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Mobiliarsachenrecht, 15.11.2012. PD Dr. Sebastian Martens, M.Jur. (Oxon.). III. Schutz des Besitzes § 859 BGB enthält verschiedene Selbsthilferechte des Besitzers: § 859 Abs. 1 BGB , sogenannte Besitzwehr: Notwehr gegen unmittelbar drohenden , aber noch nicht eingetretenen Besitzentzug
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Mobiliarsachenrecht, 15.11.2012 PD Dr. Sebastian Martens, M.Jur. (Oxon.)
III. Schutz des Besitzes § 859 BGB enthält verschiedene Selbsthilferechte des Besitzers: • § 859 Abs. 1 BGB, sogenannte Besitzwehr: • Notwehr gegen unmittelbar drohenden, aber noch nicht eingetretenen Besitzentzug • erlaubte Selbsthilfe bei anhaltender Störung Beispiel: R liegt friedlich schlummernd in einem Liegestuhl auf seiner Terrasse, als ihn plötzlich ein kalter Wasserstrahl trifft. Nachbar N hat nämlich seinen Sprenger so eingestellt, dass er bis zu R spritzt. R klettert über den Zaun und stellt den Sprenger um. Zurecht?
§ 859 Abs. 2 und 3 BGB sind legesspeciales gegenüber § 859 Abs. 1 BGB bei Besitzentzug durch verbotene Eigenmacht: • § 859 Abs. 2 BGB gilt bei beweglichen Sachen • § 859 Abs. 3 BGB gilt bei Grundstücken • Die Selbsthilferechte der § 859 Abs. 2 und 3 BGB sind anders als bei § 859 Abs. 1 BGB zeitlich begrenzt! Beispiel: An einem Freitagabend um 22:00 Uhr parkt S in einem belebten Hamburger Viertel seinen Pkw auf dem Kundenparkplatz des X. Als X am nächsten Morgen sein Geschäft öffnen will, steht der Wagen immer noch da. Da die Plätze für seine Kunden frei sein sollen, schleppt X den Wagen des S ab. Zurecht?
Die §§ 859 Abs. 4, 858 Abs. 2 S. 2 BGB erweitern den Besitzschutz gegenüber dem Nachfolger im Besitz. Beispiel: Räuber R hat sich auf Smartphones spezialisiert. Als er S um das seine erleichtern will, nimmt S den Verlust nicht so einfach hin und verfolgt den R. R läuft zu seinem Hehler H, mit dem er dauernd kooperiert und übergibt ihm schnell die Beute. Unmittelbar darauf betritt auch S den Laden, erkennt sein Handy in der Hand des H und entreißt es ihm mit Gewalt. Zurecht?
Selbsthilferecht des mittelbaren Besitzers? Beispiel:A hat dem B sein Fahrrad geliehen. Eines Tages sieht A zufällig, wie der R sich an dem Schloss des Fahrrads zu schaffen macht und es aufbricht. A ist empört und kann den R nur noch dadurch am Wegfahren hindern, dass er ihn vom Fahrrad stößt. Dabei bricht sich R ein Bein. Muss A dem R nun Schadensersatz zahlen? • § 859 BGB ist in § 869 BGB nicht genannt. • Die h.M. gewährt dem mittelbaren Besitzer gleichwohl die Rechte aus § 859 BGB, um einen lückenlosen Besitzschutz zu gewährleisten. • Eine Mindermeinung verweist auf den Willen des Gesetzgebers und hält die allgemeinen Rechtfertigungsgründe für ausreichend.
c. Possessorischer Besitzschutz (§§ 861 f. BGB) • Die Ansprüche aus §§ 861 f. BGB knüpfen an den bloßen Besitz (lat. possessio, daher possessorische Ansprüche)an. • Es kommt nicht auf eine etwaige Berechtigung des Besitzers an. • § 861 BGB greift bei Besitzentziehungen, § 862 BGB bei Besitzstörungen ein. Beispiel: Auch nachdem R den Sprenger seines Nachbarn N umgestellt hat, findet er keine Ruhe. Denn N stellt den Sprenger bald wieder in die frühere Position. R ist es nun zu bunt, und er will etwas gegen N und seinen Sprenger unternehmen. Was kann er tun?
Gegenüber den Ansprüchen aus §§ 861f. BGB sind nur begrenzt Einwendungen zulässig: • Es gab keine verbotene Eigenmacht, dh. die Voraussetzungen der §§ 861 Abs. 1 bzw. 862 Abs. 2 liegen nicht vor. • Der Besitz des Klägers war seinerseits gegenüber dem Beklagten fehlerhaft und ist im letzten Jahr erlangt worden (§§ 861 Abs. 2, 862 Abs. 2 BGB) • Ein Recht zum Besitz oder zur Störung kann nur ausnahmsweise im Fall des § 863 BGB geltend gemacht werden, soweit dadurch das Vorliegen verbotener Eigenmacht bestritten wird.
Beispiel: R hat Interesse an dem Handy des S. Als geübter Taschendieb kann R dem S geschickt das Handy unbemerkt aus der Tasche ziehen. S stellt den Verlust erst am nächsten Tag fest. Sofort kommt ihm ein Verdacht, und tatsächlich entdeckt er sein Handy in dem Laden des Hehlers H. Ohne H zu fragen, nimmt er das Handy wieder an sich. Hat H einen Anspruch aus § 861 Abs. 1 BGB gegen S?
d. Der Besitzschutz des mittelbaren Besitzers • § 869 BGB gibt die Ansprüche aus §§ 861 f. BGB auch dem mittelbaren Besitzer, wenn der unmittelbare Besitzer in seinem Besitz gestört oder ihm der Besitz entzogen wird. • Bei einer Besitzentziehung kann der mittelbare Be-sitzer aber grundsätzlich nur Rückgabe an den un-mittelbaren Besitzer und nicht an sich selbst fordern. • Ein Besitzschutz des mittelbaren gegenüber dem unmittelbaren Besitzer findet nicht statt. Beispiel: M hat ein Auto bei S gemietet. Am nächsten Tag sieht S wie M das Auto eigenmächtig bunt lackiert. Welche Rechte hat S gegenüber M?
e. Petitorischer Besitzschutz (§ 1007 BGB) • § 1007 BGB schützt den berechtigten Besitzer sowie den, der gutgläubig im Hinblick auf sein Besitzrecht ist (§§ 1007 Abs. 3, 932 Abs. 2 BGB). • § 1007 BGB verlängert gewissermaßen die Vermutung des § 1006 BGB in den Besitzschutz. • § 1007 BGB betrifft nur bewegliche Sachen. • Bei § 1007 Abs. 1 BGB darf der Anspruchsgegner weder ein Recht zum Besitz haben, noch gutgläubig sein. • Nach § 1007 Abs. 2 BGB kann eine abhanden gekommene Sache auch von einem gutgläubigen Besitzer heraus verlangt werden. • § 1007 BGB spielt in der Praxis kaum eine Rolle.
Beispiel: S hat sich zu Semesterbeginn im Oktober 2013 ein gebrauchtes Fahrrad gekauft, das ihm aber schon nach einer Woche gestohlen wird. Ein paar Tage später entdeckt er den X auf seinem Rad. Als S den X zur Rede stellt, ist dieser ganz erstaunt. X war das Rad, das er zu Ostern ge-braucht gekauft hatte, selbst im Sommer geklaut worden. Nun hatte er es unangeschlossen am Bahnhof entdeckt und wieder an sich genommen. Hat S einen Anspruch auf Herausgabe des Fahrrads gegen X?
2. Der Schutz des Besitzes im Deliktsrecht • Die h.M. erkennt zwar nicht den Besitz als solchen, aber den berechtigten Besitz als „sonstiges Recht“ i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB an. • Zudem wird § 858 BGB als Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB verstanden, so dass ein Schadensersatz-anspruch bei verbotener Eigenmacht besteht. 3. Der Schutz des Besitzes im Bereicherungsrecht • Das (durch Leistung oder auf sonstige Weise) erlang-te Etwas i.S.d. § 812 BGB kann auch der Besitz sein. • Im Bereicherungsrecht sind also Ansprüche auf Her-ausgabe von Besitz und Eigentum getrennt zu prüfen!
§ 3 Eigentum und Eigentumsschutz I. Begriff und Inhalt des Eigentums • Die Stellung unseres Eigentumsbegriffs • Das BGB geht von einem einheitlichen Begriff des Eigentums aus. • Im Mittelalter unterschied man dagegen im Lehensrecht ein dominium directumdes Vasallen von dem dominium utiledes Lehensherrn. • Im anglo-amerikanischen Common lawwird noch heute zwischen einem legal title und einem equitable title und damit zwei Formen des Eigentums unterschieden. • Neben dem einheitlichen privatrechtlichen Eigentums-begriff kennt unsere Rechtsordnung noch den ver-fassungsrechtlichen Eigentumsbegriff des Art. 14 GG.
2. Der Eigentumsbegriff des § 903 BGB § 903 Befugnisse des Eigentümers Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten. • Gegenstand des Eigentums können alle Sachen sein. Für Tiere gilt § 903 S. 1 BGB gemäß § 90a BGB entsprechend. • Das Eigentum ist das Paradigma des absoluten Rechts. • Der Eigentümer kann mit seiner Sache grundsätzlich nach Belieben verfahren. • Es gibt freilich zahlreiche Schranken privat- und öffentlich-rechtlicher Natur.
3. Privatrechtliche Schranken • Räumliche Schranken § 905 Begrenzung des EigentumsDas Recht des Eigentümers eines Grundstücks erstreckt sich auf den Raum über der Oberfläche und auf den Erdkörper unter der Oberfläche. Der Eigentümer kann jedoch Einwirkungen nicht verbieten, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass er an der Ausschließung kein Interesse hat. Beispiel: A besitzt ein Haus in der Einflugschneise des Frankfurter Flughafens. Der Flugverkehr geht ihm gewaltig auf die Nerven. Er meint, dass er sich das als Grundstücks-besitzer und Hauseigentümer obendrein nicht gefallen lassen muß, und will die Fluggesellschaften auf Unter-lassung verklagen. Kann er sich auf sein Eigentum berufen?
Schikaneverbot: § 226 BGB Beispiel: A und B sind Nachbarn und deshalb sehr zerstritten. Da B den A ärgern will, stellt er in seinem Garten jede Menge übel aussehender Haßzwerge auf. A fordert B auf, die Zwerge zu entfernen. B weigert sich unter Berufung auf sein Eigentumsrecht. Zurecht? • Notstand: §§ 228, 904 BGB Beispiel: A geht am Meer spazieren und entdeckt ein Kind, das offenbar am Ertrinken ist. Kurzentschlossen springt er in das am Strand liegende Boot des B, rudert hinaus und rettet das Kind. Beim Anlegen stößt das Boot aber gegen einen Stein und schlägt Leck. B ist empört und verlangt Schadensersatz. Zurecht? • Beschränkte dingliche Rechte anderer.
4. Öffentlichrechtliche Schranken (im Überblick) • Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG: Inhalts- und Schrankenbestimmungen:, u.a.: • Bau- und Bauplanungsrecht • Raumordnungsrecht • Natur- und Umweltschutzrecht • Denkmalschutzrecht • Agrarrecht • Öffentliches Verkehrs- und Sachenrecht • Straf- und zwangsvollstreckungsrechtliche Sanktionen • Art. 14 Abs. 3 GG: Enteignung (grundlegend: BVerfGE 58, 300: „Naßauskiesung“)
5. Funktionen des Eigentums: Man unterscheidet zwei grundlegende Funktionen des Eigentums: Die Zuweisungsfunktion und die Ausschlussfunktion. • Die Sache ist dem Eigentümer zugewiesen, so dass er grundsätzlich nach Belieben mit ihr verfahren kann. Beispiel: A gehört die Gans G, die in seinem Heimatort H zu einiger Berühmtheit gelangt ist, da sie kurz vor Ostern ein Feuer in der Kirche bemerkt und durch ihr aufgeregtes Schnattern rechtzeitig aufgedeckt hat, so dass es gelöscht werden konnte. A ist allerdings wenig dankbar und will die Gans zu Weihnachten schlachten. Die Einwohner von H finden das unglaublich. Sie ziehen vor Gericht. Zurecht?
Das Eigentum gibt dem Eigentümer nicht nur das positive Recht zur Nutzung, sondern auch die negative Befugnis, andere von der Nutzung auszuschließen. Beispiel: A gehört ein Bürohaus in der City von München, das schon geraume Zeit leer steht. Da sie keine andere Herberge finden, besetzen verzweifelte Studenten das Haus. A verlangt von ihnen, das Haus zu räumen. Zurecht? • Wenn das Gesetz, wie bei § 823 Abs. 1 BGB, von „sonstigen Rechten“ spricht, müssen diese Rechte regelmäßig eigentumsähnlich sein und auch eine Zuweisungs- und eine Ausschlussfunktion haben.
5. Formen des Eigentums • Das Eigentumkanneiner Person alleinezustehen (Alleineigentumnach § 903 BGB), odermehrerenPersonen. • BeiEigentumeinerPersonenmehrheitsindverschiedeneFormenzuunterscheiden. • Miteigentum (§§ 1008 ff., 741 ff. BGB) • Beim Miteigentum nach Bruchteilen hat jeder Miteigentümer einen gedanklich-rechnerischen Bruchteil, der sich aber auf den ganzen Gegenstand erstreckt und nicht auf einen realen Teil davon beschränkt ist. • Das schuldrechtliche Verhältnis der Miteigentümer richtet sich nach den §§ 741 ff. BGB.
Jeder Miteigentümer kann über seinen Anteil verfügen, über den ganzen Gegenstand aber nur alle gemeinsam (§ 747 BGB). Beispiel:A hat einen alten Ferrari entdeckt, den er gerne als Kapitalanlage erwerben würde, der aber für ihn allein zu teuer ist. Er spricht deshalb den B als Mitinvestor an. Gemeinsam kaufen A und B den Ferrari und lassen ihn sich übereignen. Nach einigen Monaten verkauft und übereignet B dem C seinen Anteil an dem Ferrari. A ist empört. Er hält Bs Geschäft mit C für unwirksam. Zurecht? Abwandlung: C will den ganzen Wagen haben, und lässt ihn sich deshalb von B übereignen, obwohl er weiß, dass A und B Miteigentümer sind. d. Beispiel 2: Wie in Beispiel 1 kaufen A und B zusammen einen Ferrari als Geldanlage. Diesmal möchte C aber nicht den Anteil des B an dem Ferrari, sondern das ganze Auto kaufen. Da B den angebotenen Preis sehr gut findet, verkauft er den Wagen und übereignet ihn an C, der weiß, daß der Ferrari A und B gemeinsam gehört. Als B dem A alles erzählt, ist dieser gar nicht begeistert. Er meint, daß das Geschäft mit C unwirksam sei. Zurecht?
b. Gesamthandseigentum (GbR, OHG/KG, Güter- und Erbengemeinschaft) • Die Gesamthänder haben nur einen Anteil an der Gesamthand, nicht aber an den Gegenständen der Gesamthand (§ 719 Abs. 1 BGB). • Über die Gegenstände der Gesamthand können die Gesamthänder regelmäßig nur gemeinschaft-lichverfügen (§ 709 Abs. 1 BGB). Beispiel: A und B haben eine Rechtsanwaltskanzlei ge-gründet und dafür einen Firmenwagen erworben. Nach kurzer Zeit verkauft der stets klamme B seinen Anteil an dem Wagen an C. A ist empört und hält das Geschäft des B für unwirksam. Zurecht?
c. Sonderformen • Stockwerkseigentum (Artt. 131, 182 EGBGB). • Sondereigentum nach dem WEG. • Treuhand: • Bei der Treuhand erhält der Treuhänder das volle rechtliche Eigentum vom Treugeber. • Der Treuhänder bleibt aber dem Treugeber verpflichtet, mit dem Eigentum nur nach bestimmten Vorgaben umzugehen. • Man unterscheidet eine (uneigennützige) Verwaltungstreuhand und eine (eigennützige) Sicherungstreuhand. • Gegenüber Dritten wird der Treugeber ggf. über §§ 138, 826 BGB und Sondernormen geschützt.
II. Anspruchsgrundlagen zum Schutz des Eigentums • Der Eigentümer kann in vielfältiger Weise in seinem Recht verletzt werden. • Je nach Schutzbedürfnis greifen unterschiedliche Anspruchsgrundlagen ein: • Auf Herausgabe: §§ 985, 812, 823 BGB • Auf Unterlassung und Beseitigung: § 1004 BGB • Auf Schadensersatz: §§ 823, 989, 990 BGB
Auf Unterlassung und Beseitigung § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen. • Bei Entziehung der Sache oder Vorenthaltung des Besitzes greift § 985 BGB ein; in allen anderen Fällen ist § 1004 BGB einschlägig. • § 1004 BGB setzt nur eine rechtswidrige Beeinträchtigung und kein Verschulden des Störers voraus.
Da Schadensersatzansprüche regelmäßig verschuldensabhängig sind, muss die Beseitigung im Rahmen des § 1004 Abs. 1 BGB gegenüber einem Schadensersatz abgegrenzt werden. Beispiel (Vgl. BGHZ 135, 235) : Der reiche A hat sich einen neuen Tennisplatz auf seinem Grundstück gebaut. Allerdings kann er sich nicht lange daran erfreuen, weil bald wachsende Wurzeln Risse im Boden verursachen. Die Wurzeln gehören zu einem Baum, der auf dem Grundstück des Nachbarn N steht. A verlangt von N Beseitigung der Wurzeln und Reparatur des Tennisplatzes. Zurecht?
b. Auf Schadensersatz • In einem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis be-stehen spezielle Schadensersatzansprüche, die dem allgemeinen Deliktsrecht vorgehen (§ 993 BGB). • Bei Beeinträchtigungen des Eigentums durch einen Außenstehenden, der nicht Besitzer ist, greift aber das Deliktsrecht ohne weiteres ein. Beispiel:A ist ein kleiner Pyromane. Besonders gern zündet er Autos an. Als er den neuen Porsche des P in Flammen aufgehen lässt, ist dieser nicht so begeistert und nimmt den A umgehend auf Schadensersatz in Anspruch. Zurecht?
Probleme tauchen auf, wenn das Eigentum nicht durch einen unmittelbaren physischen Eingriff beeinträchtigt wird. Beispiel 1 (nach BGHZ 55, 153):Reeder A besitzt zwei Schiffe, mit denen er den Hafen H am Ende eines Donauseitenkanals bedient. Bei Bauarbeiten beschädigt der Unternehmer U fahrlässig das Kanalufer, so dass der Kanal gesperrt wird. A verlangt Schadensersatz für seinen entgangenen Gewinn. Eins seiner Schiffe ist nämlich im Kanal eingeschlossen, und das andere kann nicht mehr hineinfahren. Wie ist die Rechtslage?
Beispiel 2 (nach BGHZ 41, 123; 66, 388):Bei Bauarbeiten zerstört der Baggerführer B fahrlässig ein Stromkabel. Dadurch kommt es sowohl in der Druckerei D als auch in dem Legehennenstall L zu einer Strom- und Betriebsunterbrechung. D macht einen entgangenen Gewinn von 10.000 Euro geltend, bei L ist ein Schaden von 2.000 Euro wegen verdorbener Eier entstanden. Wie ist die Rechtslage?
IV. Der Erwerb des Eigentums • Der rechtsgeschäftliche Erwerb vom Berechtigten • §§ 413, 398 BGB bildet den Grundtatbestand der Übertragung dinglicher Rechte. • Gemäß §§ 413, 398 BGB ist grundsätzlich eine Einigung der Parteien ausreichend. • Besondere Regelungen im Überblick: §§ 873, 925 (Eigentum an Grundstücken), 929 (Eigentum an beweglichen Sachen), 1154 (Hypothek), 1192 (Grundschuld) • Für die Übertragung des Eigentums an beweglichen Sachen bildet § 929 BGB den Grundtatbestand.
Tatbestandsvoraussetzungen des § 929 BGB • Einigung • Übergabe, kann ersetzt werden: • nach § 929 S. 2 BGB (brevi manutraditio) • nach § 930 BGB (vereinbartes Besitzkonstitut) • nach § 931 BGB (Abtretung eines Herausgabeanspruchs) • Einigseinim Zeitpunkt der Übergabe • Berechtigung, kann ersetzt werden: • durch Genehmigung (§ 185 II 1 1. Fall BGB) • durch Konvaleszenz (§ 185 II 1 2. und 3. Fall BGB) • durch gutgläubigen Erwerb (§ 932 ff. BGB)
Die Einigung ist ein dingliches Rechtsgeschäft. • Die Vorschriften des AT sind anwendbar. Beispiel:S braucht dringend ein neues Fahrrad und kauft deshalb von F dessen gebrauchtes Mountainbike. F hat sein Rad allerdings gerade nicht dabei und will es deshalb dem S am Abend geben. Sie verabreden sich in einer Kneipe in der Passauer Altstadt. F ist schon früher dort und begießt sein gutes Geschäft ausgiebig. So ist er bereits schwer betrunken, als S schließlich eintrifft. Bloß noch lallend händigt F dem S das Fahrrad aus.Ist S Eigentümer des Fahrrads geworden?
Die Übergabe erfordert: • dass die „Eigentümerseite“ den unmittelbaren Besitz aufgibt, • dass die „Erwerberseite“ ihn erhält, • dass dieser Erwerb auf Veranlassung des Eigentümers erfolgt. Beispiel:T hat eine Hütte im Bayerischen Wald, die er im Winter noch mit Holz beheizt. Deshalb kauft er von V ein Klafter Brennholz. Da das Holz im Wald des V frei zugänglich lagert, einigen sich T und V darauf, daß T das Holz selbst abtrans-portieren und zu seiner Hütte bringen soll.Ist T nun Eigentümer des Holzes geworden?
Die h.M. folgert aus einem Umkehrschluss zu § 873 Abs. 2 BGB, dass die Einigung bis zur Übergabe frei widerruflich ist. • Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal bei § 929 BGB ist deshalb: Einigsein im Zeitpunkt der Übergabe. Beispiel:V betreibt ein Kleidungsgeschäft in Passau, in dem er u.a. Mode des Herstellers H verkauft. V hat einen langfristigen Liefervertrag mit H, nach dem alle Ware bei Übergabe an den V in dessen Eigentum übergehen soll. H gefällt das jedoch bald nicht mehr. Er weist seinen Fahrer A an, dem V zu sagen, dass er fortan kein Eigentum an der Ware mehr bekommt. A vergisst dies aber bei der nächsten Lieferung und sagt V erst bei der übernächsten Lieferung Bescheid. Ist V Eigentümer der Waren beider Lieferungen geworden?
Die Berechtigung des Veräußerers kann sich aus vielen Gründen ergeben: • Aus der Verfügungsbefugnis des Eigentümers, die nach § 137 BGB rechtsgeschäftlich nicht eingeschränkt werden kann. • Aus einer sonstigen gesetzlichen Verfügungsbefugnis (etwa § 80 Abs. 1 InsO). • Aus einer Einwilligung des Berechtigten (§ 185 Abs. 1 BGB) Eine Verfügung durch einen Nichtberechtigten kann nachträglich wirksam werden: • Durch Genehmigung: § 185 II 1 1. Fall BGB • Durch Konvaleszenz: § 185 II 1 2. und 3. Fall BGB
Literaturhinweise: • Kollhosser, Grundfälle zu Besitz und Besitzschutz, JuS 1992, 215 ff., 393 ff., 567 ff. • Petersen, Sonderfragen zum Recht des Besitzes, Jura 2002, 255 ff. • Röthel/Sparmann, Besitz und Besitzrechtsschutz, Jura 2005, 456 ff. • Schreiber: Possessorischer und petitorischer Besitzschutz, Jura 1993, 440 ff. • Zeising, Petitorische Durchbrechung possessorischen Besitzschutzes, Jura 2010, 248 ff.
Coester-Waltjen, Miteigentum nach Bruchteilen, Jura 1990, 330 ff. • Katzenstein, Der Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, AcP 211 (2011), 58 ff. • Lege, Das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 GG, Jura 2011, 507 ff. • Fehling/Faust/Rönnau, Durchblick: Grund und Grenzen des Eigentums- und Vermögensschutzes, JuS 2006, 18 ff. (sehr empfehlenswert)