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Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel (www.ruckriegel.org)

Behavioral Economics: Lehren für die Geld- und Währungspolitik R O M E Research On Money in the Economy Workshop Autumn 2012 Deutsche Bundesbank , Frankfurt/M . am 16. November 2012 - erweiterte Fassung vom 21. November 2012 -. Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel (www.ruckriegel.org).

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  1. Behavioral Economics: Lehren für die Geld- und WährungspolitikR O M EResearch On Money in the EconomyWorkshop Autumn 2012Deutsche Bundesbank, Frankfurt/M.am 16. November 2012- erweiterteFassungvom 21. November 2012 - Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel (www.ruckriegel.org)

  2. Neoklassik versus Behavioral Economics – eine grundlegende Kontroverse Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  3. Neoklassik (Annahmen über das Verhalten von Menschen und daraus zu ziehende Folgerungen) „Der ökonomische Mainstream „basierte auf der Überzeugung, dass freie, unregulierte Finanzmärkte Wachstum und Wohlstand steigern und Innovationen auf den Finanzmärkten dazu beitragen, dass sich die Realität immer stärker an das Paradigma effizienter Märkte, dem neoklassischen Ideal friktionsloser Märkte annähert mit einer breiten, weltweiten Risikostreuung. … Rationale, vorausschauende Akteure sorgen vielmehr dafür, dass auf den Kapitalmärktenkeine Blasenbildung entstehen kann.“ Gerhard Illing, 2011, S. 37 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  4. Zur Österreichischen Schule (Neoliberalismus):Nachtwächterstaat (politische Folgerungen für das Staatsverständnis basierend auf der Neoklassik) „Die Ordnungstheorie von Ludwig von Mises„kreist zentral um die Frage, wie eine Welt autonomer Akteure aussieht, welche durch unbehinderte Handlungen miteinander interagieren. … Immer ist es Mises ein Anliegen zu zeigen, dass jeglicher Eingriff in die Handlungsautonomie der Individuen zu Wohlstandseinbußen führt und außerdem weitere Eingriffe in Form der Interventionsspirale nach sich zieht. Die marktlichen Ergebnisse freiwilligen Tausches sind für Mises somit nicht von außen verbesserungsfähig.“ Stefan Kolev, 2012, S. 50 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  5. „Die globale Finanzkrise erschütterte das Vertrauen in den Marktmechanismus als stabiles, selbst-regulierendes System. Unter Ökonomen entbrannte eine vehementer Streit nicht nur um die angemessene Politikreaktion, sondern auch über das konkrete Paradigma zur Diagnose der Finanzkrise. So griff Paul Krugmanin einem Beitrag für die New York Times „HowDid Economics GetIt So Wrong“ (2009) massiv die Vertreter der modernen Makroökonomie an und bezeichnete die Forschung der letzten 60 Jahre als nutzlose, ja gefährliche Fehlentwicklung.“ Gerhard Illing, 2011, S. 39 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  6. „Much oftheabovereasoning (thatmarketsworkefficiently, KR), however, isbased on theprincipleof rational behaviorasopposedto a herdmentalityormasspsychology… The existenceofspeculativebubblessuggeststhatmarketsreacttowhat Alan Greenspan called „irrational exuberance“ andwhat Keynes referredtoas „animalspirits“. … Such viewscouldleadtoirrational wavesofoptimismandpessimism. … Faith in marketsis fundamental toeconomicgrowth in mostoftheworldandthefinancialcrisishasshakenthisfaithtothecore.“ Mankiw/Taylor, 2010, S. 822, 828. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  7. „Die moderne Ökonomik würde sich gern hinsichtlich ihrer grundlegenden Rational-Modelle auf den Standpunkt stellen, dass es sich bei diesen um Idealisierungen realer Sachverhalte handelt. Das Gegenteil ist aber der Fall. … Eine besondere Beratungskompetenz des Ökonomen in Fragen der praktischen Wirtschaftspolitik kann insoweit nicht auf die Kenntnis des Rationalmodellsgestützt werden.“ Werner Güth/ Hartmut Kliemt, 2011, S. 258f und 250 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  8. Behaviroal Economics: einige grundlegende Überlegungen Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  9. Die „Homo oeconomicus“Annahme der „neoklassischen“ Ökonomie

  10. Ein Homo oeconomicus ist ein „Konstrukt“ (Annahme/Fiktion), das vollkommen rational denkt, absolut willensstark („zeitkonsistent“) ist und rein egoistisch seinen Nutzen/ Gewinn maximiert. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  11. Die „Erfindung“ des „homo oeconomicus“ geht auf das Werk Leon Walras (1834-1910) in der zweiten Hälfte des 19. Jhr. zurück. Dieses Konstrukt (Annahme/Fiktion) war notwendig, um mathematische Gesetzmäßigkeiten aus der Physik auf die Wirtschaftübertragen zu können. „Mit seiner Bereitschaft, zugunsten der mathematischen PrognostizierbarkeitAbstriche an der Wirklichkeitsnähe hinzunehmen, etablierte Walras eine Vorgehensweise, der im folgenden Jahrhundert viele Ökonomen folgen sollten.“ Eric Beinhocker, Die Entstehung des Wohlstands, 2007 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  12. Was sagt der Psychologe und Nobelpreisträger (Wirtschaftswissenschaften 2002) Daniel Kahneman zum Homo oeconomicus (2003)? Daniel Kahneman verweist hier darauf, dass er seine erste Begegnung mit den „psychologicalassumptionsofeconomics“ Anfang der 70er Jahre hatte, als Bruno Frey in einem Artikel schrieb, dass „theagentofeconomictheoryisrationalandselfish, andthathistastes do not change“, wobei er als Psychologe davon kein Wort glauben konnte („not tobelieve a wordofit“). Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  13. “The core theory used in economics builds on a simple but powerful model of behavior. Individuals make choices so as to maximize a utility function, using the information available, and processing this information appropriately. Individuals`preferences are assumed to be time-consistent, affected only by own payoffs, and independent of the framing of the decision. Laboratory experiments in both the psychology and the economics literature raise serious questions about this assumptions.” Stefano DellaVigna, Psychology and Economics: Evidence from the Field, in: Journal of Economic Literature, Vol. 47/2, Juni 2009, S. 315. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  14. Was sagt Isaac Newton? „Ich kann die Bewegung der Himmelskörper berechnen, nicht aber die Tollheit der Menschen.“ Sir Isaac Newton Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  15. Was sagt Emile Durckheim (Begründer der Wirtschafts-Soziologie) „Ist die Anwendung von Abstraktionen nicht ein legitimes Mittel in der Ökonomie? Ohne Zweifel – nur sind nicht alle Abstraktionen gleichermaßen korrekt. Eine Abstraktion besteht in der Isolierung eines Teils der Realität, nicht indem man sie verschwinden lässt.“ Emile Durckheim, 1887 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  16. Was sagt Gustav von Schmoller? „Ich wollte die Volkswirtschaftslehre von falschen Abstraktionen durch exakte historische, statistische, volkswirtschaftliche Forschung befreien, aber doch stets zugleich generalisierender Wirtschaftstheoretiker soweit bleiben, als wir nach meiner Überzeugung heute schon dazu festen Grund unter den Füßen haben. Wo solcher mir zu fehlen scheint, da habe ich auch im Grundriß lieber nur die Tatsachen beschrieben und einige Entwickungstendenzen angedeutet, als luftige Theorien aufgebaut, die mit der Wirklichkeit nicht in Fühlung stehen, bald wieder wie Kartenhäuser zusammenfallen.“ Gustav von Schmoller, Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre, Leipzig 1904, S. VI. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  17. Was sagen Karl Sigmund (Wien), Ernst Fehr (Zürich), Martin A. Nowak (Princeton/Harvard), 2006? „Lange Zeit haben Wirtschaftstheoretiker ein Retortenwesen namens Homo oeconomicus zur Grundlage ihrer Überlegungen gemacht … Diese Kreatur hat sich mittlerweile als unhaltbare Fiktion erwiesen.“ Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  18. Und was sagt die Deutsche Bundesbank? Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  19. „Die Erkenntnisse der BehavioralFinance(einem Spezialgebiet der Bahaviroal Economics, Anmerk. KR) Forschung können grundsätzlich wichtige Anregungen für den Gesetzgeber liefern, den Anlegerschutz durch eine geeignete Regulierung zu verbessern. Die verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse ermöglichen eine bessere Einschätzung der Verhaltensmuster von Wirtschaftsakteuren und zeigen mögliche Gründe auf, warum das tatsächliche Verhalten bei Anlageentscheidungen vom idealisierten Anlegerverhalten der klassischen Finanztheorie abweicht. Trotzdemorientieren sich die regulatorischen Überlegungen zum Finanzverbraucherschutz häufig am Leitbild des aus der klassischen Finanztheorie stammenden Homo Oeconomicus. … „„Unser Leitbild ist der gut informierte und zu selbstbestimmten Handeln befähigte und mündige Verbraucher …““ Vgl. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP … vom 26. Oktober 2009.“ Deutsche Bundesbank, Anlegerverhalten in Theorie und Praxis, Monatsbericht Januar 2011, S. 47 und 57f. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  20. „Die Vorstellung eines wohl informierten, nur auf den eigenen Nutzen bedachten und voll kommen rational handelnden Homo Oeconomicus wird bei verhaltenswissenschaftlichen Ansätzen somit fallen gelassen. … Jedoch hat nicht zuletzt die jüngste Finanzkrise gezeigt, dass diese Modelle (Modelle der klassischen Finanztheorie, die auf der Annahme rationaler Investoren bzw. effizienter Märkte fußen, Anmerk,. KR) oft nur einen begrenzten Erklärungsgehalt bieten können, da das Verhalten von Finanzmarktakteurennicht oder nur unzureichend mit der klassischen Finanzmarkttheorie erklärt werden kann. Deutsche Bundesbank, Anlegerverhalten in Theorie und Praxis, Monatsbericht Januar 2011(a), S. 46 f. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  21. Im Einzelnen stellen sich vier Fragen: • Ist der Mensch rational? • Ist der Mensch willensstark (zeitkonsistent) • Ist der Mensch egoistisch? • Macht es Sinn zu maximieren? (im Einzelnen hierzu Ruckriegel, 2011) Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  22. Ist der Mensch rational? Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  23. „Die Definition von Rationalität als Kohärenz ist in einer wirklichkeitsfremden Weise restriktiv; sie verlangt die Einhaltung von Regeln der Logik, die ein begrenzter Intellekt nicht leisten kann.“ Daniel Kahneman, Schnelles Denken, langsames Denken, München 2012, S. 508f Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  24. „Die Leistungsfähigkeit des menschlichen Verstandes ist sehr klein im Vergleich zur Größe und Komplexität der Probleme, die in der realen Welt bei objektiv rationalem Verhalten – oder zumindest annähernd objektiv rationalem Verhalten – zu formulieren und zu lösen sind.“ Herbert Simon, 1951, zitiert nach Richter/Furubotn, 2010, S. 192 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  25. „Die These von der Rationalität des Menschen wirft allerdings ein Problem auf: Sie ist schlichtweg falsch. Unser Gehirn funktioniert anders. Und es sieht so aus, als wären wir nicht zum rationalen Denken geboren. … Seit Platon wir die rationale Welt als Reich der Vollkommenen gepriesen, in der … Gleichungen und empirische Beweise herrschen. In diesem Paradies, so die Verheißung, gerade keiner wegen Kreditkarten in die Schuldenfalle oder nehme eine Hypothek auf, die in den Ruin führt. Statt Voreingenommenheit und Vorurteilen zählten allein kalte, harte Fakten. DAS IST UTOPIA, VON DEM PHILOSOPHEN UND VOLKSWIRTSCHAFTLER TRÄUMEN (Hervorhebung KR). Allerdings erweist sich der neue Fachbereich, der sich – auf der Grundlage der Hirnforschung – mit dem Entscheiden befasst, gerade da als besonders interessant, wo seine Ergebnisse dem landläufigen Wissen widersprechen. Vermeintliche Erkenntnisse erweisen sich als Mutmaßungen, unbewiesene Hypothesen oder reine Spekulation.“ Jonah Lehrer, Wie wir entscheiden, 2009 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  26. „Infolge von Philosophen wie Descartes und Kant, d.h. der „Aufklärung“, wurde der denkende Geist, die moralisch aufgeladene Vernunft, das „Bewusstsein“ als das Nonplusultra des Menschen gesehen. „Die Hirnforschung zeigt uns dagegen, wie sehr wir von Gefühlen, unserem limbischen System, überhaupt von unserer Leibhaftigkeit abhängig sind, wie wir aus unserem Unterbewussten mit beeinflusst werden.“ Heiner Aldebert, 2010 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  27. Die Neoklassik zwängt ökonomische Zusammenhänge in das rigorose Korsett der formalen Aussagelogik, d.h. die (Home oeconomicus-) Annahmen bestimmen das Ergebnis (wenn sich die Menschen wie Homo oeconomici verhalten, dann folgend aus dieser Annahme ganz bestimmte Ergebnis). Die Deutsch Bank Research schreibt hierzu schlicht: „Die meisten ökonomischen Zusammenhänge lassen sich nicht in das rigorose Korsett formaler Aussagelogik pressen.“ Deutsche Bank Research, Homo Oeconomicus oder doch eher Homer Simpson?, Studie veröffentlicht am 30.4.2010 (www,dbresearch.de), S. 25. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  28. „Der Glaube an die Rationalität ist tief in der Wirtschaftswissenschaft verwurzelt. Introspektion – und mehr noch die Beobachtung meiner Kollegen – überzeugte mich davon, dass diese Annahme rationalen Handelns Unsinn war. Ich merkte schon bald, dass meine Kollegen auf eine irrationale Weise an der Annahme der Rationalitätfesthielten, und mir war klar, dass es nicht leicht sein würde, ihren Glauben daran zu erschüttern.“, Joseph Stiglitz, 2010 Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften 2001 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  29. “Moderne Wirtschaftswissenschaft muss auf einer realistischen Beschreibung menschlichen Verhaltens basieren – nicht wie bislang auf der Annahme, dass wir alle rational agieren.“ Paul Krugman, Interview mit dem Handelsblatt vom 11.1.2010 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de Seite 29

  30. „Das in der Wirtschaftstheorie vorherrschende Bild des ökonomischen Verhaltens geht von sehr starken Rationalitätsannahmen aus, die in der Realität nicht erfüllt sind. Wären die Wirtschaftssubjekte im Sinne der Wirtschaftstheorie voll rational, so könnte man die Märkte sich selbst überlassen, ohne dass es zu schwerwiegenden und lang anhaltenden Ungleichgewichten kommen kann. Dieser Stabilitätsoptimismus ist nicht gerechtfertigt. Die Wirtschaftstheorie muss zu einem realistischen Bild des menschlichen Verhaltens vordringen. Hierzu ist viel empirische und experimentelle Forschung nötig.“ so der deutsche Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften Reinhard Selten in seinem Statement im Spiegel vom 10.11.2008. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  31. Lesenswert ist auch das neue Buch des (früheren) HedgefondsmanagersGeorge Soros (2012, S. 7f), der bezogen auf die Homo oeconomicus basierten Theorien der Markteffizienz und der rationalen Erwartungen von "Glaubensbekenntnissen" spricht, die dem Marktfundamendalismus zugrunde liegen. "Leider ist der grundlegende Lehrsatz des Marktfundamentalismus schlicht und einfach falsch.“ so Soros Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  32. „ … das weite Feld der irrationalen Entscheidungen und Heuristiken (ist) bisher theoretisch nicht zufriedenstellend modelliert worden.“ Ernst Fehr, 2011, S. 35. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  33. „Your company has been operating on the premise that people – customers, employees, managers – make logical decisions. It`s time to abandon that assumption.“ Dan Ariely, „The End of Rational Economics“, Harvard Business Review, Ausgabe Juli/August 2009 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de Seite 33

  34. Warum wir (oftmals) nicht (sehr) rational sind/handeln Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  35. Zu den – aus Sicht des Homo oeconomicus - systematischen Fehlern kommt es, weil Menschen in zwei Systemen , im sog. Dualen Handlungssystem denken: Einem intuitiv-automatischen (System 1 nach Kahneman, 2012) und einem reflektiv-rationalen (System 2 nach Kahneman, 2012). Ersteres ist unkontrolliert, mühelos, assoziierend, schnell, unbewusst und erlernt, letzteres ist kontrolliert, angestrengt, deduzierend, langsam, bewusst und regelgeleitet. Systematische Entscheidungsirrtümer ergeben sich aus dem Zusammenspiel dieser beiden Systeme (Ariely, 2008, 2009, 2010; Myers, 2010, Thaler/Sunstein, 2008, Kahneman 2012). Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  36. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  37. „Die meisten Eindrücke und Gedanken tauchen in unserem Bewusstsein auf, ohne dass wir wüssten, wie sie dorthin gelangen.“ „.. das assoziative Gedächtnis, der Kern von System 1, (konstruiert) fortwährend eine kohärente Interpretation dessen …, was zu jedem beliebigen Zeitpunkt in unserer Welt geschieht.“ „In System 1 entstehen spontan die Eindrücke und Gefühle, die die Hauptquelle der expliziten Überzeugungen und bewussten Entscheidungen von System 2 sind. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  38. „System 1 generiert fortwährend Vorschläge für System 2: Eindrücke, Intuitionen, Absichten und Gefühle. Wenn Eindrücke und Intuitionen von System 2 unterstützt werden, werden sie zu Überzeugungen, und Impulse werden zu willentlich gesteuerten Handlungen. Wenn alles glattläuft, was meistens der Fall ist, macht sich System 2 die Vorschläge von System 1 ohne größere Modifikationen zu eigen.“ „Die höchst vielfältigen Aktivitäten von System 2 haben ein Merkmal gemeinsam: Sie erfordern Aufmerksamkeit und sie werden gestört, wenn die Aufmerksamkeit abgezogen wird.“ „Selbstkontrolle und bewusstes Denken schöpfen anscheinend aus dem gleichen begrenzten Budget mentaler Arbeitskraft.“ Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  39. „System 1 ist geschickt darin, eine kohärente kausale Geschichte zu konstruieren, welche die ihm zur Verfügung stehenden Wissensfragmente miteinander verknüpft.“ Wenn System 1 unsicher ist, wettet es auf eine Antwort, und die Wetten werden von unserem bisherigen Erfahrungen bestimmt. … Jüngste Ereignisse und der gegenwärtig Kontext haben das größte Gewicht. … Bewusste Zweifel gehören nicht zum Repertoire von System 1.“ „Wenn System 2 anderweitig beschäftigt ist, glauben wir fast alles. System 1 ist leichtgläubig und neigt dazu, Aussagen für wahr zu halten; System 2 ist dafür zuständig, Aussagen anzuzweifeln und nicht zu glauben, aber System 2 ist manchmal beschäftigt und oft faul.“ Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  40. „Das Erfolgskriterium von System 1 ist die Kohärenz der Geschichte, die es erschafft. … System 1 ist völlig unempfindlich für die Qualität und Quantität der Informationen, aus denen Eindrücke und Intuitionen hervorgehen.“ Daniel Kahneman, 2012. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  41. Zu den „Denkfehlern“ im Einzelnen: Aus der Psychologie ist bekannt, dass menschliches Entscheidungen 1. mehr oder minder beeinflusst werden von • Biases(systematische Fehler aufgrund einer verzerrten Verarbeitung verfügbarer Informationen); • Heurisitics (Nutzung von einfachen Daumen- oder Faustregel, um Entscheidungen zu treffen); • Ankereffekte (willkürliche Anker beeinflussen unsere Entscheidung) • Loss Aversion (Streben nach Verlustvermeidung); • Framingeffects (Art der Präsentation/Beschreibung der Entscheidungsalternativen beeinflusst die Entscheidung); und 2. systematischen emotionalen Erwartungsirrtümern unterliegen • Entscheidungs- vs. Erfahrungsnutzen- vs. erinnerter Nutzen • Anpassung Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  42. Confirmationbias(Menschen achten zu stark nur auf Informationen, die ihre bisherige Meinung stützen, da sie nur ungern ihre Auffassungen ändern – sog. Problem der „kognitiven Dissonanz“); Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  43. Das Streben nach Kohärenz führt im Einzelnen zu: • Hartnäckigkeit der ersten Hypothese und Beharren auf Überzeugungen, • fehlenden Bemühungen um Falsifikationen, • Ignorieren widersprechender Belege und Blindheit gegenüber eigenen Fehlern, • verfälschender Erwartungshaltung. Ulrich Frey, Johannes Frey, Fallstricke – Die häufigsten Denkfehler in Alltag und Wissenschaft, 2009 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  44. „Contrarytotherulesofphilosophersofscience, whoadvisetestinghypothesisbytryingtorefutethem, people (andscientists, quiteoften) seekdatathatarelikelytobecompatiblewiththebeliefstheycurrently hold.“ Daniel Kahneman, 2011, S. 81 „Wir bringen unsere kognitive Dissonanz durch eine selbst auferlegte Ignoranz zum Schweigen.“ (Lehrer, 2009) Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  45. "Ich habe falsch gelegen mit der Annahme, dass Organisationen aufgrund von Eigeninteresse ihre Aktionäre und ihr Firmenkapital am besten schützen können.„ Alan Greenspan, Oktober 2008 (Hearing vor dem US-Repräsentantenhaus) Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  46. „Henry Waxman summed up: „In other words,“ he said, „you found that your view of the world, your ideology, was not right. It was not working.” „Precisely,“ answered Greenspan. „hat `s precisely the reason I was shocked, because I had been going for forty years or more with the very considerable evidence that it was working exceptionally well.” … “The whole intellectual edifice collapsed in the summer of the last year” Greenspan admitted at the October 2008 hearing.” Justin Fox, The Myth of the Rational Market, New York 2009, S. xi f (introduction). Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  47. “Greenspan struggled to explain what had gone wrong because the intellectual edifice around which he had built his thinking simply didn´t allow room for events of the preceding fourteen months. This was the edifies of rational market theory. The best-known element of rational market theory is the efficient market hypothesis, formulated at the University of Chicago in the 1960s with reference to U.S. stock markets. … Financial markets possessed a wisdom that individuals, companies, and governments did not.” Justin Fox, The Myth of the Rational Market, New York 2009, S. xiii (introduction). Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  48. „Nach einer kurzen Schockphase, in der die Politik ihr Langzeitgedächtnis aktivierte und mit Banken- und Konjunkturpaketen die Fehler der damaligen Zeit vermeiden wollte, setzte schon ab dem Frühjahr 2009 der Prozess von Verleugnung und Verdrängung ein: Das ausgerechnet die als am wenigsten reguliert geltenden Märkte systematisch falsche Preise generieren, wollte und konnte man nicht wahrnehmen. Eine solche Einsicht hätte das gesamte Weltbild von Finanzmärkten obsolet gemacht, das in 40 Jahren mit großem Aufwand restauriert worden war.“ Stephan Schulmeister, 2012, S. 7 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  49. US-Präsident Bush 2002: „Wir werden diese Typen jagen, bis wir sie haben, Terrorismus gegen unsere Nation hat keine Chance.“ Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

  50. „Berater des Präsidenten ließen zunehmend entnervt an die Presse durchsickern, wie ihr Chef, unbeeindruckt von Fakten, von Einwänden, von strategischen Überlegungen und Feinheiten, seine Spur zog. Sein Zorn hatte sein Denken zu einem Tunnel gemacht. „Bush hatte diese bizarre, messianische Idee davon, was Gott ihm aufträgt zu tun.“ Der Spiegel vom 13.2.2010, S. 67 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg www.ohm-hochschule.de

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