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1. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft
Beispiele: Autohaus D GmbH, Saarbrücken
Villeroy und Boch AG, Merzig
BASF SE, Mannheim
I. Überblick über die Organe
1. Organ für Willensbildung (für Geschäftsführung und Vertretung unzuständig):
Gesellschafterversammlung bei GmbH §§ 45 ff. GmbHG, 241 ff. AktG analog: Beschlussfassung!
Treuepflicht und § 280 BGB; BGHZ 65, 15 - ITT
Hauptversammlung bei AG §§ 118 ff., 241 ff. AktG
Treuepflicht; BGHZ 103, 184 - Linotype; 129, 136 - Girmes
? Klausur: Anfechtung von Beschlüssen! §§ 241 ff. AktG; gilt auch für GmbH!!
2. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft
2. Geschäftsführung/Vertretung
Fremdorganschaft möglich
Vertretung im Außenverhältnis unbeschränkt
Geschäftsführer bei GmbH, Bestellung durch Gesellschafter, die starken Einfluss haben
bei AG Vorstand, Bestellung durch AR; § 76 I AktG: „unter eigener Verantwortung“
bei SE nach Art. 38 SE VO in Verbindung mit SE AG
entweder „Leitungsorgan“ nach Art. 39 ff. SE VO (dual. System); wie AG
oder „Verwaltungsorgan“ nach Art. 43 ff. SE VO (monistisches System); zu Letzterem s. §§ 20 ff. SE AG; vgl. Verwaltungsrat im angelsächsischen Recht („board“/“Chief Executive Officer“); „geschäftsführende Direktoren“ (entspricht C.E.O.) vertreten die SE (§ 41 SEAG).
? Klausur: Gesellschaft verpflichtet? Haftung der Organpersonen?
3. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft
3. Aufsichtsrat als intermediäre Einrichtung
a. bei GmbH grundsätzlich qua Vertragsfreiheit freiwillig, auch „Beirat“ o.ä. (§ 52 GmbHG) – Vorbehalt Mitbestimmung
bei AG zwingend (§§ 95 ff. AktG)
bei SE (Art. 38 ff. SE VO, §§ 15 ff,20 ff. SEVO) zwingend entweder
„Aufsichtsorgan“ oder „Verwaltungsorgan“ (s.o.)
b. Aufgaben: Kontrolle von Geschäftsführung/Vertretung (§ 111 AktG)
keine eigene Geschäftsführung, aber gewisse Mitwirkungsrechte bei Geschäftsführung (§§ 111 IV AktG)
keine Vertretungsbefugnis (Ausnahme bei Geschäften zwischen Kapitalgesellschaft und Vertretungsorgan, §§ 112 ff. AktG)
Bestellung des Vorstands bei AG bzw. des Leitungsorgans § 84 AktG, Art. 39 II SE VO (ebenso bei Abberufung und Festsetzung der Vergütung)
c. Zustandekommen des Aufsichtsrats bzw. des Aufsichtsorgans oder des Verwaltungsorgans
Wahl durch die Hauptversammlung § 101 AktG, Art. 40, 43 SE VO: mit einfacher Mehrheit!!
? Klausur: Bestellung Vorstand? Zustimmung zu Geschäften? Haftung mangels Kontrolle?
4. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft II. Organe im Kräftefeld
1. GmbH
Gesellschafterversammlung kann Geschäftsführer praktisch im Innenverhältnis Anweisungen (durch Beschluss) erteilen §§ 37 I , 46 Nr. 5 GmbHG, die GmbH aber nicht vertreten, § 35 GmbHG. Regelung ist im Übrigen flexibel: Vertragsfreiheit
2. AG
Weder Hauptversammlung noch Aufsichtsrat können dem Vorstand Weisungen erteilen; 76 I AktG. Der Aufsichtsrat kann aber bestimmte Geschäfte im Innenverhältnis von seiner Zustimmung abhängig machen, § 111 IV AktG. Die Hauptversammlung hat bei der Geschäftsführung nur mitzureden, wenn es der Vorstand verlangt, § 119 II AktG.
Die einfache Mehrheit in der Hauptversammlung ermöglicht die alleinige Besetzung des Aufsichtsrats und damit die Besetzung des Vorstands. Im Rahmen der Satzung hat der Aktionär hier die Herrschaft. Praktisch genügt weniger als 50 % Anteilsbesitz.
Die Hauptversammlung bei einer Publikums-AG hat praktisch wenig Einfluss-
Keine Vertragsfreiheit!
5. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft III. Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Beschlüssen
§§ 241 ff. AktG direkt bzw. analog
1.bei GmbH: Beschlüsse der Gesellschafterversammlung
2. bei AG: Beschlüsse der Hauptversammlung und
des festgestellten Jahresabschlusses § 172 AktG
?Klausur: Formalien wie Einladung, Stimmrechtsausschluss, Mehrheit, Beschlussfassung, Sonderbeschluss, Einhaltung sonstiger Rechtsvorschriften
3. bei SE keine spezielle Regelung (vgl. aber Art. 9 SEVO)
Stand 8. 11. 2011
6. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft IV. Einzelfragen
Verantwortlichkeit von Geschäftsführer bzw. Vorstand
§§ 43, 64 GmbHG: Haftung des Geschäftsführers im Innenverhältnis (Insolvenzverwalter wird Ansprüche geltend machen! § 80 InsO); vgl. aber §§ 64 GmbHG, 823 II BGB
§ 93 AktG: Haftung des Vorstands primär im Innenverhältnis
§ 93 I 2 AktG („business-judgment-rule“)
dazu Saenger Rn. 519, 587
wird im Rahmen pflichtgemäßer Beurteilung vom Aufsichtsrat geltend gemacht (§§ 116, 112, 93 AktG); gegebenenfalls Haftung! vgl. BGHZ 135, 244 – ARAG/Garmenbeck; BGH NJW 2009, 2454 zu § 92 AktG
daneben praktisch vom Insolvenzverwalter!§ 80 InsO
ausnahmsweise Außenhaftung § 93 V
7. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft 2. Verantwortlichkeit des Aufsichtsrats
zum AR der AG §§ 116, 93 AktG; s.o.
zum AR der GmbH
freiwillig; vgl. Sonderregelung § 52 GmbHG (vgl. aber unten zur Mitbestimmung)
Konsequenzen aus § 116 AktG
BGHZ 187, 60: freiwilliger Aufsichtsrat der GmbH hat nach § 64 GmbHG verbotswidrige Zahlungen seitens des Geschäftsführers nicht verhindert. Der Insolvenzverwalter verlangt unter Hinweis auf die §§ 116, 93 II AktG, 52 GmbHG Zahlung von AR-Mitglied A persönlich. Zu Recht?
8. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft BGHZ 187, 60: freiwilliger Aufsichtsrat soll die die GmbH selbst und ihre Gesellschafter schützen, die haben aber infolge der Insolvenz keinen Schaden durch die Zahlung erlitten. Den Schutz der Gläubiger bezweckt freiwilliger Aufsichtsrat nicht. A muss nicht zahlen!
9. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft 3. Corporate Compliance
Compliance: Verpflichtung der Gesellschaftsorgane im Rahmen ihrer allgemeinen Pflichten, dafür zu sorgen dass keine Rechtsverstöße (Korruption, Kartellverstöße) begangen werden durch Schaffung einer Compliance-Struktur mit Compliance-Beauftragtem
(Hö: Problem des Organisationsverschuldens, Parallele Verkehrssicherungspflicht?)
4. Corporate Governance
Angelsächsischer Begriff für die angemessene Regelung der Rechtsverhältnisse bei der Leitung von Gesellschaften
geht über rechtliche Regelungen hinaus und ist insoweit
„soft law“; Problem: Pflichtenkonkretisierung??
? Deutscher Corporate Governance Kodex i.d.F. v. 26. 5. 2010
nach § 161 AktG bei börsennotierter AG Entsprechenserklärung zum Corporate Governance Kodex erforderlich
? Beachtung wird auch nicht börsennotierten Gesellschaften empfohlen!!
Zu rechtlichen Bedenken zuletzt Spindler, NZG 2011,100.7
10. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft V. Geschäftsführer der GmbH im Besonderen
1. Bestellung (und Abberufung)
Bestellung (bedarf der Annahme) §§ 6 III, 46 Nr. 5
Bestellung ? Dienstvertrag (Problem: Geschäftsführer als Arbeitnehmer)
Vertretung
Im Zweifel Gesamtvertretung § 35
im Außenverhältnis nicht einschränkbar § 37 II (gilt nicht für Vor-GmbH)
§§ 181 BGB, 35 III GmbHG
vgl. hierzu BGHZ 87, 59 (§ 10 I 2 und Gläubigerschutz!)
organschaftliche Vertretungsmacht
Geschäftsführer/Prokurist als Gesamtvertretung ist nur zusätzlich möglich
Transparenz durch § 35a
Bedeutung für Rechtsscheinhaftung!
11. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft V. Geschäftsführer der GmbH im Besonderen
Geschäftsführung
a. Aufgaben. insbes. §§ 40, 41, 42a, 43 I, 49, 64, 84
Insolvenzantrag früher § 64 I a.F.; vgl. auch § 84 I Nr. 2 a.F. sowie StGB §§ 283 ff.
Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung
Nach MoMiG ergibt sich die unveränderte Pflicht künftig aus InsO § 15 a; überdies ggf. auch Pflicht der Gesellschafter und AR-Mitglieder Überschuldungsbilanz als Fortführungsbilanz bzw. Liquidationsbilanz (vgl. § 19 InsO; zweistufiger Überschuldungsbegriff);
3-Wochen-Frist
zur Haftung über BGB § 823II auf Quotenschaden (Altgläubiger) bzw. vollen Schaden (Neugläubiger) s. BGHZ 126, 181; 138, 211
zur Insolvenzverschleppung später mehr!
12. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft V. Geschäftsführer der GmbH im Besonderen
b. Weisungsgebundenheit im Innenverhältnis
folgt aus §§ 37 I, 38 I, 46 Nr. 5 und 6
schließt unvernünftiges Verhalten evtl. ein (aber Warnpflicht!),
nicht hingegen rechtswidriges, vgl. §§ 30, 43 III GmbHG, 15 a InsO
13. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft V. Geschäftsführer der GmbH im Besonderen
4. Zusammenfassung: Haftung des GmbH-Geschäftsführers
a. gegenüber GmbH
§§ 9a, 43 II, III, 57 IV betr. Kapitalschutz
§§ 43 II, 64 betr. u.a. Insolvenzantragspflicht
§§ 611, 280 BGB
b. gegenüber Dritten
§§ 11 II
§§ 823 II BGB, 15 a InsO; § 826 BGB
§§ 280, 241 II, 311 III BGB
beachte: § 30 GmbHG ist kein Schutzgesetz (Näheres später)!
14. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft VI. Gesellschafterversammlung bzw. Gesamtheit der Gesellschafter
§§ 45 ff.
1. Zuständigkeiten zwingend
Satzungsänderung § 53
Auflösung § 60 Unternehmensverträge, vgl.
Liquidatoren § 66
Nachschüsse § 26
2. weitere Zuständigkeiten der Gesellschafter
§ 46 (bitte lesen!)
3.
15. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft VI. Gesellschafterversammlung bzw. Gesamtheit der Gesellschafter
§§ 45 ff.
3. Verfahrensregeln und Minderheitenrechte
Einberufung §§ 49, 51 weitgehend zwingend
Minderheitenschutz § 50, trotz § 45 II
Auskunfts- und Einsichtsrecht §§ 51 a, b
beachte: Flexibilität bei Einverständnis aller Gesell-
schafter bzw. Einmann-GmbH
Beschlussfassung § 48 (Feststellung des Ergebnisses!)
Hierzu ganz aktuell BGH NJW 2006, 2044 zur sog. kombinierten Beschlussfassung (Beschluss in Versammlung und ergänzende schriftliche Stimmabgabe eines nicht erschienenen Gesellschafters nur zulässig, falls in Satzung vorgesehen) und hierzu kritisch K. Schmidt, NJW 2006, 2599: müsste bei Einstimmigkeit möglich sein!
16. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft VI. Gesellschafterversammlung bzw. Gesamtheit der Gesellschafter
§§ 45 ff.
4. Stimmrecht § 47
Grundsatz und Satzung
Ausschluss von Stimmrecht § 47 IV
Kriterium: Mitgliedschaftsposition/sonst. Interessen
? Fall zum Stimmrecht bei Martinek/Bergmann Fall 41
(zugleich zur Abberufung eines GF aus wichtigem Grund und zu § 15 HGB)
17. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft VII. Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Beschlüssen
1. Zustandekommen eines Beschlusses: ja/nein
Enthaltungen bleiben für Mehrheit außer Betracht
durch Feststellung durch Sitzungsleiter; regelmäßig erfolgt Protokollierung
2. §§ 243 ff., 249 AktG analog betr. Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage
Monatsfrist des § 246 AktG aber nicht zwingend BGH Z 111, 224, 226
3. bei zu Unrecht nicht festgestelltem oder zu Unrecht ablehnendem Beschlussinhalt ggf. Feststellungsklage (Anfechtungsklage nützt hier nichts bzw. genügt nicht); vgl. Roth/Altmeppen, GmbHG § 47 Rn. 131 ff.
Stand 15. 11. 2011
18. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft VIII. Hauptversammlung (HV) §§ 118 ff.
1. Rechte der HV §§ 119, 120
im Bereich der Geschäftsführung gemäß § 119 II extrem eng (anders als bei GmbH!)
vgl. aber ? BGHZ 83 ,122 Holzmüller, zur Ausgliederung (mindestens über 60 %!)
eingeschränkt durch BGH NJW 2004, 1860 Gelatine = BGHZ 159, 30
? BGHZ 153, 47 Macrotron, zum Delisting (Minderheitenschutz!)
2. Einberufung §§ 121 – 128
3. Durchführung der HV §§ 129 ff. (Vereinfachung durch UMAG)
19. § 4 Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft VIII. Hauptversammlung (HV) §§ 118 ff.
4. Stimmrecht §§ 133 ff.
Bevollmächtigung von Banken und Aktionärsvereinigungen,
speziell zum „Proxy-Voting“ (Bevollmächtigung eines von der der AG selbst benannten Vertreters!) s. §§ 134 III 5, 135 V;
Problematik der Höchststimmrechte (EuGH v. 23. 10. 07 – VW NJW 2007, 3481 – zu § 2 VW-Gesetz); für nicht börsennotierte AG vgl. § 134 I 2!
Ausschluss nach § 136
5. Zustandekommen eines Beschlusses
6. Anfechtung und Nichtigkeit von HV-Beschlüssen §§ 241 ff.; 243 ff. (s. bereits oben)
UMAG will Blockaden verhindern: §§ 246 a, 249
(Zur Problematik „räuberischer Aktionäre“ s. LG Frankfurt, ZIP 2007, 2034: § 826 BGB! Näher dazu Saenger Rn. 624 f.
7.Recht der HV auf Sonderprüfung und Geltendmachung von Ersatzansprüchen §§ 142, 147, 148; durch UMAG erleichtert (1 % genügt)!