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Konflikte zwischen Hochwasserschutz und Städtebau. vhw-Seminar am 12.11.2008 in Hannover – Seminarunterlage von Dr. Wolfgang Schrödter, Kanzlei Dr. Fricke & Collegen, Hannover. I. Übersicht zu den Auswirkungen des neuen Hochwasserschutzgesetzes auf das Städtebaurecht.
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Konflikte zwischen Hochwasserschutz und Städtebau vhw-Seminar am 12.11.2008 in Hannover – Seminarunterlage von Dr. Wolfgang Schrödter, Kanzlei Dr. Fricke & Collegen, Hannover
I. Übersicht zu den Auswirkungen des neuen Hochwasserschutzgesetzes auf das Städtebaurecht 1. Städtebauliches Planungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt (§ 31b Abs. 4 Sätze 1 und 2 Nrn. 1 bis 9 WHG ) in (neuen) Überschwemmungsgebieten 2. Einschränkung der Genehmigungstatbestände nach den §§ 30, 34 und 35 BauGB in (neuen) Überschwemmungsgebieten 3. Umsetzung durch das NWG i. d. F. vom 25.07.2007, Nds. GVBl. S. 345, aber unmittelbare Geltung des § 31 b WHG seit dem 10.05.2005
I. Übersicht zu den Auswirkungen des neuen Hochwasserschutzgesetzes auf das Städtebaurecht 4. Änderungen des BauGB durch Art. 2 Hochwasserschutzgesetz (03.05.2005, BGBl. I S. 1224) a) § 1 Abs. 6 Nr. 12: Der Hochwasserschutz ist nunmehr ausdrücklich ein Belang der Bauleitplanung, der über § 1 Abs. 6 Nr. 7 die Qualität eines Umweltbelanges hat und im Umweltbericht zu erörtern ist b) § 5 Abs. 4 a bzw. § 9 Abs. 6 a: Nachrichtliche Übernahme bzw. Vermerk von Überschwemmungsgebieten bzw. überschwemmungsgefährdeten Gebieten c) § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7: Vorkaufsrecht an Grundstücken in festgesetzten Überschwemmungsgebieten d) Neue Fassung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 (Hochwasserschutz bei Außenbereichsvorhaben) e) Neuer § 246a: Übernahme von Überschwemmungsgebieten bzw. überschwemmungsgefährdeten Gebieten bei Neubekanntmachung des Flächennutzungsplanes
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung 1. Überschwemmungsgebiete neuen Rechts nach § 92 a NWG a) § 92 a Abs. 1 NWG: „Überschwemmungsgebiete sind Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen oder Hochufern und sonstige Gebiete, die bei Hochwasser überschwemmt oder durchflossen oder für Hochwasserentlastung oder Rückhaltung beansprucht werden.“ b) Nach § 92 a Abs. 2 NWG werden durch Verordnung die Gewässer oder Gewässerabschnitte bestimmt, bei denen durch Hochwasser nicht nur geringfügige Schäden entstanden oder zu erwarten sind
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung c) Förmliche Festsetzung der Überschwemmungsgebiete nach § 93 a Abs. 3 NWG durch Verordnung aa) HQ 100 ist zugrunde zu legen (Bundeseinheitlicher Standard zum Hochwasserschutz; BT-Drucks. 15/3168) bb) auch bebaute Gebiete können festgesetzt werden (BVerwG 22.07.2004 ZfBR 2005, 66 = E 121, 283) cc) geringer Abwägungsspielraum der Länder dd) Öffentlichkeitsbeteiligung für Gebietsfestsetzung ist zwingend nach Landesrecht durchzuführen (§ 92 a Abs. 7 NWG i. V. m. § 73 VwVfG mit strenger Präklusion auch zu Lasten der Gemeinde
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung d) Fristen aa) 10.05.2010: Festsetzung von Überschwemmungsgebieten mit hohem Schadenspotential, insbesondere Siedlungsgebiete bb) 10.05.2012: für sonstige Gebiete cc) Auswirkungen der Föderalismusreform konterkarieren diese Fristen e) Umsetzung in Niedersachsen (Vortrag von Herrn Wiedemann)
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung 2. Grundsätzliches Planungsverbot mit Ausnahmevorbehalt (§§ 31 b Abs. 4 Satz 1 und 2 WHG und § 93 a Abs. 2 Satz 2 NWG) a) Die bisherige Rechtsprechung, z. B. HessVGH 04.12.1996 BRS 58 Nr. 29; Nds. OVG 30.03.2000 BRS 63 Nr. 63 (Einstellplätze); BayVGH 24.11.1994 NVwZ 1995, 924; strenger der BayVGH 29.09.2004 NVwZ-RR 2005, 171 (Gewerbeflächen), dazu Zieher, ZUR 2005, 192, 193. b) Verbot mit „Erlaubnisvorbehalt“
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung c) Ausweisung neuer Baugebiete durch Bauleitpläne; Zweifels- fragen aa) Baugebiete im Geltungsbereich von B-Plänen und F-Plänen i.S.v. § 1 Abs. 2 BauNVO bb) Bauflächen nach § 1 Abs. 1 BauNVO in F-Plänen? • Keine Erforderlichkeit nach § 1 Abs. 3 BauGB • Wasserrechtliche Ausnahmen sind für das Inkrafttreten des B-Planes auch erforderlich, wenn nach § 10 Abs. 2 Satz 1 BauGB keine Genehmigung nach dem BauGB notwendig ist. Zuständig ist die untere Wasserbehörde (§ 170 NWG)
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung d) Planung in Gebieten nach § 34 BauGB Überplanung von Gebieten im Innenbereich nach § 34 BauGB wird i. d. R. nicht erfasst. Ausnahme: Es entstehen neue Baurechte, deren Realisierung den Hochwasserabfluss erheblich beeinträchtigen. Hinweis: Nach BauGB 2007 sollen Planungsvorhaben „für die Innen- entwicklung der Städte“ erheblich erleichtert werden. Der neue Hochwasserschutz kann diese politisch erwünschten Planungen behindern.
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung e) Satzungen nach § 34 Abs. 4 Nrn. 1 – 3 BauGB und nach § 35 Abs. 6 BauGB werden nicht erfasst. Pflicht zur Abwägung nach § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB (Vermeidung von Gesundheitsgefahren) und § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB (Belange des Hochwasserschutzes) kann Abwägungs- fehler und Amtshaftung begründen
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung f) Die Voraussetzungen einer „Ausnahme“ vom Planungsverbot (§ 93 Abs. 2 Satz 2 NWG i.V.m. § 31 b Abs. 4 Satz 2 Nrn. 1 – 9 WHG). Die Ausnahme- tatbestände müssen kumulativ erfüllt (die Abgrenzung ist schwierig) und die Begründung muss substantiiert sein.
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung Nr. 1: Keine „anderen Möglichkeiten“zur Siedlungsentwicklung mit Beispielen= formalisierte Alternativenprüfung i. S. der Anlage 1 zum BauGB Nr. 1 d (Erörterung im Umweltbericht!) Nr. 2: Lage neben einem bestehenden Baugebiet • Baugebiete nach § 34 Abs. 3 BauGB werden erfasst • Diskussion von Einzelfällen Nr. 3: Ausschluss von Gefahren für Leben, Gesundheit und Sach- werte Nr. 4: Keine nachteiligen Auswirkungen auf „Hochwasserabfluss“ und „Höhe des Wasserstandes“; Beispiele
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung Nr. 5: Keine Beeinträchtigung der Hochwasserrückhaltung und umfangs-, zeitgleicher und funktionsgleicher Ausgleich von Rückhalteraumumfang • Ausgleich „Aug um Auf, Zahn um Zahn“ (erfüllt, wenn Gemeinde mit Ausweisung des Baugebietes die Ausgleichsmaßnahme sicherstellt) • Abgrenzung zur Eingriffsregelung des § 1 a Abs. 3 BauGB und in FFH-Gebieten Nr. 6: Keine Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasserschutzes (alle Maßnahmen zum Schutz eines Gebietes)
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung Nr. 7: Keine nachteiligen Auswirkungen auf wasserrechtliche "Nachbarn„ (Verträglichkeitsprinzip; z.B. Rückstau bei Hochwasser auf Oberliegergrundstücke oder Hindernis des Zuflusses zu Unterlieger- grundstücken) Nr. 8: Belang der Hochwasservorsorge (z.B. Schadensminderung, Mini- mierung von Hochwassergefahren, ggf. durch städtebaulichen Verträgen, soweit nicht Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB, etwa zur Höhe des Baugrundstücks in Betracht kommen; hochwasser- verträglichen Bebauung) Nr. 9: Bauliche Schäden müssen ausgeschlossen sein, z. B. durch technische Vorkehrungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB bzw. Anordnungen im Baugenehmigungsverfahren (hochwasserangepasste Bauausführung) g) § 31 b Abs. 4 WHG gilt unmittelbar seit dem 10.05.2005
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung 3. Geltung außerhalb der nach neuem Recht festgesetzten Gebiete? a) § 93 Abs. 9 Satz 1 NWG: uneingeschränkte Geltung in alten Überschwemmungsgebieten aa) Geltungsbereich: Überschwemmungsgebiete nach § 92 a Abs. 1, 3, 9 und 10 NWG
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung Ermächtigungsgrundlagen: formelle und materielle Voraussetzungen für die Festsetzung von Überschwemmungs- gebieten nach neuem und altem Recht sind unterschiedlich, ebenso die Rechtsfolgen Verfahrensrechtlich: Einwendungs- und Beteiligungsrechte der Bürger; Ermittlungs- und Abwägungspflichten der Behörde Materiell-rechtlich: nach neuem Recht erweiterte Verbote und Nutzungsbeschränkungen für Überschwemmungsgebiete (für alte Überschwemmungsgebiete könnte das rechtsstaatliche Übermaßverbot bzw. der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bzw. das Rückwirkungsverbot gelten) Bestandsschutz: bestehende Bauleitplanung bleibt unberührt, § 31 b Abs. 4 WHG gilt pro futuro (Reinhardt, WHG, 2007, § 31 b, Rdn. 59)
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung bb) Gesetzesmaterialien cc) Argument pro und contra
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung b) Geltung in überschwemmungsgefährdeten Gebieten nach § 93 a NWG - Erst-recht-Schluss: wenn die Planungsverbotsregelungen für alte Überschwemmungsgebiete nicht gelten, können sie erst recht nicht für überschwemmungsgefährdete Gebiete gelten (abgestufte Gesetzessystematik) - kein festgesetztes Überschwemmungsgebiet mit entsprechendem Schadenspotential (die strengen Planungsvoraussetzungen gelten jedoch, wenn durch die Planung ein nicht nur geringfügiges Schadenspotential in einem überschwemmungsgefährdeten Gebiet entsteht) - Einordnung als „überschwemmungsgefährdetes Gebiet“ ist im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen Hinweis: Das Institut der „überschwemmungsgefährdeten Gebiete“ wird in das künftige UGB III nicht mit übernommen.
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung c) Geltung in vorläufig gesicherten Gebieten nach § 92 a Abs. 1 NWG
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung 4. Verfahrensrechtliche Umsetzung im Planaufstellungsverfahren a) Die zuständige Wasserbehörde muss nach § 93 Abs. 2 Satz 2 NWG vor dem In-Kraft-Treten des Planes der Ausnahme zustimmen, auch im genehmigungsfreien Bauleitplanverfahren. b) Behandlung in der Umweltprüfung und im Umweltbericht nach § 2 a BauGB aa) Gesundheit ist neuer Umweltbelang (§ 1 Abs. 1 Nr. 7c i.V.m. § 1 Abs. 6 Nr. 1), ebenso der Hochwasserschutz. bb) Pflicht zur formalisierten Alternativenprüfung (§ 93 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. BauBG Nr. 2 d) cc) Hinweis auf § 214 Abs. 1 S. 3 a. E. BauGB: Unwirksamkeit der Planung, wenn der Umweltbericht zum Hochwasserschutz in wesentlichen Teilen unvollständig ist. Dieses dürfte bei einer fehlenden Überprüfung von Alternativen der Fall sein.
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung 5. Rechtsschutzfragen a) Uneingeschränkte Überprüfung des § 93 Abs. 2 NWG im Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO; Beachte: im Rahmen der Beteiligung nach § 92 a Abs. 8 NWG i.V.m. § 73 VwVfG gelten strenge Präklusionsregeln b) Verpflichtungsklage auf Erteilung der „Ausnahmen“ durch die zuständigen Wasserbehörde c) Umweltverbandsklage nach dem URG, da die Hochwasserschutzvorschriften drittschützende Umweltvorschriften i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 URG sind
II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung 6. Ausnahmen für Häfen und Werften a) Beschränkung auf hafenaffine Nutzung (kein MI) – Gebiet im Hafen, Bsp.: Düsseldorfer Medienhafen mit MI-Gebiet für 1200 Menschen b) Belange des Hochwasserschutzes sind in jedem Fall zu beachten (§ 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) c) Im Übrigen gelten die Regelungen des § 93 Abs. 2 Satz 2 NWG im Genehmigungsverfahren, auch nach dem BImSchG
III. Hochwasserschutz und Genehmigung von Einzelvorhaben (§ 31 b Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 93 Abs. 3 NWG) 1. Keine nur unwesentliche Beeinträchtigung der Hochwasserrückhaltung und zeitgleicher Ausgleich von „verloren gehenden Rückhalteraum“ a) Erhaltung der Überschwemmungsgebiete als Retentionsareal b) Nach dem Wortlaut ist nur ein zeitgleicher Ausgleich gefordert – anders bei § 31 b Abs. 4 Satz 2 Nr. 5 WHG bzw. § 92 Abs. 2 Satz 2 NWG, wo Rückhalteraum „umfang-, funktions- und zeitgleich“ auszugleichen ist. Die Behörde hat somit sowohl ein Ermessen, ob und in welchem Umfang neuer Rückhalteraum geschaffen werden muss.
III. Hochwasserschutz und Genehmigung von Einzelvorhaben (§ 31 b Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 93 Abs. 3 NWG) 2. Keine nachteilige Beeinträchtigung des Wasserstandes und des Abflusses bei Hochwasser (Nr. 2) Es darf nicht zu einem spürbaren Anstieg des Gewässerpegels kommen. Deshalb muss die Störung der Versickerungsfähigkeit des Bodens durch geeignete Ausgleichsflächen vollständig kompensiert werden. 3. Keine Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasserschutzes (Nr. 3) Das mit der Realisierung der baulichen Anlagen einher- gehende „neue“ Hochwasserschutzniveau muss in seiner Gesamtheit dem bisherigen entsprechen. In diese Bewertung sind alle Schutzmaßnahmen einzubeziehen.
III. Hochwasserschutz und Genehmigung von Einzelvorhaben (§ 31 b Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 93 Abs. 3 NWG) 4. Hochwasserangepasste Bauausführung (Nr. 4) Bauliche Anlagen sind so zu errichten und zu erweitern, dass sie bei Hochwasser keine baulichen Schäden nehmen. 5. Ausgleich durch Auflagen und Bedingungen möglich Bewertung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Genehmigungsbehörde. Bleibt der Hochwasserschutz unangetastet und bestehen auch für das Vorhaben selbst keine Gefahren, wäre eine Versagung aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht gerechtfertigt.
III. Hochwasserschutz und Genehmigung von Einzelvorhaben (§ 31 b Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 93 Abs. 3 NWG) 6. Rechtslage in Gebieten nach § 33 BauGB - § 93 Abs. 3 Satz 1 NWG bezieht sich auf die Gebietstypen der §§ 30, 34 und 35 BauGB - Ausklammerung des § 33 BauGB: kein redaktionelles Versehen - § 33 BauGB nur Privilegierungstatbestand, der immer in Verbindung mit den §§ 30, 34, 35 BauGB zu lesen ist
III. Hochwasserschutz und Genehmigung von Einzelvorhaben (§ 31 b Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 93 Abs. 3 NWG) 7. Besonderheiten bei der Erteilung von Baugenehmigungen für Betriebserweiterungen im Außenbereich nach § 35 Abs. 4 Nr. 6 BauGB a) Allgemeines mit Beispielen für eine „angemessene Erweiterung“ b) Gefährdung des Hochwasserschutzes über § 35 Abs. 4 Nr. 6 BauGB
IV. Hochwasserschutz und Raumordnungsrecht 1. Bundesrecht a) Freiräume zur Gewährleistung des vorbeugenden Hochwasserschutzes b) Optionen aa) Ziele der Raumordnung nach § 1 Abs. 4 BauGB (§ 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 d ROG) bb) Vorranggebiet (§ 7 Abs. 4 Nr. 1 ROG, Vorrang bei der Freihaltung von Überschwemmungsgebieten vor anderen widerstreitenden Nutzungen ) cc) Vorbehaltsgebiet ( § 7 Abs. 4 Nr. 2 ROG, besonderes Gewicht der Freihaltung von Überschwemmungsgebieten in der Abwägung zu anderen konkurrierenden Nutzungen)
IV. Hochwasserschutz und Raumordnungsrecht 2. Landesrecht a) NROG vom 07.06.2007 (Nds. GVBl. 224) aa) § 3 Abs. 2 Nr. b NROG: Raumordnungspläne sollen Festlegungen über die Belange des „vorbeugenden Hochwasserschutzes“ enthalten bb) § 3 Abs. 4 Nr. 1 NROG: Definition der Vorranggebiete: Abweichende Funktion oder Nutzung ist ausgeschlossen cc) § 3 Abs. 4 Nr. 3 NROG: Definition des Vorbehaltgebietes: Raumbedeutsame Nutzungen haben in der Abwägung ein besonderes Gewicht, können also auch im Rahmen der Abwägung nach dem BauGB überwunden werden.
IV. Hochwasserschutz und Raumordnungsrecht b) LROP i. d. F. vom 08.05.2008 (Nds. GVBl. 132) Ziele nach Nr. 3.2.4 (Ziel ist durch Fettdruck gekennzeichnet; vgl. Anlage 1 § 1 Abs. 1 LROP) aa) 3.2.4 Nr. 10 Satz 1: Hochwasserschutz als Grundsatz der Raumordnung bb) 3.2.4 Nr. 11: Erhaltung der Überschwemmungsgebiete in ihrer Funktion als natürliche Rückhalteräume: Ziel der Raumordnung nach § 1 Abs. 1 BauGB cc) 3.2.4 Nr. 12: Festlegung für Vorranggebiete für Hochwasserschutz mit Auswirkungen auf raumbedeutsame Planungen: Ziel der Raumordnung nach § 1 Abs. 4 BauGB
IV. Hochwasserschutz und Raumordnungsrecht 3. Hochwasserschutz im Regionalen Raumordnungsprogramm 2005 der Region Hannover a) D 3.9.3 (Beschreibende Darstellung S. 40 f.) b) Begründung / Erläuterung (S. 121 f.) • Vorranggebiet Hochwasserschutz für HQ 100 mit Planungsverbot und Ausnahmevorbehalt nach Abs. 3 (Vereinbarkeit mit dem 10.05.2005 unmittelbar geltenden § 31 b Abs. 4 Satz 2 WHG?) • Zielabweichungsverfahren nach § 11 NROG? • Vorsorgegebiet / Vorbehaltsgebiet für Hochwasserschutz für Siedlungsbereiche im Überschwemmungsgebiet der Leine: „Unter diesem Genehmigungsvorbehalt / Voraussetzung gilt, dass in diesen Gebieten die Errichtung und Erweiterung baulicher Anlagen der Abwägung und Prüfung im Rahmen der Bauleitplanung und Baugenehmigung unter Einbeziehung der zuständigen Wasserbehörde unterliegt“: Nicht unproblematisch, baurechtliche Abwägung kann diese Festlegung in jedem Fall überwinden, Haftungsrisiken sind zu berücksichtigen
IV. Hochwasserschutz und Raumordnungsrecht 4. Auswirkungen der hochwasserrechtlichen Ziele der Raumordnung auf die Bauleitplanung a) Planungsverbot nach § 1 Abs. 4 BauGB mit der Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens b) § 23 Abs. 1 NROG: „Die oberste Landesplanungsbehörde kann verlangen, dass die Träger der Bauleitplanung ihre Flächennutzungspläne und Bebauungspläne den Zielen der Raumordnung anpassen.“ c) Flächennutzungspläne mit Darstellungen, die mit dem raumordnungsrechtlich festgesetzten Zielen des Hochwasserschutzes nicht in Einklang stehen, sind daher auf Anordnung aufzuheben oder anzupassen i. d. R. ohne Entschädigungs- pflichten (Ausnahme evtl. bei der Aufhebung von Vorrangflächen, z. B. Für Biogasanlagen und landwirtschaftlichen Massentierhaltungsanlagen) d) Entschädigungsrechtliche Probleme bei der hochwasserschutzbedingten Aufhebung von Bebauungsplänen nach § 23 Abs. 2 NROG i.V.m. §§ 39, 42, 44 BauGB
IV. Hochwasserschutz und Raumordnungsrecht 5. Raumordnungsrechtliche Ziele des Hochwasserschutzes im Baugenehmigungsverfahren a) § 34 BauGB: im Innenbereich sind Ziele nach § 1 Abs. 4 BauGB nicht zu beachten; „Rettung“: Veränderungssperre aus Gründen des vorbeugenden Hochwasserschutzes ist keine Verhinderungsplanung b) § 33 BauGB: keine Planreife, wenn Ziele entgegenstehen
IV. Hochwasserschutz und Raumordnungsrecht c) § 35 BauGB: aa) § 35 Abs. 3 Satz 1, 1. Halbsatz: Bindungswirkung der Ziele nur gegenüber raumbedeutsamen Vorhaben nach § 3 Nr. 6 ROG, zur Abwägung bei der Zielaufstellung mit Eigentümerbelangen bb) §§ 35 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz: Beispiel: Hochwasserschutz wurde bei der Ausweisung einer Vorrangzone für raumbedeutsame Biogasanlagen berücksichtigt. d) Bsp. aus NRW – Ziel 3 Kapitel 10 Nr. 6