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Barta: Zivilrecht online. Entstehung von Schadenersatzanspr
E N D
1. Barta: Zivilrecht online Schadenersatzrecht: §§ 1293 ff ABGB Große Bedeutung für die Praxis
§ 1311 Satz 1 ABGB: Grundsätzlich hat jeder seinen Schaden selbst zu tragen
Viele Schäden werden daher nicht ersetzt
zB verlorener Schlüsselbund
Zufall im juristischen Sinn = Ereignis, das von keiner Seite zu verantworten ist
Zur Schadensüberwälzung vom Geschädigten auf den Schädiger braucht es eine Norm:
SchadenersatzR = Summe der (Überwälzungs) Normen
Sondergesetze: zB EKHG, AHG, D(N)HG, PHG ...
2. Barta: Zivilrecht online Entstehung von Schadenersatzansprüchen Aus "verletztem" Vertrag (ex contractu) oder vertragsähnlicher Beziehung (cic):
zB Lieferant liefert „schlampig“
Aus (zivilrechtlichem) Delikt (ex delicto)
Ohne Zusammenhang mit einem Vertrag; zB Autofahrer stößt Fußgängerin nieder
Verletzung allgemeiner Sorgfaltspflichten
Günstiger sind Ansprüche aus Vertrag!
Daher stützt man – wenn möglich – seinen Schadenersatzanspruch darauf
Ersatz kann aber nur „1x“ erlangt werden
3. Barta: Zivilrecht online Schadenersatz: gesetzl Schuldverhältnis Schadenersatzrecht: §§ 1293 ff ABGB
Andere gesetzliche Schuldverhältnisse
Ungerechtfertigte Bereicherung
Kondiktionen: §§ 1431ff ABGB ua
Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)
§§ 1035 ff ABGB
Gläubigeranfechtung
AnfO
culpa in contrahendo (cic)
4. Barta: Zivilrecht online „Warum“ ist Schaden zu ersetzen? Gedanke der ausgleichenden Gerechtigkeit
Gedanke der Schadensprävention iSv Schadensverhütung
Generalprävention
Spezialprävention
Vergeltungsgedanke
Talionsprinzip: „Auge um Auge, Zahn um Zahn“
Soziale Überlegungen / Billigkeit
spielen im Schadenersatzrecht grundsätzlich keine Rolle
der Schädiger kann arm, der Geschädigte reich sein, dennoch hat der Arme vollen Ersatz zu leisten
Ausnahmen: zB § 1310 ABGB (3 Fälle); § 2 DNHG
5. Barta: Zivilrecht online Schadenersatzrecht - Strafrecht Derselbe Sachverhalt kann zugleich (kumulierend) zur (Rechts)Folge haben:
privatrechtlichen Schadenersatz
Zivilgericht
gerichtliche Strafe
Strafgericht; StGB
Verwaltungsstrafe
Verwaltungsbehörde; VStG, StVO
§ 1338 ABGB
Abgrenzung der Bereiche bereitet immer wieder Schwierigkeiten
Bedeutsam auch für die Zuständigkeit: Verwaltungsbehörde - Strafgericht - Zivilgericht
6. Barta: Zivilrecht online Kausalfilter
7. Barta: Zivilrecht online Die großen Zurechnungskonzepte Äquivalenz-/Bedingungs-/csqun-Konzept
Faustregel ohne theoretischen Anspruch
Gleichheit aller Bedingungen
Adäquanzkonzept
StrafR + ZivilR
Kriterien: Wahrscheinlichkeit + Typizität + Vorhersehbarkeit; ex ante- oder ex post-Betrachtung
Theorie der wesentlichen Bedingung
ÖffR: zB Sozialversicherung und SozialR
Moderne Gefahrkreislehre: haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität
8. Barta: Zivilrecht online Haftung für „Zufall“ und „höhere Gewalt“
9. Barta: Zivilrecht online Die „vier“ Fragen des Schadenersatzrechts Nach Gschnitzer:
Was heißt Schaden ?
Wann ist Schaden zu ersetzen ?
Wie ist Schaden zu ersetzen ?
Warum ist Schaden zu ersetzen ?
10. Barta: Zivilrecht online „Wie“ ist Schaden zu ersetzen? Grundsätzlich § 1323 Satz 1 ABGB: " ... muß alles in den vorigen Stand zurückversetzt werden“
sog Naturalersatz (restitutio in integrum)
Schädiger kann daher dem Geschädigtem Geldersatz nicht aufdrängen !
Geldersatz: „Schätzwert", nur wenn Naturalersatz nicht möglich oder nicht "tunlich" ist
sog gemeiner Wert: § 305 ABGB
nur ausnahmsweise ist Geldersatz zu leisten
zB nach § 1 Abs 1 letzter Satz AHG
11. Barta: Zivilrecht online Beweislast und Gehilfenhaftung Geltendmachung aus Vertrag und Delikt: Vergleich
Beweislast:
vertraglich: § 1298 ABGB = günstiger für Geschädigte
deliktisch: § 1296 ABGB = ungünstiger für Geschädigte
Gehilfenhaftung:
vertraglich: § 1313 a ABGB = günstiger für Geschädigte
deliktisch: § 1315 ABGB = ungünstiger für Geschädigte
Beispiel: Hoteldiener hilft beim Abladen von Gästegepäcka) und beschädigt einen Koffer oder den Gast selbst b) verletzt einen Passanten
12. Barta: Zivilrecht online Ersatz von Vermögensschäden Höhe des Ersatzes ist abhängig vom Verschuldensgrad
§§ 1331, 1332 ABGB
Bei leichter Fahrlässigkeit:
sog Schadloshaltung (§ 1323 ABGB): Ersatz des erlittenen, "positiven" Schadens; § 1331 ABGB: gemeiner Wert
Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz:
sog „volle Genugtuung“ = Schadloshaltung + entgangener Gewinn
Im Handelsrecht ist entgangener Gewinn schon bei leichter Fahrlässigkeit zu ersetzen: Art 8 Nr 2 EVHGB
Bei Verstoß gegen ein Strafgesetz oder Handeln aus Mutwillen und Schadenfreude: § 1331 ABGB
sog “Affektionsinteresse“ = „Wert der besonderen Vorliebe“
13. Barta: Zivilrecht online Ersatz von Körperverletzungen Nach § 1325 ABGB sind bei Körperbeschädigung immer zu ersetzen:
das heißt: ohne Unterschied des Verschuldensgrades und daher schon ab leichter Fahrlässigkeit !
die Heilungskosten
reicht von ärztlicher Erstversorgung bis zur Rehabilitation etc
der Verdienstentgang
der entgangene + bei Erwerbsunfähigkeit der künftig entgehende Verdienst
ein angemessenes Schmerzen(s)geld
= Ersatz des ideellen Schadens
14. Barta: Zivilrecht online Berechnung des Verdienstentgangs Nach § 1325 ABGB kann Verdienstentgang auf zwei Arten berechnet werden: entweder(!)
konkret = Differenz zwischen bisherigem und künftigem Einkommen/Verdienstoder
abstrakt = objektive Minderung/Verringerung der Erwerbsfähigkeit; Minderung der Erwerbsfähigkeit/MdE
Der Verdienstentgang ist positiver / wirklicher Schaden
nicht bloß entgangener Gewinn !
Geschützt wird auch ein Nebeneinkommen oder das Einkommen Selbständiger
15. Barta: Zivilrecht online Tödliche Körperverletzung: § 1327 ABGB "Erfolgt aus einer körperlichen Verletzung der Tod, so müssen nicht nur alle Kosten [siehe § 1325] , sondern auch den Hinterbliebenen [zB Kindern od Gatte/in], für deren Unterhalt der Getötete zu sorgen hatte, das, was ihnen dadurch entgangen ist, ersetzt werden.“
Hier handelt es sich um die gesetzliche Anordnung von Drittschadensersatz !
Ein Kind muß nach der Rspr, um gem § 1327 ABGB unterhaltsberechtigt zu sein, im Zeitpunkt der Verletzung gezeugt sein
Beachte: Vgl mit § 1327 ABGB
- § 12 EKHG: Verkehrsunfälle - §§ 332 ff ASVG: zB Arbeitsunfälle
16. Barta: Zivilrecht online Entgangener Gewinn/Wert der besonderen Vorliebe: § 1331 ABGB Bei Vermögensschäden ist zu ersetzen:
der entgangene Gewinn
ab grober Fahrlässigkeit ("auffallende Sorglosigkeit") oder
bei Vorsatz.
Darüber hinaus der „Wert der besonderen Vorliebe“; sog Affektionsinteresse
bei Verstoß gegen ein Strafgesetz, oder
bei Schädigung aus Mutwillen und Schadenfreude
17. Barta: Zivilrecht online Abstrakte Rente (1) - Voraussetzungen Wird Verdienstentgang nach § 1325 ABGB abstrakt berechnet, spricht man von abstrakter Rente
Voraussetzungen (ihres Zuspruchs):
objektive Minderung der Erwerbsfähigkeit
Dauerschaden
künftige Einkommensminderung wahrscheinlich
18. Barta: Zivilrecht online Abstrakte Rente (2) - Funktion Rechtsprechung: Überlegungen
Gedacht als Ausnahme für Härtefälle bei Dauerschäden
weil zur Zeit kein ziffernmäßig - also konkret ! - faßbarer Verdienstentgang vorliegt, gingen Verletzte leer aus
Funktionen
Sicherungsfunktion gegen künftige Benachteiligung am Arbeitsmarkt
Ausgleichs- oder Erschwernisfunktion: für künftige körperliche und geistige Mehranstrengungen
Rente soll die Möglichkeit bieten, einen Deckungsfonds anzulegen
19. Barta: Zivilrecht online Abstrakte Rente (3) - Berechnung Berechnung nach der Pieglerschen Formel
Höhe der abstrakten Rente = 50 % der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE)
in Anlehnung an § 273 ZPO: freies richterliches Ermessen
Beispiele
Kahnbeinbruch eines Maurers an rechter Hand
OGH 3.3.1966, 2 Ob 41/66, EvBl 1966/355
führt zu Arthrose und in der Folge zu Arbeitsbehinderung
Angenommene (durchschnittliche) Minderung der Erwerbsfähigkeit: 17,5 % (50 % = 8, 75 %) - Monatliches Durchschnittseinkommen (1963/1964): 2.750,- S (1 % = 27,50 x 8,75 = 240,62) - monatliche (abstrakte) Rente: 250,- S
Verletzung eines Hoteldirektors (mit Reitbetrieb)
OGH 12.5.1981, 2 Ob 64/81, RZ 1982/9:
Angenommene Minderung der Erwerbsfähigkeit: 30 %; Monatseinkommen 21.200,- S; monatliche Rente: 3.000,- S
20. Barta: Zivilrecht online Abstrakte Rente (4) - Weitere Beispiele Unfall eines Bauernsohnes beim Heuabladen:
OGH 14.7.1927, 3 Ob 631/27, SZ 9/85
Österreichische Ur-Entscheidung zur Zeit der großen Wirtschaftskrise
Fußverletzung einer Näherin bei Unfall mit Nähmaschine in einer Textilfabrik
OGH 26.3.1987, 8 Ob 25/87
21. Barta: Zivilrecht online Voraussetzungen des Schadenersatzanspruchs Es müssen kumulativ vorliegen :
1. Schaden
Frage: Ist ein Schaden entstanden ? Welcher ?
2. Kausalität
Frage: Ist der Schaden vom Schädiger (durch eine Handlung oder Unterlassung) verursacht worden ?
3. Rechtswidrigkeit
Frage: War die Handlung oder Unterlassung rechtswidrig?Rechtswidrigkeit setzt einen Normverstoß voraus! Konkret: einen Verstoß gegen gesetzliche Ge- oder Verbote oder einen Vertrag
4. Verschulden
Frage: Wurde der Schaden schuldhaft zugefügt?Bei Gefährdungshaftungen fehlt dieses Kriterium
22. Barta: Zivilrecht online Was heißt Schaden? § 1293 Satz 1 ABGB unterscheidet:
Vermögensschäden: §§ 1331, 1332 ABGB
Nicht-Vermögensschäden: §§ 1325 - 1330 ABGB
Körperverletzungen, Freiheitsverletzungen etc
Ersatz ideeller/immaterieller Schäden:
zB "Schmerzengeld“; § 1325 ABGB
"Wert der besonderen Vorliebe“; § 1331 ABGB
23. Barta: Zivilrecht online Schadensermittlung: Differenzmethode Nach Gschnitzer
Wie stünde der Betroffene ohne das Schadensereignis ?
Besser? Dann hat er dadurch einen Nachteil erlitten, ist geschädigt.
Wir vergleichen also 2 Lagen miteinander:
die wirkliche, die durch das (Schadens)Ereignis eingetreten ist, und
die gedachte, hypothetische Lage, die ohne Schadenseintritt bestehen würde
Ist die wirkliche, Lage gegenüber der gedachten zum Nachteil des Betroffenen, sprechen wir von Schaden und schädigendem Ereignis
24. Barta: Zivilrecht online Kausalität / Verursachung Ein Schaden muß vom Schädiger verursacht werden, sein Verhalten (Handeln oder Unterlassen) muß kausal sein
Juristische Kausalität deckt sich nicht völlig mit naturwissenschaftlich-philosophischer Kausalität:
Kausalität der Unterlassung
Zurechnung fremden Verhaltens; zB Gehilfenhaftung
eigene rechtliche Kausalität des Zusammenwirkens nach § 1301 f ABGB: zB Wirtshausrauferei
Rechtliche Kausalitätskonzepte:
Äquivalenz- oder Bedingungslehre: csqun-Konzept
Adäquanzkonzept
Theorie der wesentlichen Bedingung; Sozial(versicherungs)recht und öffentliches Recht
25. Barta: Zivilrecht online Überholende oder hypothetische Kausalität Anlageleiden konkurriert zB mit Unfallschaden: Etwa ein vorhandener Kopftumor führt nach schwerer Körperver-letzung durch einen Kfz-Unfall zum Tod
Frage: Wer trägt welchen Teil des Schadens ?
26. Barta: Zivilrecht online Sonderformen der Kausalität Kumulative Kausalität
mehrere (Teil-)Ursachen führen gemeinsam Schaden herbei
zB Abwässer mehrerer Industriebetriebe verursachen Fischsterben
27. Barta: Zivilrecht online Kausalitätsspektrum Kausalität muß vom Anspruchswerber wenigstens wahrscheinlich gemacht werden, nicht nur möglich sein!
28. Barta: Zivilrecht online Rechtswidrigkeit Rechtswidrig ist ein Verhalten, das gegen Ge- oder Verbote der Rechtsordnung verstößt
§ 1294 ABGB
gegen einen Vertrag; "lex contractus"
gegen ein Gesetz; zB StGB, StVO
gegen die guten Sitten: § 879 ABGB
Rechtswidrigkeit beinhaltet einen Normverstoß
Unterlassung ist nur rechtswidrig, wenn ein Handeln rechtlich geboten ist
§§ 140 ff ABGB: Unterhaltspflicht der Eltern
29. Barta: Zivilrecht online Arten des Verschuldens Vorsatz = böse Absicht, dolus
§ 1294 ABGB: Verursachung eines Schadens „mit Wissen und Willen“
Fahrlässigkeit = Versehen, culpa
§ 1294 ABGB: Handeln aus schuldbarer Unwissenheit, mangelnder Aufmerksamkeit / Sorgfalt etc
Kurz: Fahrlässig handelt, wer gebotene Sorgfalt außer Acht läßt; vgl § 1297 ABGB
Leichte Fahrlässigkeit: „Kleiner“ Sorgfaltsverstoß, der auch sorgfältigen Menschen bisweilen unterläuft
Grobe Fahrlässigkeit: Auffallende Sorglosigkeit, die einem sorgfältigen Menschen nicht passiert: § 1325 ABGB
30. Barta: Zivilrecht online Konsequenzen der Verschuldensgrade Umfang / Höhe des Schadenersatzes hängt bei Vermögensschäden
im bürgerlichen Recht vom Verschuldensgrad ab
anders im Handelsrecht!Ersatz von damnum emergens + lucrum cessans schon ab leichter Fahrlässigkeit
Idee: Je größer das Verschulden, umso mehr ist zu ersetzen – Gerechtigkeitsüberlegung
31. Barta: Zivilrecht online Mitverschulden: § 1304 ABGB Hier trifft auch den Geschädigten am Schadens-eintritt Verschulden; sog Eigenverschulden
Mitverschulden spielt in der Prozeßpraxis eine wichtige Rolle: Schädiger erheben gerne prophylaktisch einen Mitverschuldensvorwurf, um die eigene Ersatzpflicht zu mindern !
Schadensteilung nach Verschuldenanteil oder, wenn sich das Verhältnis nicht bestimmen läßt, zu gleichen Teilen
Gesetzliche Mitverschuldensfiktion
Verletzung der Sicherheitsgurt- oder Sturzhelmanlegepflicht;
Rechtsfolge: Reduzierung eines allfälligen Schmerzengeldanspruchs
32. Barta: Zivilrecht online Verschulden (culpa) Verschulden = rechtlich vorwerfbares Verhalten
ABGB steht auf Standpunkt der Verschuldenshaftung; §§ 1295 und 1306 ABGB
Zivilrechtliche Deliktsfähigkeit = Verschuldensfähigkeit
Beginn mit Vollendung des 14. Lj: § 153 ABGB
aber wichtige Ausnahme: § 1310 ABGB
Es gibt aber auch sog: Nicht-Verschuldenshaftungen
Gefährdungshaftung; EKHG, PHG, § 1318 ABGB
Erfolgs- oder Kausalhaftung; zB § 1315 ABGB
33. Barta: Zivilrecht online Unfallbilanz mit und ohne Sicherheitsgurt
34. Barta: Zivilrecht online „Wer“ hat im Prozeß „was“ zu beweisen ?
35. Barta: Zivilrecht online Beweislast Entscheidend für Prozeßgewinn oder -verlust!
Frage: Wer hat im Prozeß was zu beweisen ?
Wer ?
Kläger
Beklagter
Was ?
Schaden
Kausalität
Rechtswidrigkeit
Verschulden
Faustregel: Im Prozeß muß jede Partei die Voraussetzungen der für sie günstigen Rechtsnormen behaupten und beweisen!
36. Barta: Zivilrecht online Non Liquet (1) „Eine Rechtsnorm ist nur anwendbar, wenn ihr abstrakter Tatbestand mit dem konkreten Sachverhalt übereinstimmt. Sie ist nicht anwendbar, wenn auch nur eine entscheidungserhebliche Tatsache widerlegt wird. Bisweilen läßt sich aber eine solche Tatsache nicht klären (non liquet): dann benachteiligt diese Ungewißheit jene Partei, welche die Rechtsnorm zum Prozeßsieg braucht.“ (R. Holzhammer)
Non liquet = es besteht keine Klarheit !
37. Barta: Zivilrecht online Non Liquet (2) Das Gericht entscheidet nach den Regeln über die Beweislast gegen jene Partei, der der Beweis über die nicht aufgeklärte Tatsache oblegen wäre!
Im Strafrechtgilt diese Regel nicht und es existiert auch keine Beweislast. Vielmehr gilt der Grundsatz: in dubio pro reo = im Zweifel für den Angeklagten
Ausnahme: Privatanklagedelikte !
38. Barta: Zivilrecht online Beweislast im Schadenersatzprozeß § 1295 Abs 1 ABGB
§ 1296 ABGB
Dh nichts anderes, als daß grundsätzlich der Geschädigte beweisen muß, daß ein anderer den Schaden schuldhaft herbeigeführt hat;den Geschädigten trifft im deliktischen Bereich die Beweislast für seinen Schaden, die Kausalität und das Verschulden des Schädigers
39. Barta: Zivilrecht online Beweislast bei Delikts- und Vertragshaftung Deliktshaftung:Beweislast nach § 1296 ABGB
Die Beweislast trifft hier den Geschädigten
Der Geschädigte hat aber nicht nur das Verschulden, sondern auch die anderen Schadenersatzvoraus-setzungen zu beweisen
Vertragshaftung:Umkehr der Beweislast § 1298 ABGB
Hier trifft also den Schädiger die Beweislast.
Wenn der Schädiger seine Schuldlosigkeit nicht beweisen kann, gereicht ihm dies zum (prozessualen) Nachteil, er verliert den Prozeß.
Beachte: Was nützt es, wenn man recht hat und es doch nicht beweisen kann ?! - Daher: Bei wichtigen Rechts- und Wirtschaftsakten immer auch an die Beweisbarkeit denken !
40. Barta: Zivilrecht online Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB § 1298 Satz 1: „Wer vorgibt, daß er an der Erfüllung seiner vertragsmäßigen oder gesetzlichen Verbindlichkeit ohne sein Verschulden verhindert worden sei, dem liegt der Beweis ob.“Konsequenz: Schädiger muß beweisen, daß ihn kein Verschulden trifft !
§ 1298 ABGB betrifft Verletzungen schon bestehender schuldrechtlicher (Sonder)Beziehungen
OGH: Beweislastumkehr gilt nur (!) bei leichter, nicht für grobe Fahrlässigkeit - Der Beweis obliegt nach der Rspr dem Geschädigten; Kritik der Lehre!
Gilt auch für Schäden wegen:
Schlechterfüllung anläßlich der (Schuld-) Erfüllung und
Verletzung (vor)vertraglicher Pflichten
41. Barta: Zivilrecht online Sonderformen der Beweislast Beweislastumkehr:
Insbes § 1298 ABGB; vgl auch §§ 1319, 1320 oder § 970 Abs 1 ABGB
Bei sog Schutzgesetzverletzungen iSv § 1311 ABGB gewährt Rspr Beweislastumkehr; Beispiel: Medizin-/Arzthaftung: Verletzung der Aufklärungspflicht durch behandelnden Arzt
Andere Beweiserleichterungen:
zB Prima-Facie- oder Anscheinsbeweis
Kausalvermutungen; § 79 d GTG
42. Barta: Zivilrecht online Der Prima-Facie-Beweis Zweck: Dient der Beweiserleichterung, insbes des Verschuldensbeweises für Geschädigte / Kläger
Beweist der Geschädigte (Kl), daß die Schädigung nur durch das Verhalten des Schädigers (Bekl) eingetreten sein kann (res ipsa loquitur!), dann obliegt dem Schädiger (Bekl) der Gegenbeweis, daß er trotzdem schuldlos ist.
Beispiel: Fährt ein Auto gegen einen Alleebaum, spricht dies prima facie für Fahrlässigkeit des Fahrers ...! Vgl SZ 57/20 (1984): Für Abhandenkommen eines Schmuckstücks aus einem Hotelzimmer gibt es keinen typischen Geschehensablauf; daher kommt hier ein prima-facie-Beweis nicht in Betracht
43. Barta: Zivilrecht online § 1295 Abs 1 ABGB Von der Verbindlichkeit zum Schadenersatze: 1) von dem Schaden aus Verschulden,
(1) Jedermann ist berechtigt, von dem Beschädiger den Ersatz des Schadens, welchen dieser ihm aus Verschulden zugefügt hat, zu fordern; der Schade mag durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein.
(2) ...
44. Barta: Zivilrecht online § 1296 ABGB Im Zweifel gilt die Vermuthung, daß ein Schade ohne Verschulden eines Andern entstanden sey.
45. Barta: Zivilrecht online § 1298 ABGB Wer vorgibt, daß er an der Erfüllung seiner vertragsmäßigen oder gesetzlichen Verbindlichkeit ohne sein Verschulden verhindert worden sey, dem liegt der Beweis ob. Soweit er auf Grund vertraglicher Vereinbarung nur für grobe Fahrlässigkeit haftet, muß er auch beweisen, daß es an dieser Voraussetzung fehlt.
46. Barta: Zivilrecht online Haftungssysteme Verschuldenshaftung
zB Schadenersatzrecht: §§ 1293 ff ABGB
Nichtverschuldenshaftungen:
Gefährdungshaftung
Haftung für Betriebsgefahr; zB EKHG, PHG/MPG
Eingriffshaftung
Nachbarrechtlicher Ausgleich: § 364a ABGB
Erfolgshaftung = Haftung für rechtswidrig eingetretenen Erfolg
Gewährleistung: § 922 ff ABGB
Gastwirtehaftung: §§ 970 ff ABGB
Schuldnerverzug: zB § 1334 ABGB
Gläubigerverzug: §§ 1419, 1425 ABGB
Billigkeitshaftung: § 1310 ABGB, § 2 DHG
47. Barta: Zivilrecht online Verkehrsunfälle in Österreich
48. Barta: Zivilrecht online Verkehrsunfälle in Deutschland
49. Barta: Zivilrecht online EKHG 1959 Regelt Haftung für Schäden, die durch ein Kfz oder eine Eisenbahn verursacht(!) wurden
Sog Haftung für Betriebsgefahr
Gefährdungshaftung
Wer haftet?
der Betriebsunternehmer der Eisenbahn
der Kfz- Halter; Vorbild: § 1320 ABGB
Haftungsausschluss für:
"blinde Passagiere"; § 3 Z 1 EKHG
Autostopper; § 3 Z 2 EKHG
beim Betrieb tätige Personen (zB Schaffner); § 3 Z 3 EKHG
"Schwarzfahrt"; § 6 EKHG
unabwendbares Ereignis: § 9 EKHG
50. Barta: Zivilrecht online Entwicklung des Halterbegriffs Der wichtige Halterbegriff des EKHG stammt aus der Tierhalterhaftung des § 1320 ABGB
Diese aus dem griechischen und römischen Recht: actio de pauperie (Noxalhaftung)
Ausdehnung auf immer weitere Bereiche:
EKHG 1959: Eisenbahnen (auch Seilbahnen, Sessel- und Schlepplifte) und Kraftfahrzeuge
Luftfahrzeuge 1957
AtomhaftpflichtG 1964
RohrleitungsG 1975
Wegehalter: § 1319a ABGB (Verschuldenshaftung!)
Gebäudehalter: §§ 1318, 1319 ABGB
51. Barta: Zivilrecht online Wer ist Halter ? Die Rspr zum Halterbegriff stellt – ähnlich wie beim Besitz – auf die tatsächliche Beziehung zum Kfz ab
Nicht darauf, wem zB ein Kfz „gehört“ (iSv Eigentum)
Halter ist danach, wer ein Kfz:
wirtschaftlich auf eigene Rechnung gebraucht
und
darüber tatsächlich verfügen kann
und auch
über Aufsicht und Verwahrung (im eigenen Namen) bestimmt
52. Barta: Zivilrecht online Haftung für „Zufall“ und „höhere Gewalt“
53. Barta: Zivilrecht online Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (1) Ein vertraglicher Schadenersatzanspruch wegen Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten steht nach der Rspr allenfalls auch einer dritten (vertragsfremden) Person zu:
Wenn der Kontakt des Dritten mit der vertraglichen Hauptleistung bei Vertragsabschluß voraussehbar war (zB Hydraulik-Öl-Fall) oder die Zuwendung an einen Dritten erkennbar war; zB Geschenk
Oder der Vertragspartner ein sichtbares Eigeninteresse am Schutz des Dritten hat; zB Krankenhausbesucher
Der Vertragspartner selbst offensichtlich dem Dritten zur Fürsorge verpflichtet ist; zB weitere Taxi-Gäste
Bedeutsam: §§ 1298 und 1313a ABGB
54. Barta: Zivilrecht online Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (2) Hydraulik-Öl-Fall
EvBl 1969/96 = JBl 1969,553 = SZ 41/156
Leitsatz: „Bei Verkäufen in einer zu diesem Zweck eingerichteten Handlung (zB Tankstelle, soweit sie Kraftwagenzubehör wie Öl, Treibstoff, Reinigungsmittel usw feilhält) ist nach den Regeln des redlichen Verkehrs anzunehmen, daß vom Verkäufer die Verpflichtungen aus dem Kaufvertrage nicht nur der Person gegenüber, die zwar die Sache kauft, bezahlt und entgegennimmt - aber häufig anonym bleibt - , sondern auch dem Dritten gegenüber, für den die Sache allenfalls bestimmt ist, übernommen werden.“
55. Barta: Zivilrecht online Dritt- oder mittelbarer Schaden (1) Grundsätzlich werden nur unmittelbare Schäden ersetzt!
OGH: „Mittelbar ist ein Schaden dann, wenn er nicht in der Richtung des Angriffs, sondern infolge einer Seitenwirkung in einer Interessensphäre eintritt, die nicht durch das Verbot des Angriffs geschützt ist.“
SZ 34/112 (Holzbrückeneinsturz); JBl 1966,86 (Heilungs-kosten); EvBl 1966/305 (Pflanzenschutzzeugnisse) ua
Wird eine Opernsängerin auf dem Weg zur Oper verletzt, ist das ein unmittelbarer Schaden; nicht dagegen der Kartenausfall (wegen Absage) und ein allfälliges Ersatzengagement !
§ 1295 ABGB: "Jedermann ...“
Weite (Drittschadens)Formulierung des Gesetzes wird restriktiv interpretiert; iSv: Jeder unmittelbar Geschädigte!
56. Barta: Zivilrecht online Dritt- oder mittelbarer Schaden (2) Einen ausdrücklichen gesetzlichen Drittschadenersatz kennen:
§ 1327 ABGB
§ 12 EKHG
Die Argumente der Rspr für die starke Einschränkung des Drittschadenersatzes sind:
Die Ersatzpflicht würde sonst "uferlos" ausgeweitet
Schon bei leichter Fahrlässigkeit des Schädigers könne es zu existenzgefährdenden Schadenersatzsummen kommen.
Das überzeugt nicht immer !
57. Barta: Zivilrecht online Dritt- oder mittelbarer Schaden (3) JBl 1973, 581: Bauer beschädigt beim Baumfällen Starkstromleitung
Dadurch werden in der Nachbarschaft werden Elektrogeräte beschädigt; Fernseher, Tiefkühltruhen. OGH läßt entstandenen Geräteschaden ersetzen: „Ersatzpflicht für einen sich als unmittelbare Folgewirkung einer vorangegangenen Schadenszufügung darstellenden weiteren Schaden, mit dessen Eintritt nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge gerechnet werden kann“
JBl 1976, 210: Baggerfahrer beschädigt Stromkabel der Chemie Kundl
Stromausfall führt zur Vernichtung von Bakterienkulturen; Schaden des Unternehmens wird als Drittschaden nicht ersetzt
58. Barta: Zivilrecht online Dritt- oder mittelbarer Schaden (4) EvBl 1994/135: Ersatzansprüche eines Arbeitgebers gegen den Schädiger seines Arbeitnehmers
Sachverhalt: Arbeitnehmer wird bei Verkehrsunfall verletzt und fällt für Arbeitgeber länger aus.
Leitsatz: Arbeitgeber ist gesetzlich (§ 8 AngG) zur Lohnfortzahlung verpflichtet. Dadurch wird Schaden auf Arbeitgeber überwälzt. Diesen Schaden hat der Schädiger nunmehr dem Arbeitgeber zu ersetzen!
Die Drittschadensliquidation der Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers bei Verletzung seines Arbeitnehmers durch einen Dritten wird hier bejaht