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Chancen und Grenzen eines nachhaltigen Lebensstils bei Jugendlichen in Österreich. Katrin Triebswetter Österreichisches Institut für Jugendforschung November 2009. 1. Zur Studie. Zielsetzung: Untersuchung der Chancen und Grenzen nachhaltigen Verhaltens
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Chancen und Grenzen eines nachhaltigen Lebensstils bei Jugendlichen in Österreich.Katrin TriebswetterÖsterreichisches Institut für JugendforschungNovember 2009
1. Zur Studie • Zielsetzung: Untersuchung der Chancen und Grenzen nachhaltigen Verhaltens • bei jungen Menschen in Österreich. Dabei wurde insbesondere der Frage • nachgegangen, inwiefern Geschlecht und Geschlechtsrollenverständnis in • diesem Zusammenhang von Bedeutung sind. • Zeitraum: August 2008 bis September 2009 • Methode: • Analyse von Aufsätzen 14- bis 16-jähriger SchülerInnen zum Thema • Geschlecht und seine Bedeutung für das Umweltverhalten • Analyse von 16 biographischen Leitfadeninterviews mit Jugendlichen zwischen • 14 und 20 Jahren • Standardisierte Befragung von 500 Jugendlichen zwischen 14 und 20 Jahren • Gefördert vom Lebensministerium
2. Wie wichtig ist Nachhaltigkeit für Jugendliche? • „Eigentlich weiß ich so gar nicht, was der Begriff heißt. Nachhaltigkeit. Einfach, • dass vieles wichtig ist?“ • Jugendliche können mit dem Begriff „Nachhaltigkeit“ vergleichsweise wenig anfangen, sie nennen jedoch unabhängig davon verschiedenste Themen, die ihnen wichtig sind und die der Nachhaltigkeit zugeordnet werden. • Die Beurteilung der Wichtigkeit und Dringlichkeit ausgewählter Themen zeigt auf, dass für die Jugendlichen die Behandlung von Umweltfragen besonders relevant erscheint. Die Erhaltung der Umwelt wird als zentrale Lebensgrundlage betrachtet. Die Beschäftigung mit sozialen oder wirtschaftlichen Fragen hingegen nachgereiht.
3. Wer trägt die Verantwortung für Probleme? • „Ich finde am Klimawandel ist jeder schuld, egal ob Land, Kontinent, Mensch • oder Tier.“ • Die Beschäftigung der Jugendlichen mit der Verantwortung für Probleme erfolgt • im Spannungsfeld zwischen Individuum und Kollektiv. Dabei dominiert je nach • Thema entweder die eine oder die andere Sichtweise. • Umwelt: deutliche Kollektivierung von Schuld, da die Probleme in diesem Bereich als universell betrachtet werden. • Wirtschaft: VerursacherInnen bleiben ebenso abstrakt („die Wirtschaft“), Rolle der einzelnen KonsumentInnen wird kaum erwähnt. • Soziales: deutliche Individualisierung durch Berufung auf das Leistungsprinzip.„Weil die meisten sind Alkoholiker, verschwenden ihr Geld, oder sind spielsüchtig. Oder sonst irgendwas. Die sind meistens selber schuld eigentlich.“
4. Wer ist für Lösungen zuständig? • Analog zur Verantwortung unterscheiden die Jugendlichen zwischen Individuen • und Kollektiven. • In den drei Dimensionen von Nachhaltigkeit ist zu erkennen, dass die jungen • Männer und Frauen individuelles als auch kollektives Handeln als relevant • erachten. Allerdings gibt es sehr unterschiedliche Schwerpunktsetzungen:
4. Wer ist für Lösungen zuständig? • Die individuelle Verantwortung für Lösungen beschäftigt die befragten • Jugendlichen insofern am meisten, als es hier um ihren eigenen • Handlungsspielraum geht. Dabei wird nachhaltiges Handeln in drei • verschiedenen Formen angesprochen: • Bewusste, überlegte Strategie (hohe Bedeutung der Kontextbedingungen, die die Handlungsmöglichkeiten einschränken) • Gewohnheit (Unhinterfragte Handlungsformen z.B. in der Familie) • Nebenfolge(bestimmte strukturelle Rahmenbedingungen oder gesellschaftliche Verhaltenszuschreibungen bestimmen die Handlungsweise ohne dass eine bewusste Entscheidung dafür getroffen wird)
5. Was beschäftigt die Jugendlichen beimNachdenken über Nachhaltigkeit? • „Ihr seid erwachsen und Kinder hört man ja nicht!! Macht unsere Welt besser!!“ • Wissen: Fehlt die unmittelbare Erfahrung suchen Jugendliche nach (Fakten-)Wissen. Erst auf der Grundlage umfassenden Wissens fühlen sich die Jugendlichen auch handlungsfähig. Dilemma: je umfassender das Wissen, desto deutlicher wird die Komplexität der Problemlagen! • Unsicherheit: Wenig Glaube daran, dass die eigene Handlung etwas bewirken kann. Gleichzeitig nehmen sie kaum Engagement bei EntscheidungsträgerInnen war. Verstärkt wird dies durch die öffentliche Adressierung Jugendlicher als Sündenbock und Retter zugleich. • Gerechtigkeit: Oberstes Prinzip gesellschaftlichen Zusammenlebens für die Jugendlichen. Chancengleichheit ist die Voraussetzung für die Umsetzung von Leistungsgerechtigkeit, die den Jugendlichen als die „wirkliche“ Gerechtigkeit gilt.
6. Die Bedeutung von „Geschlecht“ • „Also ich denke jede Frau hat die Möglichkeit nachhaltig zu leben und jeder • Mann hat genau die gleiche Möglichkeit.“
6. Die Bedeutung von „Geschlecht“ • Aus Sicht der Jugendlichen bestehen sowohl keine biologisch begründeten • unterschiedlichen „Ausgangsvoraussetzungen“ von Frauen und Männern, noch • sind diese in Österreich ungleichberechtigt. • Sie glauben nicht, dass Unterschiede im Verhalten in der Natur der Geschlechter zu suchen sind oder auf geschlechtlich bestimmte Rollenzuschreibungen zurückzuführen sind, sondern, dass diese Unterschiede auf freiwilligen Entscheidungen beruhen. • Ebenso wenig erkennen sie an, dass strukturelle Ungleichheiten zwischen den beiden Geschlechtern unterschiedliches Verhalten bewirken können.
6. Die Bedeutung von „Geschlecht“ • Ausgehend von der Vorstellung junger Menschen, dass Geschlechteregalität • eine Tatsache ist und Geschlecht irrelevant in Hinblick auf nachhaltiges • Verhalten ist, führen sie andere Erklärungen für Unterschiede an. Themen, die • dabei immer wieder genannt werden, sind: • Zugang zu Bildung • Positionierung auf dem Arbeitsmarkt • Rollenverteilung in der Familie • finanzielle Ressourcen • Erziehung bzw. Vorbildwirkung in der Familie • Erleben eigener Betroffenheit (insbesondere von Diskriminierung) • Nachvollziehbar ist den Jugendlichen hingegen, dass Unterschiede auf das • jeweilige Geschlechtsrollenverständnis zurückgeführt werden können, da dieses • als individuell wählbar gilt.
7. Ansatzpunkte für Veränderungen • Der Begriff Nachhaltigkeit ist bei den Jugendlichen noch nicht etabliert. • Dennoch setzen sie sich in vielen Bereichen mit Nachhaltigkeit auseinander, es • ist ihnen jedoch häufig nicht bewusst. Die Beschäftigung mit Umweltfragen steht • für junge Menschen dabei im Vordergrund. Veränderungen im Bereich Soziales • und Wirtschaft werden als weniger lebensbedrohlich und folglich weniger • dringlich beurteilt. • Klärung des Begriffes „Nachhaltigkeit“ notwendig insbesondere anhand von Beispielen mit Bezug zur Alltagsrealität. • Bildung sollte nicht nur Faktenwissen vermitteln, sondern Handlungskompetenz und –sicherheit erzeugen. • Wissensvermittlung sollte Jugendliche, deren Alltag und Wissen einbeziehen.
7. Ansatzpunkte für Veränderungen • Jugendliche sehen vor allem im Bereich der Umwelt eine hohe Verantwortung, • einen eigenen Beitrag zu leisten. Ein solcher bedeutet aus ihrer Sicht • gegenwärtig entweder Verzicht oder schwer leistbaren Luxus, während der • unsichere Gewinn in der Zukunft liegt. Kollektive AkteurInnen werden von den • Jugendlichen entpersonalisiert und als unerreichbar wahrgenommen, wodurch • sie kaum Einflussmöglichkeiten sehen. • Positive Beispiele sollten den Jugendlichen aufzeigen, wie sie z.B. als KonsumentInnen Einfluss auf Entscheidungen kollektiver AkteurInnen ausüben können. • Jugendliche sollten aktiv in Strategieentwicklung und Entscheidungsfindung einbezogen werden. • Bereichernde Aspekte nachhaltigen Handelns sollten hervorgehoben werden.
7. Ansatzpunkte für Veränderungen • Jugendliche werden in der öffentlichen Diskussion häufig abgewertet. • Gleichzeitig wird ihnen als zukünftige Erwachsenengeneration die • Verantwortung für die Entwicklung einer nachhaltigen Lebensweise und die • Lösung von Problemen übertragen. • Wahrnehmung und Anerkennung von nachhaltigem Verhalten Jugendlicher notwendig. • Erwachsene sollten Vorbildfunktion übernehmen. • Generationengerechtigkeit anstatt einseitige Solidaritätsforderungen. • Nachhaltigkeit als Maßstab der Politik und gesamtgesellschaftliches Anliegen.
7. Ansatzpunkte für Veränderungen • Chancengleichheit ist aus der Perspektive der Jugendlichen bereits weitgehend • umgesetzt. Junge Frauen und Männer gehen davon aus, dass bei • entsprechender Leistung bzw. Anstrengung grundsätzlich alle BürgerInnen • dieselben Möglichkeiten haben. Das bedeutet, dass Jugendliche mit • Benachteiligungserfahrungen nur nach individuellen und nicht nach kollektiven • Erklärungen suchen. • Aufzeigen des Zusammenspiels struktureller Benachteilungen und individueller Entscheidungen ist unverzichtbar. • Jugendlichen sollten ihre eigene Handlungsspielräume aufgezeigt werden. • Öffentliche Indivualisierungsrhetoriken sollten als einseitig entlarvt werden.
7. Ansatzpunkte für Veränderungen • Unterschiede zwischen jungen Männern und jungen Frauen in Zusammenhang • mit Nachhaltigkeit werden von diesen nicht auf geschlechtsspezifisch • unterschiedliche Rahmenbedingungen zurückgeführt, sondern durch andere • Variablen erklärt. Daher lösen geschlechtsbezogene Aussagen vielfach • Widerspruch aus. • Im Zuge von Bildungsmaßnahmen sollte nicht einseitig auf geschlechtsspezifische Unterschiede rekurrieren sondern die Vielfältigkeit der gesellschaftlichen Differenzierungslinien miteinbeziehen. • Kreativer Umgang mit Rollenbildern sollte den Spielraum der Jugendlichen erweitern und vorhandene Stereotype auflösen. • MultiplikatorInnen sollten in reflexiven Prozessen ihre eigene gesellschaftliche Position überdenken und zum Thema machen. • Sensibilität für Geschlechtergerechtigkeit muss gesamtgesellschaftlich noch weiter gefördert werden.
Für weitere Informationen: • Dipl.-Soz. Katrin Triebswetter • Projektleitung Evaluation „m.o.v.e. on“ • 0043/1/21 47 881-13 • katrin.triebswetter@oeij.at