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Mehr Respekt vor den inneren Uhren

Mehr Respekt vor den inneren Uhren. Anmerkungen zur Sommerzeit aus chrono-biologischer Sicht Rainer Müller, Zentrum für Sozialpolitik, Universität Bremen seit 2007 im Ruhestand. Fragestellung. Zeitumstellung von Winter- auf Sommerzeit und zurück (Daylight Saving Time , DST)

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Mehr Respekt vor den inneren Uhren

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  1. Mehr Respekt vor den inneren Uhren Anmerkungen zur Sommerzeit aus chrono-biologischer Sicht Rainer Müller, Zentrum für Sozialpolitik, Universität Bremenseit 2007 im Ruhestand

  2. Fragestellung • Zeitumstellung von Winter- auf Sommerzeit und zurück (Daylight Saving Time , DST) • Gesundheitliche Probleme? • Zeithorizonte • Ende März • Ende Oktober Reaktionszeiten: kurz-, mittel-, langfristig saluto-, pathogenetisch

  3. Biologische Umstellungen • Stunden, wenige Tage • mehrere Tage, Wochen • Monate • längerfristig im Jahr oder Jahre Lebenslaufperspektive: Wiederholte Umstellungen, langfristige Effekte: • Gesundheit/Krankheit/vorzeitiger Tod

  4. Basiswissen der Chronobiologie • Biologische Rhythmen • Entrainment /Synchronisation • Zirkadianer Rhythmus • Schlaf • Schlaf- / Wachrhythmus

  5. Biologische Rhythmen • Elementarer Steuerungsmechanismus aller höherer Lebewesen, genetische Regelung • Anpassung biologischer Zeiten an verschiedene Naturzeiten (Jahreszeiten, Mondzyklen, Tag-Nacht) • Rhythmusarten nach biologischen Abläufen • Rhythmus endogen? - Wo ist der Schrittmacher (Oszillator) lokalisiert? - Wie funktioniert er? • Exogene rhythmische Faktoren - Zeitgeber, Wirkung auf biologische Uhr(en)?

  6. Typen nach Periodenlänge • Infradiane Rhythmen: - länger als 24 Std., saisonale Rhythmen, Jahreszyklus, Mondzyklus - Ovarialzyklus (bei Frauen freilaufend an endogene Uhr gekoppelt ) • Ultradiane Rhythmen: - Kürzer als 24 Std., mehrmals täglich, z.B. Hormonausschüttung • Zircatidale Rhythmen: Ebbe - Flut • Zirkadiane Rhythmen: etwa 24 Stunden

  7. Entrainment Synchronisation der inneren Uhr / Uhren mit regelmäßig wiederkehrenden Umgebungsfaktoren: Zeitgeber bei zirkadianen Rhythmen :Wechsel Tag-Nacht : Licht-Dunkel

  8. Zirkadianer Rhythmus (Mensch) (1) • Zeitgeber Wechsel von Tag und Nacht: Licht • freilaufend bei Ausschaltung des Zeitgebers (Licht) • Wirkung des Zeitgebers: Periode des freilaufenden Rhythmus gleich/synchron Periode des Zeitgebers • Individualrhythmus

  9. Zirkadianer Rhythmus (Mensch) (2) • Genetisch vererbt, molekulare Grundkonstruktion der Steuerung: negative Rückkopplung (Modell: Pendel) • Endogener Rhythmusgenerator (Schrittmacher, Oszillator, biologische Uhren) • Periodendauer der biologischen Uhren: - Zirkadian: Spontan um etwa 24 Stunden - Innere Uhren begrenzt verstellbar, Mitnahmebereich (Entrainment) durch Zeitgeber (Licht) - Beim Menschen maximal 3 Stunden pro Tag verkürzbar oder verlängerbar

  10. Steuerung innerer Uhren/Zentraluhr (1) • Individualuhren verschiedener Gewebe (vielleicht sogar jede Zelle) (Müller/Frings 2009, S. 320) • Zell- und Organfunktionen tagesperiodisch: • Bluttemperatur (Minimum morgens, Maximum nachmittags) • Bluttdruck (Minimum gegen morgen) • Hormone im Blut (z.B. ACH, Cortisol (max. früh morgens), Melatonin (max. mitternachts) • Immunsystem • Stoffwechsel (Arzneigabe)

  11. Steuerung innerer Uhren/Zentraluhr (2) Steuerung der oszillierenden Systeme (periphere Uhren) durch Zentraluhr: Supra-chiasmatischeNucleus SCN Licht- Retina(Auge)- Melanopsin (GanglienZellen) -SCN Autonomes Nervensystem Sympathikus, Parasymphatikus Hormone: Melatonin (Epiphyse),ACTH (Hypophyse) Alle Uhren (zentral, peripher) im Gleichtakt, synchronisiert, Körperfunktionen haben einen ähnlichen Tagesrhythmus: dann fühlen wir uns am wohlsten

  12. Zentraluhr Quelle: Müller/Frings 2009: S.323

  13. Schlaf / Schlafregulation • Während des Schlafes laufen lebensnotwendige regenerative Prozesse ab. • Aktivierung von Erholungsfunktionen • Grundbedingung für Gesundheit, Leistung, Wohlbefinden (Schlafentzug=Folter)

  14. Schlafstadien bei Gesunden (1) • Stadium I: Einschlafphase • Stadium II: Oberflächlicher Schlaf • Stadium III: • Muskeltonus, Puls, Blutdruck, Atmung verringert • Stadium IV: ebenso • Stadium III und IV: Tiefschlafphase • REM – Schlaf: • schnelle Augenbewegungen, gehemmter Muskeltonus; Puls, Blutdruck, Atmung gesteigert; Traumphase

  15. Schlafstadien bei Gesunden (2) • Schlafzyklus: Non-REM I / IV und REM-Phase ca. 90-100 Minuten • Pro Nacht in der Regel 4-6 Schlafzyklen • Dauer und Intensität der Tiefschlafphasen nehmen ab, REM-Phase in der Dauer zu • Schlafstadium I, II: etwa 55-60 % der Gesamtschlafzeit, III und IV ca. 15-25 %, REM, ca. 20-25 %(Zulley,Hajak 2005)

  16. Schlafstadien bei Gesunden (3) • Mit dem Alter Verflachung des Schlafes mit verringertem Tiefschlaf • Nächtliches Erwachen: physiologisch nicht krankhaft • Schlaf, individuelle Schlafdauer genetische Basis (Rönneberg 2010, S. 293)

  17. Schlaf-Wach-Regulation (1) • Zusammenspiel zirkadianer Rhythmus mit Schlafdruck (Homeostatischer Druck) • Schlafdruck nimmt während des Wachens zu, nach längerer Wachperiode vermehrt • Schlafhomöostase: Regulation des Schlafes innerhalb physiologischer Grenzen

  18. Schlaf-Wach-Regulation (2) Zwei-Prozess-Modell • Schlafdruck: Modell Sanduhr, • zirkadianer Rhythmus: Modell Pendel Einschlafzeit: • am kürzesten in der zeitlichen Nähe zum Körpertemperaturminimum • am längsten in den frühen Abendstunden (verbotene Schlafzone), REM-Schlaf unterliegt starker zirkadianer Kontrolle. Höchstwerte von 1-2 Std. nach dem Körpertemperaturminimum

  19. Schlaf-Wach-Regulation (3) • Tiefschlaf: keine zirkadiane Modulation zirkadianer Prozess bestimmt die zeitliche Koordinierung des Schlafs bzw. Wachens gekoppelt an externe Licht-Dunkelwechsel • Der homoestatische Prozess (Schlafdruck) reguliert die Schlafstruktur und die Schlaflänge in Abhängigkeit von Dauer vorhergehender Schlaf- bzw. Wachzeiten

  20. Schlafdauer (1) • Schlafqualitäten wie Dauer und Zeitpunkt voneinander unabhängig genetischbasiert. • Unter frühen Chronotypen genauso viele Lang- und Kurzschläfer wie unter den Spättypen • Unter den Kurzschläfern gibt es ebenso viele Früh- wie Spättypen unter Langschläfern (Rönneberg 2010, S. 195. Rönneberg et al. 2007)

  21. Schlafdauer (2) • 60 % der Bevölkerung brauchen 7,5 und 8,5 Std.; Kurzschläfer weniger als 5 Std. Langschläfer mehr als 10 Std. (sehr selten). • Unterschiede der Schlafdauer an Werktagen bzw. freien Tagen • Je später ein Chronotyp, desto weniger Schlaf bekommt ein Mensch an Arbeitstagen Folge: Schlafdefizit. Extreme Spättypen: weniger als 6,5 Std. unter der Arbeitswoche. An freien Tagen 9 oder mehr Stunden Schlaf. Schlafschere, sozialer Jetlag

  22. Chronotyp Schlafmitte • Schlafmitte: Einschlafzeit z.B. 0:00 Uhr, Aufwachzeit 8:00 Uhr, Schlafmitte: 4:00 Uhr bei 8 Std. Schlaf (Spättyp.extrem: “Eule“) • Einschlafzeit: 22:00 Uhr, Aufstehzeit: 6:00 Uhr, Schlafmitte: 2:00 Uhr bei 8 Std. Schlaf (Frühtyp, extrem: Lerche) • Über 60 % Bevölkerung Schlafmitte an freien Tagen zwischen 3:30 und 5:30 (Spättyp überwiegen) (Roenneberg 2010,S.28,29)

  23. Chronischer Schlafmangel – vollständiger Schlafentzug (1) • Folgen, Konsequenzen für kognitive Funktionen, stabile Leistungsfähigkeit, Synchronisation bzw. Desynchronisation, Disruption der biologischen Funktionen der verschiedenen Organe bzw. Stoffwechselprozesse • Bislang wenige sorgfältige methodische Untersuchungen zur Schlafrestriktion von 4 und 6 Std. pro Nacht über mehrere Tage

  24. Chronischer Schlafmangel – vollständiger Schlafentzug (2) • Studie van Dongen u.a. (2003): Untersuchungen an 48 Erwachsenen im Alter von 21 – 38 Jahren über 8 Std., Gruppe mit 8stündigem Schlaf, 6stündigem, 4stündigem und totalem Schlafentzug pro Nacht und entsprechende Messverfahren.Ergebnis: chronische Verkürzung von Schlaf auf 6 Std. und weniger pro Nacht statistisch signifikant: kumulativ, Defizit kognitiver Leistungsfähigkeiten verglichen mit 8 Std. Schlafperioden

  25. Chronischer Schlafmangel – vollständiger Schlafentzug (3) • Negative Konsequenzen chronischer Schlafverkürzung auf die Wachheitsfunktionen • Kognitive Leistungen werden generell unterschätzt. • Personen mit längerem Schlafbedürfnis zeigen 14 Tage nach chronischer Verkürzung von Schlaf in der Erholungsphase über 14 Tage eine stärkere Beeinträchtigungen in der kognitiven Leistungsfähigkeit

  26. Chronischer Schlafmangel – vollständiger Schlafentzug (4) • Behauptung: chronische Schlafrestriktion innerhalb weniger Tage ist leicht rückgängig zu machen wird durch Studie nicht bestätigt • Effekte chronischer Schlafrestriktionen waren nicht nur auf ein paar Minuten während der folgenden Tage beschränkt, sondern zeigten sich stringent über den ganzen Wachheitszeitraum während des Tages

  27. Chronischer Schlafmangel – vollständiger Schlafentzug (5) • Chronische Verkürzung des Schlafes auf 4 bzw. 6 Std. initiiert einen anwachsenden Grad von Schläfrigkeit • Allerdings fühlen sich, auch nach 14 Tagen der Schlafrestriktion, die Probanden, obwohl in der psycho-motorischen Leistungsfähigkeit auf dem schlechtesten Niveau, nur geringfügig schläfrig. • Folgerung: Schläfrigkeit wird nicht richtig eingeschätzt. Introspektion begrenzt.

  28. Chronischer Schlafmangel – vollständiger Schlafentzug (6) • Schlafrestriktion ist weit verbreitet. Betroffene Personen glauben und vermitteln den Eindruck, an bestimmte Schlaf-Wach-Rhythmen sich persönlich angepasst zu haben.

  29. Jetlag (1) • Nach Transmeridianen Flügen • Zeitsystem der Erde • Reisegeschwindigkeit des Flugzeugs • Zirkadianes Zeitsystem durch Verlagerung des Zeitgebers Licht. • Vor allem in Richtung von West nach Ost kommt es zu einer Desynchronisation der internen Körperzeit, der biologischen Rhythmen zu den Tag-Nachtzeit in der erreichten Zeitzone

  30. Jetlag (2) • Disruption der biologischen Funktionen der Stoffwechselprozesse • Resynchronisation, wieder vollständige Anpassung der biologischen Funktionen abhängig von der Geschwindigkeit, bestimmt durch Flugrichtung, Zeitgeberstärke, Anzahl der Zeitzonen, individuelle Unterschiede (Morgens- bzwl. Abendtyp), Grad der inneren Dissoziation • Ähnliche Prozesse bei Schichtarbeit mit Nachtarbeit

  31. Jetlag (3) • Sozialer Jetlagdarunter leiden etwa 40 % der Bevölkerung in Mitteleuropa (Rönneberg 2010, S. 203). • Sozialer Jetlag chronisch • Ausmaß des sozialen Jetlags: Unterschied zwischen Schlafmitte an Arbeitstagen und arbeitsfreien Tagen • Über 40 % der Bevölkerung in Mitteleuropa sozialer Jetlag von 2 Std. und mehr, bei 15 % Innenzeit um mindestens 3 Std. gegenüber Außenzeit verschoben

  32. Jetlag (4) • Je später die Chronotypen, umso größer die Unterschiede in der Schlafdauer – also der soziale Jetlag • Für 60 % der Bevölkerung Arbeitszeiten zu früh, da mehrheitlich späte Chronotyp angehören (Roenneberg 2010, S.29,200) • „In München leben, aber nach Moskauer-Zeit arbeiten“, also 2 Std. früher aufstehen (Roenneberg, Fokus-online, 17.07.2006).

  33. Jetlag (5) • Hauptproblem des sozialen Jetlags: chronischer Schlafmangel, gesundheitliche Probleme, Gemütsveränderungen. • Je größer der Leidungsdruck, umso größer die Wahrscheinlichkeit zu rauchen. • Besondere Probleme in der Adoleszenz bei Teenagern: die innere Uhr ist nach hinten gestellt (Eule), dennoch muss früh aufgestanden werden (Schulbeginn, Arbeitsbeginn)

  34. Jetlag (6) • Ständiger Wechsel zwischen Schlafdauer an Arbeitstagen und arbeitsfreien Tagen • Prozentsatz der Raucher steigt über 60 %, wenn die Innen- und Außenzeit mehr als 5 Std. auseinander liegt (Roenneberg 2010, S. 205) • „zumindest Fruchtfliegen sterben früher, wenn man ihren Tagesrhythmus ständig verändert“ (Roenneberg, Fokus-online 17.07.2006) (s. auch Wittmann, Merrow, Rönneberg 2006)

  35. Sommerzeit – Zeitumstellung (1) • „Von Frankfurt nach Marokko und zurück“ (Roenneberg 2010, S. 229) • nur wenige Studien zu den gesundheitlichen Folgen - nur 1 Woche Umstellungsfolgen untersucht - nicht zwischen Arbeitstagen, freien Tagen und - Chronotyp unterschieden (nach Roenneberg 2010, S. 233-234)

  36. Physiologische Tatsache: Chronobiologie • Schlafmitte: eng bei freien Tagen über Jahr an Sonnenaufgang gekoppelt • Aufstehen parallel zum Sonnenaufgang ab Mitte des Winters immer früher Innere Uhr folgt also dem Sonnenaufgang (Roenneberg 2010,S.236)

  37. Sommerzeit – Zeitumstellung (2) • Grundsatz: Innere Uhren passen sich den Jahreszeiten an bei arbeitsfreien Tagen und ohne Zeitumstellung • Winter: Deutliche Anpassung des Schlafverhaltens an die später- bzw. früher werdenden Sonnenaufgänge. • Sommer: Anpassung des Schlafverhaltens an den Sonnenaufgang nicht so deutlich. • Modifizierung durch Arbeitszeiten usw. (sozialer Jetlag)

  38. Sommerzeit – Zeitumstellung (2a) • Modifizierung durch Zeitumstellung • Auf Sommerzeit gestellt, folgen Aufwachzeiten nicht mehr dem Sonnenaufgang, sondern bleiben im gesamten Sommer bei 7:45 h stehen (8:45 Sommerzeit) (Roenneberg 2010: 237). • Nach Umstellung Ende Oktober folgen Aufwachzeiten sofort wieder dem Sonnenaufgang. • Innere Uhren passen sich den Jahreszeiten an (Entrainment). Offensichtlich nur in den Wintermonaten. • Die empirischen Befunde belegen, dass es nachweisbare biologische Wirkungen durch die Zeitumstellung gibt.

  39. Sommerzeit – Zeitumstellung (3) • Wichtiger Unterschied zwischen Früh- /Spätchronotypbei Umstellung auf Sommerzeit - nur Frühtypen gleichen ihr Schlaf-Wach-Muster biologisch an - Spättypen (Mehrheit) nach 4 Wochen nicht vollständig biologisch angepasst ! Bei Registrierung der Aktivitäts-Ruhe-Rhythmen hat sich jedoch keine der beiden Chronotypen nach 4 Wochen vollkommen an das Vorstellen der Uhr um eine Stunde angepasst! (Roenneberg 2010: 240).

  40. Sommerzeit – Zeitumstellung (4) • Die Anpassung der inneren Uhr an die Umstellung der sozialen Uhr ist im Herbst nicht so schwerwiegend, da die letzten Monate der Sommerzeit die innere Uhr daran hinderten, sich an die später werdende Morgendämmerung anzupassen. • Viel schwieriger ist die Anpassung an die Sommerzeit im Frühjahr. • Vergrößerung sozialer Jetlag • Schlafmangel

  41. Sommerzeit – Zeitumstellung (5) • Effekte der Zeitumstellung auf die Gesundheit des Menschen sind bislang nicht gründlich erforscht, allerdings bieten die biologischen Erkenntnisse genügend Begründung, um solche ernsthaften negativen Auswirkungen zu bedenken

  42. Gesundheitliche Wirkungen (1) • Kurzfristig: Schlafstörungen, Vigilanzprobleme, Ermüdung, psycho-somatische Störungen, affektive Befindlichkeitsstörungen

  43. Gesundheitliche Wirkungen (2) Mittel- bzw. längerfristig: • Metabolisches Syndrom, Diabetes, wiederholte Infektionen, Krebs (Bechtold et al. 2010). • Verdacht auf Myocard-Infarkte in den ersten drei Tagen nach Sommerzeit-Umstellung (Janszky/Ljung 2008) • Krebs (Sozialer Jetlag) Die internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der WHO in Lyon hat im Jahr 2007 Schichtarbeit mit zirkadianer biologischer Disruption/Desynchronisation als wahrscheinliches Human-Karzinogen (Gruppe 2A) eingestuft.

  44. Gesundheitliche Wirkungen (3) Begründung IARC/WHO: Ergebnisse aus epidemiologischen Untersuchungen und tierexperimentellen Laborstudien 1) Disruption des zirkadianen Systems durch Licht-Dunkel-Exposition bzw. Wechsel. Folge: Melatonin-Unterdrückung, daraus: Störung der genetisch-molekularen zirkadianen Regulation 2) Beeinträchtigung des Schlafes als Folge nicht gelungener Anpassung des Schlafbedürfnisses mit der sozialen Umgebung (IARC 2010: 762)

  45. Gesundheitliche Wirkungen (4) Zirbeldrüsenhormon, Melatonin als ursächlicher Vermittler zwischen Schichtarbeit, Nachtarbeit und Krebsentstehung. Licht während der biologischen Nacht bei der Arbeit unterdrückt die Melatoninproduktion und dereguliert die Gene.

  46. Gesundheitliche Wirkungen (5) „Light- at Night-Hypothese“ (LAN) • Melatonin unter Kontrolle zirkadianer Uhr während Nacht produziert • Melatoninsynthese kann durch Licht unterdrückt werden. • Melatonin gehört zu den chemischen Substanzgruppen der Indolamine • Indolanime können als Scavenger / Vertilger von Sauerstoffradikalen auftreten. • Sauerstoffradikale können DNA zerstören und • DNA-Störungen können Krebs verursachen (Kantermann, Rönneberg 2009)

  47. Gesundheitliche Wirkungen (6) • Melatonin schützt auf der Zellebene vor DNA-Störungen durch karziogene Noxen ist Teil im DNA-Repair-Mechanismus • Melatonin wirkt direkt wie indirekt als Immunstimulanz

  48. Fazit • Sommerzeitumstellung bringt die inneren Uhren durcheinander • Sozialer Jetlag wird verstärkt • Wissenschaftliche Ergebnisse liegen kaum vor • Hinweise auf gesundheitliche Probleme bei Personen mit • chronischem Schlafmangel • erhöhter Vulnerabiliät • Nacht- und Schichtarbeit • Aus gesundheitswissenschaftlicher/medizinischer Sicht sollte die Zeitumstellung rückgängig gemacht werden!

  49. Literatur • Bechtold et al.: Circadian dysfunction in Disease, in: Trends Pharmacol Sci. 2010, 31, p.191-198 • Borbely, A.: Schlaf, Frankfurt a.M. 2004 • Cajochen,C.:Schlafregulation,in:Somnologie,2,2009,S.64-71 • IARC: Painting, firefighting and Shiftwork. IARC Monographs on the Evaluation of Carciogenic Risks to Humans Vol.98, Lyon 2010 • Janszky, I., Ljung, R. 2008. Shifts to and from daylight saving time and incidence of myocardial infarction. In: N Eng. J Med Vol 359: 1966-1968 • Kantermann, Th., Juda, M., Merrow, M., Roenneberg, T.: The human circadian clock‘s seasonal adjustment is disrupted by daylight saving time, in: Current Biology 17, Nov. 2007, p. 1996-2000 • Kantermann, Th., Roenneberg, T.: Is light- at- night a health risk factor or a health risk predictor?, in: Chronobiology International 26, 2009, p. 1069-1074 • Roenneberg et al.: Epidemiology of the human circadian clock, in: Sleep Medicine Reviews 2007, p. 429-438 • Roenneberg, T.. „Wie wir ticken. Die Bedeutung der Chronobiologie für unser Leben“. Dumont-Verlag, 2. Auflage 2010 • Wittmann, M., Dinich, J., Merrow, M., Roenneberg, T.: Social jetlag: Misalignment of biological and social time, in: Chronobiol int., 2,2006, p. 497-509. • Van Dongen et al.: The cumulative cost of additional wakefulness: Dose-response effects on neuro-behavioral functions and sleep physiology from chronic sleep restriction and total sleep deprivation“, in: Sleep 27, 2003, p. 117-126

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