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Umgang mit erkrankten Mitarbeitern. Reinbek – 7. Juli 2010. Mitteilungs- und Nachweispflichten Fragen der Entgeltfortzahlung Handlungsoptionen während der Arbeitsunfähigkeit Betriebliches Eingliederungsmanagement und Präventivpflichten Krankheitsbedingte Kündigung.
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Umgang mit erkrankten Mitarbeitern Reinbek – 7. Juli 2010
Mitteilungs- und Nachweispflichten • Fragen der Entgeltfortzahlung • Handlungsoptionen während der Arbeitsunfähigkeit • Betriebliches Eingliederungsmanagement und Präventivpflichten • Krankheitsbedingte Kündigung
Anzeige über AU und voraussichtliches Bestehen unverzüglich (§ 5 Abs. 1 EfzG) ohne schuldhaftes Zögern bei Verstoß: Abmahnungsmöglichkeit Form: nicht vorgegeben (telefonisch, Email, Kollegen) Übermittlungsrisiko: Arbeitnehmer
Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: wenn AU länger als 3 Kalendertage: Vorlage am Folgetag des 3. Tages (§ 3 Abs. 1 EfzG) Frist durch abweichende Vereinbarung verkürzbar ggf. bis Ende Erkrankungstag (Arzt erreichbar? Regelung denkbar durch AV, BV, TV
Prognoserisiko Arbeitgeber falls AU-Bescheinigung abgelaufen und nicht genesen neue AU möglich Frist: keine gesetzliche h.M.: wieder 3 Kalendertage nach Ende der Vor-AU aber: unverzügliche Mitteilung der Fortdauer
rückwirkende AU-Bescheinigung • grundsätzlich möglich • grundsätzlich kein Anhalt für missbräuchliche Gestaltung/Gefälligkeit • nur ausnahmsweise Indiz für Missbrauch • selten ausreichende Grundlage für Abmahnung/Kündigung
Zugangsrisiko für AU Arbeitnehmer wenn Hilfsperson/Übermittlungsmedium versagt Pflichtenverstoß Abmahnungsmöglichkeit
Falls im Wiederholungsfall Kündigung nach Abmahnung(en): • Abwägungsentscheidung • Überlegungspunkte: • Intensität der durch Unzuverlässigkeit verursachten Ablaufstörungen • u.U. Rückschluss auf generelle Unzuverlässigkeit • Dauer des Arbeitsverhältnisses, Sozialdaten
Arbeitsunfähigkeit im Ausland (§ 5 Abs. 2 EfzG): erhöht wieder den Urlaubsanspruch sichert Entgeltfortzahlung Verfahren abhängig von Aufenthaltsort
Arbeitsunfähigkeit im EWR-Ausland und bei Sozialabkommen: AN informiert den örtlichen Sozialversicherungsträger Träger informiert heimische Krankenkasse Krankenkasse informiert Arbeitgeber
Arbeitsunfähigkeit im übrigen Ausland: wie Inland deutsche KK ist an ärztliche Feststellungen gebunden, sofern nicht eigener Vertrauensarzt im Ausland untersucht hat identischer Beweiswert wie Inlands-AU
Zweifel am Bestehen der AU: Einschaltung des MDK über KK keine Angabe von Gründen erforderlich KK/MDK zur Gutachtenerstattung verpflichtet
Zweifel an AU insbesondere bei: häufiger Kurzzeit-AU, insbesondere montags und freitags AU durch bekannte „Krankschreibungsärzte“
Untersuchung durch MDK: „unverzügliche“ Untersuchung in der Praxis selten unter 2 Wochen bei Nichterscheinen Indizwirkung der AU erschüttert Ergebnismitteilung an KK AG Zweitgutachten möglich
Falls MDK-Ergebnis AU nicht stützt: Rückforderung der Efz nach § 812 ff. BGB u.U. Schadensersatz ggü. Arbeitnehmer u.U. Schadensersatz ggü. Arzt ggf. Abmahnung/Kündigung
Sonderprobleme: • „Gesundschreibung“ • Meldung nach 6 Wochen AU?
Entgeltfortzahlungspflicht: Dauer 6 Wochen nach Erkrankung danach Krankengeldanspruch Ausnahme: erste vier Wochen des Arbeitsverhältnisses (§ 3 Abs. 3 EfzG)
Entgeltfortzahlungspflicht bei Folgeerkrankung: wenn zusammenhangslos mit Ersterkrankung neue 6 Wochen Efz-Pflicht Beweislast: Arbeitnehmer wenn im Zusammenhang mit Ersterkrankung keine Efz-Pflicht
Berechnung des Entgelts: • regelmäßige Vergütung ohne Überstunden • bei ergebnisorientierter Arbeit Vergütung nach regelmäßigem Durchschnitt
eigene Nachforschungen • Kontaktaufnahme • Krankenrückkehrgespräche • zulässige Fragen • Aufdecken von Simulation
Rechtsgrundlage § 84 Abs. 2 SGB IX • in Kraft seit 01.05.2004 • standardisiertes Verfahren zur Überwindung der Arbeitsunfähigkeit • ohne AN-Zustimmung nicht möglich • Rechtsprechung hierzu mittlerweile gefestigt
länger als 6 Wochen im Jahr arbeitsunfähig Verpflichtung zur Durchführung des BEM
AU länger als 6 Wochen falls AN nicht einverstanden im Einvernehmen mit AN BEM durchführen Ablehnung dokumentieren kein BEM !!!
AN einverstanden Abstimmung von Maßnahmen mit BR und SBV
keine Festlegung auf Maßnahmen durch Gesetz • „freie Hand“ für Akteure • ergebnisoffener Suchprozess • Effektivitätskontrolle • Umsetzungsverpflichtung bei positivem Ergebnis • kein Ausschluss vernünftiger Optionen • Aufforderungsverpflichtung • Initiativpflicht
Mögliche Maßnahmen: • Beeinträchtigungsanalyse • Perspektivgespräch / Einsatzwünsche • medizinische Begleitung / Vertrauensarzt • Arbeitsplatzumgestaltung • technische Analysen • arbeitstechnische Hilfsmittel • Mitarbeiterschulung („Rückenschule“) • u.v.a.m.
Auswirkung unzureichenden/unterlassenen BEMs: negative gesundheitliche Prognose erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen Interessenabwägung
Taktische Erwägungen: • Erstellen einer BEM-Richtlinie (ggf. mit BR) • nominale Bestellung eines Betriebsarztes • Mitarbeiterinformation
Sonderproblematik: AN verweigert BEM • keine Teilnahmepflicht • keine Pflicht zur Offenbarung von Krankheiten • aber: auch Berücksichtigung in der Interessenabwägung
Arbeitnehmer Arbeitgeber • soziale Gesichtspunkte • (Mit-)Verursachung • Betriebsgröße • finanzielle Belastbarkeit AG • Wille zum BEM • Verweigerung AN zur Teilnahme am BEM
Krankheitsbedingte Kündigung: Drei Hauptfälle Dauererkrankung (Leistungsmin-derung) häufige Kurzerkrankung
Grundprüfungsschema immer gleich: negative gesundheitliche Prognose erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen Interessenabwägung
Dauererkrankung: • ursächlich i.d.R. eine einzige Erkrankung • Entscheidung häufig durch ein ärztliches Gutachten • Problem bei der Prüfung der Beeinträchtigung betrieblicher Interessen: • Entfall der Entgeltfortzahlungspflicht nach 6 Wochen • geminderte Kostenbelastung
Häufige Kurzerkrankungen: • häufigste Variante der krankheitsbedingten Kündigung • viele Detailprobleme • dadurch oft ungewisser Verfahrensausgang
Prüfungsschema erweitert: negative gesundheitliche Prognose(1) indizielle Prognose(2) Widerlegung möglich(3) ggf. Gegenbeweis erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen Interessenabwägung
Indizielle Prognose: • offiziell keine typisierte Festlegung • Praxis: mehr als 30 Tage Arbeitsunfähigkeit (durchgehend oder in der Summe) in den vergangenen 3 Jahren • aber: Einzelfallbetrachtung
Widerlegung der Negativprognose: • AN legt Erkrankungen dar (Krankenkassenauszug) • AN erklärt (laienhaft), warum deshalb keine Erkrankung mehr zu erwarten („ausgeheilt“) • sofern Laiensachverstand hierzu nicht ausreicht, Verweis auf behandelnde Ärzte
Gegenbeweis: Arbeitgeber durch: arbeitsmedizinisches Sachverständigengutachten
Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen: • (meist) finanzieller oder • tatsächlicher Art
Finanzielle Beeinträchtigungen: • Entgeltfortzahlungskosten • Kosten von Arbeitsersatz (Subunternehmer, Leiharbeitnehmer) • Schäden (Konventionalstrafen) • Maschinenstillstand • Mehrarbeitsbelastung
Häufigste Variante: • hohe Entgeltfortzahlungskosten • Faustformel: 20 % den Entgeltgesamtkosten
Nach Vorstellung des BAG soll an dieser Stelle berücksichtigt werden, ob der AG auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz beschäftigen kann. • milderes Mittel gegenüber Beendigungskündigung • keine Verpflichtung zum Freikündigen • ggf. aber Verpflichtung zum Schaffen eines leidensgerechten Arbeitsplatzes • BEM
Interessenabwägung: Arbeitgeber Arbeitnehmer
Arbeitnehmer Arbeitgeber ? • soziale Gesichtspunkte • (Mit-)Verursachung • Betriebsgröße • finanzielle Belastbarkeit AG
Krankheitsbedingte Kündigung vor den Arbeitsgerichten: • eher geringe Verfahrenszahl • hohe Vergleichsquote • schon erstinstanzlich geringe Erfolgsquote aus AG-Sicht • vor LAG häufig „Zwangsvergleich“ • Tendenz auch abhängig von Betriebsgröße • Bewegung durch EuGH-Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung bei Dauererkrankung