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SchülerInnen mit Migrationshintergrund im deutschen Schulsystem. Özcan Mutlu, MdA. Die Einwanderungsstadt Berlin. Berlin ist eine Einwanderungsgesellschaft, deren Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten ethnisch, kulturell und religiös immer vielfältiger geworden ist.
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SchülerInnen mit Migrationshintergrund im deutschen Schulsystem Özcan Mutlu, MdA
Die Einwanderungsstadt Berlin • Berlin ist eine Einwanderungsgesellschaft, deren Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten ethnisch, kulturell und religiös immer vielfältiger geworden ist. • 13.3 % der 3.39 Millionen Einwohner sind nicht deutscher Herkunft. • Die erhöhte Vielfalt stellt Chancen, aber auch Herausforderungen dar.
SchülerInnen mit Migrationshintergrund in Berlin • Anteil der 0 bis 25-Jährigen mit Migrationshintergrund ca. 35%. • 2010 wird die Hälfte der jugendlichen Bevölkerung aus Einwanderfamilien stammen.
Soziale Segregation mit ethnischer Segregation eng verbunden • Gymnasium: hoher sozialer Status der Eltern – niedriger Migrantenanteil: 13,9% (im Gegensatz zu 32,3% ohne Migrationshintergrund). • Hauptschule: niedriger sozialer Status der Eltern – hoher Migrantenanteil: 43,8% (im Gegensatz zu 18,6% ohne Migrationshintergrund).
Bildungsverläufe • Große Unterschiede im Bildungsstand zwischen SchülerInnen mit und ohne Migrationshintergrund. • Häufigere Verzögerungen in der Schullaufbahn, besonders bei SchülerInnen mit türkischem Migrationshintergrund. • Grundschulkinder mit Migrationshintergrund haben die höchsten Wiederholeranteile. Allgemein ist die Zahl der Klassenwiederholer mit Migrationshintergrund höher als die ohne Migrationshintergrund.
Bildungsverläufe • SchülerInnen aus Familien ohne Migrationshintergrund haben eine vier mal bessere Chance eine höhere akademische Schullaufbahn zu absolvieren. • Der Anteil an SchülerInnen, die ohne jeglichen Abschluss die Schule verlassen, ist bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund drei mal höher. • Die Arbeitslosenquote bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund (bis 25 Jahre) liegt bei 49%. Zum Beispiel waren im Jahre 2005 von den 35000 Ausbildungsplätzen in Berlin lediglich 450 von Auszubildenden türkischer Herkunft besetzt.
Bildungsabschluss im Verhältnis zur Bevölkerung des gleichen Alters (2004)
SchülerInnen mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem • Kinder mit Migrationshintergrund sind im Bildungssystem wesentlich weniger konkurrenzfähig als Kinder ohne Migrationshintergrund. • Berliner Bildungseinrichtungen sind scheinbar immer noch nicht auf die Heterogenität ihrer Schülerschaft eingestellt. • Nicht nur für die SchülerInnen, sondern auch für Berlin als Metropole ergeben sich durch die genannten Bildungsmisserfolge der SchülerInnen extreme ökonomische Nachteile.
Zentrale Einflussfaktoren • Sprachdefizite • Wohnort, bzw. Dominanz der Muttersprache am Wohnort • Bildungsverlauf der Eltern (Eltern oft auf ihrem Bildungsweg gescheitert) • Sozialer Hintergrund • Milieus in denen Bildung unzureichend gefördert wird. • Fehlende Role-models • Fehlende Motivation bei Eltern, Lehrern...
Das dreigliedrige Schulsystem • dreigliedriges Schulsystem mit unterschiedlichen Leistungsanforderungen tragen zu Bildungsdifferenzen zwischen ursprünglich leistungsstärkeren und leistungsschwächeren SchülerInnen bei, Entwicklung der Letzteren wird beeinträchtigt. • SchülerInnen mit Migrationshintergrund gehören überproportional eben dieser Gruppe an, daher werden Unterschiede zwischen SchülerInnen mit bzw. ohne Migrationshintergrund im Bildungsverlauf größer.
Bildungssystem • Trotz hoher Einwanderungsgeschichte, die bis zu den Hugenotten reicht, ist das Bildungssystem immer noch monolingual und monokulturell ausgerichtet. • Die Realität der SchülerInnen mit Migrationshintergrund spiegelt sich nicht in Curricula, Lehrmaterial und Schulalltag wider. (nur wenige Ausnahmen, wie z.B. die deutsch-türkische Aziz-Nesin-Grundschule). • Fehlender muttersprachlicher Unterricht • Individuelle Förderung ist sehr schwach ausgeprägt (kaum Thema in der LehrerInnenausbildung).
Bedrohung durch negative Stereotype • Negative Stereotype, die eine geringe intellektuelle Leistungsfähigkeit und eine Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen verknüpfen, können sich negativ auf die Leistungen der stereotypisierten SchülerInnen auswirken. • Die Angst, aufgrund eines Stereotyps über die eigene soziale Gruppe negativ bewertet zu werden, beeinflusst die intellektuelle Leistungsfähigkeit und kann auch langfristig zu einer abnehmenden Identifikation mit Bildung führen.
Erwartungseffekte • Mitschüler, LehrerInnen und Eltern können sich negativ auf den Bildungsverlauf auswirken. Lehrerkräfte bestimmen größtenteils was und wie gelernt wird, ihr Verhalten kann Bildungsdiskrepanzen vergrößern oder verkleinern. • Untersuchungen zeigen, dass LehrerInnen SchülerInnen stigmatisierter Gruppen weniger zutrauen.
Reform des Bildungssystems • Abschaffung der Selektionsmechanismen • das dreigliedrige Schulsystem ist nach PISA, IGLU und anderen internationalen Studien zu hinterfragen. • Veränderung der soziokulturellen Zusammensetzung der Schulen unterstützen die Reduktion der Bildungsdifferenzen → Untersuchungen beweisen: heterogene Gruppen sind leistungsfördender als homogene Gruppen. • → Gemeinschaftsschule
Reform des Bildungssystems • Wir brauchen eine Bildungsoffensive: intensive Sprachförderung, Verbesserung der vorschulischen Förderung, Verbesserung der Lehr- und Lernbedingungen in den Schulen. • Reform der LehrerInnenausbildung. • Lebens- und Erfahrungswelt der SchülerInnen mit Migrationshintergrund müssen im Schulalltag, in Schulbüchern und in Rahmenplänen berücksichtigt werden. • Die Elternhäuser sind gefördert mehr Verantwortung für die Bildung ihrer Kinder zu übernehmen.
Reduzierung von negativer Stereotypisierung • Positive, nicht durch Stereotype beeinflusste Identitäten müssen gestärkt werden. • qualifizierte Lehrkräfte mit Migrationshintergrund und Unterrichtsmethoden des kooperativen Lernens und der Hervorhebung der Wertschätzung kultureller Vielfalt sind notwendig. • Beziehung zwischen einheimischen und eingewanderten Kindern muss gestärkt werden. • Schaffung eines positiven sozioemotionalen Klimas.
Bildungspolitik = Integrationspolitik • Eine gute Bildung ist das geistige Fundament für die Mitsprachemöglichkeit Aller an unserem Gemeinwesen. • Sie ist maßgeblich für die individuelle Persönlichkeitsentwicklung, leistet einen wesentlichen Beitrag zur Chancengerechtigkeit und Integration, ist elementare Demokratiestärkung und eine vorausschauende Wirtschaftsförderung.
„In einer erstklassigen Demokratie darf es keine Bürger zweiter Klasse geben!“ Martin Luther King
In einer zivilen Bürgergesellschaft darf es keine Zwei- und Mehrklassen - Bildung geben! Özcan Mutlu
Bibliographie • Baumert, Jürgen; Stanat, Petra; Watermann, Rainer: Schulstruktur und die Entstehung differenzieller Lern- und Entwicklungsmilieus. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006. • Konsortium Bildungsberichterstattung: Bildung in Deutschland, ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung und Migration. Bertelsmann Verlag GmbH, Bielefeld 2006. • Pisa-Konsortium Deutschland: PISA 2003 Der zweite Vergleich der Länder in Deutschland – Was wissen und können Jugendliche? Waxmann Verlag GmbH, Münster 2005. • Schofield, Janet Ward: Migrationshintergrund, Minderheitenzugehörigkeit und Bildungsserfolg, AKI- Forschungsbilanz 5, Berlin 2006.