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Allgemeine Einführung zu Prävention von Entwicklungsstörungen in der Kindheit. Karina Weichold 23.04.2012. Begriffe. Prävention Prä- venire (lat.) = zuvorkommen Pathogenetisches Konzept Reduktion / Beseitigung von Risiko Gesundheitsförderung ( health promotion )
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Allgemeine Einführung zu Prävention von Entwicklungsstörungen in der Kindheit Karina Weichold 23.04.2012
Begriffe • Prävention • Prä-venire (lat.) = zuvorkommen • Pathogenetisches Konzept • Reduktion / Beseitigung von Risiko • Gesundheitsförderung (healthpromotion) • Überschneidung mit Präventionskonzept • Salutogenese • Förderung von Ressourcen und Schutzfaktoren => Verhinderung problematischer Entwicklungsverläufe und Förderung positiver psychosozialer Anpassung
Einteilung • Nach Interventionszeitpunkten • Primär P • Sekundär P • Tertiär P • Nach Ansatzpunkten • Personale P (Verhaltensprävention) • Strukturelle P (Verhältnisprävention) • Nach Zielgruppen • Universelle P • Selektive P • Indizierte P
Nutzen von Prävention von Entwicklungsstörungen in der Kindheit • Welchen besonderen Nutzen können Präventionsprogramme und Behandlung von Entwicklungsstörungen in der Kindheit bieten?
Nutzen von Prävention von Entwicklungsstörungen in der Kindheit • Welchen besonderen Nutzen können Präventionsprogramme und Behandlung von Entwicklungsstörungen in der Kindheit bieten? • Vorsorgeuntersuchungen (prä-, peri-, postnatal) => rechtzeitige Diagnostik und Behandlung von frühen Problemen (Mangelzustände, Infektionen etc.), die u.U. zum Tode, schwerwiegenden, irreversiblen und langfristigen Schädigungen führen können • Oft bleiben bei den U-Untersuchungen jedoch Entwicklungsstörungen unerkannt (!), obwohl sie dafür ein grobes Screening darstellen sollen • Unterbrechung längerfristig problematischer Entwicklungsverläufe und –Kaskaden, die in einer problematischen Interaktion von Person und in vielfältige Anpassungsprobleme über die Kindheit hinaus münden können • Vgl. Grundlagenforschung zu Entwicklungspfaden und entsprechender Literatur zu RF • Bsp.: Life-course-persistingproblemebehaviour(Moffitt, 1993)
Themen • 1 Dissoziales Verhalten • 2 Bindungsstörungen • 3 Störungen der kognitiven Entwicklung • 4 Störung der Sprachentwicklung • Identifizieren Sie in den Beschreibungen zu den gesetzlich vorgeschriebenen U-Untersuchungen diagnostische Kriterien, die helfen sollen, die o.g. Entwicklungs- und Verhaltensstörungen zu identifizieren!
U-7 U7: 21. bis 24. Lebensmonat Die U7 wird von einigen Ärzten auch als "Angst- oder Schrei"-Vorsorgeuntersuchung bezeichnet, da Kinder in diesem Alter oft wenig kooperationsbereit sind. Aber: Ärzte für Kinder- und Jugendmedizin wissen damit umzugehen und oft ist gerade die U7 ein erfreuliches Ereignis, weil die Eltern erleben, was ihr Kind alles in knapp zwei Jahren gelernt hat! Sollte der Untersuchungsablauf durch die Ängstlichkeit des Kindes dennoch stark gestört sein, kann zur Klärung insbesondere der Sprachentwicklung eine erneute Untersuchung etwa 3 bis 4 Monate später erfolgen. Dann sind die Kinder meist schon weniger ängstlich und zeigen deutlich mehr Kooperationsbereitschaft. Um den 2. Geburtstag herum stehen Kinder nämlich in einer Umbruchphase, da der psychologische Lösungsprozess von den Eltern beginnt und sich die erste Trotzphase einstellt. Inhaltlich beschäftigt sich die U7 hauptsächlich mit der Beurteilung der Sprach- und Hörentwicklung, der motorischen Fähigkeiten sowie der Entwicklung des Sozialverhaltens. Zur Einschätzung des Sprach- und Hörvermögens werden einerseits die Eltern befragt, andererseits aber auch verschiedene Tests durchgeführt. Dazu gehören Fragen des Arztes wie "Zeig mir deine Ohren!" oder "Wie heißt die Puppe?" genauso wie bestimmte Hörtests. Generell sollte ein Kleinkind am Ende des 2. Lebensjahres folgende Fähigkeiten besitzen: mindestens 10 Worte sprechen und etwa 250 Worte verstehen zwei Worte sicher kombinieren einfache Zeichnungen von Tier und Mensch benennen können sicher zwei von drei verbal gegebenen Aufforderungen befolgen können verwendet die Mehrzahl sagt den Vornamen Die motorischen Fähigkeiten werden durch Beobachtung beim Spielen sowie durch kleine Aufgaben überprüft. Im Einzelnen achtet der Kinderarzt dabei auf Folgendes: Feinmotorik das Kind baut mit jeder Hand einen Turm aus 4 bis 8 Klötzchen es kann mit beiden Händen Wasser aus einer Flasche ausgießen steckt mit beiden Händen eine Kugel in eine selbstgehaltene Flasche zeichnet eine vertikale Linie nach der Bewegungsablauf ist nicht abgehackt sondern fließend Grobmotorik kickt den Ball mit beiden Füßen ohne sich abzustützen bzw. festzuhalten wirft beidseitig einen Ball überhand läuft symmetrisch ein paar Schritte rückwärts hockt sich zum Spielen hin und steht freihändig wieder auf weicht beim Laufen sicher Hindernissen aus Was das Sozialverhalten betrifft, so stehen die Beurteilung der Selbstständigkeit und der Interaktionsfähigkeit des Kindes im Mittelpunkt der U7. Der Arzt wird diese besonders durch Befragen der Eltern einzuschätzen versuchen: • wie verhält sich das Kind zu Hause? • wie sieht das soziale Umfeld aus (Familiengröße, Alter und Zahl der Geschwister etc.)? • wie ist der Umgang mit Haustieren? • werden Kleidungsstücke selbstständig angezogen? • werden die Hände selbst gewaschen und getrocknet? • spielt das Kind mit anderen Kindern Nachlaufen und Fangen
U8: 46. bis 48. LebensmonatIm Zentrum dieser Vorsorgeuntersuchung steht das Wachstum sowie die geistige Entwicklung des Kindes. So müssen kinderorthopädische Probleme (z. B. Hüftreifungsstörungen, Beinlängendifferenz) genauso erkannt werden wie Auffälligkeiten im Verhalten (z. B. Nägelbeißen, Haare zupfen) und Interaktionsstörungen (z. B. Aggressivität). Auch die Überprüfung der Feinmotorik, des Konzentrations- und Wahrnehmungsvermögens und des Ein- und Durchschlafverhaltens gehören zur U8.Darüber hinaus werden erneut das Sprach- und Hörvermögen getestet. Wichtigste Grundvoraussetzung für eine normale Sprachentwicklung ist ja eine unbeeinträchtigte Hörfunktion, die daher bereits bei der U4 getestet wurde. Erstmals werden bei der U8 auch umfangreichere Sehtests durchgeführt. Spätestens jetzt sollte jedes Kind 100% Sehschärfe erreicht haben.Schließlich muss bei der U8 auch eine gründliche internistische Untersuchung erfolgen, damit z. B. Schilddrüsen- und Nierenfunktionsstörungen, Herzfehler oder Harnwegsinfektionen erkannt werden. Zur Beurteilung all dieser Punkte wird der Kinderarzt zuerst ein ausführliches Gespräch mit den Eltern führen. Darin können sowohl Risikofaktoren der Eltern und Großeltern eruiert als auch die Ernährungsgewohnheiten besprochen werden. Natürlich wird jetzt auch der Besuch der Toilette, zumindest tagsüber, erwartet. Die Nacht müssen dagegen noch 20 % der Mädchen und 30 % der Jungen mit einer Windel verbringen.Insgesamt können für vierjährige Kinder folgende entwicklungsdiagnostische Meilensteine genannt werden:steht beidseits 3-4 Sekunden freihändig auf einem Beinhüpft mit geschlossenen Beinen mindestens 20-30cm vorwärtsgeht freihändig eine Treppe beinwechselnd aufwärtsmalt einen Kreis nach Vorlage aus und nachgibt mehrfach die längere von drei Linien anmalt einen 3-Teile-Menschgibt sicher 4 Teile in die Formboxkann mit einer Hand mit der Schere ausschneidenversteht gebräuchliche Adjektive und Präpositionenkann Gegenstände angeben und bezeichnenkann sich unterhalten, Erlebtes erzählen (Satzreihen mit "und dann...")lacht und quietscht stimmhaft, erzählt "Witzchen"wendet sich nach vertrauter Stimmekeine Fremdelphase mehrSauberkeit U-8
U-9 U9: 60. bis 64. Lebensmonat Die U9 steht im Zeichen der bevorstehenden Einschulung. Daher muss der untersuchende Kinderarzt Störungen der Wahrnehmung und der Motorik erkennen und den Eltern bei Bedarf eine entsprechende Therapie empfehlen. Ein Kinder- und Jugendarzt wird bestimmte Defizite keinesfalls mit dem Satz "Das wächst sich schon aus" abtun. Zur Diagnose von Grundkrankheiten ist eine umfassende klinische Untersuchung notwendig. Auch eine Überprüfung der sozialen und sprachlichen Fähigkeiten ist bei der U9 von zentraler Bedeutung, vor allem im Hinblick auf den bevorstehenden Schulalltag. So können Eltern und Arzt zum Beispiel dadurch einen guten Eindruck über das Sprachvermögen des Kindes gewinnen, dass sie sich eine Bildergeschichte erzählen lassen. Außerdem müssen verschiedene Seh- und Hörtests durchgeführt werden. Einiges davon kann aber auch bereits durch ein Elterngespräch geklärt werden. Angaben der Eltern zu speziellen Fragen des Arztes wie zum Beispiel "Bestehen Hörschwierigkeiten beim Vorlesen?", "Fragt das Kind häufig nach?" oder "Lässt die Konzentration beim Erzählen und Radiohören schnell nach?" geben erste Hinweise zur Hörfähigkeit. Durch weitere Befragung der Eltern gewinnt der Kinderarzt außerdem einen Eindruck über die Beziehung zwischen Eltern und Kind, erfährt von eventuellen Schlaf- oder Konzentrationsstörungen und wird über sonstige Auffälligkeiten (z. B. kindliches Asthma) informiert. Schließlich sollten bei der U9 Auffrischimpfungen gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten sowie lückenhafter Impfschutz vervollständigt werden, z.B. die zweite Masern−Mumps−Röteln−Impfung oder die Windpocken−Impfung. Insgesamt lassen sich für die U9 folgende entwicklungsdiagnostischen Meilensteine formulieren: steht beidseits 8 Sekunden freihändig auf einem Bein hüpft auf jedem Bein sicher 5 mal auf der Stelle sicherer Zehen-Hackengang vorwärts fängt aufgeprallten Ball mit beiden Händen malt Quadrat, Kreuz und Dreieck nach Vorlage nach malt einen "6-Teile-Mensch" gibt sicher 5 Teile in eine vorgefertigte Formbox sicher in der Definition von Wörtern sicher in der Unterscheidung von Materialien erzählt logisch, in zeitlicher Reihenfolge und mit ungestörtem Sprachfluß hat einen sicheren Mengenbegriff bis "5" schreibt seinen Vornamen beginnt, im Zahlenraum bis 10 zu zählen, kennt die Zahl der Finger einer Hand erzählt aus der Erinnerung und berichtet aus der Familie stellt seine eigene Situation im sozialen Verhalten im Kindergarten und in der Familie dar
Anforderungen an Präventionsprogramme • Wirksamkeit • Methodisch angemessene Studien: KG/VG, LS • Theorienbasierte Entwicklung und Evaluation • Effizienz • Lässt sich der Effekt kostengünstiger und weniger aufwändig ebenfalls erreichen? • Risikoabwägung • Nebenwirkungen können Gesunde treffen; iatrogene Effekte • Verbreitung in der Praxis • Trotzdem es etliche erfolgreiche Programme gibt, werden nur wenige breit in die Praxis gebracht (oft liegt das am Engagement des Entwicklerteams) • Transferforschung als junge Disziplin
„…mit anderen Worten, ein wissenschaftlich fundiertes Programm entwickelt zu haben, bedeutet nicht unbedingt, dass man Probleme des Transfers gelöst hat (Jonas & Beelmann, 2009). So stellen Durlak und DuPre (2008) in ihrem Review 23 kontextuelle Faktoren heraus (wie kommunale Einflüsse, Merkmale und Einstellungen der Anbieter, Innovationsmerkmale des Programms, Merkmale der Bereitstellung des Programms oder Kapazitäten auf der Organisationsebene sowie vorhandene Unterstützungssysteme), die das Gelingen der Programmimplementierung beeinflussen.“ (Weichold, 2012) Schritte zur Übersetzung von Forschung in die Praxis und von der Praxis in die Forschung (aus Pentz, 2010)