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Rechtsanwalt Dr. Klaus Oepen, Hamburg*

Rechtsanwalt Dr. Klaus Oepen, Hamburg*. § 93 InsO - neuere Entwicklungen in Rechtsprechung und Literatur. *Partner der Kanzlei Blaum Dettmers Rabstein Rechtsanwälte, Bremen Hamburg München oepen@bdr-legal.de , www.bdr-legal.de. Neuere BGH-Rechtsprechung.

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Presentation Transcript


  1. Rechtsanwalt Dr. Klaus Oepen, Hamburg* § 93 InsO - neuere Entwicklungen in Rechtsprechung und Literatur *Partner der Kanzlei Blaum Dettmers Rabstein Rechtsanwälte, Bremen Hamburg München oepen@bdr-legal.de, www.bdr-legal.de

  2. Neuere BGH-Rechtsprechung

  3. § 93. Persönliche Haftung der Gesellschafter Ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien eröffnet, so kann die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenz-verwalter geltend gemacht werden.

  4. Grundfall A&B KG; Komplementär A; Kommanditist B; Einlageschuld von A und B je 10 TEUR; erfüllt; Haftsumme des B laut Handelsregister 60 TEUR; fällige Verbindlichkeiten der A&B KG: 350 TEUR (ggü X: 50 TEUR, ggü Y: 100 TEUR, ggü Z: 200 TEUR); Aktiva der A&B KG hingegen nur 60 TEUR (Bankguthaben: 20 TEUR, stille Reserven: 40 TEUR); Unterdeckung mithin 290 TEUR; Insolvenzantrag des Z gegen A&B KG; Eröffnung; Einsetzung des IV; AKLA?

  5. X Y Z 200 100 50 § 128 HGB §§ 128, 161 II, 171 I Hs. 1 HGB A & B KG § 124 HGB IV 20 • A P • * 350 • 20 • 350 HRA … A&B A B 60 A B Bank *[40] § 80 § 87 § 171 II HGB § 93

  6. § 171 HGB. [Haftung des Kommanditisten] Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschafts-gläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.

  7. § 171 Abs. 2 HGB - ein doppeltes Must-have für die gleichmäßige Gesellschaftsgläubigerbefriedigung Problem: Haftsumme ist kollektive Höchstbeschränkung, aber: Erstens: Die Unzulänglichkeit der Haftsumme ist kein Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Kommanditisten. Zweitens: Ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Kommanditisten führt ohne § 171 Abs. 2 HGB zu einer falschen Ausprägung gleichmäßiger Gesellschaftsgläubigerbefriedigung (Massefremde Masse, Rn. 242 f.)

  8. § 93 InsO – Nice-to-have mit Blick auf vier Ziele Gleichmäßige Befriedigung der Gesellschafts-gläubiger (BR-Drs. 1/92 S. 140) Beitrag zur Überwindung der Massearmut der Insolvenzen (BR-Drs. 1/92 S. 140) Prozessökonomie (Oepen, ZIP 2000, 526, 533) Förderung von Win-Win-Lösungen (Oepen, a.a.O.)

  9. Grundkonzept aus „Massefremde Masse“ – Lektion 1 § 93 InsO ist keine Anspruchsgrundlage. Das vom Insolvenzverwalter gemäß § 93 InsO geltend zu machende Recht („die persönliche Haftung des Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft“) sind und bleiben die einzelnen Haftungsforderungen der einzelnen Gesellschafts-gläubiger gemäß oder entsprechend § 128 HGB.

  10. Grundkonzept aus „Massefremde Masse“ Lektion 2 Die Geltendmachung der persönlichen Haftung des Gesellschafters durch den Insolvenzverwalter gemäß § 93 InsO erfolgt im Rahmen eines in das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft integrierten gemeinschaftlichen Inkassoverfahrens. Das besagt unter anderem: Die Insolvenzgläubiger werden auch hinsichtlich ihrer Haftungsforderungen nicht etwa im Sinne von § 80 InsO beschränkt, sondern nur im Sinne von (insbesondere) §§ 87, 89 Abs. 1, 187 InsO.

  11. Das Grundkonzept in der neueren BGH-Rechtsprechung Bekräftigung Keine Geltendmachung durch IV ohne Beteiligung des Gläubigers. kein gesetzlicher Forderungsübergang Insolvenzverwalter als Treuhänder tätig § 93 InsO ist keine Anspruchsgrundlage

  12. Grundwertung aus „Massefremde Masse“ § 93 InsO ist ein Eingriff in materielle und prozessuale Grundrechte. Das gebietet es, bei seiner Auslegung auf strikte Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnis-mäßigkeit zu achten (s. auch Oepen, ZIP 2000, 526).

  13. Vorschau: Ausgewählte Einzelfragen Tatbestandsseite Tatbestandsmerkmale Korrekturen (teleologische Reduktionen/ Analogien) Rechtsfolgenseite Sperrwirkung Ermächtigungswirkung Weitere Wirkungen

  14. Ausgewählte Einzelfragen zur Rechtsfolgenseite (I) Sperrwirkung Haftungsgläubiger →│ Gesellschafter Es gibt keinen Grund, dem Haftungsgläubiger Abstinenz, Verzicht, Stundung, Übertragung oder Belastung zu verwehren (keine „Geltendmachung“), im Grundsatz gelten aber Vollstreckungssperre (s. § 89 Abs. 1 S. 1 Fall 1 InsO) Sonderfall: schon erworbenes Pfändungspfandrecht (> „Rückschlagsperre“) Klagesperre (kein RSB, s. § 87 InsO, § 17 AnfG* so auch BGH, Beschl. v. 14.11.202 – IX ZR 236/99, ZIP 2003, 39) Aufrechnungssperre (s. aber §§ 94 ff. InsO, insofern gilt: § 93 InsO≠§ 171 Abs. 2 HGB) „Rückschlagsperre“ (§ 16 Abs. 2 AnfG*) *Anfechtungsforderungen nach AnfG sind wie Forderungen aus beschränkter Haftung des Kommanditisten Haftungsforderungen mit kollektiver Höchstbeschränkung!

  15. Ausgewählte Einzelfragen zur Rechtsfolgenseite (II) Sperrwirkung Haftungsgläubiger│←Gesellschafter (gutgläubige/bösgläubige) Leistung des Gesellschafters an den Haftungsgläubiger Dingliche Wirksamkeit Befreiungswirkung (§ 93 InsO≠§ 171 Abs. 2 HGB*) gegenüber empfangendem Gläubiger gegenüber anderen Gläubigern Aufrechnung des Gesellschafters gegenüber dem Haftungs-gläubiger (§ 93 InsO≠§ 171 Abs. 2 HGB*) Klagesperre (negative Feststellungsklage) *§ 171 Abs. 2 HGB: Gutglaubensschutz? (§§ 407, 412 BGB? § 82 InsO?) (-); Schutz von Aufrechnungslagen? (§§ 406, 412 BGB? § 94 ff. InsO?) (-)

  16. Auch negative Feststellungsklage des „Gesellschafters“ unzulässig. Die Sperrwirkung in der neueren BGH-Rechtsprechung Argument: Beide denkbaren Ausgänge stünden in Widerspruch zu § 93. Gesellschafter kann nicht mehr befreiend an Gläubiger leisten.

  17. Ausgewählte Einzelfragen zur Rechtsfolgenseite (III) Ermächtigungswirkung für den Insolvenzverwalter Vollstreckungsberechtigung (§ 727 ZPO) Klageberechtigung (§ 17 Abs. 2 AnfG) Vergleichsberechtigung (§ 81 ZPO) Freigabeberechtigung? (§§ 207 ff. InsO; nicht § 85 Abs. 2 InsO) Berechtigung zur Geltendmachung in Insolvenzverfahrenüber Gesellschaftervermögen Insolvenzantragsberechtigung, Forderungsanmeldungsberechtigung (BGH, Beschl. v. 31.10.2001 – VIII ZR 177/00), Quotenbezugsberechtigung (§ 43 InsO statt § 52 InsO so auch Pohlmann in Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 4. Aufl., 2012, § 93 Rn. 68) Anfechtungsberechtigung (§ 16 Abs. 2 AnfG)

  18. Die Ermächtigungswirkung in der neueren BGH-Rechtsprechung Keine Klageberechtigung des IV ohne Anmeldung * Konsequenz Analogie zu § 85 Abs. 2 InsO Anfechtungsberechtigung des Gesellschaftsinsolvenzverwalters aber bei Doppelinsolvenz von Gesellschaft und Gesellschafter Übergang auf Gesellschafterinsolvenzverwalter * Widerspruch zu BGH, Beschl. v. 14.11.202 – IX ZR 236/99, ZIP 2003, 39

  19. Ausgewählte Einzelfragen zur Rechtsfolgenseite (IV.) Innenverhältnisse Anmeldung Feststellung Eigene Masse Insolvenzverwalter als Treuhänder Kosten

  20. Innenverhältnisse in der neueren BGH-Rechtsprechung Verwendbarkeit der Inkassomasse für Verfahrenskosten ausdrücklich noch offen gelassen

  21. Ausgewählte Einzelfragen zur Tatbestandsseite (I) „Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechts-persönlichkeit oder einer KGaA“ „Persönliche Haftung des Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft“ Sonderfall: Massekosten- und Sonstige Masse- verbindlichkeiten der Gesellschaft ME: Unterscheidung zwischen originären und derivativen Masseverbindlichkeiten geboten.

  22. Ausgewählte Einzelfragen zur Tatbestandsseite (II) Teleologische Reduktionen? Forthaftung des ehemaligen persönlich haftenden Gesellschafters keine tR; allein die Altgläubiger zur Teilnahme am Inkassoverfahren berechtigt Andere Fälle fehlender Haftung des Gesellschafters gegenüber allen Gesellschaftsgläubigern keine tR; allein die Altgläubiger zur Teilnahme am Inkassoverfahren berechtigt Haftung gegenüber nur einem Gesellschaftsgläubiger keine tR; aber § 213 InsO analog Fehlendes Ausfallrisiko keine tR; aber § 212 InsO analog

  23. Ausgewählte Einzelfragen zur Tatbestandsseite (III) Analogien Insolvenzverfahren über Schuldner anderer Rechtsform, soweit dort persönliche Gesellschafterhaftung gemäß oder analog § 128 HGB Bürgschaften persönlich haftender Gesellschafter gegen die Analogie: BGH, Urt. v. 4. Juli 2002 – IX ZR 265/01, BGHZ 151, 245 in eigentlich nur §§ 69, 34 AO betreffender Entscheidung, und zwar mit dem Argument, §§ 254 Abs. 2 S. 1, 301 Abs. 2 S. 1 InsO seien Beleg für bewusste Entscheidung des Gesetzgebers gegen Aus- dehnung von § 93 InsO auf Bürgschaften; meines Erachtens trifft das aber gerade nur auf Individualbürgschaften zu. Gläubigerschutz gemäß § 303 AktG für diese Analogie Bork ZIP 2012, 1001 ff.

  24. Die Tatbestandsseite in der neueren BGH-Rechtsprechung Keine Analogie für Gesellschafterhaftung aus Eingriffskondiktion Keine persönliche Gesellschafterhaftung für Massekosten auch nicht für sonstige Masseverbindlichkeiten Keine Frage der teleologischen Reduktion von § 128 HGB § 93 InsO gilt auch für Altgesellschafterhaftung

  25. Stichworte im Nachgang zu der Diskussion Zur Vergleichsberechtigung des Insolvenzverwalters siehe auch BAG, Urteil vom 28.11.2007 - 6 AZR 377/07 Zur Frage, ob die Inkassomasse für die Verfahrenskosten des Hauptverfahrens verwendet werden darf, siehe auch AG Hamburg, Beschluss vom 27.11.2007 – 67g IN 370/07, ZIP 2007, 1283. In der Tat erscheint es praktisch wünschenswert, die teilweise Verwendung der Inkassomasse zwecks Anschubfinanzierung des Hauptverfahrens zuzulassen, wenn sich so voraussichtlich im Endeffekt sogar eine Besserstellung der Inkassogläubiger erreichen lässt. Nähere Untersuchung bleibt vorbehalten.

  26. VIELEN DANK!

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