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Rechtsfragen in der Büchereiarbeit Susanne Drauz – Ass.iur. Würzburg 02.02.2013

Rechtsfragen in der Büchereiarbeit Susanne Drauz – Ass.iur. Würzburg 02.02.2013. Aufbau Die Bibliothek und ihre Nutzer Die Bibliothek und ihr Träger Die Bibliothek und ihre Mitarbeiter Die Bibliothek und der Rest der Welt. Potentielle Nutzer Kinder Jugendliche Erwachsene

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Rechtsfragen in der Büchereiarbeit Susanne Drauz – Ass.iur. Würzburg 02.02.2013

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Presentation Transcript


  1. Rechtsfragen in der Büchereiarbeit Susanne Drauz – Ass.iur. Würzburg 02.02.2013

  2. Aufbau • Die Bibliothek und ihre Nutzer • Die Bibliothek und ihr Träger • Die Bibliothek und ihre Mitarbeiter • Die Bibliothek und der Rest der Welt

  3. Potentielle Nutzer • Kinder • Jugendliche • Erwachsene • Unternehmen • Schulen • Soziale Einrichtungen

  4. Nutzergruppen • Natürliche Personen (Kinder, Jugendliche, Erwachsene) • Juristische Personen (Unternehmen, Schulen, soziale Einrichtungen)

  5. Nutzungsverhältnisse • Juristische Personen • Kinder • Jugendliche

  6. Kinder als Nutzer – juristischer Hintergrund • § 106 BGB: Ein Minderjähriger, der das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist nach Maßgabe der §§ 107 bis 113 in der Geschäftsfähigkeit beschränkt. • § 107 BGB: Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.

  7. Kinder als Nutzer – juristischer Hintergrund Merke: Die Wirksamkeit von Willenserklärungen hängt von derEinwilligung bzw. Genehmigung des oder der Erziehungsberechtigten ab. (vgl. §107 BGB)

  8. Kinder als Nutzer– juristischer Hintergrund • §110 BGB: Ein von dem Minderjährigen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschlossener Vertrag gilt als von Anfang an wirksam, wenn der Minderjährige die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind. Taschengeld-Paragraph

  9. Kinder als Nutzer– Konsequenzen • Taschengeld reicht vielleicht für die Mahnung • aber was ist bei Totalverlust, Zerstörung • In den seltensten Fällen verfügen Minderjährige • bereits über die entsprechenden Vermögenswerte, • um die begründeten Forderungen auch erfüllen zu • können. Spätestens im Rahmen der Zwangsvoll- • streckung drohen die Gläubiger leer auszugehen. • Die Rechtsprechung gibt dem Gläubiger einen • eleganteren Weg vor. Einen Direktanspruch gegen • beide Eltern aus Vertrag zugunsten Dritter.

  10. Kinder als Nutzer – Vertrag zu Gunsten Dritter • „Eins“ und „Zwei“ sind die Leute, die miteinander einen Vertrag schließen. Die Vorteile daraus hat der lachende „Dritte“  • Beispiele: Flugticket nach New York – Behandlungsvertrag • mit dem Krankenhaus – Bestellung Kindergeburtstag bei • Ronald MacDonald • verpflichtet „Eins“ bzw. „Zwei“ • gewährt eigene Rechte des „Dritten“ Wenn etwas schief • läuft, dann hat der „Dritte“ selbst Rechte, die er • einfordern kann • Diese Konstruktion schützt den Dritten vor eigenen • Pflichten = durch das Geschäft erlangt der „Dritte“ • lediglich rechtliche Vorteile

  11. Kinder als Nutzer – Konsequenzen • Bei minderjährigen Lesern sollte man sich daher nicht mit einfachen Daten begnügen, sondern im Hinblick auf die später beabsichtigte Rechnungsstellung, Namen, Vornamen, Familienstand und Anschrift beider Elternteile geben lassen. Die Verfügbarkeit dieser Daten erleichtert im Zweifel auch die Rechtsverfolgung ungemein. • Da die Eltern als Gesamtschuldner haften, hat der Gläubiger ein Wahlrecht, welchen Elternteil er in Anspruch nehmen will. Denn jeder Elternteil haftet bis zur vollen Begleichung des Rechnungsbetrages für den Gesamtbetrag.

  12. Kinder als Nutzer – Sonderfall • § 104 BGB: Geschäftsunfähig ist: 1. wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, 2. wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.

  13. Kinder als Nutzer – Konsequenzen des Sonderfalls • Vertrag zu Gunsten Dritter ist keine Lösung • Begründung: „uneingeschränkt geschäftsunfähig“ schließt eigene Rechte auch als Dritter aus.

  14. Kinder als Nutzer – Sonderfall: Lösung • Tiefer Griff in die juristische Trickkiste – wenn die Definition das gewünschte Ergebnis ausschließt, dann wird eine „Begriffsmutation“ gebildet. • Lösung: • Unechter Vertrag zu Gunsten Dritter • Was ist das? • nur ein kleiner Unterschied zum (echten) Vertrag zu Gunsten Dritter: • gewährt keine eigene Rechte des „Dritten“ Wenn etwas schief läuft, dann kann „Eins“ oder „Zwei“ die verletzten Rechte einfordern.

  15. Die unmittelbare juristische Grundlage für die Bibliothek und den Nutzer • Das Verhältnis Bibliothek und Nutzer nennt man Vertrag • die AGBs dieses Vertrages stehen in der Benutzungsordnung

  16. Abgrenzungen: • 1. Satzung • autonome (selbst gegebene) Satzung einer Gemeinde zur Regelung ihrer Selbstverwaltungsaufgaben, soweit keine gesetzlichen Vorschriften entgegen stehen. Die Gemeindesatzung ist Rechtsnorm und im Gemeindegebiet für alle Normadressaten verbindlich (z.B. Bebauungsplan, Gebührensatzung). Überdies muss eine Satzung als amtliche Bekanntmachung veröffentlicht werden. • Zuständig: Rat der Kommune / Senat oder • Verwaltungsrat der Hochschule – wer ist Träger?

  17. 2. Benutzungsordnung • ist eine benutzungsregelnde Allgemein- verfügung • gilt nur für die Benutzer der Einrichtung. (Die Satzung gilt für alle Mitglieder der Gemeinde.)

  18. Kontrahierungszwang • Erklärungsversuch über das Gegenteil: Vertragsfreiheit • der Bäcker entscheidet selbst, ob er Ihnen eine Bretzel verkaufen möchte • Kontrahierungszwang, wenn • zumindest teilweise mit öffentlichen Mittelngetragen • allgemeines Versorgungsbedürfnis – Ausflussaus Art. 20, 28 GG

  19. Benutzungsordnungen • dienen der inhaltlichen Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Nutzungsverhältnisses zwischen der Einrichtung und dem Nutzer, der die Dienste der Einrichtung in Anspruch nimmt.

  20. Juristische Klarheiten • Benutzungsordnungen • Als verbindliches Regelungswerk für das Nutzungsverhältnis sollten die Benutzungsordnungen alle Rechte und Pflichten der Beteiligten, Zuständigkeiten und insbesondere die Ermächtigungsgrundlagen für hoheitliche Sanktionen, wie etwa den Ausschluss eines Nutzers wegen missbräuchlicher Nutzung, beinhalten.

  21. Benutzungsordnungen • Werden regelmäßig entweder als Satzungen durch den Rat (der Kommune) oder als Verwaltungs- normen in Form sog. Allgemeinverfügungen durch den Leiter der Einrichtung erlassen. • Für die rechtliche Einordnung als Rechtsnorm oder Verwaltungsnorm ist die Benennung des Regelungswerks als „Benutzungsordnung“, „Nutzungsrichtlinien“ etc. unerheblich. Die rechtliche Bewertung richtet sich ausschließlich nach der Rechtsqualität der Nutzungsregeln.

  22. Benutzungsordnungen • Die Benutzungsordnung kann auch als Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung durch den Leiter der Einrichtung erlassen werden. Hierzu muss jedoch eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage in einer höherrangigen, allgemeinen Nutzungsordnung enthalten sein, die ihrerseits als Satzung (= Rechtsnorm) ergehen muss. Nach dieser Ermächtigungsgrundlage richtet sich auch der Inhalt und Umfang einer Ordnung, die vom Leiter der Einrichtung als Verwaltungsakt erlassen werden kann.

  23. Die Grenzen der Benutzungsordnung Wesentlichkeitstheorie • Die Wesentlichkeitstheorie wurde vom Bundesverfassungsgericht entwickelt und besagt, dass im Bereich der untergesetzlichen Normsetzung „wesentliche Entscheidungen“ durch das Parlament selbst getroffen werden müssen. • Grundlage der Theorie ist die Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes

  24. Neben Satzung und Benutzungsordnung… • Was sonst noch eine Rolle spielt: • Datenschutzbestimmungen • Altersbeschränkungen z.B. – FSK Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft • Zensurverbot • Schadenersatz gemäß BGB

  25. Schadensersatz – der Fall, den die Nutzungsordnung nicht regeln muss… • Schäden an Nutzern • Aufsichtspflichten • Verkehrssicherungspflichten • Schäden durch Nutzer • Deliktische Haftung erst ab 14

  26. FSK – Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft • Jugendschutzgesetz •  und • FSK-Grundsätze

  27. FSK – Verbot der Abgabe an Personen unterhalb der Altersfreigabe Steht nicht zur Disposition der Sorgeberechtigten • - keine Ausleihe mit „schriftlicher Erlaubnis“ • Kind als Bote gleichwohl möglich • „schriftliche Erlaubnis“ kann ausgelegt werden als Anweisung Ausleihe Konto des Sorgeberechtigten • Juristischer Merksatz: Ist das Kind auch noch so klein, so kann es doch schon Bote sein.

  28. Zensurverbot – Rezipientenfreiheit • das Sich-informieren-Dürfen des Konsumenten • betrifft sowohl die schlichte Informationsaufnahme als auch die aktive Informationsbeschaffung. • ungehindert bedeutet: frei von rechtlich angeordneter oder faktisch verhängter staatlicher Abschneidung, Behinderung, Lenkung, Registrierung und sogar "frei von unzumutbarer Verzögerung" Bundesverfassungsgericht 1969 im Fall "Leipziger Volkszeitung" (BVerfGE 27, 71). • Eine Sperrung von bestimmten Inhalten ist somit nicht verfassungskonform.

  29. Zensurverbot – Rezipientenfreiheit • das Sich-informieren-Dürfen des Konsumenten • Einschränkung der Rezipientenfreiheit ist der Jugendschutz in Deutschland • z.B. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft • Welche Einschränkungen kennen Sie noch?

  30. Wer kann Träger sein? • Kommune • Körperschaft des öffentlichen Rechts • Kirche • Land • Bund • Privatrechtlicher Träger • Fehlt jemand?

  31. Gebührenrecht • Was ist eine Gebühr? • BVerfGE 50, 217 [226] • Eine Gebühr ist eine öffentlich-rechtliche Geldleistung, die aus Anlass individuell zurechenbarer, öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner (durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahme) einseitig auferlegt wird und dazu bestimmt ist, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken. • Trifft das auf die Leih-, Mahn- oder Säumnisgebühren zu?

  32. Um die Ecke denken und Haare spalten

  33. Problem § 27 UrhG - Vergütung für Vermietung und Verleihen (2) Für das Verleihen von Originalen oder Vervielfältigungs--stücken eines Werkes, deren Weiterverbreitung nach § 17 Abs. 2 zulässig ist, ist dem Urheber eine angemessene Ver-gütung zu zahlen, wenn die Originale oder Vervielfältigungs-stücke durch eine der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung (Bücherei, Sammlung von Bild- oder Tonträgern oder anderer Originale oder Vervielfältigungsstücke) verliehen werden. Verleihen im Sinne von Satz 1 ist die zeitlich begrenzte, weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienende Gebrauchsüberlassung; § 17 Abs. 3 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.

  34. Folge: Bibliothekstantieme • Zur Abgeltung dieser Verpflichtung wird die sogenannte Bibliothekstantieme bezahlt. • Das berechtigt die Bibliotheken dazu, zu verleihen.

  35. Legaldefinition „Leihe“ • § 598 BGB Vertragstypische Pflichten bei der Leihe • Durch den Leihvertrag wird der Verleiher einer Sache verpflichtet, dem Entleiher den Gebrauch der Sache unentgeltlich zu gestatten. • Abgrenzung zur Miete – hierfür wird ein „Mietzins“ erhoben

  36. Folge: • Die Ausleihe in einer Bibliothek ist grundsätzlich gebührenfrei.

  37. Rettung naht: § 604 BGB Rückgabepflicht (1) Der Entleiher ist verpflichtet, die geliehene Sache nach dem Ablauf der für die Leihe bestimmten Zeit zurückzugeben.

  38. Sondernutzung „Überziehung der Leihfrist“ • Wer mehr nutzt als alle anderen dürfen, von dem kann eine Sondernutzungsgebühr erhoben werden.

  39. Das Überziehen der Leihfrist ist auf zwei Arten möglich: • durch erlaubte Sondernutzung = Verlängerung • durch unerlaubte Sondernutzung = Mahnfall

  40. Sondernutzung „Reservierung / Vormerkung“ Wer mehr Leistung will als alle anderen, von dem kann eine weitere abweichende (=höhere) Gebühr für den Verwaltungsaufwand erhoben werden.

  41. Sondernutzung „Bestseller“? Zulässigkeitsvoraussetzungen? Argumente?

  42. Sondernutzung „Bestseller“? Die beiden Positionen: Schulze – gutachterliche Stellungnahme für den Börsenverein http://www.boersenverein.de/sixcms/media.php/976/Vermietung%20von%20Beststellern_Brief.pdf Steinhauer – kritische Würdigung http://www.bibliotheksrecht.de/2006/01/19/vermieten_von_bestsellern~485855/

  43. Sondernutzung „Bestseller“? Noch ein Begründungsversuch… Beger – Aus“leihe“ von Medien gegen Gebühr http://www.zlb.de/aktivitaeten/bd_neu/heftinhalte2005/recht0205.pdf

  44. Sondernutzung „Bestseller“? Wo liegen die Fallstricke in den drei Begründungen? Wo liegen die Argumente?

  45. Gebühren für „Bestseller“ und DVD? Nach den Ausführungen in der Begründung zur Urheberrechtsänderung im Jahre 1996 (Umsetzung Vermiet- und Verleihrichtlinie in das deutsche Urheberrechtsgesetz) hat der Gesetzgeber ausdrücklich erklärt, dass es sich auch dann um eine unentgeltliche Leihe durch Bibliotheken handelt, wenn für die Ausleihe eine Gebühr erhoben wird, die jedoch die Kostendeckungsgrenze nicht überschreiten darf.

  46. Sondernutzung „Bestseller“ und Gebühren für DVD? Die Kostendeckungsgrenze darf nicht überschritten werden. Wie wird die Kostendeckungsgrenze berechnet?

  47. Kostendeckungsgrenze Das Gebührenrecht geht grundsätzlich vom Äquivalenzprinzip aus: Gebührensätze sind so zu bemessen, dass die Höhe der Gebühr einerseits den Verwaltungsaufwand berücksichtigt und andererseits in angemessenem Verhältnis zu der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen der Amtshandlung steht. Abweichend davon kann der Gesetzgeber im Einzelfall die Geltung des Kostendeckungsprinzips festlegen, wonach Gebühren nur zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben werden dürfen. In diesen Fällen sind die Gebührensätze so zu bemessen, dass das geschätzte Gebührenaufkommen den auf die Amtshandlungen entfallenden durchschnittlichen Personal- und Sachaufwand für den betreffenden Verwaltungszweig nicht übersteigt.

  48. Überlegungen zur Kostendeckungsgrenze Abweichend davon kann der Gesetzgeber im Einzelfall die Geltung des Kostendeckungsprinzips festlegen, wonach Gebühren nur zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben werden dürfen. In diesen Fällen sind die Gebührensätze so zu bemessen, dass das geschätzte Gebührenaufkommen den auf die Amtshandlungen entfallenden durchschnittlichen Personal- und Sachaufwand für den betreffenden Verwaltungszweig nicht übersteigt.

  49. Die Mahnung per eMail • Ausdrückliche Regelung in der Benutzungsordnung notwendig, falls dort ein Schriftform-Erfordernis formuliert wird • "wird schriftlich oder elektronisch gemahnt". • Damit wird neben die Schriftform die einfache elektronische Form gestellt. • Grundsätzlich entstehen die Gebühren auch ohne Mahnung…

  50. Stundung, Niederschlagung und Erlass • späterer Zahlungstermin • Vollstreckungsverzicht • Forderung wird vernichtet

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