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Prof. Dr. Lutz Bellmann IAB, IZA Bonn, Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg. Perspektiven älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt. Vortrag bei der Europäischen Konferenz Lebensbegleitendes Lernen Universität Hamburg, 24.03.2010.
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Prof. Dr. Lutz BellmannIAB, IZA Bonn, Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg Perspektiven älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt Vortrag bei der Europäischen Konferenz Lebensbegleitendes LernenUniversität Hamburg, 24.03.2010
Anteile der Betriebe, die Einstellungen vorgenommen haben, denen aber keine Bewerbungen Älterer vorlagen (in Prozent)
Inhalt • Hintergrund: Demografische Entwicklung und Fachkräftebedarf • Strukturen der Weiterbildungsbeteiligung • Weiterbildung und Wissensmanagement bei alternden Belegschaften
Hintergrund: Demographische Entwicklung und Fachkräftebedarf
Szenarien: starker Anstieg der Erwerbsquoten Wanderungssaldo Ausländer 0-99 J. 39,4 Mio. bei +300.000 WS 35,5 Mio. bei +200.000 WS 31,5 Mio. bei +100.000 WS 27,6 Mio. stark steigende Erwerbsquoten, keine Nettozuwanderung 26,3 Mio. konstante Erwerbsquoten, keine Nettozuwanderung Quelle: Fuchs/Dörfler (IAB-Kurzbericht 11/2005)
Anteil der Menschen mit Hochschulabschluss 2005 Quelle: Berlin-Institut
Fachhochschul-/ Universitätsabschluss Meister/Techniker Fachschulabschluss mit Berufsabschluss ohne Berufsabschluss Arbeitskräftebedarf nach Qualifikationsstufen bis 2020Anteile in Prozent Fachhochschul-/ Universitätsabschluss Meister/Techniker Fachschulabschluss mit Berufsabschluss ohne Berufsabschluss Quelle: IZA Research Report No. 9, 2007
Entwicklung der betrieblichen Qualifikations-strukturen 2001- 2008 Quelle: IAB-Betriebspanel
Schlussfolgerungen Stagnation der Bildungsentwicklung Steigende Nachfrage nach (hoch)qualifizierten Arbeitskräften Zukünftig steigender Fachkräftebedarf Notwendigkeit zur Intensivierung von Bildungsleistungen
Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen(Quote in Prozent) Quelle: Continuing Vocational Training Survey
Teilnahmequote der 55+ an betrieblichen Weiterbildungskursen 2005 Quelle: Eurostat, CVTS3
Berufliche Weiterbildung nach Altersklassen in % Anmerkungen: ab 1991 GesamtdeutschlandQuelle: BMBF
Bereiche der Weiterbildungsabstinenz Nur unterdurchschnittlich an der Weiterbildung partizipieren • … auf der Betriebsebene: KMU • … auf der Personenebene: Geringqualifizierte, Ältere, Personen mit Migrationshintergrund, Frauen mit betreuungsbedürftigen Kindern • Besonders problematisch wird es dann, wenn mehrere Bereiche der Weiterbildungsabstinenz aufeinander treffen
Anteil der weiterbildenden Betriebe 2005 (in %) Quelle: IAB-Betriebspanel
Anteil der Weiterbildungsteilnehmer an den Beschäftigten der Weiterbildungsbetriebe (2005) Quelle: IAB-Betriebspanel
Warum beteiligen sich KMU nur unterdurchschnittlich an Weiterbildung? • Die Freistellung von Mitarbeitern zur Teilnahme an Weiterbildung ist in KMU organisatorisch oft schwieriger. • Das Angebot an internen Weiterbildungsveranstaltungen lohnt sich erst ab einer bestimmten Beschäftigtenzahl. • KMU verfügen oft über keine systematische Personalarbeit und –entwicklung und sind unzureichend über den Qualifikations-bedarf und externe Weiterbildungsangebote informiert. • Bestimmte Personengruppen sind überproportional vertreten.
Weiterbildung für Ältere nach Betriebsgröße 2006 (Anteil der weiterbildenden Betriebe in %) Quelle: IAB-Betriebspanel
Angebot an Weiterbildung insges. und für Ältere * entweder Einbeziehung Älterer in WB oder spezielle WB für Ältere Quelle: IAB-Betriebspanel 2005 und 2006
Zwischenresümee • Im internationalen Vergleich ist die Weiterbildungs-beteiligung in Deutschland unterdurchschnittlich. • Die Beteiligung an beruflicher Weiterbildung hat in den letzten Jahren abgenommen. • Es gibt große Unterschiede in der Weiterbildungs-beteiligung verschiedener Personen- bzw. Betriebsgruppen.
Warum beteiligen sich einzelne Personengruppen nur unterdurchschnittlich an Weiterbildung? passgenaue Weiterbildungs-angebote fehlen aus betrieblicher Perspektive konzentriert auf „lohnende“ Personengruppen Zeithorizont der Beschäftigungzu kurz geringe Lernfähigkeit
Warum beteiligen sich einzelne Personengruppen nur unterdurchschnittlich an Weiterbildung? organisatorische Probleme Zeithorizont der Beschäftigung aus individueller Perspektive Angst vor Misserfolg unzureichende Information Angst vor Medieneinsatz Zufriedenheit mit dem Erreichten
Vergleich der Kompetenzen von Jüngeren und Älteren (IAB-Betriebspanel 2002)
Weiterbildung und Wissensmanagement bei alternden Belegschaften
Rolle und Bedeutung des Wissensmanagements • Humankapital der Beschäftigten ist untrennbar mit ihnen verbunden • Betriebsspezifisches Wissen, das durch den Weggang von Mitarbeitern verloren geht, kann nicht durch Neueinstellungen ersetzt werden.
Beschäftigung von Älteren (CVTS 2005) • 35 % der Unternehmen schätzen die Möglichkeiten schlecht ein, die vorzeitigen Betriebsaustritte der älteren Beschäftigten durch die Einstellung jüngerer Beschäftigter auszugleichen. 30 % sehen dafür gute Möglichkeiten. • Von den Unternehmen, die schlechte Möglichkeiten sehen, geben 49 % an, dass die Arbeitskräfte nicht passgenau qualifiziert sind und 34 % der Unternehmen finden das Arbeitskräfteangebot nicht ausreichend.
Erfahrungswissen – was ist das? • Entwickeltes berufliches Handlungswissen: • umfangreiches, deklaratives Fachwissen • Implizites Wissen über Wirkzusammenhänge – „Tacit knowledge“ • Erfahrungswissen bezieht sich auf: • Sachverhalte… Wissen, dass (Material, Kunden) • Procedurales Wissen… Wissen, wie (Abläufe, Projekte) • Erfahrungswissen ist nicht gleichzusetzen mit: • Einüben und Kenntnis routinisierter Abläufe • Geschicklichkeit und Fingerfertigkeit Quelle: Koller und Plath 2000
Barrieren des Wissenstransfers • die Art des zu transferierenden Wissens • Barrieren beim Wissensempfänger • Barrieren bei der Wissensübertragung • betriebliche Arbeits- und Personalpolitik • Unternehmenskultur
Verbreitung von Konzepten der Wissensweitergabe Quelle: Becker et al. 2004
Zunehmende Bedeutung der Älteren aufgrund der Demografie und des Trends zur Wissensgesellschaft (Fachkräftebedarf). • Im internationalen Vergleich ist die Weiterbildungsbeteiligung in Deutschland nach wie vor unterdurchschnittlich • Weiterbildungsabstinenz bei KMU, Geringqualifizierten und Älteren • Große Wertschätzung der Älteren durch die Betriebe • Lebenslanges Lernen verhindert Lernentwöhnung • Wissensmanagement wird als Bestandteil der alternsorientierten Personalpolitik an Bedeutung gewinnen • Wissensverlust bei Weggang Älterer nur teilweise ersetzbar
Generelle Maßnahmen • Ausbau informeller Lernaktivitäten, bei denen von geringeren Zugangshürden ausgegangen wird • Intensivierung von Beratungsleistungen, die über die Angebote und den Nutzen von Weiterbildung informieren • Weiterbildungsverbünde • Spezielle Weiterbildungsangebote für bildungsferne Gruppen
Ansatzpunkte zur Förderung der Weiterbildung • Beratungsleistungen zu Angeboten und Nutzen der Weiterbildung und Herausforderungen des demografischen Wandels • Spezielle Weiterbildungsangebote für bildungsferne Gruppen • Ausbau arbeitsintegrierter, informeller Lernformen (geringere Zugangshürden, gerade auch für KMU und bildungsferne Gruppen) • Finanzielle Fördermaßnahmen, z.B. WeGebAU, Weiterbildungsprämie
Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen (WeGebAU) • Ziel: Erwerb beruflicher Qualifikationen für den allgemeinen Arbeitsmarkt • für Betriebe mit weniger als 250 Beschäftigte • Übernahme der Kosten externer Maßnahmen für 45+ • zusätzlicher Zuschuss zum Arbeitsentgelt bei Geringqualifizierten • Förderung der beruflichen Weiterbildung bei Vertretung
Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen (WeGebAU) • Ziel: Erwerb eines Berufsabschlusses, Teilqualifizierung • Zielgruppe: Beschäftigte jünger als 45 Jahre • für Betriebe mit weniger als 250 Beschäftigte • Maßnahme kann intern und extern stattfinden • Zuschuss zum Arbeitsentgelt • 220 Weiterbildungsberater
Fazit • Fördermaßnahmen zielen genau auf Problemgruppen. • Weiterbildungsberater helfen Informationsdefizite vor allem bei KMU zu beseitigen. • Nicht nur Alterung der Erwerbsbevölkerung erfordert stärkeres betriebliches Weiterbildungsengagement, das differenziert mit dem IAB-Betriebspanel untersucht werden wird.
Einstellungsbereitschaft und – bedingungen der Betriebe gegenüber älteren Bewerbern 2002
Ergebnisse der Probit-Schätzung abhängige Variable: Einbeziehung Älterer in betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen (1 = ja; 0 = nein)
Strategien gegen Fachkräftemangel • Zuwanderung steigern • Bildungsexpansion insgesamt, berufliche Ausbildung verstärken • mehr Weiterbildung
Mehr Fachkräfte durch gezielte Zuwanderung? Quelle: Migrationsbericht 2005