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Sind AD(H)S – Kinder eine Zumutung für die Schule oder ist die Schule eine Zumutung für AD(H)S – Kinder?. Vortrag Dr. Helga Ulbricht Staatliche Schulberatung München. ADD. POS. ADS. Hyperkine tisches Syndrom. HKS. ADHD. ADHS. Hyper-aktivität. MCD. Was ist AD(H)S?.
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Sind AD(H)S – Kinder eine Zumutung für die Schuleoderist die Schule eine Zumutung für AD(H)S – Kinder? Vortrag Dr. Helga Ulbricht Staatliche Schulberatung München
ADD POS ADS Hyperkine tisches Syndrom HKS ADHD ADHS Hyper-aktivität MCD Was ist AD(H)S? Hyperkinetisches Syndrom, kurz HKS Attention-deficit-disorder, kurz ADD oder ADS (deutsch) Attention-deficit/ hyperactivity/disorder, kurz ADHD (engl.) oder ADHS (deutsch) Minimale, cerebrale Dysfunktion, kurz MCD Psychoorganisches Syndrom, kurz POS
Aufmerk-samkeits-störung Hyperak-tivität Impulsi-vität + + situationsübergreifend Schematische Darstellung der Diagnose von AD(H)S - 1 Diagnosen nach ICD-10 F 90.0 Einfache Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung + F 90.1 Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens Störungen des Sozialverhaltens
Aufmerksamkeitsstörung Hyperaktivität/ Impulsivität + situationsübergreifend Aufmerksamkeitsstörung Hyperaktivität/ Impulsivität - situationsübergreifend Hyperaktivität/ Impulsivität Aufmerksamkeitsstörung - situationsübergreifend Schematische Darstellung der Diagnose von AD(H)S -2 Diagnosen nach DSM-IV Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung: Mischtyp Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung: Vorwiegend unaufmerksamer Typ Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung: Vorwiegend impulsiver Typ
Die drei Kernsymptome- A. Unaufmerksamkeit • Beachtet häufig Einzelheiten nicht oder macht Flüchtigkeitsfehler • Hat oft Schwierigkeiten, längere Zeit die Aufmerksamkeitaufrechtzuerhalten. • Scheint häufig nicht zuzuhören, wenn andere ihn ansprechen. • Führt häufig Anweisungen anderer nicht vollständig durch und kann Schularbeiten, andere Arbeiten oder Pflichten am Arbeitsplatz nicht zu Ende bringen (nicht aufgrund von oppositionellem Verhalten oder Verständnisschwierigkeiten). • Hat häufig Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zuorganisieren. • Vermeidet häufig, hat eine Abneigung gegen oder beschäftigt sich häufig nur widerwillig mit Aufgaben, die längerandauernde, geistige Anstrengungen erfordern (wie Mitarbeit im Unterricht oder Hausaufgaben). • Verliert häufig Gegenstände, die er/sie für Aufgaben oder Aktivitäten benötigt ... . • Lässt sich oft durch äußere Reize leicht ablenken. • Ist bei Alltagstätigkeiten häufig vergesslich.
Die drei Kernsymptome- B. Hyperaktivität • Zappelt häufig mit Händen oder Füßen oder rutscht auf dem Stuhl herum. • Steht (häufig) in der Klasse oder in anderen Situationen auf, in denen Sitzenbleiben erwartet wird. • Läuft häufig herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen es unpassend ist. • Hat häufig Schwierigkeiten, ruhig zu spielen oder sich mit Freizeitaktivitäten ruhig zu beschäftigen.. • Ist häufig „auf Achse“ oder handelt oftmals, als wäre er „getrieben“ ... .
Die drei Kernsymptome- C. Impulsivität • Platzt häufig mit der Antwort heraus, bevor die Frage zu Ende gestellt ist. • Kann häufig nur schwer warten, bis er/sie an der Reihe ist ... . • Unterbricht und stört andere häufig (platzt z.B. in Gespräche oder in Spiele anderer hinein). • Redet häufig übermäßig viel (ohne angemessen auf soziale Beschränkungen zu reagieren
Übereinstimmende Voraussetzungen (ICD-10 und DSM-IV) Beide Diagnosesysteme (ICD-10 und DSM IV) legen weitgehend übereinstimmend fest, dass: • die Symptomemindestens sechs Monate lang in einem dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenem Ausmaß vorliegen; • die Störungen (nach ICD-10) bzw. einige beeinträchtigende Symptome der Störung (nach DSM-IV) bereits vor dem Alter von sieben Jahren auftreten; • die Beeinträchtigung durch diese Symptome sich in zwei oder mehr Lebensbereichen (z.B. in der Schule bzw. am Arbeitsplatz und zu Hause) oder (nach ICD-10) auch an einem anderen Ort zeigen, an dem die Kinder beobachtet werden können; • deutliche Hinweise auf klinisch bedeutsame Beeinträchtigungen in sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsbereichen vorhanden sein müssen.“
Erklärungsansätze und Ursachenzuweisungen Neurobiologische Funktionsstörungen als Hauptursache • Reizüberflutung - keine Trennung von wichtig und unwichtig • Angeborene, gestörte Regulation von Neurotransmittern (chemische Substanzen zur Weiterleitung von Nervenerregungen); Dopaminmangel im Zwischenhirn • Mangelhafte Hemmung von Verhaltensimpulsen • Schwache Selbstkontrolle • Zur Zeit noch kein allgemein eingeführtes Untersuchungsverfahren!
Erklärungsansätze und Ursachenzuweisungen Prä- peri- oder postnatale Ursachen und Störungen des Immunsystems • MCDMinimale, cerebrale Dysfunktion • Sauerstoffmangel bei der Geburt • Alkohol- und Tabakkonsum der Mutter • Hohe Bleibelastung • Hirnverletzung des Kindes • Bestandteile der Nahrung (Zucker, Konservierungsstoffe ..)
Erklärungsansätze und Ursachenzuweisungen Psychosoziale und familiensystemische Ursachen • Geringer sozioökonomischer Status der Eltern (nur in einigen Studien nachgewiesen) • Ungünstige familiäre Bedingungen • Ungünstige Elter-Kind-Beziehung, Über- und Unterstimulierung, häufige negative Interaktionen • Mangelnde Grenzsetzung • Häufiges Auftreten ungünstiger Bedingungen: Zeitdruck, Leistungsdruck, starke Ablenkung
Erklärungsansätze nach Petermann • Frühkindliche Hirnschädigung • neurologische Schädigungen oder minimale cerebrale Dysfunktion • Spezifische Überaktivierung • Reizüberflutung infolge der mangelnden Fähigkeit der Kinder, Störreize auszublenden und relevante Informationen zu verarbeiten • Aktivierungsmangel • corticale Unteraktivierung führt zu einer erhöhten Reizsuche • Gestörte Immunregulation • Allergische Reaktionen führen zu Aktivierungsmangel • Ungünstige Verstärkungsmechanismen im Elternhaus • Inkonsistente und überwiegend negative Verstärkung • Interaktionelle Theorien • Ungünstige Beziehungen zwischen Aufmerksamkeitsstörung, Kindern und den Eltern führen zum Erwerb von „aufmerksamkeitsgestörtem“ Verhalten • Milieureaktive Verursachungshypothesen • Insgesamt ungünstige Sozialisationsbedingungen – u.a. Arbeitslosigkeit, niedriger Bildungsstand, geringe Lernförderung, Alkoholmissbrauch • Multifaktorieller, prozessorientierter Erklärungsansatz
AD(H)S Wie erleben wir AD(H)S Kinder in der Schule? • Die Schule erwartet u.a.: • Integration und Anpassung • Aufmerksamkeit und Ausdauer • Grob- und feinmotorische Grundfertigkeiten • Altersgemäßes Arbeitsverhalten • Angemessenes Sozialverhalten • Die Kinder sind hingegen u.a.: • wenig einordnungsfähig • leicht ablenkbar • nur selten und kurz konzentriert • ungeschickt in Grob- und Feinmotorik • wenig empathisch • Probleme in der Schule: • . Aufmerksamkeit • . Konzentration • . Durchhaltevermögen • . Arbeitstempo • . Arbeitsqualität • . Grobmotorik • . Feinmotorik/ Schrift • . Selbstbild/ -einschätzung • . Leistungsangst 10.Sozialverhalten
Das Kind hat überall Probleme Schulspezifische Probleme • Lehrer erleben das betroffene Kind als eingeschränkt in ... • Motorik, Konzentration, Aufmerksamkeit, Problemlöseverhalten, Sprachkompetenz, Beziehungsaufbau. Das Eltern-Kind-Schule-Verhältnis ist geprägt von ... Häufigen Beschwerden über: störendes Verhalten, schwachen oder schwankenden Leistungen, miserablen Hausaufgaben, Forderungen, dass sie sich „kümmern“ müssen Die Mitschüler erleben das betroffene Kind als eingeschränkt in ... Einordnungsfähigkeit, Einfühlungsvermögen, Verhaltensmuster, Bewegungskoordination, Zuverlässigkeit, Regelakzeptanz, Gefühlsstabilität Das betroffene Kinderlebt sichselbst als ... anders als die Anderen, zerrissen, weil sie „wollen“ und nicht „können“, permanent schuldig, misserfolgsorientiert, unrealistisch in der Selbsteinschätzung
Grundregeln für die Arbeit mit einem AD(H)S-Kind Sehen Sie das Kind nicht als ... hyperaktiv impulsiv zerstreut Tagträumer unaufmerksam unberechenbar streitsüchtig störrisch reizbar aggressiv unkonzentriert Sehen Sie es als ... energisch spontan kreativ phantasievoll offen für neue Eindrücke flexibel unabhängig engagiert sensibel selbstbewusst einzigartig (Thomas Armstrong)
Hilfen im Schulalltag – der Sitzplatz • Der Sitzplatz sollte „fest“ sein und nicht wechseln. • Häufiger Sitzplatzwechsel bedeutet den Umgang mit „neuen Reizen“. • Der Wechsel des Sitznachbarn ist ebenfalls mit „neuen Reizen“ verbunden. • Sitzen am Gruppentisch bietet zu viel Ablenkung. • Der Arbeitsplatz sollte dort sein, wo der Lehrer häufig hinschaut oder präsent ist. • Das Kind darf entscheiden, ob es beim Arbeiten steht, kniet oder eine andere Position einnimmt. • Das Kind kann zwischen Stuhl und Sitzball wechseln
Hilfen im Schulalltag – Verringerung von Störungen • Mit Störungen von AD(H)S-Kindern muss gerechnet werden. • Sie brauchen klare, überschaubare Regeln. • Genaues Hinschauen, ob die Störung vom AD(H)S-Kind ausgeht. • Konsequente Reaktion auf den Regelverstoß ohne „Zusatzbestrafungen“ und negative Beziehungssignale. • Freiräume überschaubar halten. Beim Toben in der Menge rasten hyperaktive Kinder oft aus. Lieber als Helfer einsetzen (z.B. beim Sport). • Im Unterricht Bewegung durch Arbeitsorganisation (Laufdiktat, Stationenarbeit ..) ermöglichen.
Hilfen im Schulalltag – Aufmerksamkeit lenken • Blick- oder Körperkontakt vereinbaren und regelmäßig einsetzen. • Anweisungen in einfachen, überschaubaren Sätzen geben. • Anforderungen und Ziele ankündigen. • Anforderungen und Ziele vom Kind wiederholen lassen. • Hinweise zur Beendigung und zum Neubeginn einer Arbeit geben. • Arbeitsplatz herrichten lassen. • Den „Arbeitsbeginn“ kontrollieren und loben. • Häufige Rückmeldungen auch für Teilerfolge geben. • Während der Arbeitsphase für Ruhe sorgen, nonverbal arbeiten.
Hilfen im Schulalltag – Stützen und verstärken • AD(H)S-Kinder wollen geliebt und anerkannt werden. • AD(H)S-Kinder wollen lernen und Erfolge haben. • Viele Trainingsbausteine aus der Therapie lassen sich auch als „Co-Therapeut“ anwenden. • Vertrauen vermitteln. • Hilfen anbieten. • Keine Schuldgefühle erzeugen. • Loben, loben, .... • Erfolge hervorheben und belobigen.
Selbstinstruktionstraining mit Signalkarten Auf dem Tisch liegt nur das Arbeitsmaterial, das ich für die Aufgabe brauche. Ich lese die Aufgabe genau durch und überlege dann, was ich tun muss. Stopp! Was muss ich tun? Ich zerlege die Aufgabe in kleine Schritte. Stopp! Was ist mein Plan? Ich gehe Schritt für Schritt vor. Sorgfältig! Schritt für Schritt zum Ziel! Ich kontrolliere am Ende, ob ich alles richtig gemacht habe. Stopp! Überprüfen! Ich räume mein Arbeitsmaterial wieder ein. Mein Platz muss übersichtlich sein.