats im ArbeitsschutzRestriktionen bei der Zusammenarbeit mit Behörden und Chancen durch Betriebsvereinbarungen mit dem Arbeitgeber Workshop auf der Tagung Arbeitsschutz trifft Personalmanagement Partizipation kontra Restriktion 10. September 2007 in Dortmund Rechtsanwalt Dr. Thomas Wilrich Fachanwalt für VerwaltungsrechtWeiler & Partner Sonnenstrasse 280331 MünchenTel.: 089 / 5111 4777Fax: 089 / 5111 4774 Email: twilrich@weilerpartner.comHomepage: www.weilerpartner.de
Rechtsgebiete TW ● Arbeitsrecht / Arbeitsschutz / Betriebssicherheit ● Ausländerrecht / Zuwanderungsrecht ● Baurecht (privates und öffentliches) / Immobilienrecht ● Produktsicherheits- und Produkthaftungsrecht ● Umweltrecht / Planungsrecht ● Verwaltungsrecht (Fachanwalt) ● Vertragsgestaltung und Forderungsrealisierung www.weilerpartner.de
Unternehmerfreiheit Organisations- und Direktionsrecht im Arbeitsrecht § 106 GewO seit 1.1.2003: „Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb“.Das war jedoch in der Rechtsprechung vorher „bereits anerkannt“. BAG, Urteil v. 23.9.2004 – Az. 6 AZR 567/04 = AP § 611 BGB Direktionsrecht Nr. 64 „Das auf dem Arbeitsvertrag beruhende Weisungsrecht gehört zum wesentlichen Inhalt eines jeden Arbeitsverhältnisses“. BGH, DB 1980, 1603 „Das Direktions- und Weisungsrecht erlaubt es dem Arbeitgeber, die Einzelheiten der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Arbeitsleistungen einseitig zu bestimmen, soweit diese nicht anderweitig geregelt sind“ BAG, Urteil v. 30.8.1995 – 1 AZR 47/95 = AP § 611 BGB Direktionsecht Nr. 44
„Der Unternehmer ist ‘Herr im Haus‘“ Alfred Krupp schrieb am 24. Juli 1872 „An die Arbeiter der Gussstahlfabrik“:„Nichts, keine Folge der Ereignisse wird mich veranlassen, mir irgend-etwas abtrotzen zu lassen. … Ich erwarte und verlange volles Vertrauen, lehne jedes Eingehen auf ungerechtfertigte Anforderungen ab, werde wie bisher jedem gerechten Verlangen zuvorkommen, fordere daher alle diejenigen, welche sich damit nicht begnügen wollen, hiermit auf, je eher desto lieber zu kündigen, um meiner Kündigung zuvor zu kommen und so in gesetzlicher Weise das Etablissement zu verlassen, um Anderen Platz zu machen, mit der Versicherung, daß ich in meinem Hause wie auf meinem Boden Herr sein und bleiben werde“. zitiert nach „Alfred Krupp und die Entwicklung der Gussstahlfrabrik von Essen – Nach authentischen Quellen dargestellt von Diedrich Baedeker“, Essen 1889, Seite 120 ff. Kommentar Baedekers auf den Seiten 119 ff.: Nach der „Wühlarbeit“ der „Aufwiegler“ der „sozialdemokratischen und mit ihr verbündeten ultramontan-sozialistischen Agitation“ erschienen „die ebenso väterlich-freundschaftlichen wie bestimmten Worte Alfred Krupp´s an seine Arbeiter sehr gerechtfertigt“.
„Der Unternehmer ist ‚Herr im Haus‘“ Alfred Krupp schrieb am 24. Juli 1872 „An die Arbeiter der Gussstahlfabrik“:„Nichts, keine Folge der Ereignisse wird mich veranlassen, mir irgend-etwas abtrotzen zu lassen. … Ich erwarte und verlange volles Vertrauen, lehne jedes Eingehen auf ungerechtfertigte Anforderungen ab, werde wie bisher jedem gerechten Verlangen zuvorkommen, fordere daher alle diejenigen, welche sich damit nicht begnügen wollen, hiermit auf, je eher desto lieber zu kündigen, um meiner Kündigung zuvor zu kommen und so in gesetzlicher Weise das Etablissement zu verlassen, um Anderen Platz zu machen, mit der Versicherung, daß ich in meinem Hause wie auf meinem Boden Herr sein und bleiben werde“. zitiert nach „Alfred Krupp und die Entwicklung der Gussstahlfrabrik von Essen – Nach authentischen Quellen dargestellt von Diedrich Baedeker“, Essen 1889, Seite 120 ff. ● Arbeit ist (fremdnützig und) fremdbestimmt. ● Der Unternehmer bestimmt das Risikopotential der Tätigkeit. ● Was kann der Arbeitnehmer tun, um Gefahren durch unzureichenden Arbeitsschutz zu entgehen?
Entfernungsrecht bei Gefahren Nr. 1BAG, Urteil v. 2.2.1994 – Az. 5 AZR 273/93 = NZA 1994, 610 § 21 Abs. 6 Satz 2 GefStoffV alt: Besteht durch Überschreitungen der MAK, BAT oder TRK „eine unmittelbare Gefahr für Leben und Gesundheit, hat der einzelne Arbeitnehmer das Recht, die Arbeit zu verweigern“. Aus der Ausübung dieses Rechts „dürfen dem Arbeitnehmer keine Nachteile entstehen“.Wegen Fehlens einer Schwellendosis „ist bei jeder Asbestfaser-konzentration in der Atemluft von einem Überschreiten der Maximalen Arbeitsplatzkonzentration“ auszugehen. BAG, Urteil v. 2.2.1994 – Az. 5 AZR 273/93 = NZA 1994, 610
Entfernungsrecht bei Gefahren Nr. 2BAG, Urteil v. 8.5.1996 – Az. 5 AZR 315/95 = DB 1996, 2446 = NZA 1997, 86 „Der Senat hält an dieser Auffassung nach erneuter Überprüfung nicht fest“. § 21 Abs. 6 Satz 2 GefStoffV ● ist „nur auf Personen anwendbar, die selbst mit Gefahrstoffen umgehen oder dadurch Gefahrstoffen ausgesetzt sind, daß andere in ihrer Gegenwart damit umgehen“, ● ist „nicht anwendbar, wenn sich die Gefährdung darauf beschränkt, daß jemand in belasteten Räumen arbeitet oder sich dort aufhält“. „Das Arbeitsschutzrecht soll die Arbeitnehmer vor erhöhten Gefahren schützen, die ihnen durch die Arbeit drohen, nicht aber gegen das allgemeine Lebensrisiko des Menschen“. BGH, Urteil v. 8.5.1996 – Az. 5 AZR 315/95 = DB 1996, 2446 = NZA 1997, 86
Entfernungsrecht bei Gefahren Nr. 3BAG, Urteil v. 19.2.1997 – 5 AZR 982/94 = NZA 1997, 821 „Der Arbeitgeber schuldet keinen größeren, aber auch keinen geringeren Gesundheitsschutz als jeder Gebäudeeigentümer, gleichgültig, ob in dem Gebäude Arbeitgeber beschäftigt werden oder nicht“. Das Recht des Arbeitnehmers, die Arbeit in asbestbelasteten Räumen zu verweigern, folgt aus § 618 Abs. 1 BGB i.V.m. den Asbest-Richtlinien. BAG, Urteil v. 19.2.1997 – 5 AZR 982/94 = NZA 1997, 821 Asbest-Richtlinien sind technische Baubestimmungen i.S.d. Baurechts, z.B. Art. 3 Abs. 2 der Bayerischen Bauordnung:„Die vom Staatsministerium des Innern oder der von ihm bestimmten Stelle durch öffentliche Bekanntmachung als Technische Baubestim-mungen eingeführten technischen Regeln sind zu beachten“.
Wie muß der Unternehmer die Arbeitnehmer einbinden? ohne Betriebsrat? ● Anhörungsrecht des AN „in betrieblichen Angelegenheiten, die seine Person betreffen“ (§ 82 Abs. 1 BetrVG) ● Unterrichtungspflicht des AG über technische Anlagen, Arbeits- verfahren und Arbeitsabläufe und ihre Auswirkungen auf Arbeits- plätze und Arbeitsumgebung (§ 81 Abs. 4 BetrVG)● Anhörungspflicht des AG zu allen Maßnahmen, „die Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer haben können“ (§ 81 Abs. 3 BetrVG)
Wie muß der Unternehmer die Arbeitnehmer einbinden? mit Betriebsrat?Mitwirkungsrechte ● Informationsrechte (Generalklausel § 80 Abs. 2 BetrVG)● Anhörungsrechte (zB bei Kündigungen)● Vorschlagsrechte (zB bei der Planung von Bauten, technischen Anlagen, Arbeitsverfahren und -abläufen, Arbeitsplätzen, § 90 BetrVG)● Beteiligungs- und Beratungsrechte (zB § 90 BetrVG) Mitbestimmungsrechte ● Wirtschaftliche Angelegenheiten (§§ 106 ff. BetrVG)● Personelle Angelegenheiten (§§ 92 ff. BetrVG)● Soziale Angelegenheiten (§§ 87 ff. BetrVG)● Gestaltung von Arbeitsplatz, Arbeitsablauf und Arbeitsumfeld (§ 90 BetrVG) „korrigierendes“ Mitbestimmungsrecht bei Maßnahmen, die gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen „widersprechen“
Funktionen der Mitbestimmung Mitbestimmung dient● dem „Schutz des Arbeitnehmers und hierbei insbesondere der gleichberechtigten Teilhabe an sie betreffenden Entscheidungen“ BAG, Beschluß v. 18.4.1989 – 1 ABR 100/87 = AP § 87 Tarifvorrang Nr. 18BAG, Beschluß v. 4.7.1989 – 1 ABR 40/88 = AP § 87 Tarifvorrang Nr. 20 ● der möglichst effizienten Umsetzung des Arbeitsschutzes im Betrieb BAG, Urteil v. 8.6.2004 – 1 ABR 4/03 = AP § 76 BetrVG 1972 Einigungsstelle Nr. 20
Organisations- und Direktionsrecht ist eingeschränkt! verfassungsmäßige Einschränkung der Unternehmerfreiheit (Art. 12 GG) Die unternehmerische Betätigungsfreiheit wird dahin konkretisiert, daß der Unternehmer „als Arbeitgeber und Grundsrechtsträger die ihm verbürgten Freiheiten nur mit Hilfe anderer, der Arbeitnehmer, wahrnehmen kann, die ebenfalls Träger des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG sind“. BVerfG, Beschluß v. 18.12.1985 – 1 BvR 143/83 = AP § 87 Arbeitszeit Nr. 15 Krux der MitbestimmungUnternehmerfreiheit des Arbeitgebersversus Berufsfreiheit des Arbeitnehmers
Gliederung 1. Grundlagen (Unternehmerfreiheit / Direktionsrecht / Einschränkungen) 2. Entfernungsrecht des Arbeitnehmers bei Gefahren 3. Unterscheidung Mitwirkungsrechte und Mitbestimmungsrechte Funktionen der Mitbestimmung 4. Mitbestimmung im Arbeitsschutz Beispielsfall zu § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG 5. Ergebnis der Mitbestimmung insbesondere Betriebsvereinbarungen 6. Weitere Handlungsmöglichkeiten / Tätigkeitsbereiche des Betriebsrats insbesondere Zusammenarbeit mit Behörden 7. Zusammenarbeit mit Behörden Beispielsfall zu § 89 BetrVG
Beispielsfall zur Mitbestimmung § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVGBAG, Urteil v. 8.6.2004 – 1 ABR 4/03 (AP § 76 BetrVG 1972 Einigungsstelle Nr. 20) In einem Luftfahrtunternehmen in HH erzwingt der Betriebsrat gerichtlich die Einrichtung einer Einigungsstelle zur Erstellung einer Betriebsvereinbarung „Gesundheitsschutz im Rahmen des Arbeitsschutzgesetzes und der Bild-schirmarbeitsplatzverordnung“. Nach 1 ½ Jahren beschloss die Einigungs-stelle „Regelungen zum Gesundheitsschutz“. In Nr. 5.4 heißt es:„Das Gesamtkonzept der Gefährdungsbeurteilungen ist unter Benennung von Zeitablauf, der zu untersuchenden Arbeitsplätze, Gegenstände und Kriterien der Beurteilung sowie der jeweils anzuwendenden Methode, einschließlich der Erhebungsbögen zusammenzufassen und … dem Betriebsrat jeweils 14 Tage vor Beginn der Gefährdungsbeurteilung zur Beratung zu übergeben“. Das Unternehmen beantragt die gerichtliche Feststellung der Unwirksamkeit ● weil Gefährdungsbeurteilungen nicht mitbestimmungspflichtig seien, ● weil Arbeitsplätze nach unternehmenseinheitlichen Standards eingerichtet werden und deshalb der Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat zuständig sei,● weil die Regelungen inhaltsleer seien.
Was bedeutet Mitbestimmung? Betriebsrat hat ein echtes Mitentscheidungsrecht (Konsensprinzip) „Mitbestimmung bedeutet gleiche Rechte für beide Betriebspartner“BAG, Bechluß v. 8.8.1989 – 1 ABR 62/88 = AP § 87 BetrVG 1972 Initiativrecht Nr. 3Maßnahmen des Unternehmers sind ohne Zustimmung des Betriebsrats unwirksamBAG Großer Senat, Beschluß v. 3.12.1991 – GS 2/90 = AP BetrVG 1972 Lohngestaltung Nr. 51 – und zwar „ohne daß eine ausdrückliche Rücknahme erforderlich wäre“BAG, Beschluß v. 16.6.1998 – 1 ABR 68/97 = AP § 87 BetrVG 1972 Gesundheitsschutz Nr. 7Der Zweck der Mitbestimmung des Betriebsrats, „dem einzelnen Arbeit-nehmer einen kollektiven Schutz zu gewähren, würde nicht erreicht, wäre es dem Arbeitgeber gestattet, … einseitig umzugestalten“.BAG, Urteil v. 11.8.1982 – 2 AZR 1982/79 = BAGE 39, 277, 284 „Die Rechtsunwirksamkeit ist eine Sanktion dafür, daß der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht verletzt hat“BAG, Urteil v. 27.3.2003 – 2 AZR 51/02 = AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 36
Was bedeutet Mitbestimmung? Arbeitgebermaßnahmen haben eine doppelte Wirksamkeitsvoraussetzung ● individualrechtlich ● mitbestimmungsrechtlich Betriebsrat hat bei Verstößen gegen das Mitbestimmungsrecht Unterlassungsanspruch (§ 23 Abs. 3 BetrVG) bei Gefahr eines bevorstehenden Verstoßes im Wiederholungsfall, aber auch vorbeugender Unterlassungsanspruch Beseitigungsanspruch, etwa Herausnahme von nicht mitbestimmten Arbeitsschutz- Anweisungen aus „Field Operation Departement“ (FOD-)HandbuchBAG, Beschluß v. 16.6.1998 – 1 ABR 68/97 = AP § 87 BetrVG 1972 Gesundheitsschutz Nr. 7Arbeitnehmer hat bei Verstößen gegen das Mitbestimmungsrecht Leistungsverweigerungsrecht
Was passiert, wenn sich AG und BR nicht einigen? § 87 Abs. 2 BetrVG „Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat“. z.B. „Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheits-schutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder Unfallverhütungsvorschriften“ § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG
§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG „Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufs-krankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder Unfallverhütungsvorschriften“
§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG „Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufs-krankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder Unfallverhütungsvorschriften“ • Mitbestimmungsrecht in sozialen Angelegenheiten betrifft nur kollektive Maßnahmen, nicht auch personelle EinzelmaßnahmenAusnahme § 87 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 9 BetrVG Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten bezieht sich dagegen auch auf Einzelmaßnahmen zB § 99 BetrVG: Kündigungen zB § 9 Abs. 3 ASiG: Bestellung und Abberufung der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit
§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG „Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufs-krankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder Unfallverhütungsvorschriften“ auch Maßnahmen auf Grund von „sehr weit gefassten“ GeneralklauselnBAG, Beschluß v. 16.6.1998 – 1 ABR 68/97 = AP § 87 BetrVG 1972 Gesundheitsschutz Nr. 7 zu § 2 der alten VBG 1Unterweisungen der Beschäftigten (§ 12 ArbSchG)BAG, Urteil v. 8.6.2004 – 1 ABR 4/03 = AP § 76 BetrVG 1972 Einigungsstelle Nr. 20
§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG „Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufs-krankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder Unfallverhütungsvorschriften“ § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG setzt Handlungsspielraum voraus „Mitzubestimmen hat der Betriebsrat bei der Ausfüllung dieses Spielraums“. „Das Mitbestimmungsrecht setzt ein, wenn eine gesetzliche Handlungspflicht objektiv besteht und wegen eines Fehlens einer zwingenden Vorgabe betriebliche Regelungen verlangt, um das vom Gesetz vorgegebene Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erreichen“ BAG, Urteil v. 8.6.2004 – 1 ABR 4/03 = AP § 76 BetrVG 1972 Einigungsstelle Nr. 20. Wo es keinen „Rahmen“ gibt, gibt es nichts mitzubestimmen! Gibt es mehrere Wege, der gesetzlichen Pflicht nachzukommen?
Lösung des Beispielsfalls zu § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVGBAG, Urteil v. 8.6.2004 – 1 ABR 4/03 (AP § 76 BetrVG 1972 Einigungsstelle Nr. 20) 1. Einwand des Unternehmers:Gefährdungsbeurteilungen nach § 5 ArbSchG mitbestimmungspflichtig? ● Arbeitsschutz? Ja! ● Rahmen? Ja! ● Regelung bzw. Maßnahme? Ja! Gefährdungsbeurteilungen dienen zwar nur der Ermittlung von Gefährdungen, denen dann durch Maßnahmen begegnet werden soll.„Gerade die Gefährdungsermittlung ist aber ein zentrales Element des ArbSchG. Mit ihr fängt der Gesundheitsschutz an. Je genauer und wirklichkeitsnäher im Betrieb die Gefährdungen ermittelt und beurteilt werden, um so zielgerichteter können konkrete Maßnahmen getroffen werden. Die Bestandsaufnahme und die Analyse der Gefährdungen dienen damit mittelbar dem Gesundheitsschutz“.
Lösung des Beispielsfalls zu § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVGBAG, Urteil v. 8.6.2004 – 1 ABR 4/03 (AP § 76 BetrVG 1972 Einigungsstelle Nr. 20) 2. Einwand des Unternehmers: Gesamt- oder Konzernbetriebsrat zuständig? Nein! „… Vielmehr sind mögliche Gefährdungen zu einem Großteil von örtlichen Gegebenheiten des einzelnen Betriebs, wie den dort herrschenden Umwelteinflüssen uÄ, abhängig. Diese verlangen typischerweise nach einer betriebsbezogenen Gestaltung von Gefährdungsbeurteilungen …“. Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats etwa bei Regelungen zu unter-nehmenseinheitlichen Themen wie Montagearbeiten im AußendienstBAG, Beschluß v. 16.6.1998 – 1 ABR 68/97 = AP § 87 BetrVG 1972 Gesundheitsschutz Nr. 7 zu § 2 der alten VBG 1
Lösung des Beispielsfalls zu § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVGBAG, Urteil v. 8.6.2004 – 1 ABR 4/03 (AP § 76 BetrVG 1972 Einigungsstelle Nr. 20) • Ja! § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG: „Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifvertragliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegen-heiten mitzubestimmen: …..“BAG zu Nr. 5.4 der „Regelungen zum Gesundheitsschutz:„Auf diese Weise hat die Einigungsstelle die bei der Gefährdungs-beurteilung zu klärenden Fragen im Wesentlichen der Entscheidung der Arbeitgeberin überlassen. Zu regeln ist gerade, welche Arbeitsplätze mit welchen Methoden auf welche möglichen Gefahrenursachen hin untersucht werden sollen“. • „Auftrag zur Herbeiführung einer abschließenden Sachregelung“ Ergebnis: Regelungen unwirksam Antrag des Unternehmers hat Erfolg! 3. Einwand des Unternehmers: Regelungen inhaltsleer?
Andere Auffassungen zur Mitbestimmung von Gefährdungsbeurteilungen – Arbeitsgerichtsbarkeit AG Braunschweig, Beschluß v. 15.10.1997 – 5 BVGa 9/97 = NZA-RR 1998, 214Das Mitbestimmungsrechts wird ausgelöst bei „Regelungen“ über Arbeitsschutz. Es ist „nicht erkennbar, daß der Gesetzgeber durch Schaffung des § 5 ArbSchG den Zeitpunkt des Eingreifens des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats zeitlich vorverlegen wollte“.
Andere Auffassungen zur Mitbestimmung von Gefährdungsbeurteilungen – Verwaltungsgerichtsbarkeit BVerwG, Beschluß v. 14.10.2002 – 6 P 7/01 = AP § 75 BPersVG Nr. 81„Maßnahme i.S.d. Personalvertretungsrechts muss auf eine Veränderung des bestehenden Zustandes abzielen. Nach Durchführung der Maßnahme müssen das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben“. Durch Gefährdungsbeurteilungen „werden Maßnahmen des Gesundheits-schutzes erst vorbereitet“.
§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: 7. „Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder Unfallverhütungsvorschriften“. Regelung über „in bestimmter Form festgelegte Vereinbarung“ (Duden, Deutsches Universalwörterbuch) § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG Der Personalrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, gegebenenfalls durch Abschluß von Dienstvereinbarungen mitzubestimmen über 11. „Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen“.Maßnahme zur „Handlung, Regelung o.Ä., die etw. Bestimmtes bewirken soll (Duden, Deutsches Universalwörterbuch)
BVerwG, Beschluß v. 14.10.2002Az. 6 P 7/01 = AP § 75 BPersVG Nr. 81 Bundesbehörde übersandte im Oktober 1997 Prüflisten zur Beurteilung von Arbeitsbedingungen an Bereichsingenieure und Beschäftigte in Laboratorien und an Büro- und Bildschirmarbeitsplätze. Der Personalrat hält diese Befragung für mitbestimmungspflichtig und beantragt bei den Verwaltungsgerichten die Feststellung der Mitbestimmungspflichtigkeit. Kernsätze der BVerwG-Entscheidung: „Maßnahme i.S.d. Personalvertretungsrechts muss auf eine Veränderung des bestehenden Zustandes abzielen. Nach Durchführung der Maßnahme müssen das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben“. Durch Gefährdungsbeurteilungen „werden Maßnahmen des Gesundheitsschutzes erst vorbereitet“.
BVerwG, Beschluß v. 14.10.2002Az. 6 P 7/01 = AP § 75 BPersVG Nr. 81 ● „Befragung ist jedoch ergebnisoffen, sodass mit ihr nicht bereits die am Ende des Erkenntnisprozesses eventuell stehende Maßnahme des Gesundheitsschutzes vorweggenommen oder unmittelbar festgelegt wird. ● „Abgesehen davon unterscheidet auch das Arbeitsschutzgesetz zwischen den Maßnahmen des Arbeitsschutzes nach § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 ArbSchG und der diesen jeweils vorausgehenden Beurteilung der Arbeitsbedingungen einschließlich Dokumentation nach §§ 5, 6 ArbSchG“. ● Die „spezialgesetzliche Verselbständigung einer Vorbereitungs- handlung [ § 5 ArbSchG] zieht nicht notwendig die Mitbestimmungs- pflichtigkeit“ nach sich. ● „Auch dass das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung häufig die Veränderungsbedürftigkeit der Arbeitsbedingungen anzeigt, bedeutet noch nicht die Veränderung der Arbeitsbedingungen selbst. Zwar folgt aus einem derartigen Resultat die Rechtspflicht des Arbeitgebers zum Handeln. Erst mit deren Erfüllung durch Anordnung und Durchführung der Maßnahme wird aber die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Beschäftigten tatsächlich verbessert.
Wie kann der Personalrat Einfluß nehmen? ● § 82 Abs. 2 Satz 1 BPersVG: „Der Dienststellenleiter ist „verpflichtet, bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen und Fragen und bei Unfalluntersuchungen den Personalrat oder die von ihm bestimmten Personalratsmitglieder derjenigen Dienststelle hinzuzuziehen, in der die Besichtigung oder Untersuchung stattfindet“. ● BVerwG: „… stellt das spezielle Beteiligungsrecht nach § 81 BPersVG („unterhalb der Schwelle der Mitbestimmung“) eine sinnvolle Ergänzung des Mitbestimmungsrechts nach § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG dar. Indem der Personalrat Gelegenheit erhält, die Analysephase informiert und zugleich aktiv zu begleiten, findet eine qualifizierte Vorbereitung der Maßnahme des Arbeitsschutzes statt, die seiner Mitbestimmung unterliegt“.
Wie kann der Personalrat Einfluß nehmen? Beteiligung gemäß § 82 Abs. 2 BPersVG effektiv? BVerwG: Es ist „für das Mitbestimmungsrecht des Personalrats im Ergebnis unschädlich, wenn sich der Dienststellenleiter in der Analysephase über Anregungen des Personalrats, etwa die zur Befragung eingesetzten Prüflisten zu ändern oder zu ergänzen, hinweggesetzt hat. Das Gesetz gibt keinen Anhalt dafür, dass der Personalrat mit Einwänden, die er im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach Maßgabe von § 81 BPersVG erfolglos geltend gemacht hat, im späteren Mitbestimmungsverfahren nach § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG ausgeschlossen wäre
Gliederung des Vortrags 1. Grundlagen (Unternehmerfreiheit / Direktionsrecht) 2. Entfernungsrecht des Arbeitnehmers bei Gefahren 3. Mitwirkungsrechte und Mitbestimmungsrechte / Funktionen 4. Mitbestimmung im Arbeitsschutz Beispielsfall zu § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG 5. Ergebnis der Mitbestimmung insbesondere Betriebsvereinbarungen 6. Weitere Handlungsmöglichkeiten / Tätigkeitsbereiche des Betriebsrats 7. Zusammenarbeit von Behörden Beispielsfall zu § 89 BetrVG
Betriebsvereinbarungen als (typisches) Ergebnis der Mitbestimmung ● „Betriebsvereinbarungen sind vom Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und niederzulegen“ (§ 77 Abs. 2 BetrVG) ● „Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend“ (§ 77 Abs. 4 BetrVG) privatrechtlicher Normenvertrag ● „Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen“ (§ 77 Abs. 1 BetrVG) kein Mitdirektionsrecht / keine Ersatzvornahme Alternative: Betriebsabsprache / Regelungsabrede Folge: Umsetzung durch arbeitsrechtliche Mittel (zB Vertrag / Kündigung) Anspruch des Betriebsrats auf Abschluß einer Betriebsvereinbarung
Gliederung des Vortrags 1. Grundlagen (Unternehmerfreiheit / Direktionsrecht) 2. Entfernungsrecht des Arbeitnehmers bei Gefahren 3. Mitwirkungsrechte und Mitbestimmungsrechte / Funktionen 4. Mitbestimmung im Arbeitsschutz Beispielsfall zu § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG 5. Ergebnis der Mitbestimmung insbesondere Betriebsvereinbarungen 6. Weitere Handlungsmöglichkeiten und Tätigkeitsbereiche des Betriebsrats7. Zusammenarbeit mit Behörden Beispielsfall zu § 89 BetrVG
Was kann der Betriebsrat noch tun? ● Initiativrecht „Mitbestimmung bedeutet gleiche Rechte für beide Teile mit der Folge, daß sowohl der Arbeitgeber als auch der Betriebsrat die Initiative für eine erstrebte Regelung ergreifen“ können. „Eine Grenze für das Initiativrecht kann sich nur aus der Begrenzung des Mitbestimmungsrechts selbst ergeben“. BAG, Bechluß v. 8.8.1989 – 1 ABR 62/88 = AP § 87 BetrVG 1972 Initiativrecht Nr. 3 ● Wachen über den Arbeitsschutz (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) „Unbefugten ist der Zutritt verboten gilt für angemeldete Betriebsratsmit-glieder nicht; sie müssen nicht die Gründe darlegen, warum sie eine der mit dem Verbotsschild gekennzeichneten Bereich aufsuchen wollen“. LAG Frankfurt, Beschluß v. 4.7.1972 – 5 TaBV/71 = DB 1972, 2214
Was kann der Betriebsrat noch tun? ● Einsatz für die Durchführung des Arbeitsschutzes und betrieblichen Umweltschutzes (§ 89 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) ● Zusammenarbeit mit den Behörden (§ 89 Abs. 1 Satz 2 BetrVG): Der Betriebsrat „hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheits-gefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen“.
Gliederung des Vortrags 1. Grundlagen (Unternehmerfreiheit / Direktionsrecht) 2. Entfernungsrecht des Arbeitnehmers bei Gefahren 3. Mitwirkungsrechte und Mitbestimmungsrechte / Funktionen 4. Mitbestimmung im Arbeitsschutz Beispielsfall zu § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG 5. Ergebnis der Mitbestimmung insbesondere Betriebsvereinbarungen 6. Weitere Handlungsmöglichkeiten / Tätigkeitsbereiche des Betriebsrats 7. Zusammenarbeit mit Behörden Beispielsfall zu § 89 BetrVG
Mitwirkung im Bereich des betrieblichen Umweltschutzes Neuer § 89 BetrVG durch Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes v. 23. Juli 2001 • „Ausdehnung der Aufgaben des Betriebsrats im Bereich des betrieblichen Arbeitsschutzes“ BT-Drs. 14/5741 v. 2.4.2001, Seite 2aber: • auf „den betrieblichen Bereich beschränkt“ BT-Drs. 14/5741 v. 2.4.2001, Seite 30 • kein „generelles umweltpolitisches Mandat“ BT-Drs. 14/5741 v. 2.4.2001, Seite 48 • „Betrieblicher Umweltschutz ist immer zunächst auch Arbeitsschutz“!BT-Drs. 14/5741 v. 2.4.2001, Seite 25
Betrieblicher Umweltschutz = Arbeitsschutz? Zuvor schon war eine „Wechselwirkung zwischen Arbeitnehmerschutz und Umweltschutz“ anerkannt BGH, Beschluß v. 11.10.1995 – 7 ABR 42/94 = NZA 1996, 934 Im Fall ging es um die Anerkennung der Veranstaltung „…zum Wohle des Betriebes – Ökobilanzen als Instrument betrieblicher Umweltschutz-politik“ gem. § 37 BetrVG durch das zust. Bayerische Staatsministerium. Die Vereinigung der Arbeitgeberverbände in Bayern klagte dagegen. Aus dem Programm: Dienstag, 7.7.19928.00 Uhr Morgenandacht in der Schloßkapelle9.00 Uhr „Früher waren das für uns grüne Spinner“ – Warum und wie engagieren sich die Gewerkschaften heute für Umweltfragen?11.00 Uhr Umweltschutz ist (ausschließlich?) Chefsache Der Betriebsrat kann „arbeitnehmerschutzbezogene Umweltschutzmaßnahmen“ anstrebenBGH, Beschluß v. 11.10.1995 – 7 ABR 42/94 = NZA 1996, 934
Betrieblicher Umweltschutz = Arbeitsschutz! „Kenntnisse von Ökobilanzen, Ökocontrolling, Produktlinienanalyse, Auditing etc.“ gehören zum nützlichen Wissen, das auf einer anerkannten Schulungsveranstaltung für Betriebsrats-Mitglieder vermittelt werden könne. „Bei diesen Themen handelt es sich um Elementen von unternehmens- und produktbezogenen Umweltinformationssystemen, die regelmäßig dazu dienen, Kosten zu reduzieren, ökologische Belastungen zu verringern und das Image von Unternehmen zu verbessern. Die durch sie zu gewinnenden Erkenntnisse und deren Umsetzung beeinflussen die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens. Angesichts dieses Gewichts des Umweltschutzes für ein Unternehmen“ haben sie im Rahmen der Beratungen des Wirtschaftsausschusses (§ 106 BetrVG) und der Beteilungsrechte des Betriebsrats (§ 87 BetrVG) Bedeutung. „Es liegt auf der Hand, daß die in diesem Zusammenhang vermittelten Kenntnisse einer sach- und fachgerechten Aufgabenerfüllung des Betriebsrats förderlich sind“. BGH, Beschluß v. 11.10.1995 – 7 ABR 42/94 = NZA 1996, 934
„Betrieblicher Umweltschutz ist immer zunächst auch Arbeitsschutz“!BT-Drs. 14/5741 v. 2.4.2001, Seite 25 (1) Der Betriebsrat hat sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen Umweltschutz durchgeführt werden. Er hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen. (2) Der Arbeitgeber und die in Absatz 1 Satz 2 genannten Stellen sind verpflichtet, den Betriebsrat oder die von ihm bestimmten Mitglieder des Betriebsrats bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen und Fragen und bei Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat auch bei allen im Zusammenhang mit dem betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen und Fragen hinzuzu-ziehen und ihm unverzüglich die den Arbeitsschutz, die Unfallverhütung und den betrieblichen Umweltschutz betreffenden Auflagen und Anordnungen der zuständigen Stellen mitzuteilen. (3) Als betrieblicher Umweltschutz im Sinne dieses Gesetzes sind alle personellen und organisatorischen Maßnahmen sowie alle die betrieblichen Bauten, Räume, technische Anlagen, Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufe und Arbeitsplätze betreffenden Maßnahmen zu verstehen, die dem Umweltschutz dienen. § 89 BetrVG
§ 89 Arbeits- und betrieblicher Umweltschutz (1) Der Betriebsrat hat sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen Umweltschutz durchgeführt werden. Er hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen. auch die für den betrieblichen Umweltschutz zuständigen Behörden, soweit Berührungspunkte mit dem Arbeitsschutz bestehen so Bender, in: Wlotzke/Preis, BetrVG, 3. Aufl. 2006, § 89 Rn. 10 a.A. Hess/Schlochhauer/Worzalla/Glaubitz, BetrVG, 6. Aufl. 2003, § 89 Rn. 6
Beispielsfall zu § 89 BetrVGBAG, Urteil v. 3.6.2003 – 1 ABR 19/02 (DB 2003, 2496) Sachverhalt: ● Arbeitgeber erfasst elektronisch die Arbeitszeiten der Mitarbeiter ● Betriebsrat hat nach einer Betriebsvereinbarung Zugang zum Zeiterfassungssystem ● Betriebsrat übermittelt nach Überschreitungen der zulässigen Höchstarbeitszeit die Daten an das Amt für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik in Frankfurt am Main Ist die Einschaltung des Amtes zulässig? Betriebsrat beantragt die Feststellung, „dass er berechtigt ist, dem Amt Auskunft über die tatsächlich gearbeiteten Arbeitszeiten von Arbeitnehmern des Betriebs F. unter Namensnennung dieser Arbeitnehmer zu geben …“ Zu Recht?
Zusammenarbeit mit den Behörden zuvor betriebsinterne Abhilfemaßnahmen notwendig ? dagegen spricht ● der frühere § 49 Abs. 4 BetrVG regelte ausdrücklich: „Die Anrufung von Schiedsstellen und Behörden ist erst zulässig, nachdem eine Einigung im Betrieb nicht erzielt wurde“; jetzt gibt es diese Vorschrift nicht mehr● Art. 11 Abs. 6 Arbeitsschutzrahmenrichtlinie 89/391/EWG von 1989„Die Arbeitnehmer bzw. ihre Vertreter haben das Recht, sich gemäß den nationalen Rechtsvorschriften bzw. Praktiken an die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zuständige Behörde zu wenden, wenn sie der Auffassung sind, daß die vom Arbeitgeber getroffenen Maßnahmen und bereitgestellten Mittel nicht ausreichen, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz sicherzustellen“.● Allgemeine Verwaltungsvorschrift über das Zusammenwirken der technischen Aufsichtsbeamten der Träger der Unfallversicherung mit den Betriebsvertretungen vom 21. Juni 1968„Der technische Aufsichtsbeamte, der einen Betrieb besichtigt, hat der Betriebsvertretung Gelegenheit zu geben, ihn über die Mängel auf dem Gebiet der Unfallverhütung und Ersten Hilfe zu unterrichten …“
Zusammenarbeit mit den Behörden zuvor betriebsinterne Abhilfemaßnahmen notwendig ? dagegen spricht ● der frühere § 49 Abs. 4 BetrVG regelte ausdrücklich: „Die Anrufung von Schiedsstellen und Behörden ist erst zulässig, nachdem eine Einigung im Betrieb nicht erzielt wurde“; jetzt gibt es diese Vorschrift nicht mehr● Art. 11 Abs. 6 Arbeitsschutzrahmenrichtlinie 89/391/EWG von 1989„Die Arbeitnehmer bzw. ihre Vertreter haben das Recht, sich gemäß den nationalen Rechtsvorschriften bzw. Praktiken an die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zuständige Behörde zu wenden, wenn sie der Auffassung sind, daß die vom Arbeitgeber getroffenen Maßnahmen und bereitgestellten Mittel nicht ausreichen, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz sicherzustellen“.● Allgemeine Verwaltungsvorschrift über das Zusammenwirken der technischen Aufsichtsbeamten der Träger der Unfallversicherung mit den Betriebsvertretungen vom 21. Juni 1968„Der technische Aufsichtsbeamte, der einen Betrieb besichtigt, hat der Betriebsvertretung Gelegenheit zu geben, ihn über die Mängel auf dem Gebiet der Unfallverhütung und Ersten Hilfe zu unterrichten …“
Zusammenarbeit mit den Behörden zuvor betriebsinterne Abhilfemaßnahmen notwendig ? dafür spricht ● Verschwiegenheitspflicht des § 79 Abs. 1 BetrVG: „Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten“. ● „Subsidiaritätsprinzip“ des § 17 Abs. 2 Satz 1 ArbSchG: „Sind Beschäftigte aufgrund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung, daß die vom Arbeitgeber getroffenen Maßnahmen und bereitgestellten Mittel nicht ausreichen, um die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu gewährleisten, und hilft der Arbeitgeber darauf gerichteten Beschwerden von Beschäftigten nicht ab, können sich diese an die zuständige Behörde wenden“. ● Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber (§§ 2 Abs. 1 und 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG)
Zusammenarbeit zwischen Betriebsrats und Arbeitgeber Arbeitgeber und Betriebsrat ● „haben über strittige Fragen mit dem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln und Vorschläge für die Beilegung von Meinungs-verschiedenheiten zu machen“ (§ 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG) ● „arbeiten unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll … zum Wohle der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen“ (§ 2 Abs. 1 BetrVG)
Beispielsfall zu § 89 BetrVGBAG, Urteil v. 3.6.2003 – 1 ABR 19/02 (DB 2003, 2496) Urteil: ● „Nach ständiger Rechtsprechung des BAG ist ein Globalantrag, der eine Vielzahl von Fallgestaltungen erfasst, insgesamt als unbegründet ab-zuweisen, wenn es darunter zumindest auch Fallgestaltungen gibt, in denen sich der Antrag als unbegründet erweist“. ● § 89 Abs. 1 Satz 2 BetrVG begründet „nicht nur ein Recht, sondern zu-gleich eine öffentlich-rechtliche Pflicht des Betriebsrats, die zuständigen öffentlich-rechtlichen Stellen zu unterstützen. Dennoch spricht vieles dafür, dass der Betriebsrat bei der Ausgestaltung dieser Kooperation auch die Interessen des Arbeitgebers berücksichtigten und daher im Regelfall zunächst versuchen muss, diesen zur Beseitigung der Mängel zu veranlassen, bevor er sich an die Aufsichtsbehörde wendet“. ● Antrag des Betriebsrats ist aber jedenfalls aus datenschutzrechtlichen Gründen unbegründet!
Zusammenarbeit mit den Behörden zuvor betriebsinterne Abhilfemaßnahmen notwendig ? Fazit: ● Über die Pflicht zu vorherigen betriebsinternen Abhilfebemühungen vor Einschaltung der Behörden ist höchstrichterlich (noch) nicht entschieden! ● Zur Frage, ob nationalstaatliche Bestimmungen die Wahrnehmung des durch die Arbeitsschutz-Rahmenrichtlinie gewährten Rechts, sich an staatliche Stellen zu wenden, von „einem erfolglosen innerbetrieb-lichen Abhilfeversuch abhängig zu machen, verhält sich die Arbeitsschutzrichtlinie nicht ausdrücklich“. ● Die eigentlich interessante Frage ist auch, welche Sanktionen der Arbeitgeber ergreifen kann, wenn er meint, Betriebsratsmitglieder oder andere Arbeitnehmer hätten sich unzulässig an staatliche Stellen gewandt! „Kann der Arbeitgeber kündigen, wenn Arbeitnehmer ihn wegen Nichterfüllung von Arbeitsschutzpflichten anschwärzen?“ Rechtsprobleme beim „Whistleblowing“ („verpfeifen“ bzw. „enthüllen“)