290 likes | 472 Views
Academia neurologica Plau am See. Prof. Dr. Dr. Wilhelm Kirch. Arzneimitteltherapie in Schwangerschaft und Stillzeit. Prof. Dr. Dr. W. Kirch Institut für Klinische Pharmakologie Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus Technische Universität Dresden. Arzneimittel in der Schwangerschaft.
E N D
Academia neurologica Plau am See Prof. Dr. Dr. Wilhelm Kirch
Arzneimitteltherapie in Schwangerschaft und Stillzeit Prof. Dr. Dr. W. Kirch Institut für Klinische Pharmakologie Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus Technische Universität Dresden
Arzneimittel in der Schwangerschaft • Befruchtungs- und Nidationsphase (Tag 1 bis 16 der Schwangerschaft) • Organogenese: Tag 17 bis 55 3. Wachstum und Entwicklung: > Tag 56
Zu 1.: Befruchtung und Nidation (Tag 1 bis 16) • Arzneimitteleffekte führen meist zum unbemerkten Schwangerschaftsabbruch. • Zu Pharmaka, die dies beim Menschen verursachen, ist kaum etwas bekannt.
Zu 2.: Organogenese (Tag 17 bis 55) • Hohe teratogene Sensitivität des Embryos (Missbildungen). • Schwere Missbildungen treten in 1 bis 2 % aller Babys auf. Deshalb Pharmakon als Ursache nur bei häufigen Deformitäten wahrscheinlich. • Teratogenität beim Menschen schwer aus dem Tierversuch vorhersagbar, z.B. Contergan nicht teratogen bei Maus und Ratte.
Zu 2.: Kommentar zu Arzneimittel und Organogenese • In diesem Zeitraum wissen Frauen meist noch nichts von der Schwangerschaft. • Wenige Pharmaka sind bekanntermaßen teratogen, aber viele dürften es unter bestimmten Umständen sein. • Deshalb bei Frauen im gebärfähigen Alter ohne Kontrazeption: strenge Indikationsstellung bzw. Nutzen-/Risiko-Abwägung bei der Arzneimittelverschreibung.
Zu 2.: Bekanntermaßen teratogene Arzneimittel * *Allenfalls in 5 bis 10 % der Behandlungsfälle Missbildungen.
The Safety of Metoclopramide Usein the First Trimester of PregnancyIlan Matok, M.Sc.Pharm., Rafael Gorodischer, M.D., Gideon Koren, M.D.,Eyal Sheiner, M.D., Ph.D., Arnon Wiznitzer, M.D., and Amalia Levy, M.P.H., Ph.D. Exposure to metoclopramide in the first trimester was ot associated with significantly increased risks of any of several adverse outcomes. These findings provide reassurance regarding the safety of metoclopramide for the fetus when the drug is given to women to relieve nausea and vomiting during pregnancy. N Engl J Med 360; 24 NEJM.ORG June 11, 2009
The Safety of H2-Blockers Use During PregnancyIlan Matok MSc Pharm, Rafael Gorodischer , MD et al. Exposure to H2-blockers was not associated with increased perinatal mortality, premature delivery, low birth weight, or low Apgar scores. Journal of Clinical Pharmacology 50 : 81 – 87 (2010)
Use of PPIs in First Trimester Use of PPIs in Second and Third Trimester Subgroup of Birth No. of Cases Prevalence Defects Exposed Odds Ration (95% CI) Subgroup of Birth No. of Cases Prevalence Defects Exposed Odds Ration (95% CI) Associations between the Use of Proton-Pump Inhibitors (PPIs) during Pregnancy and Subgroups of Major Birth Defects. N Engl Med 363; 2114-2123 (2010)
Zu 3.: Wachstum und Entwicklung > Tag 56 • Körperstrukturen und Organe sind ausgebildet. • In dieser Phase: Thyreostatika Placentatransfer fetale Hypothyreose. • Tetrazykline hemmen Knochenwachstum und Zahnschmelz-bildung. • Medikamente mit Abhängigkeitspotenial wie Benzodiazepine oder Opioide können zu Entzugssymptomen beim Neugeborenen führen.
Arzneimittel am Ende der Schwangerschaft • ASS Blutungen beim Neugeborenen. • Indomethacin (evtl. auch hochdosiertes ASS) vorzeitiger Verschluss des Ductus arteriosus pulmonale Hypertonie. • ZNS-Pharmaka wie Opioide, Benzodiazepine Hypotension, Atemdepression, Hypothermie beim Neugeborenen.
Häufigere Erkrankungen in der Schwangerschaft (1) • Bakterielle Infektionen (schwere Infektionen selten): Penicilline, Cephalosporine, Erythromycin Mittel der Wahl. INH und Ethambutol sicher bei der Tuberkulosetherapie. • Diabetes mellitus (zweifach erhöhte perinatale Mortalität). Insuline sicher, keine oralen Antidiabetika geben. Insulin- bedarf steigt häufig in der 15. bis 30. SSW.
Häufigere Erkrankungen in der Schwangerschaft (2) • Asthma bronchiale (erhöhte perinatale Mortalität): Theophylline. • Epilepsie (Missbildungen bei 6% der Kinder epileptischer Mütter): Alle Antiepileptika sind fetotoxisch, möglichst Monotherapie, Dosis • Arterielle Hypertonie:-Methyldopa, Metoprolol, Atenolol sicher. Eventuell Hydralazin. • Hyperthyreose: Betablocker (symptomatisch), partielle Thyreo-idektomie, zur Not: Carbimazol (Cave: neonatale Hypothyreose)
Einsatz von Antibiotika in der Schwangerschaft (1) • Infektionen als ernsthafte Komplikation in der Schwanger-schaft. • Fast alle Antibiotika sind placentagängig und erreichen im Feten ähnliche Konzentrationen wie im mütterlichen Gewebe. • Bei seltenen Infektionskrankheiten oder multiresistenten Keimen müssen u. U. potentiell für den Feten schädliche Antiinfektiva eingesetzt werden.
Einsatz von Antibiotika in der Schwangerschaft (2) Penicilline • Antibiotika der Wahl • cave: Penicillinallergie der Mutter • keine Unterschiede der einzelnen Derivate bzgl. Verträglichkeit in der Schwangerschaft • oral: Amoxicillin, Ampicillin, Acidocillin, Bacampicillin, Cloxacillin, Dicloxallin, Flucloxacillin, Oxacillin, Penicillin V, Propicillin • i.v.: Ampicillin, Azlocillin, Mazlocillin, Penicillin G, Piperacillin • i.m.: Penicillin G Cephalosporine • Antibiotika der Wahl, Vorrang haben länger gebräuchliche Derivate • oral: Cefaclor, Cefadroxil, Cefalexin • parenteral: Cefamandol, Cefazolin, Cefoxitin, Cefotaxim, Cefsulodin
Einsatz von Antibiotika in der Schwangerschaft (3) Makrolide • Erythromycin (oral/parenteral): Antibiotikum der Wahl; Alternative bei Penicillinallergie • Erythromycinestolat: nicht im zweiten und dritten Trimenon (lebertoxisch?) • Antibiotika der zweiten Wahl: Azithromycin, Clarithromycin, Josamycin, Roxithromycin • Toxoplasmose in der ersten Schwangeschaftshälfte: Spiramycin (oral) Lincomycine • Nur bei Versagen von Penicillinen, Cephalosporinen, Erythromycin (z.B. Infektion mit Bacteroides fragilis oder anderen Anaerobiern) • cave: pseudomembranöse Kolitis • oral/parenteral: Clindamycin, Lincomycin
Stillzeit (1) • Fast alle Pharmaka sind in der Muttermilch nachweisbar. • Meist in klinisch insignifikanten Konzentrationen. • Jedoch sollten Sulfonamide, Chloramphenicol, INH, Tetra-zykline, Benzodiazepine, Lithium, Thyreostatika und Zyto-statika nicht verabreicht werden.
Stillzeit (2) Demgegenüber können Penicilline, Cephalosporine, Theophyllin, Salbutamol (Inhaler) Prednison, Valproinsäure, Carbamazepin, Phenytoin, Betablocker, -Methyldopa, Hydralazin, Heparin, trizyklische Antidepressiva, Haloperidol gegeben werden.
Einsatz von Antibiotika in der Stillzeit (1) Unter der AB-Behandlung der Mutter erhält das Kind i.d.R. < 1% der gewichtsbezogenen therapeutischen Dosis Risiken • Beeinflussung der Darmflora (als Folge evtl. Durchfall). • Beeinflussung bakteriologischer Untersuchungen, die im Falle einer Erkrankung des Säuglings erforderlich werden könnten. • Entwicklung resistenter Keime. • Sensibilisierung.
Einsatz von Antibiotika in der Stillzeit (2) Penicilline und Cephalosporine • Antibiotika der Wahl • Vorrang haben länger gebräuchliche Substanzen Makrolide • Erythromycin: Antibiotikum der Wahl • bei Versagen von Erythromycin: Azithromycin, Clarithromycin, Josamycin, Roxythromycin, Spiramycin • Vorsicht bei Ikterus des Neugeborenen Clindamycin • bei Versagen von Erythromycin
Schwangerschaft placentagängig bisher keine teratogenen Effekte beobachtet dürfen auch in SS zur Infiltrations- und Leitungsanästhesie eingesetzt werden (gilt auch für Präparate mit Adrenalin-zusatz) zu bevorzugen: - Präparate, die rasch inaktiviert werden: z.B. Procain - Präparate mit hoher Proteinbindung: z.B. Bupivacain, Etidocain oder Articain zu meiden: - Prilocain (wegen vergleichsweise höherem Risiko der Methämoglobinbildung Stillzeit treten in Muttermilch über (bei hoher Eiweißbindung in geringerem Ausmaß) möglich bei üblicher Anwendung, z.B. im Rahmen einer Zahnarztbehandlung (gilt auch für Präparate mit Adrenalinzusatz) die meisten Erfahrungen bestehen mit: - Lidocain - Bupivacain - Articain zu meiden: - Prilocain (Methämoglobinbildner in stärkerem Ausmaß als andere Lokalanästhetika) Lokalanästhetika in Schwangerschaft und Stillzeit
Schwangerschaft Empfohlene Medikamente: Ibuprofen, Diclofenac, Indometacin. Bis 28. SSW: Verwendung der o.g. Medikamente. Ab 28. SSW: relativ kontraindiziert, da Tokolyse und vorzeitiger Verschluss des Ductus arteriosus (pulmonale Hypertonie) möglich. Bei Behandlung in dieser Zeit: regelmäßige sonographische Kontrolle des fetalen Kreislaufs, Ausschluss eines Oligo-hydramnion. Behandlung mit anderen Mitteln dieser Gruppe: keine Indikation zum Schwanger-schaftsabbruch. Alternativen für letztes Schwangerschafts-drittel? - gründliche Nutzen/Risiko- Abwägung; schwere RA erfordert weiteren Einsatz der Substanzen - reine Schmerztherapie: Paracetamol Stillzeit Entscheidungsgrundlagen: M/P-Quotient, Plasmaeiweißbindung, Halbwertszeit, Erfahrungen mit dem Präparat. Mittel der Wahl: Ibuprofen, Flubiprofen. Bei gelegentlicher Einnahme zulässig: Azapropazon, Dicolfenac Flufenaminsäure. Nicht zu empfehlen: Acemetacin, Etofenamat, Indometacin, Ketoprofen, Lonazolac, Mefenaminsäure, Meloxicam, Nabumeton, Naproxen, Nifluminsäure, Piroxicam, Proglumetacin, Tenoxicam, Tiaprofen. Versehentliche Einnahme der nicht empfohlenen Mittel erfordert kein Abstillen, Medikation sollte aber umgestellt werden. NSAR in Schwangerschaft und Stillzeit
Spezialfall: Epilepsie II • Anfallsfrequenz während der Schwangerschaft • 67 % unverändert • 17 % Zunahme • 16 % Abnahme • epileptische Anfälle während der Schwangerschaft • Hypoxämie, Hyperkapnie • Abnahme der fetalen Herzfrequenz • fetale Blutungen, Frühaborte, Totgeburten oberstes Ziel: Anfallsfreiheit • teratogene Effekte der Antiepileptika entstehen nur bis zur 12. SSW • Risiko von Fehlgeburten • 1 - 2 % in Normalbevölkerung • 3 - 9 % bei Frauen mit Epilepsie • Monotherapien deutlich geringeres Risiko als Kombinationstherapien (46 % vs. 6 - 17 %) • Missbildungsrate bei niedrig dosierter Monotherapie: 3,7 % • Missbildung für Frauen mit Epilepsie, ohne Antiepileptikum: 3,5 %
Spezialfall: Epilepsie III v.a. Valproat + Lamotrigin • Europäisches Schwangerschaftsregister für Epileptikerinnen: www.eurap.deStudien-Ziele: 1. Teratogene Risiko von alten und neuen AED • 2. Malformationsmuster und Dosiseffekte • 3. Datenbank als Referenz für die Beratung
Spezialfall: Epilepsie IV Lamotrigin • Zunahme des Gesamtkörperwassers und des Extrazellularwassers • Medikamentenclearance ↑ • Serumkonzentration ↓ • Dosisanpassung sinnvoll – am besten mit Vergleichsspiegel vor Beginn der Schwangerschaft vom selben Labor Valproinsäure • Auslöser des polyzystischen Ovarsyndroms (Oligo- o. Amenorrhoe, Hyperandrogenämie, polyzystische Ovarien) • Empfehlung: während des 1. Trimenons vermeiden bzw. wenn unvermeidbar Tagesdosis unter 1.000 mg • Ersteinstellung sollte bei Frauen mit Kinderwunsch vermieden werden