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Mutter-Kind-Bindung. nach Mary Ainsworth . Die Uganda-Studie. Ende 1953 reiste Mary Ainsworth nach Uganda, wo ihr Ehemann eine Stelle erhalten hatte. Sie entschloss sich, die Entwicklung der Mutter-Kind Beziehungen im ersten Lebensjahr zu untersuchen.
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Mutter-Kind-Bindung nach Mary Ainsworth
Die Uganda-Studie • Ende 1953 reiste Mary Ainsworth nach Uganda, wo ihr Ehemann eine Stelle erhalten hatte. • Sie entschloss sich, die Entwicklung der Mutter-Kind Beziehungen im ersten Lebensjahr zu untersuchen. • Zu Beginn der Untersuchungen waren die Kinder zwischen 15 Wochen und 2 Jahre alt. • Alle Mutter-Kind Paare wurden längsschnittlich, alle2 Wochen zu Hause beobachtet.
Besuche überspannten 9 Monate und fanden mit Hilfe einer Dolmetscherin statt. • Bei der Datenanalyse war sie insbesondere an individuellen Unterschieden interessiert, zu deren Erfassung sie eine Reihe von Skalen entwickelte. • Am bedeutendsten war die Skala zur Analyse der Mütterlichen Feinfühligkeit. • Individuelle Unterschiede wurden durch Klassifizierung in 3 verschiedenen Gruppen erfasst: 1. sicher gebundene Kinder 2. unsicher gebundene Kinder 3. noch nicht gebundene Kinder
Die Baltimore-Studie • Mary Ainsworth legte großen Wert auf die direkte Beobachtung, Interviews spielten eine geringere Rolle. • Vom Neugeborenenalter ab, wurden mehrstündige Hausbesuche in Abständen von ca. 3-4 Wochen gemacht. • Pro Familie lagen etwa 72 Stunden Datenerhebung für das erste Lebensjahr vor. • Die Datenerhebungs- und Bewertungsstudien wurden noch mehr von der Bindungstheorie beeinflusst.
Mary Ainsworth und ihre Mitarbeiter erarbeiteten und verbesserten auch die Grundlagen zur Klassifizierung kindlichen Verhaltens in Form von Verhaltensmustern. • Ursprünge dieser Methoden: - Mary Ainsworth Dissertationsprojekt - Londoner Zusammenarbeit mit Bowlby und Robertson - Ihre Uganda-Studie • Anfangs lehnten viele Forscher ihre Erkenntnisse ab. Das änderte sich nach der Veröffentlichung ihres Buches „Patterns of Attachment“ (1978).
Phasen der Mutter-Kind-Bindung • 1. Prä-Attachment-Phase: 1. Lebenswoche Kind schenkt jeder sich nähernden Person Aufmerksamkeit • 2. Differenzierungsphase: binnen der sich anschließenden Wochen Kind differenziert nach ihm bekannten Personen und unbekannten • 3. Kontaktaufnahme: gegen Ende des 1. Jahres beginnt die aktive und ‚bewusste‘ Kontaktaufnahme des Säuglings • 4. Interaktionsphase: im Laufe der weiteren Entwicklung Kommunikation / Interaktion mit gemeinsamen Handlungszielen (Empathie) es entsteht eine Art ‚Partnerschaft‘ zwischen Mutter und Kind
Grundannahmen von Ainsworth: • Funktion von der Mutter-Kind-Dyade = Schutz und Trost • Mütterliche Feinfühligkeit: Zusammenhänge zu einer positiven Bindung • Mutter muss die Reaktionen des Kindes wahrnehmen • richtige Interpretation der Bedürfnisse • Prompte Reaktion • Angemessenheit der Reaktion
Fremde-Situations-Test • Strukturierte Laborbeobachtungsmethode (1969) • Fremde Umgebung mit Spielanreiz • Mutter und Kind (12 bis 24 Monate) • Dauer: 20 Minuten • Ziel: Sicherheit und Qualität der Mutter- Kind- Bindung zu ermitteln
Was wird untersucht? • Verhalten des Kindes bei der Trennung von der Mutter (+weitere Stressfaktoren) • Stressfaktoren: Einsamkeit / fremde Situation Wie reagiert das Kind?
Versuchsablauf (Teil 1) • Mutter (M) und Kind (K) betreten den Raum, M setzt K auf den Boden • M liest und K erkundet den Raum und spielt • Fremde/r (F) kommt rein, unterhält sich mit M und beschäftigt sich mit dem K • M geht unauffällig; F mit dem K alleine, beschäftigt sich mit diesem und tröstet bei Bedarf
Versuchsablauf (Teil 2) • M kommt wieder, Freude? F geht; M beschäftigt sich mit K • M geht mit deutlichem Abschiedsgruss • F kommt – tröstet notfalls • M kommt wieder; F geht
Zusammenfassung des Tests: • Bindungsverhaltenssystem aktivieren und Bindungsverhalten registrieren • 8 Episoden 5/8 Wiedervereinigung 4/6/7 Trennungsepisoden ) • Ziel: Sicherheit und Qualität der Mutter- Kind- Bindung zu ermitteln
Ergebnisse der Untersuchungen: • Explorationsverhalten des K war bei Anwesenheit der M ausgeprägter • Klassifikationssystem der Bindungsqualität sichere Bindung unsicher-vermeidende Bindung unsicher-ambivalente Bindung
Klassifikation der kindlichen Bindungsqualität Mit Hilfe der „Fremden Situation“
Drei unterschiedliche Klassifikationen der Bindungsqualität (plus eine Zusatzklassifikation) Wesentlich für die Qualität der Bindung, die der Säugling im Laufe seines ersten Lebensjahres entwickelt, ist nach Mary Ainsworth die Feinfühligkeit der Bindungsperson.
Sicher gebundene Kinder („secure“) • Trennung von der Mutter Kind zeigt deutliches Bindungsverhalten • rufen nach der Mutter • folgen ihr nach • suchen sie – auch über längere Zeit hinweg • weinen schließlich • zeigen deutliche Anzeichen von Stress • Wiedervereinigung (Rückkehr) Kind sucht Kontakt und Nähe zur Mutter • reagieren mit Freude • strecken die Ärmchen aus • wollen getröstet werden Beruhigung nach relativ kurzer Zeit Erneute Zuwendung zum Spiel
Protektive Funktion einer sicheren Bindung für den Entwicklungsverlauf des Kindes • Förderung prosozialer Verhaltensweisen • Erreichen einer psychischen Stabilität • Beste Voraussetzung für exploratives Verhalten Der Säugling kann sich mehr oder weniger weit von der Mutter (Bezugsperson) entfernen, ohne emotional gleich in Stress zu geraten (→ Explorationsbedürfnis).
Unsicher-vermeidend gebundene Kinder („avoidant“) • Trennung von der Mutter Kind zeigt kein deutliches Bindungsverhalten • Bleiben in der Regel an ihrem Platz und spielen weiter – wenn auch mit weniger Neugier und Ausdauer obwohl die Kinder das Verschwinden der Mutter registrieren, zeigen sie keine Anzeichen von Belastung • Wiedervereinigung (Rückkehr) Mutter wird bei ihrer Rückkehr aktiv vermieden, ignoriert oder abgelehnt Es kommt in der Regel zu keinem intensiven Körperkontakt • Kind möchte nicht auf den Arm genommen und getröstet werden
Erklärung der ständigen Exploration Unsicher-vermeidend gebundene Kinder wenden ihre Aufmerksamkeit während der gesamten Situation sehr stark den Spielsachen und andern Objekten zu: → systematische Verschiebung der Aufmerksamkeit („Ablenkungsmanöver“) zur Minimierung der Reaktionsbereitschaft auf furchtauslösende Bedingungen → Aufrechterhaltung der Deaktivierung oder Unterdrückung von Bindungsverhalten
Unsicher-ambivalent gebundene Kinder („ambivalent“) • Trennung von der Mutter Kind ist heftig gestresst und weint • Wiedervereinigung (Rückkehr) Kind ist unfähig, sich zu beruhigen Es braucht meist längere Zeit, um wieder einen emotional stabilen Zustand zu erreichen. Wunsch nach Körperkontakt und Nähe, andererseits aber auch aggressives Verhalten gegenüber der Mutter • strampeln mit den Beinen • schlagen • stoßen • versuchen, sich abzuwenden
Unsichere Bindung Eine unsichere Bindung entwickelt sich häufiger, wenn die Bedürfnisse des Säuglings in der Interaktion mit der Bezugsperson gar nicht, nur unzureichend oder inkonsistent beantwortet werden.
Desorganisierte Verhaltensmuster (Zusatzklassifikation) • Zusätzliche Codierung zu den anderen drei Bindungsmustern (Dauer: teilweise nur 10-30 Sekunden) am ehesten auftretend in Verbindung mit der unsicheren Bindung • Bindungssystem dieser Kinder ist zwar aktiviert, zeigt sich aber nicht in eindeutigen Verhaltensstrategien • Stereotype Verhaltens- und Bewegungsmuster Scheinbares „Einfrieren“ im Bewegungsablauf
Ursache von desorganisiertem Verhalten Kind fühlt sich durch die äußeren Umstände, insbesondere aber durch die Mutter und ihr Verhalten (!), geängstigt → in einer Angstsituation versetzt diese Angst vor der Mutter das Kind in eine paradoxe Situation → desorganisiertes / desorientiertes Verhalten als Folge des Zusammenbruchs der Verhaltens- und Aufmerksamkeitsstrategien des Kindes Besonders häufig trat dieses Verhalten auf bei Kindern aus klinischen Risikogruppen wie auch bei Kindern, deren Eltern traumatisch Erfahrungen wie Verlust-und Trennungserlebnisse, Misshandlung und Missbrauch mit in die Beziehung zum Kind einbrachten.
Im Laufe des Lebens kann sich die Bindungsrepräsentation noch durch entsprechende bedeutungsvolle Bindungserfahrungen mit anderen Bezugspersonen oder durch einschneidende Erlebnisse und andere traumatische Erfahrungen in eine unsichere oder sichere Richtung modifizieren. Dies wird mit zunehmendem Alter aber immer schwieriger.