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Analyse und Interpretation von Schriften der Questione della lingua. 1. Sitzung am 15.10.2009. Programmübersicht. Die Vorläufer der Questione della lingua. Die Diskussionen im 15. Jahrhundert. Die Situation im 15. Jahrhundert. Rückwendung zur Antike
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Analyse und Interpretation von Schriften der Questione della lingua 1. Sitzung am 15.10.2009
Die Vorläufer der Questione della lingua Die Diskussionen im 15. Jahrhundert
Die Situation im 15. Jahrhundert • Rückwendung zur Antike • Wiederentdeckung von antiken Quellen und klassischen Schriften in Bibliotheken • z.B. entdeckte Poggio Bracciolini in St. Gallen Quintilians Ausbildung des Redners
1. Die Situation im 15. Jahrhundert • Humanisten meist als Philologen, Lehrer oder Gründer von neuen Schulen aktiv • Ausrichtung gegen Scholastik, Logik und Theologie • Ideal der humanae litterae;studia humanitatis als Mittel zur Bildung • Verbreitung der klassischen Literatur durch Neuerung des Buchdrucks in Italien Erstes gedrucktes Buch war Quintilian (1470)
Die Situation im 15. Jahrhundert • Schärfung des historischen Denkens • Neue philologische Mentalität: Anwendung der Geschichtsforschung auf die Philologie und objektive Untersuchungen • Mittelalterliche Philologie vs. humanistische Philologie • klassisch-lateinische Sprachstufe vs. aufkommende Volkssprachlichkeit
1. Die Situation im 15. Jahrhundert • erste volkssprachliche Grammatiken in Anlehnung an Lateingrammatiken • eher inhaltsbezogener als formaler Charakter • 1. italienische Grammatik: Leon Battista Albertis Grammatichetta vaticana (1435)
Die Situation im 15. Jahrhundertumanesimo latino vs. umanesimo volgare • Ausgangspunkt der questione della lingua: Dantes De vulgari eloquentia (1304, bzw. 1529) • 15. Jh.: Debatte: umanesimo latino vs. umanesimo volgare: Auslöser der Romanität in Europa? Entstehung des Italienischen? Gleichwertigkeit des Italienischen mit dem Lateinischen? Eignung als Kultur- und Wissenschaftssprache?
1. Die Situation im 15. Jahrhundert1.4 umanesimo latino vs. umanesimo volgare • Latein als Privileg, • elegante Sprache einer besseren, gelehrten Gesellschaftsschicht; • Volkssprache Italienisch galt als minderwertig
2. Der metasprachliche Diskurs des ’400 2.1Biondo Flavio • 1435: Streitgespräch um Sprachzustände im antiken Rom im Vorzimmer des Papstes Eugen IV. in Florenz zwischen Biondo Flavio und Leonardo Bruni, • anschließend in Briefwechsel (De locutione romana; Epistole) wiedergegeben
Der metasprachliche Diskurs des ’400 • Streitfrage: Wurde in der Antike eine ähnliche Volkssprache (volgare) gesprochen, wie im 15. Jahrhundert?
2. Der metasprachliche Diskurs des ’400 2.1Biondo Flavio • Thesen: (1) Die Volkssprache zu seiner Zeit unterscheidet sich vom Lateinischen. (2) Das gesamte Volk sprach in der Antike Latein, allerdings mit hoher und niederer Sprachvarietät. (3) Das Italienische ging durch die Invasion der Barbaren aus dem Lateinischen hervor. (4) Terminologie: latina lingua und latine loqui
2. Der metasprachliche Diskurs des ’400 2.2 Leonardo Bruni • Thesen: (1) Das Volgare der Römer ist dem des ‘400 sehr ähnlich. (2) In der Antike existierten 2 Sprachen: die litterata lingua der Gelehrten und dievulgaris lingua des Volkes (3) Das volgare besitzt keinerlei Grammatik. (4) Latein für gelehrte Themen, Italienisch für „cose volgari“ (5) Terminologie: sermo vulgi vs. sermo litteratorum; atine litterateque vs. latine ac litterate
Der metasprachliche Diskurs des ’400 Biondo Bruni
Die Questione della lingua Die Hauptströmungen im 16. Jahrhundert
Die Questione della lingua • La centralità della „questione della lingua” non provocò subito un dibattito capace di coinvolgere la totalità degli uomini di lettere. Solo nel Cinquecento le discussioni assunsero la dominanza [...]. • (Marazzini 1999, 19)
Die Questione della lingua • Die Hauptvertreter der wichtigsten Strömungen
Latein vs. Italienisch Im 16. Jahrhundert
Die Questione della lingua • Die Anhänger und Gegner des Lateinischen • Zu Beginn des 16. Jahrhunderts hatte sich, wie bereits erwähnt, die Einstellung gegenüber der Volkssprache grundlegend gewandelt. • Die Anhänger des Lateinischen befanden sich auf einem Rückzugsgefecht.
Die Questione della lingua • Die Anhänger des Lateinischen (= Gegner des Italienischen) • Romolo Amaseo (1489-1552) vertrat seine Kritik am schriftlichen Gebrauch der Volkssprache auf Kosten des Lateinischen in dem Traktat De linguae usu retinendo (1529).
Die Questione della lingua • Die Anhänger des Lateinischen • Moderatere Auffassungen gegenüber dem volgare vertraten hingegen Carlo Sigomio (1520-1584) in De Latinae linguae usu retinendo (1566) und Umberto Foglietta (1518-1581) in De linguae Latinae usu et praesentia (1574).
Die Questione della lingua • Die Anhänger des Lateinischen • Gleiches taten Francesco Florido (1511-1547) in der Schrift Apologia (1537) und Celio Calcagnini (1479-1541) in der Abhandlung De institutione Commentatio (1544) wandte.
Die Questione della lingua • Die Anhänger des Italienischen • Gegen die Polemiken von Ameseo und Florido hatte Alessandro Citolini bereits 1540 seine Lettere in difesa de la lingua volgare verfasst, in der er sich sowohl gegen das Lateinische als auch gegen eine zu enge Bindung an das Trecento-Florentinische
Die Questione della lingua • Die Anhänger des Lateinischen • Die Gedanken Citolinis griff Valerio Marcellino in seiner Lettera, over Discorso intorno alla lingua volgare (1564) wieder auf.
Die Questione della lingua • Die Anhänger des Florentinischen • Die größte und einflussreichste Gruppe der Anhänger des volgare orientierte sich am Florentinischen. • Dieses Sprachmodell wurde in zahlreichen Grammatiken, Wörterbüchern und theoretischen Traktaten vertreten, wobei sich die Anhänger dieser Varietät in drei Hauptgruppen einteilen lassen.
Die Anhänger des Trecento-Florentinischen Die Questione della lingua
Die Questione della lingua Pietro Bembo (Kardinal) • Die Vertreter des Trecento-Florentinischen • Pietro Bembo war zweifelsohne die große Galionsfigur der Befürworter des Trecento-Florentinischen auf der Grundlage eines Musterkanons.
Die Questione della lingua Pietro Bembo ( als junger Mann) • Bereits in seinem Werk Asolani (1505) hatte er seine Sprachtheorie in die Praxis umgesetzt. • Bembo war jedoch nicht nur Anhänger des volgare, sondern auch ein Experte für klassische Philologie, der das ciceronianische Latein gegenüber eklektischen Varietäten verteidigte.
Die Questione della lingua Pietro Bembo (Jugendportrait) • Zwischen 1492 und 1494 erlernte er außerdem die griechische Sprache bei Lascaris in Messina. • Sein erstes Werk, De Aetna (1496), verfasste er in lateinischer Sprache, ebenso seinen Traktat De imitatione (1513), der an Giovan Francesco Pico(1469-1533) gerichtet war.
Die Questione della lingua Pietro Bembo (Kardinal) • Bembos Hauptwerk, die Prose della volgar lingua (1525), verhalfen dem Trecento-Florentinischen schließlich zum Durchbruch
Die Questione della lingua • Die Vertreter des Trecento-Florentinischen • Am Anfang der historisch ausgerichtetenen Grammatikographie standen Giovanni Francesco FortuniosRegole grammaticali della volgar lingua (1516), die im Zusammenhang mit der Drucklegung von Werken der großen Trecentisten sowie deren kritischer Rezeption entstanden sind.
Die Questione della lingua • Die Vertreter des Trecento-Florentinischen • Im Bereich der Grammatikographie und Lexikographie sei ferner auf die in Venedig erschienenen Tre fontane (...) in tre libri divise, sopra la grammatica, et eloquenza di Dante, Petrarcha, et Boccaccio (1526) des aus Friaul stammenden Niccolò Liburnio verwiesen.
Die Questione della lingua • Die Vertreter des Trecento-Florentinischen • Noch einige Jahre zuvor hatte Liburnio in seiner Schrift Le vulgari elegantie (1521) neben Dante, Boccaccio und Petrarca auch eine Reihe moderner Autoren vorgeschlagen. • Diese eklektische Position hat er wohl nicht zuletzt unter dem Einfluss von Bembos Ideen aufgegeben.
Die Questione della lingua • Die Vertreter des Trecento-Florentinischen • Ein Autorenwörterbuch mit dem Lexeminventar Boccaccios veröffentlichte der aus Rom stammende Lucilio Minerbi im Jahre 1535 in Venedig unter dem Titel Il Decamerone di M. Giovanni Boccaccio col Vocabulario di M. Lucilio Minerbi.
Die Questione della lingua • Die Vertreter des Trecento-Florentinischen • Ebenfalls in Venedig publizierte der aus Ferrara stammende Francesco Alunno (eigentlich Francesco Del Bailo) seine Schriften Osservationi sopra il Petrarca (11539, 21550), Ricchezze della lingua volgare sopra il Boccaccio (1543) und Fabrica del mondo (1548). • In letzterer werden Dante, Boccaccio und Petrarca als modellhafte Autoren vorgeschlagen.
Die Questione della lingua • Die Vertreter des Trecento-Florentinischen • In Cento bei Ferrara erschien das Vocabulario, Grammatica, et ortographia de la lingua volgare (...) con isposizioni di molti luoghi di Dante, del Petrarca et del Boccaccio (1543) von Alberto Acarisio.
Die Questione della lingua • Die Vertreter des Trecento-Florentinischen • Der Sprachtheoretiker Sperone Speroni (1500-88) griff Bembos Ideen im Dialogo delle lingue (ca. 1542) wieder auf.
Die Questione della lingua • Die Vertreter des Trecento-Florentinischen • Ein weiterer einflussreicher Anhänger dieser Richtung war Leonardo Salviati (1540-89), einer der Mitbegründer der Accademia della Cruscaund Initiatoren des Vocabolario degli Accademici della Crusca (11612), das großen Einfluss auf die Standardisierung der italienischen Sprache auf alttoskanischer Grundlage genommen hatte.
Die Questione della lingua • Die Vertreter des Trecento-Florentinischen • Das Erscheinen des Wörterbuches konnte Salviati zwar nicht mehr erleben, doch es zeigt deutlich den Einfluss seiner Sprachprogrammatik, die er bereits Jahre zuvor in den Avvertimenti della lingua sopra ’l „Decamerone“ (1584-86) niedergeschrieben hatte.
Die Questione della lingua • Die Vertreter des modernen Florentinischen • Im Cinquecento hat es nicht an kritischen Stimmen gegenüber den Auswüchsen einer rückwärtsgewandten Sprachpolitik gefehlt.
Die Questione della lingua • Die Vertreter des modernen Florentinischen und sonstige Gegner Bembos • Zu den Verfechtern einer gesamtitalienischen Standardsprache auf der Grundlage des modernen Florentinischen zählte z.B. Niccolò Machiavelli (1469-1527), der seine Gedanken im Dialogointorno alla nostralingua (ca. 1515) niedergelegt hat.
Die Questione della lingua • Die Vertreter des modernen Florentinischen und sonstige Gegner Bembos • Überhaupt kamen nicht wenige der Gegner des Trecento-Toskanischen aus der Toskana, z.B. • Claudio Tolomei, Cesano (entst. 1527-28; gedr. 1555), • Giambattista Gelli, Ragionamento sopra le difficoltà del mettere in regola la nostra lingua (1551) • Pier Francesco Giambullari, Gello (1546) und Della lingua che si parla e si scrive in Firenze (1551).
Die Questione della lingua • Die Vertreter des modernen Florentinischen und sonstige Gegner Bembos • Benedetto Varchis(1503-1565) Ercolano, dialogo nel quale si ragiona delle lingue e in particolare della fiorentina e della toscanaerschienposthum 1570.
Die Questione della lingua • Vincenzo Borghini (1515-1580) schrieb einen Schizzo d’un trattatello della lingua volgare und befasste sich darüber hinaus in seinen Studi sulla Divina Commedia und Annotationi e discorsi sopra alcuni luoghi del Decameron mit Dante und Boccaccio. • Er sprach sich zwar für einen literarischen Kanon der Werke des Trecento aus, betrachtete Bembos Modell jedoch als zu eng.
Die Questione della lingua • Die Vertreter der höfischen Koine und andere Gegner des Primats des Florentinischen • Neben den Anhängern des mittelalterlichen und modernen Florentinischen bildeten die Vertreter einer höfischen Koine die dritte bedeutende Gruppe derer, die das volgare gegenüber dem Lateinischen bevorzugten. • Ihre sprachtheoretischen Ideen haben sie allerdings nur selten in systematischen Schriften hinterlassen. • So dienen vor allem die Traktate ihrer Gegner dem Sprachhistoriker Hauptquelle.
Die Questione della lingua • Die Vertreter der höfischen Koine und andere Gegner des Primats des Florentinischen • Zu den namhaftesten Repräsentanten gehörte Vincenzo Colli (gest. 1508), genannt Calmeta. • Sein Traktat Della volgarlingua ist zwar verschollen, doch sind seine Gedanken indirekt bei Bembo und Castelvetro belegt. • Weitere Anhänger der Koine waren Equicola und Colocci.
Die Questione della lingua • Die Vertreter der höfischen Koine und andere Gegner des Primats des Florentinischen • Der bekannteste Vertreter der linguacortigiana war Baldassare Castiglione (1478-1529). • Seine Ideen zur Sprache hat er auf wenigen Seiten in seinem Werk Il Cortegiano (1528) dargelegt.
Die Questione della lingua • Die Vertreter der höfischen Koine und andere Gegner des Primats des Florentinischen • Auch Gian Giorgio Trìssino (1478-1550) propagierte in seinem Dialog Il castellano (1529) eine höfische Mischsprache.