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1. Verhaltenstherapie bei Agoraphobie und Panikstörung Univ. Prof. Dr. Gerhard Lenz
Univ. Klinik für Psychiatrie
AKH Wien
5. Einteilung der Angststörungen nach ICD-10
6. F 41.0 Panikstörung A: Nicht situations- oder objektbezogene Panikattacken
B: Charakteristika: Angstanfall beginnt abrupt, erreicht innerhalb weniger Minuten ein Maximum und dauert mindestens einige Minuten, mindestens 4 Symptome einer Liste von vegetativen Symptomen, Symptome die Thorax und Abdomen betreffen, psychischen Symptomen, allgemeinen Symptomen
C: Ausschluss: F0, F2, F3, F45 (Somatoforme Störung)
7. Panik-Symptomliste Herzklopfen, Schweissausbrüche, Tremor, Mundtrockenheit, Atem-beschwerden, Beklemmungsgefühl, Thoraxschmerzen und Thorax-mißempfindungen, Übelkeit, Schwindel, Schwäche, Derealisation oder Depersonalistaion, Angst vor Kontrollverlust, Angst zu sterben
9. F40.0 Agoraphobie A: Deutliche und anhaltende Furcht vor oder Vermeidung von mindestens 2 der folgenden Situationen: Menschenmengen, öffentliche Plätze, allein Reisen, Reisen mit weiter Entfernung von Zuhause
B: Mindestesn 2 Angstsymptome aus einer Liste von vegetativen Sy, Sy die Thorax und Abdomen betreffen,psychischen Sy und allgemeinen Symptomen
10. F40.0 Agoraphobie C: Belastung durch das Vermeidungsverhalten oder die Angstsymptome, Einsicht dass diese übertrieben oder unvernünftig sind
D: Beschränkung der Symptome auf gefürchtete Situationen oder Gedanken
E: Ausschlusskritrium: F0, F2, F3, F42 (Zwang)
F40.00 Agoraphobie ohne Panikstörung
F40.01 Agoraphobie mit Panikstörung
13. Komorbidität Andere Angststörungen
Depression
Somatoforme Störungen
Abhängigkeitserkrankungen
14. Abklärung möglicher organischer Ursachen Hyperthyreose
Koronare Herzkrankheit
Paroxysmale Tachykardie
Hypoglykämie
Phäochromozytom
Temporallappenepilepsie
Alkohol-/Drogen-/Medikamentenmissbrauch
15. Zwei-Faktoren Theorie von Mowrer (1960) zur Entstehung der Agoraphobie Ursprünglich neutrale Reize (z.B. Kaufhaus) werden aufgrund traumatischer Ereignisse (z.B. Ohnmacht) mit einem Angstzustand assoziiert (klassische Konditionierung) und die darauffolgende Vermeidung dieser Situation wird durch den Wegfall des unangenehmen Zustands verstärkt (operante Konditionierung)
Erklärung für klinische Phobien nicht ausreichend, ist aber trotzdem Grundlage für Konfrontationstherapie
16. AngstsensitivitätGoldstein & Chambless 1978 Neigung, körperliche Empfindungen als ein Hinweis auf Bedrohung oder Krankheit zu bewerten
Angst vor der Angst: Patienten fürchten vor allem die Konsequenzen der Angst
17. Verhaltens- und Bedingungsanalyse der Agoraphobie mit und ohne PanikDas einfache SORK-Modell (Makroebene)
18. Verhaltens- und Bedingungsanalyse der Agoraphobie mit und ohne Panikstörung nach Sulz (1993) Lebenskontext und auslösende Situation: Angst vor Einengung durch Eingehen einer Beziehung (klaustrophobisch) oder vor Beendigung einer einengenden Beziehung (agoraphobisch)
Emotionale Abhängigkeit von schützender Bezugsperson, Wünsche nach eigenständiger Entfaltung müssen unterdrückt werden
19. Verhaltens- und Bedingungsanalyse nach Sulz Organismusvariable O: die persönliche Disposition:
Können eigene Interessen nicht bestimmt genug vertreten, Gefühle der Unzufriedenheit und des Ärgers werden durch Verzichtbereitschaft beseitigt. Es wird Harmonie, Geborgenheit und Sicherheit gesucht,Anpassung an Partner
Selbstwahrnehmung als verwundbar und alleine nicht lebensfähig
20. Verhaltens- und Bedingungsanalyse nach Sulz Phobisches Erlebens- und Reaktionsmuster R:
Enge wird unerträglich oder Chance zur Befreiung kommt in Sicht; Freiheit ist aber mit Gefahr assoziiert
Diese Assoziation aktualisiert eine allgemeine Wachsamkeit, unter anderem eine präzise Interozeption
Wahrnehmungen werden kausal attribuiert: entweder als äußere Gefahr (klaustro- und agoraphobische Reaktion) oder als innere Gefahr (herzphobische Reaktion)
21. Verhaltens- und Bedingungsanalyse nach Sulz Konsequenz K der Phobie- aufrechterhaltende Bedingungen:
Phobisches Reaktionsmuster wird durch negative Verstärkung aufrechterhalten: bei Flucht wird das aversive Angsterleben beendet, bei Vermeidung der Gefahrensituation bleibt das antizipierte Angsterleben aus
Künftige Überlebensstrategie: nichts im Leben verändern, Veränderungswünsche weit weg schieben (die Phobie verhindert im Sinne einer Schutzfunktion, dass eine eventuell nicht zu bewältigende Instabilität in den persönlichen Lebensbereich hinein kann)
22. Therapiestrategien Informationsvermittlung
Experimente zur Provokation von Angstsymptomen
Identifizieren dysfunktionaler Kognitionen
Konfrontationsübung
Entkatastrophisieren
Verhaltensexperimente
23. Information über Angst Kampf-Flucht-Modell der Angst
Die 3 Komponenten der Angst (Gedanken, Körper, Verhalten)
Stressmodellgraphik
Teufelskreismodell der Angst
Angsttagebuch
Fragebogen
24. Angst ist ein lebenswichtiges Gefühl, das den Menschen auf Gefahren aufmerksam macht und für Höchstleitungen rüstet, damit er flüchten oder kämpfen kann.
25. Angst als Kampf/Fluchtreaktion Kortikale Arousal
Vegetative Arousal
Spinale Arousal
27. 3 Komponenten der Angst Körperliche Komponente
Gedankenkomponente
Verhaltenskomponente
30. Der Teufelskreis bei Angstanfällen
31. Fragebogen zur Erfassung von Panikanfällen und AgoraphobieEhlers & Margraf (1993) ACQ: Fragebogen zur Erfassung von angstbezogenen Kognitionen (14 Items)
BSQ: Fragebogen zur Angst vor körperlichen Symptomen (17 Items)
MI: Mobilitätsinventar: Ausmaß agoraphobischen Vermeidungsverhaltens (mit und ohne Begleitung)
32. Experimente zur Provokation von Angstsymptomen Hyperventilationstest
Körperliche Belastung
33. Taubheit oder Kribbeln in KörperteilenFurcht hinzufallen oder Schwächegefühl in den BeinenGeschwollene ZungeSchwitzen
TodesangstGefühl, der Ohnmacht nahe zu seinBrennende AugenErstickungs- oder Würgegefühle
Hitzewallungen oder KälteschauerJuckreizSchwindel oder BenommenheitZittern oder Beben
Gefühle der Unwirklichkeit oder des LosgelöstseinsAtemnot oder KurzatmigkeitEingeengtes Sichtfeld (Röhrensehen)Herzklopfen, Herzrasen oder unregelmäßiger Herzschlag
Angst, verrückt zu werdenSchmerzen oder Beklemmungsgefühle in der BrustSüßer Geschmack im MundAngst, die Kontrolle zu verlieren
Übelkeit oder Magen-/DarmproblemeAndere Symptome(Welche)? _____________________________________
34. Identifikation dysfunktionaler Kognitionen
35. Typische Fehlinterpretationenvon Panikpatienten Symptome:
Palpitationen
Brustschmerzen
Schwitzen
Atembeschwerden
Schwindel,Schwäche
Benommenheit
Zittern,Blässe Gedanken/Interpret.
Herzrasen
Ich bekomme einen Herzinfarkt
Ohnmacht, Hirntumor, Schlaganfall
36. Typische Fehlinterpretationen von Panikpatienten Symptome:
Atemnot, Würgegefühl, Kloß
Kribbeln im Körper
Derealisations- und Depresonalisationsgefühle, Konzentrations-störungen Gedanken/Interpret.
Ich ersticke
Ich werde gelähmt
Ich verliere die Kontrolle, werde verrückt
37. Behandlung bei Agoraphobie und Panikstörung VT und KVT am besten erforscht:
Expositionsbehandlungen
Angstbewältigungstechniken
Kognitive Therapie zur Bewältigung angstauslösender Gedanken
38. Behandlung bei Agoraphobie Systematische Desensibilisierung
Angstbewältigungstraining
Konfrontation mit Reaktionsverhinderung
39. 10 Handlungsanweisungen zur Bewältigung von Angst (Marx 2001) 1. Ich gebe mir einen guten Halt
2. Ich achte auf das, was ich außen wahrnehmen kann
3. Ich suche die Gefahr in der Situation und nicht in mir
4. „Fehlalarm!“
5. Ich gebe Entwarnung, bleibe in der Situation und stütze den Parasympathicus mit Bauchatmung
40. 10 Handlungsanweisungen zur Bewältigung von Angst (Marx 2001) 6. Ich überprüfe den Erfolg und stufe mich auf der Angstkurve ein
7. Ich tue das richtige und freue mich auch über kleine Erfolge
8. Ich weiß, dass ich nur durch konsequentes und regelmäßiges Üben die Angst besiege
9. Ich lasse mich durch kleine Rückschläge nicht entmutigen
10. Es ist geschafft, ich bin trotzdem darauf vorbereitet, dass die Angst wieder einmal kommen kann
41. Konfrontation mit Reaktionsverhinderung Diagnostische Phase
Kognitive Vorbereitung
Intensivphase
Selbstkontrollphase
42. Reizkonfrontation mit Reaktionsverhinderung Übung Spazierengehen
Übung U-Bahn (Zug)
Übung Kaufhaus
43. Entkatastrophisieren Explorieren der befürchteten Vorstellung
Vorstellungsübung
44. Verhaltensexperimente Übungen zur körperlichen Belastung
Koffeinkonsum
Atmung willentlich stoppen
Hyperventilation
45. Effektivität in der Agoraphobiebehandlung Nach fast 3 Jahrzehnten systematischer Forschung ist die Effektivität von Konfrontationsverfahren in der Therapie von Angststörungen und insbesondere von Agoraphobien klar belegt
Übersichten bei Chambless & Gillis 1993, Clum 1994, Clark 1994, Grawe 1994,.....
Grawe 1994: Konfrontationsverfahren besonders häufig untersucht (62 Studien)
46. Effektivität in der Agoraphobiebehandlung Die Ergebnisse der Studien zur massierten Konfrontation zeigen konsistent sehr starke Wirkungen auf die Hauptsymptomatik (wie Ängste und Vermeidungsverhalten), aber auch auf individuell definierte andere Zielsymptome, allgemeines Wohlbefinden sowie Arbeit und Freizeit
Katamnesestudien umfassen Zeiträume von 4-9 Jahren nach Therapieende, Erfolge meist stabil, Rückfälle selten
47. Gould et al (1995) 43 Studien: KVT allein, Medikation allein, Kombination KVT/Medikation
KVT ES 0,68 19 Studien
Medikation ES 0,47 16 Studien (kein Unterschied zwischen Benzodiazepinen und Antidepressiva)
Kombination ES 0,56 8 Studien
48. Marks et al (1993) 8 Wochen Therapie , Absetzen der Medikamente über 8-16 Wochen und 10 Monate Follow-up:
Pat. die auf Therapie ansprachen und nach 10 Monaten beschwerdefrei blieben:
62% bei Placebo+Expositionstherapie
36% bei Alprazolam+Expositionstherapie
29% bei Alprazolam+Entspannungstherapie
18% bei Placebo +Entspannungstherapie
49. Effect sizes (ES) and number needed to treat (NNT) at post-treatment
50. Effect sizes and number needed to treat at follow-up
51. Einfluss von Persönlichkeitsstörungen auf den Therapieerfolg Mennin & Heimberg (2000): in 6 von 9 Studien war das Vorhandensein einer Persönlichkeitsstörung mit schlechterem Krankheitsausgang verbunden