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Muskeldystrophien beim Erwachsenen. Prof. K. Rösler Muskelzentrum Neurolgische Universitätsklinik Inselspital. „Muskeldystrophie“. uneinheitlich benutzter Begriff kein einheitliches pathophysiologisches Geschehen
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Muskeldystrophien beim Erwachsenen Prof. K. Rösler Muskelzentrum Neurolgische Universitätsklinik Inselspital
„Muskeldystrophie“ • uneinheitlich benutzter Begriff • kein einheitliches pathophysiologisches Geschehen • erstmals benutzt von Erb 1884 für einen Fall von (whs) Facioscapulohumeraler Muskeldystrophie („primäre Degeneration des Muskels“) • am ehesten: Muskelfaserdegeneration mit progredienten klinischen Muskelschwächen
Hypertrophe Fasern = kompensatorisch, myopathisch Pathologie der Faserkaliber Unterschiedlich atrophe Fasern, einzeln gelegen, rundlich, = myopathische Atrophie
Bindegewebeproliferation (Fibrose)(Dystrophie Typ Duchenne) • Histologie der Dystrophien: • Faseratrophie/-hypertrophie • Fasernekrosen • Vakatfetteinlagerung • Sekundäre entzdl. Infiltrate • Endomysiale Fibrosierung
Muskeldystrophie Typ Duchenne • Gendefekt; Strukturprotein „Dystrophin“ wird nicht exprimiert • Vererbungsmodus: X-chromosomal rezessiv • Inzidenz: 20 - 30 pro 100‘000 neu geborene Buben
Dystrophinopathien DMD-Muskel mit Ausfall der Dystrophin-Immunreaktivität in den meisten Fasern, Faser-atrophien (A) und Fibrose (F) Normaler Muskel mit sarkolemmaler Dystrophin-Immunreaktivität (braun)
Muskeldystophie Typ Becker • Dystrophin-Defizienz, x-chromosomal rezessiv, Dystrophin-Gen • Krankheitsbeginn in der Kindheit, gelegentlich später (30-40j). • milderer Verlauf als MD Duchenne, gelegentlich „subklinisch“ • Proximale Muskeln betroffen (Beckengürtel, Oberschenkel, später Schultergürtel) • Waden-Pseudohypertrophie • Muskelschmerzen bei Anstrengung • CPK stark erhöht (> 5x Normal, nimmt mit dem Alter ab) • Lebenserwartung ca. 40j () • Molekulargenetisch: Dystrophingen: Deletion, die nicht den Leseraster („readingframe“) zerstört, sodass ein trunkiertesDystrophinexprimiert werden kann
Gliedergürtelmyopathien(Sarkoglycanopathien) • Klinisch kaum von Dystrophinopathien unterscheidbar • Autosomal rezessiv • 4 Sarcoglycan Gene - 4 Sarcoglycane • Alpha > beta > gamma > delta: 6 : 3 : 2 : 1 • Biopsiediagnostik:Immunhistochemiefür alpha-Sarcoglycan Nach E. Hoffman; Int‘l Congress on Neuromusc. Diseases, Vancouver 2002
Facioscapulohumerale MD 1A • Autosomal dominant, ca. 1/3 Neumutationen • Chromosom 4, Region 4q35: Deletionen von „Repeat-Sequences“ namens D4Z4 • Dadurch kann ein toxisches Gen aktiviert werden, was zum Phänotyp der FSHD führt
DystrophiamyotonicaCurschmann Steinert (= Typ I) • Schwäche • Muskeln des Gesichtes, der Vorderarme und Hände, der Unterschenkel und Füsse (DISTAL) • Steifigkeit • Mühe beim Loslassen; v.a. bei Kälte = Myotonie • Muskelatrophie • = Muskelschwund; Verschmächtigung • Inzidenz 13.5/100000 Geburten (häufigste Muskelkrankheit)
Dystrophiamyotonica Typ I Betroffene Organsysteme • Herzmuskel Herzrhythmus-Störungen, Bluthochdruck, Ohnmachtsanfälle • Glatte Muskeln Schwäche der Gallenblase: Gallensteine; Gallenblasenentzündung, Uterusschwäche: Schwere Geburten • Augen: Katarakt • Endokrin: Diabetes mellitus • Dermatologisch: Stirnglatze • ZNS: Auffällige Persönlichkeit, Demenz
Dystrophia myotonica I (Curschmann-Steinert) • Autosomal dominant, 19q13.3, • Instabile Expansion von CTG-repeats (Trinukleotid) im Gen der Myotoninproteinkinase (= „DM-Proteinkinase“) • Beim Gesunden: 4 - 37 Repeats • Beim Patienten: 50 - 4000 Repeats • Antizipation: jede Generation mehr Repeats; mehr Symptome • Im Spermium häufig weniger Repeats: Bei paternaler Vererbung weniger Antizipation als bei maternaler
Zentrale Kerne(Dystrophia myotonica Curschmann Steinert) Zentrale Kerne = Zeichen einer Störung der Cytoarchitektur, bei vielen Myopathien; besonders deutlich bei Dystrophia myotonica
Differentialdiagnose von Myopathien • Infektiös (Pyomyositis, Trichinose) • Hereditär (Dystrophien, Glycogenosen, u.v.a.) • Metabolisch (mitochondriale Krankheiten) • Toxisch (Lipidsenker, Alkohol) • Autoimmun (Myositis, Polymyositis, Kollagenosen) • Paraneoplastisch (Dermatomyositis)
Unklare progrediente Muskelschwäche, V.a. MuskelerkrankungAbklärungsgang (modifiziert je nach Anamnese und Klinik) • CPK / Entzündungsparameter / evtl. HIV • EMG, inkl. Suche nach Neuropathie (Differentialdiagnose!) • Evtl. MRI (Lokalisation; wenn nötig) • Biopsie • Bei V. a. Myositis: Antikörperdiagnostik, Tumorsuche • Bei V. a. metabolischeMyopathie: evtl. Leistungstest, Lactat-Ischämie-Test, evtl. spezifische Enzymtests, Muskelhistochemie, biochemische Analyse des Muskels • Bei V. a. hereditäre Myopathie: Genetische Untersuchung, Familienuntersuchung • Bei Systemkrankheit: weitere systemische Untersuchungen
Die erhöhte CPK • Intrazelluläres Enzym, tritt ins Blut bei Leck der Zellmembran Muskelzellschäden • Abbau in der Leber erhöht bei Leberkrankheit • Schon nach „normalen“ Anstrengungen oft über Norm • Screening für Muskelaffektion; unzuverlässig!
CPK: Stimmen die Normwerte?Brewster et al. Am Heart J 2007 • N=1411 gesunde Probanden • CPK-Messung (Normwert des Labors < 174 U/L) • 2,5%ile = 40 U/L • 50%ile = 111 U/L • 97,5%ile = 460 U/L (= eigentlich korrekter Normwert) • 508 von 1411 Probanden über Labornormwert (=36%) • CPK-Variationgrösserer Populationen ist weit höher als angenommen • VORSICHT bei der Interpretation „erhöhter CPK-Werte“ • Weiterabklärung bei wiederholten CPK-Werten über 1000 U/l, oder bei einmaligem Wert über 2000 U/l (Fernandez et al. 2006)
MRI bei Myositis Oberschenkel: Phillips et al., MRI in inclusionbodymyositis. Muscle Nerve 24:1526 (2001)
BildgebungsgesteuertesSampling Verfettung der Hamstrings bei Dystrophie „Neurogenes Oedem“ des M. gastrocnemius bei Wurzelsyndrom S1
MRI bei Muskelkrankheiten • unspezifischerBefund (Oedem). Unterscheidet z.B. nicht zwischen neurogener Atrophie und Myositis. • Zeigt ein Befallsmuster • hilft als Einzelbefund nicht zur Differentialdiagnose • Normalbefund schliesst nichts aus • kann dazu dienen, den Ort der Muskelbiopsie zu bestimmen Tomasová Studynková et al. Rheumatology 46 (7): 1174 (2007) • Falls positiv: möglicher Verlaufsparameter, aber Veränderungen gehen nicht parallel mit bioptischen Befunden Tomasová Studynková et al. Rheumatology 46 (7): 1174 (2007)
MUSKELBIOPSIE INDIZIERT BEI: • Klinisch nicht spezifische myopathische Symptomatik • Proximale Muskelschwäche ohne Sensibilitätsstörung • Myalgie / Fatigue • Klinisch nicht näher eingrenzbare familiäre Muskelerkrankung • Rasch aufgetretene Muskelschwäche, Myoglobinurie, Erhöhung der Muskelenzyme • Spezifische Muskelsymptomatik, für die kein Gentest existiert • Dies sind die meisten Patienten einer Erwachsenensprechstunde für neuromuskuläre Krankheiten • Meist vorgängig: Muskelenzyme, Entzündungslabor, ENMG
Muskelbiopsie: Wie? • Möglichst offen und kontrolliert (Chirurg) • Lieber keine „Gelegenheitsbiopsie“ am Rande einer Bauch-/Gelenks-/Knochenoperation • Gefrierschnitte!! Nativmaterial ins Labor der Neurologie (nicht Pathologie!), Voranmeldung Histochemie! • Genügend Material für Histochemie, Immunhistochemie, Elektronenmikroskopie, allenfalls Biochemie und genetische Untersuchung
Offene Muskelbiopsie • Gold Standard! • Sensitivität / Spezifität nicht 100%! • Evtl. MRI-gesteuert
Dystrophinopathien DMD-Muskel mit Ausfall der Dystrophin-Immunreaktivität in den meisten Fasern, Faser-atrophien (A) und Fibrose (F) Normaler Muskel mit sarkolemmaler Dystrophin-Immunreaktivität (braun)
PRIMÄRE GENDIAGNOSTIK • Bei einheitlichem Mutationstyp (Gen-Deletionen, Repeat-Expansion) • Bsp: Duchenne, Becker, Dystrophiamyotonica • Wenn das betroffene Protein unbekannt ist (Mutation in nicht-kodierender DNS) • Bsp: Fazio-Skapulo-Humerale Muskeldystrophie • Bei dominanten Missense-Mutationen • Bsp: Gliedergürteldystrophien (Lamin A/C, Caveolin 3) • Bei bekannter familiärer Belastung, unterschiedlicher Penetranz, und Notwendigkeit zur genetischen Beratung • Bsp: familiäre amyotrophe Lateralsklerose, Huntington, spinale Muskelatrophien Modifiziert nach C. Müller-Reible DGKN Freiburg 2003
Praktische Behandlung bei hereditären Muskelkrankheiten: Muskelzentrum Inselspital • Regelmässigeambulante Termine(alle 6 - 24 Mte.). Vertrauensverhältnis aufbauen. Einbezug von Bezugspersonen. • Hilfsmittelberatung. • Nichtinvasive Atemtherapiefrüh besprechen (bevor Notfallsituation eintritt!) und einleiten, falls gewünscht. • PEG früh besprechen (bevor Ateminsuffizienz eintritt). • Ggf. Physiotherapie oder physiotherapeutische Beratung • Creatin: Versuchsweise einsetzen. • Beratung Versicherungsfragen (IV etc).
Muskelzentrum Konzept Muskelzentrum Inselspital Bern(Neurologische Klinik) Rheuma -tologie Gastro- logie Neuro- logie Spitex Muskel- labor Kardio- logie Hausarzt Patient SGMK Physio- therapie Pneumo- logie KK Familie Industrie IV
Konzept Muskelzentrum bei unheilbaren Krankheiten • Auch bei unheilbaren oder tödlichen Krankheiten kann man • Dem Patienten helfen • Die Lebensqualität verbessern • Die Symptome mildern • Die negativen Begleitumstände verbessern • Ansprechpartner für den Hausarzt sein • Schnittpunkt für die beteiligten Instanzen sein
Muskelzentrum BernKernteam: • Case Managerin Kinder und Erwachsene • Frau Susanne Born, Dipl. Pflegefachfrau • Kinderabteilung • Prof. M. Steinlin • Dr. S. Strozzi (Oberärztin) • Fr. B. Zyswiler (Physiotherapeutin) • Erwachsenenabteilung • Prof. K. Rösler • Dr. Y. Kugler (Oberärztin) • Dr. O. Findling (Stv. Oberarzt) • Fr. D. Vieli (Physiotherapeutin) 031 632 9456 muskel@insel.ch