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Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen. Dr. C. Luckhaus. ICD-10 F: Psychische und Verhaltensstörungen. F0 Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen
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Neurotische, Belastungs- und somatoforme StörungenVerhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen Dr. C. Luckhaus
ICD-10 F: Psychische und Verhaltensstörungen F0 Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen F1 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen F2 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen F3 Affektive Störungen F4 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen F5 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren F6 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen F7 Intelligenzminderung F8 Entwicklungsstörungen F9 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend F99 Nicht näher bezeichnete psychische Störungen
Operationalisierte psychiatrische Diagnostik • Explizite Vorgabe psychopathologischer Ein- und Ausschlusskriterien einschließlich Anforderungen an das zeitliche Bestehen und den Verlauf • diagnostische Entscheidungs- und Verknüpfungsregeln • Phänomenologisch-symptomorientierte Störungsbeschreibung weitgehend frei von theoretischen und ätiologischen Annahmen • Komorbiditätskonzept als Abkehr von K. Jaspers Hierarchiekonzept: Es sind so viele psychiatrische Diagnosen zu verschlüsseln, wie für die Beschreibung des gesamten klinischen Bildes notwendig: Gewichtung von Haupt- und Nebendiagnosen
Moderne psychiatrische Klassifikationssysteme Zielsetzungen • „Statistische internationale Klassifikation als epidemiologische Forschungsgrundlage“ • Sytematisierung empirischen Wissens • Oberfächliche Ähnlichkeitsrelationen sollen grundlegendere Relationen mit höherem Erklärungswert ersetzt werden. • Keine obligate Annahme von Krankheitseinheiten, Kategorisierung auch im Sinne von praktischen Prototypen • Ökonomisierung des Informationsflusses durch Verdichtung und Enkodierung relevanter Informationen
ICD 10 Kapitel F3 und F4:Affektive (F3) bzw. neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen (F4) • Traditionelle Unterscheidung von reaktiver, neurotischer und endogener Depressionaufgegeben zugunsten einer Operationalisierung nach Verlaufs-,Schweregrad- und Belastungs-Kriterien. • Klassischer Neurosebegriff nicht mehr verwendet, stattdessen „neurotische Störungen“.
ICD 10 Kapitel F5:Verhaltensauffälligkeiten in Verbindung mit körperlichen Störungen und Faktoren Deskriptive Kategorisierung von: psychosomatischen und somatopsychischen Störungen, psychischen Störungen im Wochenbett, Missbrauchssyndromen nicht-abhängigkeitserzeugender Substanzen.
“Neurose“ William Cullen (1769) Störung der Sinne und Bewegung ohne Fieber und Lokal-befund (ohne bekannte organische Ursache). u.a. Koma, Epilepsie, Asthma, Hypochondrie Jean-Martin Charcot (1825-93) Hysterie - Prototyp der Neurose: Ausdruck einer funktionellen, physiologischen Störung des Nervensystems Sigmund Freud (1895)„Psychoneurose“ (Hysterie, Zwangsvorstellungen) bedingt durch psychogene Mechanismen (aktualisierte Erinnerung an ein reales sexuelles Trauma oder eine entsprechende Phantasie)
Neurotische Störungen – Klassische Erklärungsmodelle • Konfliktmodell (Psychoanalyse, Tiefenpsychologie) Auslöser aktueller Konflikt Angst Regression Reaktualisierung infantiler (unbew.) Konflikt verstärkte Angst Abwehr Misslingen der „Verdrängung“ neurot. Kompromiss zw. Konfliktanteilen Symptombildung, primärer und sekundärer Krankheitsgewinn • Lernmodell (Lernpsychologie) Lerngeschichte verfehlte Lernvorgänge Symptom symptomerhaltende Lernvorgänge Symptomchronifizierung • Defizitmodell Frühe Störung (z.B. Trauma, Deprivation) Entwicklungsschaden („Ich-Defekt“) Persistenz oder Ersatzbildung Symptom
Neurotische Störungen – Klassische Therapiemodelle • Konfliktmodell (Psychoanalyse, Tiefenpsychologie)Therap. Beziehung therap. Regression Übertragung Bewusstmachung, Analyse des infantilen unbew. Konflikts Angstreduktion Auflösung des neurot. Kompromisses Symptomreduktion • Lernmodell (Verhaltenstherapie, kogn.-behav. Th.)Verhaltens- und Kognitionsanalyse Reizkonfrontation, Rollenspiel, Training sozialer Kompetenzen, Entspannungs-methoden, kognitive Umstrukturierung, etc. Symptomreduktion • DefizitmodellAffektkontrollstörung Dialektisch-behaviorale. Th. (n. Linehan)Posttraumat. Belastungsstörung Adaptierte Traumatherapie
Neurobiologische Hypothesen zur Ätiologie neurotischer Störungen (1) Neurotransmitter haben potentiell Einfluss auf 3 Grunddimensionen der Persönlichkeit (n. Cloninger) • Dopaminerges System - „novelty seeking“ (Explorationsverhalten, Neugierde) • Serotonerges System - „harm avoidance“ (Vermeidungsverhalten gegenüber negativen Stimuli) • Noradrenerges System - „reward dependence“ (Abhängigkeit von Belohnung)
Neurotische Störungen – Aktuelles Erklärungsmodell(Drei-Faktoren-Modell n. Margraf, 1996) • Prädisposition, Vulnerabilität: Bestehende genetische, somatische, psychische oder soziale Merkmale machen das Auftreten einer Störung möglich bzw. wahrscheinlicher. • Auslösende Bedingungen: Somatische, psychische oder soziale Bedingungen (Belastungen, Erfahrungen, Ereignisse, „Stress“) führen auf dem Boden der individuellen Vulnerabilität zur Erstmanifestation. • Aufrechterhaltende Bedingungen: Anhaltende Belastung oder Fehlreaktionen (des Betroffenen oder der Umgebung) verhindern die Remission und führen zur Chronifizierung.
Neurotische Störungen – Aktuelles Therapiemodell • Bio-Psycho-Soziale Entität • Psychopharmakotherapie • Psychotherapie • Soziotherapie • Psychotherapieforschung: Bester Prädiktor für Therapieerfolg ist die Qualität der therapeutischen Beziehung Störungsspezifische, schulenübergreifende Integration der verschiedenen Therapieansätze
ICD-10 F: Psychische und Verhaltensstörungen F0 Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen F1 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen F2 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen F3 Affektive Störungen F4 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen F5 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren F6 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen F7 Intelligenzminderung F8 Entwicklungsstörungen F9 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend F99 Nicht näher bezeichnete psychische Störungen
F4 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen F40 Phobische Störung F40.0 Agoraphobie F40.00 Ohne Angabe einer Panikstörung F40.01 Mit Panikstörung F40.1 Soziale Phobien F40.2 Spezifische (isolierte) Phobien F40.8 Sonstige phobische Störungen F41 Andere Angststörungen F41.0 Panikstörung [episodisch paroxysmale Angst] F41.1 Generalisierte Angststörung F41.2 Angst und depressive Störung, gemischt F41.3 Andere gemischte Angststörungen F41.8 Sonstige spezifische Angststörungen F42 Zwangsstörung F42.0 Vorwiegend Zwangsgedanken oder Grübelzwang F42.1 Vorwiegend Zwangshandlungen [Zwangsrituale] F42.2 Zwangsgedanken und -handlungen, gemischt F42.8 Sonstige Zwangsstörungen
F4 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen F43.0 Akute Belastungsreaktion F43.1 Posttraumatische Belastungsstörung F43.2 Anpassungsstörungen F43.8 Sonstige Reaktionen auf schwere Belastung F44 Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen) F44.0 Dissoziative Amnesie F44.1 Dissoziative Fugue F44.2 Dissoziativer Stupor F44.3 Trance- und Besessenheitszustände F44.4 Dissoziative Bewegungsstörungen F44.5 Dissoziative Krampfanfälle F44.6 Dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen F44.7 Dissoziative Störungen, gemischt F44.8 Sonstige dissoziative Störungen F44.80 Ganser-Syndrom F44.81 Multiple Persönlichkeit(sstörung) F44.82 Transitorische dissoziative Störungen in Kindheit und Jugend F44.88 Sonstige dissoziative Störungen
F43: Skala psychosozialer Belastungen (Erwachsene) akut (Typ I)chronisch (Typ II) leicht Verlust einer Freundschaft, Familienstreitigkeiten, Verlassen des Elternhauses, Unzufriedenheit m. Arbeitsplatz, Ausbild.beginn, -abschluss Im Umfeld hoher Kriminalität mittel Heirat, Partnerprobleme, Trennung vom Partner, Alleinerziehend, Fehlgeburt, Finanzielle Probleme, Arbeitsplatzverlust, Berentung Konflikt m. Vorgesetztem schwer Scheidung, Arbeitslosigkeit, Erste Geburt Armut extrem Tod des Partners, Schwere körperliche schwer Diagnose einer schweren Erkrankung (eigene, Kind), körperlichen Erkrankung, Anhaltende Misshandlung, Vergewaltigung Sexueller Missbrauch katastophal Tod eines Kindes, Geiselhaft Suizid des Partners, Konzentrationslagerhaft Verheerende Naturkatastrophe (nach DSM-III-R, Achse IV)
F43.0 Akute Belastungsreaktion • Stressorkriterium • Außergewöhnliche psychische oder physische Belastung • Zeitkriterium • Symptomatik unmittelbar nach Belastung (Minuten) • Wegfall Belastung schnelle Remission (Stunden) • Weiterbelastung weitgehende Remission nach max. 3 Tagen • Symptomatik • Initiale „Betäubung“, dann Depression, Angst, Ärger, Verzweiflung, Hyperaktivität oder Rückzug • Ausschlusskriterium • Keine Exazerbation einer vorbestehenden psychischen Störung (außer Persönlichkeitsstörung)
F43.1 Posttraumatische Belastungsstörung • Stressorkriterium • Kurz oder lang anhalt. Ereignis außergewöhnlicher Schwere • Zeitkriterium • Symptomatik innerhalb von 6 Monaten • Bei typischer Symptomatik und Ausschluss anderer psychischer Störungen auch Latenz von mehr als 6 Monaten • Symptomatik • Intrusionen des Ereignisses in Flashbacks, Tag-, Nachtträumen • Vermeidungsverhalten (Themen, Orte) seit dem Ereignis • Anhaltende Hypervigilanz mit Ein- und Durchschlafstörungen, Reizbarkeit und Wutausbrüche, Konzentrationsschwierigkeiten, erhöhte Schreckhaftigkeit • Verlauf • Bis zu 2 Jahren. Symptomatik > 2 J. F62.0 Andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung
F43.2 Anpassungsstörung • Stressorkriterium • entscheidende Lebensveränderung, belastendes Lebensereignis, nach schwerer körperlicher Erkrankung, Unversehrtheit des sozialen Netzes, der sozialen Werte beeinträchtigt • Zeitkriterium • Symptomatik innerhalb eines Monats • Symptomatik typisch bis 6 Monate, selten länger • Symptomatik • F43.20 Kurze depressive Reaktion (< 1 Monat) • F43.21 Längere depressive Reaktion (< 2 Jahre) • F43.22 Angst und depressive Reaktion gemischt • F43.23 Vorwiegende Beeinträchtigung anderer Gefühle • F43.24 Vorwiegende Störung des Sozialverhaltens • F43.22 Vorwiegende Störung von Gefühlen u. Sozialverhalten • Ausschlusskriterium • F3, F91 (KJP: Störungen des Sozialverhaltens)
F43 Prävalenzen • Akute Belastungsreaktion14% nach Verkehrsunfall mit leichtem SHT (PunktP.) 33% nach Überfall mit Schusswaffengebrauch (PunktP.) • Posttraumatische Belastungsstörung7,8 % (5,0% Männer, 10,4% Frauen) (LebenszeitP.) 3 Monate nach Vergewaltigung: 47% (PunktP.) 15 Jahre nach Vergewaltigung: 16,5% (PunktP.) Unerwarteter Tod eines Angehörigen: 30% (PunktP.) • Anpassungsstörung4,9% (5-Jahres-P.) Verlauf: 81% einmalig, 6,9% rezidivierend, 12,1% chronisch 13 – 65% bei Patienten mit Suizidversuch
F43 Therapie • Psychotherapeutische Krisenintervention, Fokal- oder Langzeittherapie • Psychopharmakotherapie • Antidepressiva (Depression, Suizidalität, Schlafstörung) • Tranquilizer, Anxiolytika (Suizidalität, Angst, Schlafstörung) • Sedierende Neuroleptika (Schlafst., Erregung, Aggressivität) • Hypnotika (massive Schlafstörung) • Soziotherapie
F4 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen F43.0 Akute Belastungsreaktion F43.1 Posttraumatische Belastungsstörung F43.2 Anpassungsstörungen F43.8 Sonstige Reaktionen auf schwere Belastung F44 Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen) F44.0 Dissoziative Amnesie F44.1 Dissoziative Fugue F44.2 Dissoziativer Stupor F44.3 Trance- und Besessenheitszustände F44.4 Dissoziative Bewegungsstörungen F44.5 Dissoziative Krampfanfälle F44.6 Dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen F44.7 Dissoziative Störungen, gemischt F44.8 Sonstige dissoziative Störungen F44.80 Ganser-Syndrom F44.81 Multiple Persönlichkeit(sstörung) F44.82 Transitorische dissoziative Störungen in Kindheit und Jugend F44.88 Sonstige dissoziative Störungen
F44 Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen) • Dissoziation: • Teilweiser oder völliger Verlust der normalen psychischen Integrationsfähigkeit in bezug auf: • Erinnerungen an die Vergangenheit • Identitätsempfinden • Trancephänomene • unmittelbares Empfinden u. Kontrolle von Körperbewegungen • Konversion: • Unwillkürlicher, psychogener Verlust oder Veränderung einer körperlichen Funktion • organisches Krankheitsbild nahegelegt (oft pseudoneurologische Symptomatik) • Zeitlicher Zusammenhang mit psychosozialer Belastung bzw. innerseelischem Konflikt (Symptom als Symbol)
F4 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen F45 Somatoforme Störungen F45.0 Somatisierungsstörung F45.1 Undifferenzierte Somatisierungsstörung F45.2 Hypochondrische Störung F45.3 Somatoforme autonome Funktionsstörung F45.30 Nicht näher bezeichnetes Organ oder System F45.31 Herz und Kreislaufsystem(Herzneurose) F45.32 Oberes Verdauungssystem(Dyspepsie, Pylorospasmen) F45.33 Unterer Verdauungssystem(Colon irritabile, Diarrhoe) F45.34 Atmungssystem (Hyperventilation, Aerophagie) F45.35 Urogenitalsystem(Dysurie, erhöhte Miktionshäufigkeit) F45.38 Sonstige Organe und Systeme F45.39 Mehrere Organe und Systeme F45.4 Anhaltende somatoforme Schmerzstörung (Psychalgie, Kopfschmerz, Rückenschmerz) F45.8 Sonstige somatoforme Störungen (Dysphagie, Pruritus, Tortikollis, Zähneknirschen) F48 Andere neurotische Störungen F48.0 Neurasthenie(Chronic Fatigue Syndrom) F48.1 Depersonalisations- und Derealisationssyndrom F48.8 Sonstige neurotische Störungen (Psychogene Synkope)
F45 Somatoforme Störungen • Wiederholte Darbietung körperlicher Symptome ohne ausreichende körperliche Erklärung • Hartnäckige Forderung nach medizinischen Unter-suchungen trotz wiederholter negativer Befunde Cave: Iatrogene Fixierung und Chronifizierung! • Hartnäckige Weigerung, den Rat oder die Versicherung mehrerer Ärzte anzunehmen, dass für die Symptomatik keine körperliche Erklärung zu finden ist. • Häufig besteht ein Aufmerksamkeit suchendes Verhalten. • Beeinträchtigung familiärer und sozialer Funktionen
F45.0 Somatisierungsstörung • Multiple und häufig wechselnde körperliche Symptome > 2 Jahre ohne ausreichende somatische Erklärung
F45.2 Hypochondrische Störung • Anhaltende Überzeugung vom Vorhandensein einer oder mehrerer ernsthafter körperlicher Erkrankungen als Ursache für vorhandene Symptome ohne ausreichende somatische Erklärung oder Anhaltende Beschäftigung mit einer vermuteten Entstellung ohne ausreichende somatische Erklärung
F45.3 Somatoforme autonome Funktionsstörung • Symptome werden so geschildert, als beruhten sie auf der Erkrankung eines Organs oder eines Organ-systems, das weitgehend vegetativ innerviert wird: Häufig: Kardiovaskuläres, respiratorisches, gastrointestin. System • Zusätzlich Symptome einer vegetativen Dysregulation: Herzklopfen, Schwitzen, Zittern, ... • Intensive Beschäftigung mit einer vermuteten ernsthaften Erkrankung des betreffenden Organsystems • Keine ausreichende somatische Erklärung
F45.4 Anhaltende somatoforme Schmerzstörung • Anhaltender, schwerer und quälender Schmerz ohne ausreichende Erklärung durch physiologische Prozesse oder körperliche Störungen • Der Schmerz tritt in Verbindung mit emotionalen oder psychosozialen Belastungen auf.
F45 Prävalenzen • F45 20% der Patienten einer Allgemeinarztpraxis • F45.0 Somatisierungsstörung 2,8% der Bevölkerung (PunktP.) • F45.1 Undifferenzierte Somatisierungsstörung 10% der Bevölkerung (PunktP.) • F45.2 Hypochondrische Störung 5 - 20% der Patienten einer Allgemeinpraxis (PunktP.) 25% der Patienten psychosomatischen Klinik (PunktP.) • F45.3 Somatoforme autonome Störung – Kardiovaskulär ? – Respiratorisch ? – Gastrointestinal 20% der Bevölkerung (PunktP.) • F45.4 Somatoforme Schmerzstörung 9% der Patienten einer psychiatr. Ambulanz (PunktP.)
F45 Behandlungsempfehlung Primärarzt: • Klare Diagnosestellung • Validierung des Leidensdrucks des Patienten • Aufklärung über die Natur der Störung, erste Angebote eines psychosomatischen Krankheitsverständnisses • Antidepressiva, keine Neuroleptika, Cave Tranquilizer Überweisung an Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, wenn / bei • Keine Besserung nach 6 Monaten psychosomatischer Grundversorgung • Arbeitsunfähigkeit > 4 Wochen • Vorliegen einer anderen, akuten psychischen Störung • Primäre Psychotherapiemotivation des Patienten
F5 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren F50 Essstörungen F50.0 Anorexia nervosa F50.1 Atypische Anorexia nervosa F50.2 Bulimia nervosa F50.3 Atypische Bulimia nervosa F50.4 Essattacken bei anderen psychischen Störungen F50.5 Erbrechen bei anderen psychischen Störungen F50.8 Sonstige Essstörungen F51 Nichtorganische Schlafstörungen F51.0 Nichtorganische Insomnie F51.1 Nichtorganische Hypersomnie F51.2 Nichtorganische Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus F51.3 Schlafwandeln [Somnambulismus] F51.4 Pavor nocturnus F51.5 Albträume [Angstträume] F51.8 Sonstige nichtorganische Schlafstörungen
F5 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren F52 Sexuelle Funktionsstörungen, nicht verursacht durch eine organische Störung oder Krankheit F52.0 Mangel oder Verlust von sexuellem Verlangen F52.1 Sexuelle Aversion und mangelnde sexuelle Befriedigung F52.2 Versagen genitaler Reaktionen F52.3 Orgasmusstörung F52.4 Ejaculatio praecox F52.5 Nichtorganischer Vaginismus F52.6 Nichtorganische Dyspareunie F52.7 Gesteigertes sexuelles Verlangen F52.8 Sonstige sexuelle Funktionsstörungen, nicht verursacht durch eine organische Störung oder Krankheit F53 Psychische oder Verhaltensstörungen im Wochenbett, anderenorts nicht klassifiziert F53.0 Leichte psychische und Verhaltensstörungen im Wochenbett, anderenorts nicht klassifiziert F53.1 Schwere psychische und Verhaltensstörungen im Wochenbett, anderenorts nicht klassifiziert F53.8 Sonstige psychische und Verhaltensstörungen im Wochenbett, anderenorts nicht klassifiziert
F5 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren F54 Psychologische Faktoren oder Verhaltensfaktoren bei anderenorts klassifizierten Krankheiten (Asthma, Colitis ulcerosa, Dermatitis, Magenulkus, Mukomembranöse Kolitis, Urtikaria) F55 Schädlicher Gebrauch von nichtabhängigkeitserzeugenden Substanzen F55.0 Antidepressiva F55.1 Laxanzien F55.2 Analgetika F55.3 Antazida F55.4 Vitamine F55.5 Steroide und Hormone F55.6 Pflanzen oder Naturheilmittel F55.8 Sonstige Substanzen
F50.0 Anorexia nervosa • Diagnosekriterien: • Untergewicht (> 15% d. Normgewichts) od. BMI < 17,5 • Gewichtsverlust selbst herbeigeführt durch: Vermeidung hochkalorischer Speisen und Selbst induziertes Erbrechen u./o. Selbst induziertes Abführen u./o. Gebrauch von Appetitzüglern oder Diuretika • Körperschema-Störung • bei Frauen: Amenorrhoe
F50.2 Bulimia nervosa • Diagnosekriterien: • Essattacken • Versuche, dem dickmachenden Effekt der Nahrung entgegenzusteuern mit Maßnahmen wie bei A.n. • teils über-, normal- oder untergewichtig • überwertige Furcht, zu dick zu werden
F50.0, F50.2 Prävalenzen • Überwiegend Frauen betroffen (12:1) • Hauptrisikoalter: 15-35 J. • Punktprävalenz für A.n. 0,4 - 1,5%, für B.n. 0,5 - 3% • Typische Risikogruppen für A.n.: Balletttänzerinnen, Models • Bei A.n. Mortalität im Langzeitverlauf (10-20 J.): 10-20% • Bei A.n. gehäufte Komorbidität mit Zwangsstörung • Bei B.n. oft Komorbidität mit Depression oder Sucht
F50.0, F50.2 Therapie • Verhaltenstherapie • körperorientierte Therapieverfahren • bei Anorexia nervosa: • evtl. Familientherapie • evtl. atypisches Neuroleptikum (off-label) • bei Bulimia nervosa: • evtl. suchtspezifische Psychotherapie • evtl. Antidepressivum (off-label) • evtl. Appetitzügler Sibutramin (off-label)
Literatur • Gaebel W, Müller-Spahn F (2002) Diagnostik und Therapie psychischer Störungen. Kohlhammer, Stuttgart • Möller H-J, Laux G, Kapfhammer H-P (2004) Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Berlin • Berger M. (2003): Psychische Erkrankungen - Klinik und Therapie. Urban & Fischer, München • Hoffmann SO, Hochapfel G (1999) Neurosenlehre, psychotherapeutische und psychosomatische Medizin. Schattauer, Stuttgart • AWMF Leitlinien unter http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF