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WuV -Kurs Sachen- und Zivilprozessrecht , 16.06.2014. PD Dr. Sebastian A.E. Martens, M.Jur . ( Oxon .). Die Hypothek – Ausgewählte Probleme Die Akzessorietät
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WuV-Kurs Sachen- und Zivilprozessrecht, 16.06.2014 PD Dr. Sebastian A.E. Martens, M.Jur. (Oxon.)
Die Hypothek – Ausgewählte Probleme • Die Akzessorietät Fall 1:A möchte auf seinem Grundstück ein Haus bauen und hat sich deshalb an die B-Bank mit der Bitte um ein Darlehen gewandt. Die B-Bank möchte den Kredit nur gegen eine Hypothek gewähren. A und B werden sich einig, und es wird für B eine Hypothek im Grundbuch eingetragen. Bevor B die erste Rate auszahlt, entdeckt A aber ein günstigeres Angebot der C-Bank, die freilich auch nur gegen eine erstrangige Hypothek zahlen will. A meint, dass er ja eine Eigentümergrundschuld habe, die er verwenden könne. Er verlangt von B, einer Berichtigung des Grundbuchs zuzustimmen. Muss B dem Verlangen des A entsprechen?
Fall 2:Der Maurermeister M hat fleißig an dem Haus des E mitgewerkelt. Beauftragt hatte ihn der Architekt A, der die Verträge zum Bau als Vertreter des E für diesen abgeschlossen hatte. Zugunsten des M ist für seine Werklohnforderungen eine Hypothek (§ 648) an dem Grundstück des E bestellt worden. Nun stellt sich freilich heraus, dass A gar keine Vollmacht zum Abschluss der Bauverträge besessen hatte. A und E sind beide pleite. M ist gleichwohl nicht ganz verzweifelt, weil er meint, dass er sich doch zumindest wegen seiner Bereicherungsansprüche aus der Hypothek befriedigen könne. Hat er recht?
II. Der gutgläubige Zweiterwerb • Bei bestehender Forderung • Bei einer Buchhypothek nach § 892 BGB; • Bei einer Briefhypothek: • § 892 nicht anwendbar, da Übertragung gerade außerhalb des Grundbuchs. • § 1155 S. 1 erklärt aber §§ 891 bis 899 für ent-sprechend anwendbar, wenn der Besitzer des Hypo-thekenbriefssein Gläubigerrecht aus einer zusam-menhängenden, auf einen eingetragenen Gläubiger zurückführenden Reihe von öffentlich beglaubigten Abtretungserklärungen herleiten kann.
Fall 1: E bestellt seiner reichen Tante T eine Brief-hypothek für eine Darlehensforderung. Deren Putzhilfe P findet den Brief zufällig beim Sauber-machen. P scheint die Gelegenheit günstig. Sie fälscht eine notariell beglaubigte Abtretungs-urkunde an sich selbst und tritt die Forderung dann schriftlich unter Übergabe des Hypo-thekenbriefes an den nichtsahnenden D ab. Kann D aus der Hypothek gegen E vorgehen?
Fall 2: E bestellt dem A für eine Darlehensforderung in Höhe von 100.000 € eine Briefhypothek an seinem Grundstück. A zediert die Forderung mittels öffentlich beglaubigter Erklärung an B, B handschriftlich weiter an C. C tritt die Forderung dann wiederum in öffentlich beglaubigter Form an den unerkannt geisteskranken D ab, der sie dann ebenfalls in dieser Form an den X abtritt. X wiederrum tritt die Forderung an Z ab, der nun aus der Hypothek in das Grundstück des E vollstrecken möchte. Zurecht?
Fall 3: E bestellt seinem unerkannt geschäftsunfähigen Kumpel K für eine Darlehensforderung in Höhe von 10.000 € eine Briefhypothek. K tritt die Forderung mit notariell beglaubigter Erklärung unter Übergabe des Briefs an A ab, der sich vor lauter Freude verschluckt und prompt verstirbt. Sein Alleinerbe B tritt die Forderung handschriftlich und unter Übergabe des Briefs an C ab. Kann C aus der Hypothek vorgehen?
2. Bei fehlender Forderung • Ein gutgläubiger Forderungserwerb ist grds. aus-geschlossen. • Da die Hypothek akzessorisch zur Forderung ist, fingiert § 1138 einen gutgläubigen Erwerb „auch in Ansehung der Forderung“. • § 1138 führt nur zu einem Erwerb einer „forder-ungsentkleideten“ Hypothek; der Hypotheken-gläubiger erhält keinen schuldrechtlichen Anspruch! Beispiel:A hat zur Sicherung eines Darlehens eine Hypothek an seinem Grundstück für B bestellt. Als A das Darlehen zurückgezahlt hat, tritt B die Hypothek formgerecht an den nichtsahnenden X ab. Kann X Zahlung verlangen?
3. Doppelmangel • Wenn die Hypothek unwirksam ist und auch keine Forderung besteht, muss ein „doppelter“ gutgläubiger Erwerb der Hypothek (!) geprüft werden: §§ 1138, 892 wegen der Forderung und §§ 1155, 892 wegen der Hypothek. Beispiel:A hat dem B eine Briefhypothek zur Sicherung einer Darlehensforderung bestellt. B hat die Briefhypo-thekan C, C an D und D an E, jeweils in öffentlich beglaubigter Form abgetreten. Nun stellt sich heraus, dass C leider schon eine Weile unerkannt geisteskrank ist.Wer ist nun Inhaber der Hypothek und wer Inhaber der Forderung?
Zwei mögliche Lösungen: • „Einheitstheorie“: Entgegen § 404 erwirbt der gutgläubige Erwerber der Hypothek auch die Forderung. Gemäß § 1153 II analog soll die Forderung von der Hypothek „mitgerissen“ werden. • „Trennungstheorie“: § 1138 fingiert den Forderungserwerb nur für die Hypothek; im Übrigen geht das Gesetz aber von einer möglichen Trennung aus. Der Schuldner ist wirksam geschützt, da er nur Zug um Zug gegen Rückgabe des Hypothekenbriefs zahlen muss (§§ 1160, 1161).
V. Einwendungen und Einreden Der Eigentümer kann sich gegen eine Inanspruch-nahme aus der Hypothek nach § 1147 mit den ihm zustehenden Einwendungen und Einreden wehren: • Dingliche Einwendungen gegen die Hypothek (Hypothek nicht entstanden oder erloschen) • Einwendung der fehlenden bzw. nichtigen Forderung (§ 1163 I) • Eigene Einreden aus dem Verhältnis des Eigentümers zum Gläubiger (§ 1157) • Einreden aus dem Forderungsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner (§§ 1137, 770, aber 216 I!)
Einreden bei Übertragung der Hypothek • Grds. bestehen die Einreden nach Übertragung fort (vgl. § 1157) • Ausnahme § 1156: §§ 406 bis 408 gelten für die Hypothek nicht. • Ein gutgläubiger einredefreier Erwerb ist möglich: • bei rechtshindernden oder rechtsvernichten-den Einwendungen nach § 892 oder § 1155; • bei Einreden gegen die Hypothek aus §§ 1157 S. 1, 892; • bei Einreden aus dem Forderungsverhältnis (§ 1137) aus §§ 1138, 892.
Beispiel:K hat von V ein Haus gekauft und übertragen bekommen. Zur Sicherheit für den Kaufpreis hat K dem V eine Hypothek an dem Grundstück bestellt. K und V haben vereinbart, dass die Kündigung der Hypothek in den ersten fünf Jahren ausgeschlossen sein soll. Dies wurde jedoch nicht in das Grundbuch eingetragen. Nach kurzer Zeit entdeckt K Schwamm im Dach des Hauses, der den Wert erheblich mindert. Als er sich deswegen an V wendet, bekommt dieser kalte Füße und veräußert seine Kaufpreisforderung und die Hypothek schnell an seine Hausbank H, die von allem nichts ahnt. Wie ist die Rechtslage?
VI. Zahlungen an den Gläubiger • Zahlungen des Schuldnereigentümers • Die Forderung erlischt (§ 362 I); die Hypothek geht auf den Eigentümer über (§ 1163 I 2) und wird zur Eigentümergrundschuld (§ 1177 I). • Anspruch auf Grundbuchberichtigung (§ 894) und Rückgabe des Hypothekenbriefs (§ 1144) • Zahlungen des Schuldners, der nicht Eigentümer des belasteten Grundstücks ist • Es gilt grds. dasselbe wie bei einer Zahlung durch einen Schuldnereigentümer. • Wenn der Schuldner Ersatz vom Eigentümer verlangen kann, greift § 1164 ein.
Zahlungen des Eigentümers, der nicht Schuldner der persönlichen Forderung ist • Gemäß § 1142 I ist der Eigentümer berechtigt, den Gläubiger zu befriedigen, um so die Verwertung seines Grundstücks zu verhindern. • Die Forderung geht dann nach § 1143 I 1 (cessiolegis)auf den Eigentümer über.
Fall: S hat Schulden, aber auch jede Menge guter Freunde. Als er ein neues Darlehen bei seinem Kreditinstitut K aufnehmen will, sichert E dieses Darlehen durch eine Hypothek an seinem Grundstück. B verbürgt sich für die Schuld und P verpfändet seine wertvolle Armbanduhr. Als S das fällige Darlehen nicht mehr bedienen kann, zahlt E es schnell zurück. Welche Rechte hat E nun gegen B und P?
Zahlungen des Eigentümers, der nicht Schuldner der persönlichen Forderung ist • Gemäß § 1142 I ist der Eigentümer berechtigt, den Gläubiger zu befriedigen, um so die Verwertung seines Grundstücks zu verhindern. • Die Forderung geht dann nach § 1143 I 1 (cessiolegis)auf den Eigentümer über. • Die Hypothek geht ebenfalls gemäß § 1153 I auf den Eigentümer über und wird zur Eigentümer-hypothek (§ 1177 II, siehe auch § 1197 I!) • Wenn der Eigentümer im Innenverhältnis gegenüber dem Schuldner zur Zahlung verpflichtet war, greifen §§ 1143 I 2, 774 I 3 ein. • Bei Zahlungen durch Dritte gelten §§ 267 f.!
VII. Die Verwertung • Die Hypothek begründet keine Leistungsschuld des Eigentümers, sondern nur einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung (§ 1147). • Der Anspruch muss mittels Klage durchgesetzt werden. Die Klage ist begründet, wenn • der Kläger Inhaber der Hypothek ist; • die Hypothek fällig ist (richtet sich nach Forderung); • der Eigentümer keine Einreden geltend machen kann. • Die Verwertung erfolgt durch Zwangsversteigerung (§§ 15 ff. ZVG) oder Zwangsverwaltung (§§ 146 ff. ZVG).
Haftungsgegenstände: Neben dem Grundstückhaften gemäß §§ 1120 ff. noch weitere Gegenstände, die mit dem Grundstück eine wirtschaftliche Einheit bilden: • Gemäß § 1120: Zubehör und Bestandteile.
Beispiel:Die B-Bank besitzt eine Hypothek an dem Grundstück des Unternehmens U, auf dem auch die Firmengarage steht. In der Garage sind die Lkw untergebracht, die U für seine Unternehmungen benötigt. Fünf dieser Wagen hat U kürzlich von V unter Eigentumsvorbehalt gekauft. In der Folge zahlt U den Kaufpreis in Raten an V zurück. Vor der Zahlung der letzten Rate heben U und V einver-nehmlich das Anwartschaftsrecht des U auf. V überträgt dann das Eigentum an den fünf Lkw an seine Bank X. Als U später insolvent wird und B die Lkw verwerten will, erhebt X eine Drittwider-spruchsklage. Ist diese Klage begründet?
Haftungsgegenstände: Neben dem Grundstückhaften gemäß §§ 1120 ff. noch weitere Gegenstände, die mit dem Grundstück eine wirtschaftliche Einheit bilden: • Gemäß § 1120: Zubehör und Bestandteile. • Gemäß § 1123 Miet- und Pachtforderungen, gemäß § 1126 wiederkehrende Leistungen, usw. Enthaftungvon Zubehör und Bestandteilen: • Veräußerung der Sache; • Entfernung der Sache vom Grundstück; • Vor der Beschlagnahme (§ 1121 I) oder nach der Beschlagnahme, es sei denn, dass der Erwerber bei Entfernung nicht gutgläubig hinsichtlich der Beschlagnahme war (§§ 1121 II 2).
Fall: Der Unternehmenschef U fährt einen 7er BMW als Firmenwagen. Das Auto ist in der Garage seines mit einer Hypothek zugunsten der X-Bank belasteten Betriebsgrundstücks untergestellt. U verleiht den Wagen an seinen Bruder B für einen Urlaub. Als nun das Betriebsgrundstück zum Zwecke der Zwangsvollstreckung beschlagnahmt wird, übereignet U das Auto noch vor Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks in das Grundbuch an B. B weiß zwar von der Hypothek, aber nicht von der erfolgten Beschlagnahme. Die X-Bank will nun auf den Wagen zurückgreifen. Zurecht?
S ist der einzige Sohn und Nachkomme des unverheiratet gestorbenen T. S beantragt und erhält einen Erbschein. Zu dem Erbe gehörte auch eine Obstplantage, in die S inves-tieren will. Zu diesem Zweck nimmt S bei der B-Bank einen Kredit über 200.000,- € auf und bestellt ihr zur Sicherheit eine Hypothek. Im Grundbuch war zwar noch T als Eigen-tümer eingetragen, aber S erreichte unter Vorlage des Erb-scheins die Eintragung der Hypothek. Von dem Geld kaufte S eine Erntemaschine. Nun findet sich ein Testament, in dem die Plegerin P des T als Alleinerbin eingesetzt ist. S will sein Erbe nun schnell zu Geld machen: Er verkauft einen Traktor, der auf dem Grundstück steht, an X. X holt den Traktor allerdings erst ab, als das Gericht die Zwangsversteigerung des Grundstücks bereits angeordnet und den Beschluss wirksam zugestellt hat, ohne dass X davon wusste. In der Zwangsversteigerung erwirbt Z das Grundstück. Wem gehören Traktor und Erntemaschine?
Literaturhinweise: • Braun/Schultheiß, Grundfälle zu Hypothek und Grundschuld, JuS 2013, 871 ff., 973 ff. • Schreiber, Der Ersterwerb der Hypothek, Jura 2013, 1013 ff. • Schreiber, Der Hypothekenhaftungsverband, Jura 2006, 597 ff. • Wagner, "Happy Hypo(thekenbrief)" - Zur Formbedürftigkeit der Abtretungserklärung nach § 1154 I BGB, JA 2014, 13 ff. • Zeising, Zwangshypothek, Arresthypothek und Bauwerksicherungshypothek - vom Bauunternehmer zum Grundpfandgläubiger, Jura 2008, 763 ff.