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Klausur S 71Strafrecht WS 2009-2010. Friedrich Toepel. Frage 1: Strafbarkeit des A 1. Tatkomplex: Das „Match“ I. § 223 I StGB durch Faustschlag auf M 1. obj. Tb.: 1. und 2. Alt. StGB +; keine „Fanadäquanz“: kein hinreichender örtlicher und zeitlicher Zusammenhang mit Fußballspiel
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Klausur S 71StrafrechtWS 2009-2010 Friedrich Toepel
Frage 1: Strafbarkeit des A • 1. Tatkomplex: Das „Match“ • I. § 223 I StGB durch Faustschlag auf M • 1. obj. Tb.: 1. und 2. Alt. StGB +; • keine „Fanadäquanz“: kein hinreichender örtlicher und zeitlicher Zusammenhang mit Fußballspiel • 2.) subj. Tb.: Vorsatz +
3.) Rw: Einwilligung bei einvernehmlicher Massenschlägerei regelmäßig +; • aber Verstoß gegen gute Sitten, § 228 StGB? • Nach Rspr.: • sittenwidrig = Körperverletzung wegen besonderen Gewichts des Rechtsgutsangriffs und Gefahrengrad für Leib und Leben des Opfers nicht von der Rechtsordnung hinnehmbar, BGHSt 49, 166, 170 f.;
hier obj.: heftiger Faustschlag, aber keine gravierende Verletzung/Lebensgefahr des M; • bei Einbeziehung des Zwecks der Körperverletzungshandlung kein anderes Ergebnis, nicht eindeutig sittenwidrig • ¹ Auseinandersetzung einem Wettkampf in einer anerkannten Sportart gleichstellen • im Ergebnis: Sittenwidrigkeit der Einwilligung und Strafbarkeit + oder Sittenwidrigkeit und Strafbarkeit –
II. § 231 I StGB durch Tätlichkeiten während des „Match“ • 1.) obj. Tb.: Beteiligung an einer Schlägerei? • a) Regeln, die eingehalten, nicht typisches Erscheinungsbild einer Schlägerei, die durch Ungeordnetheit und Unkalkulierbarkeit der Gefahr gekennzeichnet ist, daher vertretbar nach Musterlösung, obj. Tb. –; • b) Gegenteil aber eher vertretbar wegen Charakters des § 231 StGB als abstraktes Gefährdungsdelikt
2.) subj. Tb.: Vorsatz +, • 3.) obj. Bedingung der Strafbarkeit: • a) Verursachung des Todes bei P war zwar kausal durch A herbeigeführt worden, • b) aber: obj. Zurechenbarkeit erforderlich, • schwere Folge des § 231 StGB muss auf spezifische Gefährlichkeit der Schlägerei zurückgehen.
Herzinfarkt eines Passanten wegen Wahrnehmung der Schlägerei ¹ innerhalb des Schutzzwecks des § 231 StGB • / ¹ Realisierung des von § 231 StGB missbiligten Risikos; Strafbarkeit insoweit - • [Wer Einwilligung vor der objektiven Strafbarkeitsbedingung prüft, kann Strafbarkeit ablehnen wg. Einwilligung (bei entsprechender Interpretation des Rechtsguts des § 231 StGB, so dass Einwilligungsfähigkeit besteht]
III. § 222 StGB durch Tätlichkeiten während des „Match“ • Obj. Zurechenbarkeit – , • scheitert am Schutzzweck wie unter II
2. Tatkomplex: Das Fußballspiel • I. § 187 StGB durch „Hoyzerrufe“ • Obj. Tb.: • unwahre Tatsachenbehauptung gegenüber Dritten; • objektiven Zurechenbarkeit? • =“fanadäquates Verhalten“) • Gegenteil vertretbar: Vorwurf betrügerischen Verhaltens geht über das bei Fußballspielen Übliche hinaus. • Wenn +, weiterprüfen: • subj Tb.: direkter Vorsatz des A: - er kannte die Unwahrheit nicht sicher
II. § 186 2. Alt. StGB durch „Hoyzerrufe“ • 1.) Obj. Tb.: • a) Tatsachenbehauptung gegenüber Dritten • = hier sogar öffentlich entsprechend der Qualifikation § 186 2. Alt.; • b) wieder Problem Fanadäquanz • [c) zusätzlich Mindermeinung Wessels/Hettinger, Zaczyk: zumindest Sorgfaltswidrigkeit bezüglich Unwahrheit, danach möglich, Sorgfaltswidrigkeit zu bejahen oder auch mit guter Begr. abzulehnen]
2.) Vorsatz: nach h. M. + (wenn nicht Ansicht unter 1 c gefolgt) • 3.) Nach h. M. obj. Bedingung der Strafbarkeit: +, • Wahrheitsbeweis kann von A nicht geführt werden. • 4.) Rw.: § 193 StGB, • Tadel an einer gewerblichen Leistung (Schiedsrichtertätigkeit), erforderlich nach h. M.: • Prüfung der Lage in der dem Täter möglichen und zumutbaren Weise, hier eher: - (Gegenteil vertretbar bei guter Begr.)
5.) Irrtum des A, er habe Recht • = Irrtum über die Reichweite des § 193 StGB (indirekter Verbotsirrtum), vermeidbar gem. § 17 S. 2 StGB • (Vertretbar bei plausibler Begr.: Irrtum über das Vorliegen tatsächlicher Voraussetzungen des § 193 StGB, • wenn er meint, er habe Recht und also sorgfältig geprüft, dann Erlaubnistatbestandsirrtum:zumindest Vorsatzschuld entfällt grdsätzlich,
es kommt nur eine Formalbeleidigung §§ 186 iVm 193 a. E. StGB in Betracht, • hier nicht gegeben ist der Begleitumstände wegen, Fußballspiel • wer vermeidbaren Verbotsirrtum annimmt: Strafbarkeit gem. §§ 186 2. Alt., 17 S. 2 StGB +
III. § 185 StGB durch „Hoyzerrufe“ • 1.) Obj. Tb.: • a) Tatsachenbehauptung gegenüber Dritten oder Betroffenem +, • b) unberechtigte Herabsetzung: bei Tatsachenbehauptung nur, wenn die Behauptung unwahr ist (h. M.), • nach Mindermeinung: Unwahrheit = Strafausschließungsgrund, hier + Fanadäquanz wie oben I und II
2.) Vorsatz: bezüglich Unwahrheit -, Tatbestandsirrtum nach h. M. • a. A. Mindermeinung unter 1 b: Strafausschließungsgrund –, weil Aussage des A obj. unwahr • 3.) Rw: selbe Probleme soeben, Strafbarkeit + oder -193 StGB, • Tadel an einer gewerblichen Leistung (Schiedsrichtertätigkeit), erforderlich nach h. M.: • Prüfung der Lagein der dem Täter möglichen und zumutbaren Weise, hier eher: - (Gegenteil vertretbar bei guter Begr.)
3. Tatkomplex: Abschluss der Wette • I. § 263 I StGB durch Abgabe des Wettangebots gegenüber dem Angestellten z. N. T-Gesellschaft • 1.) Obj. Tb.: • a) Täuschung: • über innere Tatsache, dass keine Kenntnis einer Manipulation • durch konkludentes Verhalten • aa) vom BGH bejaht, BGHSt 51, 165, 172 „Hoyzer“
bb) Gegenteil vertretbar • (Lit.: Verschweigen von Sonderwissen = typisches Risiko des Wettanbieters; Inhalt des konkludent Erklärten ist faktisch, nicht rechtlich zu bestimmen), • wenn konkludente Täuschung abgelehnt, noch Täuschung durch Unterlassen prüfen: • Garantstellung dann allenfalls auf Treu und Glauben stützbar, wenn man eine solche anerkennt (nur Rspr. und Mindermeinung)
d) Vermögensverfügung: +, Annahme des Wettangebots • e) Vermögensschaden: • aa) Zeitpunkt Abschluss des Vertrags? BGH „Hoyzer“ +, konkrete Vermögensgefährdung, weil das Wettrisiko sich erheblich zugunsten des Wetters verschoben hat, erheblich höhere Chance auf den Wettgewinn („Quotenschaden“) • bb) auch vertretbar: Auszahlung des Gewinns = Schaden • (Differenz zwischen Gewinn bei normalem Wettverhalten und tatsächlichem Gewinn)
aber: Unmittelbarkeit des Schadens durch Verfügung „Annahme des Wettangebots“? Problematisch) • 2.) Subj. Tb.: • a) Vorsatz +; • b) Abs. rw Bereicherung: • A hat Anspruch auf Gewinn wegen Vertrags; jedoch gem. § 123 BGB anfechtbar, • im Widerspruch zur Rechtsordnung Strafbarkeit • daher bei entspr. Begr. +
II. §§ 263 I, 13 StGB durch Verschweigen der Kenntnis von Manipulationsabsichten gegenüber T-Gesellschaft z. N. T-Gesellschaft • 1.) obj. Tb.: • a) Täuschung: allenfalls Täuschung durch Unterlassen, Garantenstellung durch Ingerenz? • Rechtswidriges Vorverhalten = Abgabe des Wettangebots, • vertretbar,
widerspricht aber Grundsatz, dass vertragliche Beziehung keine Garantenstellung begründen kann, wenn nicht besondere Vertrauensstellung des Vertragspartners • hier -, bei Wettverträgen, vielmehr natürlicher Interessengegensatz der Vertragsparteien • Ergebnis: beides Täuschung durch Unterlassen + oder – vertretbar, • wenn +, weiterprüfen:
b) Irrtum: +, sachgedankliches Mitbewusstsein (auch Irrtum – mangels Fehlvorstellung des Angstellten vertretbar, ignorantia E facti) • c) Kausalität Täuschung-Irrtum: hier unproblemat., bei pflichtgem. s. rw Bereicherung: + • Strafbarkeit daher bei entspr. Begr. +
III. § 263 I StGB durch Einlösen des Wettscheins gegenüber dem Angestellten z. N. T-Gesellschaft • (Nur dann relevant, wenn Täuschung unter 3. Tatkomplex I und II abgelehnt wurde) • 1.) Obj. Tb.: • a) Täuschung: • aa) konkludent darüber, Einlösender habe sein Sonderwissen nicht vertragswidrig ausgenutzt?
Nur wenn bereits konkludente Täuschung bei Abgabe des Wettangebots, dann aber ist diese nachfolgende Täuschung nicht mehr relevant • bb) konkludente Behauptung, das Spiel sei ordnungsgemäß abgelaufen (unwahrscheinlich, aber noch vertretbar, Gegenteil, Täuschung -, natürlich auch vertretbar) • b) Irrtum: • sachgedankliches Mitbewusstsein • eher noch schwächer als unter I und II
c) Kausalität Täuschung-Irrtum: problemat. wie unter I. • d) Vermögensverfügung: +, Auszahlung des Gewinns • e) Vermögensschaden: • Schaden = Differenz zwischen Gewinn bei normalem Wettverhalten und tatsächlichem Gewinn • 2.) Subj. Tb.: • a) Vorsatz + • b) Abs. rw Bereicherung: A hat Anspruch auf Gewinn wegen entsprechenden Vertrags
c) Kausalität Täuschung-Irrtum: problemat. wie gem. § 123 BGB anfechtbarer Anspruch nur, wenn bereits im Wettangebot eine Täuschung gesehen wird, • dann aber Konstruktion von III. überflüssig • sonst allenfalls Wegfall der Geschäftsgrundlage, • § 313 BGB denkbar; • Manipulationsfreiheit, oder zumindest Unkenntnis davon, müsste dann Geschäftsgrundlage sein: beides, + oder -, vertretbar
Frage 2: • Zeugenerklärung unverwertbar, § 136a I, III 2 StPO • Verwertungsverbot auch für Zeugen, § 69 III StPO; • auch für Vernehmungen der Staatsanwaltschaft, § 161a I 2 StPO