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Mobiliarsachenrecht, 13.12.2013. PD Dr. Sebastian Martens, M.Jur . ( Oxon .). f. Der Fruchterwerb nach den §§ 953 ff. BGB Regelungszweck und Systematik Die §§ 953 ff. BGB regeln, wer Eigentümer bei der Trennung einer Sache in mehrere selbstständige Sachen wird.
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Mobiliarsachenrecht, 13.12.2013 PD Dr. Sebastian Martens, M.Jur. (Oxon.)
f. Der Fruchterwerb nach den §§ 953 ff. BGB • Regelungszweck und Systematik • Die §§ 953 ff. BGB regeln, wer Eigentümer bei der Trennung einer Sache in mehrere selbstständige Sachen wird. • Die §§ 953 ff. BGB regeln nicht, ob der Erwerber das Eigentum auch behalten darf! • Verschachtelte Lösung, „von hinten“ zu prüfen: • Grds. der Eigentümer, § 953 BGB • Vorrang des dinglich Berechtigten, § 954 BGB • Vorrang des gutgläubigen Eigenbesitzers, § 955 BGB • Vorrang des schuldrechtlich Berechtigten, § 956 BGB, auch wenn die Gestattung durch einen Nichtberechtigten erfolgt ist, § 957 BGB
ii. Grundsatz des § 953 BGB § 953 BGB Erzeugnisse und sonstige Bestandteile einer Sache gehören auch nach der Trennung dem Eigentümer der Sache, soweit sich nicht aus den §§ 954 bis 957 ein anderes ergibt. Beispiel: Bauer B ist stolzer Eigentümer einer Prachtkuh, die gerade trächtig ist. Für eine Ausstellung verleiht er das schöne Tier an den S. Freilich kann S die Kuh nicht ausstellen, da diese schon vor Beginn der Ausstellung kalbt. Das Kalb ist noch schöner als die Mutter. S will das Kalb nicht herausgeben. Er meint, dass das Kalb bei ihm geboren sei und deshalb ihm gehöre. Hat S Recht?
iii. Erwerb durch den dinglich Berechtigten § 954 BGB Wer vermöge eines Rechts an einer fremden Sache befugt ist, sich Erzeugnisse oder sonstige Bestand-teile der Sache anzueignen, erwirbt das Eigentum an ihnen, unbeschadet der Vorschriften der §§ 955 bis 957, mit der Trennung. Beispiel:B hat einen Nießbrauch an den Kühen seiner Herd zugunsten des N bestellt. Wieder kalbt die Pracht-kuh, und wieder ist es ein wunderschönes Exemplar. Wer ist nun Eigentümer des Kalbs? • Nur ein dingliches Recht, das zur Aneignung berechtigt, genügt! • Sicherungsrechte reichen regelmäßig nicht!
iv. Erwerb durch den gutgläubigen Eigenbesitzer (§ 955) Beispiel: Wie im vorigen Fall hat der Bauer B an den Kühen seiner Herde einen Nießbrauch zugunsten des N bestellt. Bevor die trächtige Prachtkuh kalben kann, wird sie aber vom Dieb D gestohlen, der das Tier dem gutgläubigen X schenkt und übereignet. Bei X bekommt die Prachtkuh dann ihren Nachwuchs. Wer ist nun Eigentümer des Kalbs? Problem: § 935 BGB analog bei „angelegten Früchten“? • § 955 BGB kennt keine Regelung wie § 935 BGB, d.h. grundsätzlich kann auch an den Früchten gestohlener Sachen gutgläubig Eigentum erworben werden. • Wenn die Kuh aber schon gekalbt hätte und mitsamt dem Kalb gestohlen worden wäre, hätte X kein Eigentum am Kalb erwerben können. Daher teleologische Reduktion des § 955 BGB?
v. Erwerb durch den persönlich Berechtigten (§ 956 BGB) Beispiel: Bauer B hat diesmal seine Herde samt der trächtigen Prachtkuh an den P verpachtet, der die Tiere auf seine Weide führt. Noch bevor die Prachtkuh kalben kann, verkauft und übereignet B die Herde an den K. Wer wird Eigentümer des neugeborenen Kalbs? • Die Rechtsnatur der Aneignungsgestattung ist umstritten. • Grds. muss die Rechtszuständigkeit und die Verfügungsbefugnis des Gestattenden sowohl bei Gestattung als auch bei Fruchterwerb vorliegen. • Bindung des Rechtsnachfolgers nur bei Erbe, Insolvenz-verwaltungund vertraglicher Schuldübernahme.
vi. Gestattung durch den Nichtberechtigten (§ 957 BGB) Beispiel: Bauer B hat diesmal seine Herde bereits an den K verkauft und unter Vereinbarung eines Besitz-konstituts übereignet, als er mit P, der gutgläubig vom weiter bestehenden Eigentum des B ausgeht, einen Pachtvertrag über die Herde abschließt. Nun kalbt die Prachtkuh wieder einmal. Wer ist Eigentümer des Kalbes geworden? Wie wäre es, wenn K im Stall des P eintrifft und diesen über alles aufklärt, als bei der Prachtkuh gerade die Wehen einsetzen?
g. Aneignung und Dereliktion (§§ 958 ff. BGB) § 958 BGB (1) Wer eine herrenlose bewegliche Sache in Eigenbesitz nimmt, erwirbt das Eigentum an der Sache.(2) Das Eigentum wird nicht erworben, wenn die Aneignung gesetzlich verboten ist oder wenn durch die Besitzergreifung das Aneignungsrecht eines anderen verletzt wird. • Herrenlos sind: • Wilde Tiere (§ 960 BGB) • Derelinquierte Sachen (§ 959 BGB) • Eine Dereliktion setzt nach § 959 BGB voraus: • Verzichtsabsicht (nach h.M. durch einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung), und • Aufgabe des Besitzes (§ 856 Abs. 1 BGB).
Beispiel: E hat seine Wohnung ausgemistet und eine Menge Plunder zum Sperrmüll an die Straße gestellt. Dort entdeckt der X in all dem Zeug ein wertvolles Gemälde, das er sich gleich mitnimmt. Stolz präsentiert er das Bild seinen Freunden. Einer der Freunde erkennt zufällig das alte Bild des E, den er darauf anspricht. E fordert nun sein Bild zurück. X meint, dass das Bild ohne ihn zerstört worden wäre und nun ihm gehöre. Wer ist Eigentümer des Bildes?
h. Ersitzung (§§ 937 ff. BGB) Zweck: • Die Ersitzung ermöglicht den Eigentumserwerb in Fällen, in denen dies durch Rechtsgeschäft, etwa wegen § 105 BGB oder § 935 BGB, nicht möglich ist. • Die Rechtslage wird durch die Ersitzung nach Ablauf einer Frist den tatsächlichen Verhältnissen angepasst. • Die Ersitzung spielt heute in der Praxis kaum eine Rolle. Voraussetzungen nach § 937 BGB: • Eigenbesitz des Erwerbers an einer beweglichen Sache. • Ablauf der zehnjährigen Ersitzungsfrist, ggf. Hemmung (§ 939) und Unterbrechung (§ 940) zu prüfen! • Ursprünglicher und fortbestehender guter Glaube.
§ 3 Eigentum und Eigentumsschutz IV. Das Eigentümer-Besitzerverhältnis (EBV) 1. Grundlagen • Die Eigentümer- und Besitzerstellung können über einen längeren Zeitraum auseinanderfallen. • Wenn Eigentümer und Besitzer dies wollen, können sie ihre Rechte und Pflichten vertraglich regeln. • Wenn Besitzer und Eigentümer ihr Verhältnis nicht vertraglich ausgestaltet haben, muss das Gesetz eine Lösung bereitstellen. • Die §§ 987 ff. BGB enthalten ein gesetzliches Schuldverhältnis, das die gegenseitigen Ansprüche von Besitzer und Eigentümer regelt, wenn eine Vindikationslage vorliegt, dh. ein Anspruch nach § 985 BGB besteht.
Ohne die §§ 987 ff. BGB würden die allgemeinen Regeln eingreifen, dh. das allgemeine Delikts- und Bereicherungsrecht. • Der Besitzer würde für jede fahrlässige Eigentumsverletzung nach § 823 BGB haften. • Der Besitzer müsste alles auf Kosten des Eigen-tümersErlangte nach § 812 BGB herausgeben. • Der Eigentümer müsste für alle Verwendungen, durch die er bereichert ist, Wertersatz nach §§ 812 ff. BGB leisten. • Die §§ 987 ff. BGB enthalten demgegenüber spezielle, differenzierende Sonderregeln. • Vor allem der redliche, unverklagte Besitzer soll besser gestellt werden als nach allgemeinen Regeln.
Beispiel: K hat sich ein Fahrrad von D gekauft, der ihm ganz seriös vorkam. K wusste nicht, dass D in Wahrheit ein berufsmäßiger Dieb und das Fahrrad von E gestohlen war. K nutzt das Fahrrad in der Folgezeit, bis er eines Nachts betrunken mit ihm in die Donau fährt. Er selbst kann sich an Land retten, das Fahrrad aber verschwin-det im Fluss. E hatte indes gerade von einem Freund erfahren, dass der K mit seinem Rad unterwegs sei. Er verlangt nun Schadensersatz von K. Zurecht? • Nach § 823 Abs. 1 BGB wäre K dem E eigentlich zum Schadensersatz verpflichtet. • § 993 Abs. 1 BGB sperrt aber den Rückgriff auf das Deliktsrecht, soweit nicht die §§ 987 ff. BGB greifen.
Überblick über die §§ 987 ff. BGB: • Ansprüche des Eigentümers • auf Schadensersatz: §§ 989 bis 993 BGB • auf Herausgabe von Nutzungen: §§ 987, 988, 990 bis 993 BGB • Ansprüche des Besitzers auf Ersatz von Verwendungen, d.h. Aufwendungen auf die Sache: §§ 994 bis 996 BGB • Regeln zur Abwicklung eines EBV: §§ 997 bis 1003 BGB
Voraussetzung für die Anwendbarkeit der §§ 987 ff. BGB ist grundsätzlich das Bestehen einer Vindikationslage (Anspruch des Eigentümers nach § 985 BGB) im Zeitpunkt des jeweiligen anspruchsbegründenden Ereignisses. • Über Verweise finden die §§ 987 ff. BGB aber auch sonst noch vielfach Anwendung: • § 292 BGB (Haftung ab Rechtshängigkeit bei Herausgabepflicht) • § 1007 III 2 BGB • § 1065 BGB (Nießbrauch) • § 1227 BGB (Pfandrecht) • Nach h.M. analog bei §§ 894 und 1004 BGB; umstritten ist die Analogie bei § 888 BGB.
2. Eine Vindikationslage, d.h. ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB setzt voraus: • Eigentümerstellung einer Partei; • Besitzerstellung einer anderen Partei; • Kein Recht zum Besitz des Besitzers nach § 986 BGB. Beispiel: K hat sich ein Fahrrad von E gekauft. Er hat auch schon den Kaufpreis bezahlt, aber E möchte das Fahrrad jetzt doch lieber behalten und verweigert dem K die Herausgabe und Übereignung. Kurz entschlossen holt K sich das Rad selbst aus dem unverschlossenen Keller des E. Betrunken fährt er noch an demselben Abend in die Donau. E ist empört und verlangt Schadensersatz für das untergegangene Rad von K. Zurecht?
Die Anwendbarkeit der §§ 987 ff. BGB wird auch in einigen besonderen Spezialfällen diskutiert: • Der „nicht-so-berechtigte“ Besitzer Beispiel:S ist Mieter einer Wohnung des V. Da es ihm im Winter zu kalt ist, zündet er sich ein kleines Lagerfeuer in seinem Zimmer an. Leider wird es so nicht nur warm, sondern es entsteht auch ein Schaden an dem Parkettfußboden in Höhe von 2000 Euro. Welche Ansprüche hat V gegen S? • Zwar kein Recht zu dieser Besitzausübung. • Nach h.M. genügt aber ein allgemeines Recht zum Besitz, um §§ 987 ff. BGB auszuschließen. • Die vertraglichen Regelungen haben Vorrang!
ii. Der „noch-nicht-berechtigte“ Besitzer Beispiel:V schickt dem K unaufgefordert das Buch „Die sieben Rätsel der Weisheit“ zu. Im Begleitschreiben steht, dass V davon ausgeht, dass K das Buch kaufen möchte, wenn er sich nicht innerhalb einer Woche meldet. K meldet sich nicht und schüttet stattdessen nach zwei Wochen versehentlich Kaffee auf das Buch. Hat V nun einen Schadensersatzanspruch gegen K? • Spätestens nach einer angemessenen Prüfungszeit besteht eigentlich eine Vindikationslage. • Ausschluss des § 985 BGB durch § 241a BGB? • Haftungsmilderung durch § 300 Abs. 1 BGB analog?
iii. Der „nicht-mehr-berechtigte“ Besitzer Beispiel (nach BGHZ 34, 122):B kaufte von V einen Kleinbus. V übereignete den Klein-bus aufschiebend bedingt durch die vollständige Kauf-preiszahlung. B nutzte in der Folgezeit den Kleinbus, bis eine Reparatur notwendig wurde, die er von U mit Ein-verständnis des V ausführen ließ. Als der U mit seiner Arbeit fertig war, hielt B die Reparaturkosten jedoch für zu teuer. Er wollte nun lieber nichts mehr mit dem Wagen zu tun haben und bezahlte weder U noch V. V trat deshalb von dem Kaufvertrag mit B zurück und verlangt nun den Wagen von U heraus. Dieser erhebt die Einrede aus § 1000 BGB, die er auf einen Verwen-dungsersatzanspruch aus § 994 I stützt. Zurecht?
3. Schadensersatzansprüche des Eigentümers nach §§ 989, 990 BGB • Vindikationslage • Verschlechterung oder Untergang der Sache oder sonstige Unmöglichkeit der Herausgabe • Zu einem Zeitpunkt nach • Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs (§ 989 BGB), oder • Bösgläubigem Besitzerwerb (§ 990 Abs. 1 S. 1 BGB), oder • Kenntniserlangung vom fehlenden Besitzrecht (§ 990 Abs. 1 S. 2 BGB) • Verschulden • Schaden
Gegen den verklagten Besitzer (§ 989 BGB) Beispiel:S hat sich von dem seriös erscheinenden Händler H gerade eine schöne Uhr gekauft, die er stolz herumzeigt. Auch der E erfährt davon und erkennt, dass es sich bei der Uhr um ein altes Familienerbstück handelt, das ihm kürzlich gestohlen worden ist. Er wendet sich an S, der ihm aber nicht glaubt und die Uhr nicht herausgeben will. H verklagt S auf Herausgabe, die Klage wird S auch zugestellt. Einen Tag später verlegt S die Uhr irgendwo und kann sie nicht mehr wiederfinden. E verlangt nun Schadensersatz in Höhe von 2000 Euro als Wert der Uhr und zudem 20 Euro, die er durch eine Vermietung der Uhr an seinen Freund F hätte erzielen können. Wie ist die Rechtslage?
b. Gegen den unredlichen Besitzer (§§ 990 Abs. 1, 989 BGB) • Bei Besitzerwerb genügt Bösgläubigkeit iSd § 932 Abs. 2 BGB, danach nur noch positive Kenntnis! Beispiel 1: S ist auf der Suche nach einem Pkw bei D fündig geworden, der einen fast neuen Golf zu einem äußerst günstigen Preis anbietet. Zwar kann D keinen Kfz-Brief vorlegen, aber S kauft den Golf trotzdem und fährt los. Er kommt aber nicht weit, weil er aus Freude über den günstigen Kauf zu schnell fährt und einen Unfall verursacht, bei dem ein Schaden in Höhe von 5000 Euro an dem Golf entsteht. E, dem der Golf von D gestohlen worden war, erfährt hiervon und verlangt Schadensersatz von S. Zurecht?
Beispiel 2:S bekommt zu Weihnachten ein Fahrrad von seinen Eltern geschenkt. Es gehörte allerdings nicht seinen Eltern, sondern war dem E gestohlen worden. E erfährt zwischen den Jahren, dass sein Rad im Besitz des S ist und gibt sich dem S als wahrer Eigentümer zu erkennen. S rückt das Fahrrad trotzdem nicht heraus, sondern nutzt es vorerst weiter. Die Rückfahrt des S nach einer feucht-fröhlichen Silvesterfeier endet im Inn. S kann sich ans Ufer retten, aber das Fahrrad geht dabei verloren. E verlangt nun Schadensersatz von S für das versunkene Rad. Zurecht?
Sonderprobleme • Zurechnung von Gehilfen: § 166 BGB, § 278 BGB oder § 831 BGB? Beispiel:Der sonst stets zuverlässige Außendienstmitarbeiter A kauft von D einen Gebrauchtwagen für das Unternehmen des U, obwohl der D ihm keinen Fahrzeugbrief vorweisen konnte. D hatte den Wagen nämlich dem E gestohlen. Ein paar Tage später verursacht A einen Unfall, bei dem der Wagen zerstört wird. E verlangt nun Schadensersatz von U. Zurecht?
Nach BGH soll Gehilfenwissen bei der Prüfung der Redlichkeit analog § 166 BGB zugerechnet werden. • Gegenmeinung sieht die §§ 987ff. BGB als Sonderdeliktsrecht an und will § 831 BGB analog anwenden. • Sinnvoll zu differenzieren: Bei rechtsgeschäftlichem Besitzerwerb § 166 BGB, sonst § 831 BGB analog. • Verschulden eines Gehilfen bei bereits bestehender Vindikationslage wird nach § 278 BGB zugrechnet, weil hier ein gesetzliches Schuldverhältnis schon existiert.
ii. Unredlichkeit bei Minderjährigen Beispiel:Der 16jährige K kauft ohne Wissen seiner Eltern bei H ein neues iPhone zu einem sehr günstigen Preis, obwohl er weiß, dass H auch mit gestohlenen Waren handelt. Tatsächlich ist auch das iPhoneHehlerware und gehört in Wirklichkeit dem E. Bei einem von K fahrlässig verursachten Gerangel wird das Handy am nächsten Tag zerstört. E verlangt von K Schadensersatz. Zurecht? Differenziere: • Bei rechtsgeschäftlichem Besitzerwerb §§ 104ff. BGB • Bei sonstigem Besitzerwerb § 828 I, II BGB
iii. Erbenbesitz Beispiel: Als der reiche R stirbt, hinterlässt er seinem Erben E eine wertvolle Gemäldesammlung. Der E ahnt nicht, dass R sich die Sammlung über Jahre aus Museen zusammengestohlen hat. E will die Bilder bei sich zu-hause aufhängen. Beim Transport beschädigt er fahr-lässig ein Bild des Museums M. Als E seine neue Samm-lung präsentiert, wird einer der Gäste stutzig und bei Nachforschungen stellt sich alles heraus. M verlangt nun Schadensersatz für sein Bild von E. Zurecht? • Nach § 857 BGB rückt der Erbe in die Besitzstellung des Erblassers ein, einschließlich dessen Redlichkeit. • M.M. will § 990 I 1 BGB bei Erlangung der tatsächlichen Gewalt durch den Erben anwenden.
iv. Verschärfte Haftung nach § 990 Abs. 2 BGB • Entgangener Gewinn des Eigentümers ist nach §§ 989, 990 BGB grundsätzlich nicht zu ersetzen. • § 990 Abs. 2 BGB lässt aber eine weitergehende Haftung des Besitzers im Verzug unberührt. Beispiel: K hat einen dem E gestohlenen Pkw von D ohne Papiere erworben. E erfährt hiervon und ver-langt den Wagen von K heraus, der dies aber ernst-haft und endgültig verweigert. Am nächsten Tag wird der Pkw bei einem fahrlässig von K verursachten Unfall zerstört. E verlangt Schadensersatz für das Auto sowie 100 Euro, die er durch eine Vermietung des Wagens in der Zwischenzeit hätte verdienen können. Welche Ansprüche hat E gegen K?
v. Verhältnis zum Deliktsrecht Beispiel:Wie im vorigen Beispiel hat K einen dem E gestohlenen Pkw von D ohne Papiere erworben. Der Wagen wird bei einem von K verschuldeten Unfall zerstört. E erfährt diesmal von allem erst nach dem Unfall. Er hätte das Auto aber wie zuvor in der Zwischenzeit für 100 Euro vermieten können. E verlangt nun Schadensersatz für den Pkw sowie seinen entgangenen Gewinn. Zurecht? • Nach h.M. sperrt § 993 Abs. 1 BGB den Rückgriff auf das Deliktsrecht auch hinsichtlich § 252 BGB. • M.M. meint aber (contra legem), dass der unred-liche Besitzer keine Privilegierung verdiene.
c. Gegen den deliktischen Besitzer (§ 992 BGB) • § 992 BGB enthält eine Rechtsgrundverweisung in das Deliktsrecht bei Besitzerwerb durch Straftat oder verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB). Beispiel:Der R liebt die Kunst, aber er kann sie nicht bezahlen. Deshalb stiehlt er sich eine kleine feine Sammlung zusammen. Leider verbrennt die Sammlung, als ein Blitz in das Haus des R einschlägt. Welche Ansprüche haben die Eigentümer der verbrannten Kunstgegenstände gegen R? • Im Fall des § 992 BGB haftet der Besitzer auch für den zufälligen Untergang (§ 848 BGB) und entgangenen Gewinn (§§ 823, 252 BGB).
d. Haftung im sogenannten Fremdbesitzerexzess § 991 Haftung des Besitzmittlers[…] (2) War der Besitzer bei dem Erwerb des Besitzes in gutem Glauben, so hat er gleichwohl von dem Erwerb an den im § 989 bezeichneten Schaden dem Eigen-tümergegenüber insoweit zu vertreten, als er dem mittelbaren Besitzer verantwortlich ist. • § 991 Abs. 2 BGB schränkt den Schutz des redlichen unverklagten Besitzers ein, wenn dieser (vertraglich) zur Sorgfalt verpflichtet war. • Wenn der Besitzer bestimmte Sorgfaltsmaß-stäbe einhalten musste, so soll er zumindest in diesem Rahmen auch gegenüber dem Eigen-tümerhaften.
Beispiel 1:S leiht sich bei seinem guten Kumpel K dessen Auto für das Wochenende. Leider wird der Wagen zerstört, als S nach einer Party betrunken gegen einen Baum fährt. S wusste nicht, dass sein Kumpel K tatsächlich ein Autoknacker ist und das Auto von E gestohlen hatte. E verlangt nun Schadensersatz für seinen zerstörten Wagen von S. Zurecht? Beispiel 2:V vermietete einen Pkw des E in dessen Namen an den gutgläubigen K, ohne dazu bevollmächtigt zu sein. Bei einem fahrlässig von K verursachten Unfall wurde der Wagen des E beschädigt. E verlangt nun Schadens-ersatz in Höhe von 4000 Euro von K. Zurecht?
Literaturhinweise: • Ebenroth/Zeppernick, Nutzungs- und Schadensersatzansprüche im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, JuS 1999, 209 ff. • Martinek, Die Perle in der Auster - Eine zivilrechtsdogmatische Reminiszenz, JuS 1991, 710 ff. • Platschek, Eigentum - Früchte - Nutzungen: Das unverbrüchliche Substantialprinzip des BGB, JA 2009, 846 ff. • Roth, Grundfälle zum Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, JuS 1997, 518 ff.; 710 ff.; 897 ff. • Süß, Der gesetzliche Eigentumserwerb an Mobilien, Jura 2011, 81 ff. • Süß, Von Meteoriten, Skeletten und anderen Kostbarkeiten, Jura 2011, 332 ff. • Wilhelm, Die Lehre vom Fremdbesitzerexzess, JZ 2004, 650 ff.