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Eckpunkte integrativer Unternehmensethik

Eckpunkte integrativer Unternehmensethik. Erläutert am Brennpunkt Bankenethik. Die wirtschaftsethische Grundfrage. Wie sind Wirtschaft und Ethik zusammen zu denken? Grundthese: Das Wirtschaften muss, wie jedes andere Handeln auch, legitim und verantwortbar sein.

marlow
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Eckpunkte integrativer Unternehmensethik

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Presentation Transcript


  1. Eckpunkte integrativer Unternehmensethik Erläutert am Brennpunkt Bankenethik

  2. Die wirtschaftsethische Grundfrage Wie sind Wirtschaft und Ethik zusammen zu denken? Grundthese: Das Wirtschaften muss, wie jedes andere Handeln auch, legitim und verantwortbar sein.

  3. Drei Paradigmen der Unternehmensethik • Separierung: Die ökonomische Rationalität ist ethisch neutral. • Reflexionsstopp (impliziter Ökonomismus) • Identität: Ökonomische Rationalität und ethische Vernunft fallen zusammen. • Ökonomismus • Integration: Die ökonomische Rationalität bedarf der ethischen Einbettung und Moderierung – auf verschiedenen institutionellen Ebenen. • Vernunftethik des Wirtschaftens

  4. Warum nach Konzepten fragen?... • ... statt zu fragen, wie man „Ethik“ in der Wirtschaft „anwenden“ kann? • Weil wir durch solcher Art „pragmatisches“ Fragen bereits in einem spezifischen, äusserst voraussetzungs-reichen Konzept sind. • Weil es vorrangig darum geht, Reflexionswissen zu bieten – statt Rezeptwissen (know how) für vermeintlich „gute Zwecke“. • Es geht um die Klärung der „Bedingungen der Möglichkeit“ legitimen und verantwortbaren Wirtschaftens.

  5. I. Das separative Konzept • Hintergrundannahme: Ethik und Wirtschaft sind getrennte Welten (Zwei Welten Theorie): • Die Ethik ist durch die Philosophie oder einen vorgegebenen Normenkatalog definiert. • Diese Normen sollen dann auf die Wirtschaft „angewendet“ werden. Logische Konsequenz: Das Wirtschaften selbst wird für ethisch neutral erklärt.

  6. Manifestation I: Spendenethik • „Nur wer Überschüsse erzielt hat, kann sie guten Zwecken zuführen.“ • Schneider, D.: Unternehmensethik und Gewinnprinzip in der Betriebswirtschaftslehre, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 1990, S. 869-891, hier S. 870. „Der IWF fordert, dass Kantonalbanken «ausschliesslich marktorientiert arbeiten» sollten und im operativen Bereich vor jeder politischen Einflussnahme geschützt werden müssten. Einzige übergeordnete Zielvorgabe dürfe «ausschliesslich die Gewinnmaximierung» sein. Ihre gesellschaftliche Funktion sollten die Kantonalbanken nicht im täglichen Geschäft wahrnehmen, sondern erst hinterher: indem sie ihre maximierten Gewinne an die öffentliche Hand abgeben.“ Erst die Gewinne, dann die Moral, Tagesanzeiger, 6. Juni 2007 Es kommt unternehmensethisch nicht vorrangig auf die Grösse des „Gewinnkuchens“ an, sondern auf die ethische Qualität der Rezeptur, mit der er gebacken wird.

  7. Manifestation II: Unmöglichkeitstheorem • “In einer auf Konkurrenz basierenden Wirtschaft ist es einem einzelnen Unternehmen nur im Ausnahmefall möglich, das dem Gemeinwohl Zuträgliche zu tun, wenn dies einen wirtschaftlichen Nachteil für es bedeutet.” • Hösle, V.: Philosophie der ökologischen Krise, München 1991, S. 104. “Wirtschaftsethik (bzw. Unternehmensethik) befasst sich mit der Frage, welche moralischen Normen und Ideale unter den Bedingungen der modernen Wirtschaft ... (von den Unternehmen) zur Geltung gebracht werden können.” Homann, K./Blome-Drees, F.: Wirtschafts- und Unternehmensethik, Göttingen 1992, S. 14. Das ethisch Richtige zu tun kann niemals „unmöglich“ sein – aber es kann als unzumutbar zu beurteilen sein.

  8. Auswege aus dem Zumutbarkeitsproblem • In modernen Grossgesellschaften ist die moralische Verbindlichkeit allein zu schwach. • Sie muss durch Rechtsverbindlichkeit (sanktionsbewehrte Regeln) unterstützt werden. Die Rahmenordnung soll sicherstellen, dass der Verantwortungs-bewusste nicht der Dumme ist. • Niemand kann sich herausregen, verantwortungsvoll zu handeln sei „unmöglich“.

  9. II. Ökonomismus • Zwei Varianten • Funktionalismus • „The social responsibility of business is to increase its profits.“ Milton Friedman • Instrumentalismus • „Ethik zahlt sich langfristig aus.“

  10. A. Funktionalismus • „Die Beschäftigung mit Unternehmensethik ist überflüssig.“ „Betriebswirtschaftslehre [deren Aufgabe darin besteht aufzuzeigen, wie „der Kapitalwert des Unternehmens zu maximieren“ ist] ist Unternehmensethik“. • Horst Albach: Betriebswirtschaftslehre ohne Unternehmensethik, ZfB, 2005 „Indem wir für unsere Aktionäre Mehrwerte schaffen, schaffen wir auch Mehrwerte für alle anderen Ansprechgruppen.“ UBS: Kunden, Mitarbeiter, Aktionäre und die Gesellschaft. Unser Engagement 1999/2000, Zürich 2000.

  11. Eine Ethik ohne Moral • „Langfristige Gewinnmaximierung ist ... nicht ein Privileg der Unternehmer, für das sie sich ständig entschuldigen müssten, es ist vielmehr ihre moralische Pflicht, weil genau dieses Verhalten ... den Interessen der Konsumenten, der Allgemeinheit, am besten dient.“ • Homann, K./Blome-Drees, F.: Wirtschafts- und Unternehmensethik, 1992, S. 38 f.  Die Geschäftstätigkeit ist von allen rentabilitätsfremden Gesichtspunkten frei zu halten. „Tatsächlich fördert der Einzelne nicht bewusst das Allgemein-wohl... [Der Einzelne] strebt ... lediglich nach eigenem Gewinn. Und er wird in diesen wie auch in vielen anderen Fällen von einer unsichtbaren Hand geleitet, um einen Zweck zu fördern, den zu erfüllen er in keiner Weise beabsichtig hat.“ Adam Smith: Wohlstand der Nationen (1776)  Die Metaphysik des Marktes.

  12. B. Instrumentalismus • Statements • „Langfristig ist Erfolg ohne Ethik nicht möglich.“ • Bernd Pischetsrieder, bis 2006 Vorsitzender des Vorstandes der Volkswagen AG • „Nachhaltiger Erfolg ist nur zu erreichen, wenn die legitimen Interessen aller Stakeholder berücksich-tigt werden.“ • Henning Schulte-Noelle, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Allianz AG

  13. Funktionalismus vs. Instrumentalismus • Gemeinsamkeiten: Unterschied: „Ethik“ ist nicht „überflüssig“ (Funktionalismus), sondern ein notwendiges Instrument erfolgreichen Managements. • Gewinn als Massgabe (Gewinnmaximierung) • ... lediglich ein anderes Rezept, wie Gewinne zu erzielen sind. • Ethik ohne Moral • Es bedarf keines Handelns aus ethischer Einsicht

  14. Gewinnmaximierung – was ist das? • Missverständnisse • Gewinnmaximierung ist in sich bereits langfristig ausgelegt. „Langfristige Gewinnmaximierung“ ist ein Pleonasmus. „Kurzfristige Gewinnmaximierung“ eine Widerspruch in sich. • Es geht um die langfristige („nachhaltig“ durchsetzbare) Erfolgsbilanz des Investors, nicht um den dauerhaften Bestand des Unternehmens. Gewinnmaximierung heisst, alles zu tun, damit die Gewinne insgesamt so hoch wie möglich sind.

  15. Gewinn und Ethik • Gewinnmaximierung ist nicht rechtfertigungsfähig. Nicht der Gewinn, sondern das Moralprinzip muss letztlich massgeblich sein. Ohne Anerkennung des Primats der Ethik lässt sich kein Handeln legitimieren. • Gewinn ist nicht die letzte Massgabe des unternehmerischen Handelns. Gewinn ist vielmehr ein Gesichtspunkt neben anderen. • Gewinnstreben ist legitim. Gewinnmaximierung ist es a priori illegitim.

  16. „The Business Case for Ethics“ • 3 Gegenargumente • Konventionalistisches Ethikverständnis – Vormoderne Katalogethik • Opportunismus • Ethik des Rechts des Stärkeren

  17. Ethik als Faktor? • Gegenargument 1 „Wer nachhaltige [nachhaltig rentable] Wertschöpfung erreichen will, muss sich an moralische Prinzipien und Überzeugungen binden.“ Josef Wieland Ethik ist in der modernen, pluralistischen Gesellschaft prinzipiell kontrovers.  Keine Katalogethik • Nicht überall da, wo „Ethik“ draufsteht, ist auch Ethik drinnen. • Es bedarf der kritischen Urteilskraft und der Integrität des Managements: Ethik mit Moral.

  18. „Reputationsrisiken“? • Gegenargument 2 • „Die Bank ist sich der vielfältigen Erwartungen bewusst, die verschiedene Interessengruppen an sie stellen. Daher gehört Corporate Responsibility zum Geschäftsmodell der UBS.“ • UBS, Handbuch 2001/2002 • „Zur gesellschaftlichen Verantwortung gehört, sich fortwährend neuen Gegebenheiten anzupassen.“ • CS Nachhaltigkeitsbericht 2002 • Opportunismus: „Die Fahne in den Wind hängen“ • Konfusion von Legitimität und Akzeptanz

  19. Langfristigkeit und Recht des Stärkeren • Wer keine (manifeste oder latente) Macht hat, der hat auch keine Rechte. • Es gilt das Recht des Stärkeren. Gegenargument 3 Stakeholder = „any group or individual who can affect or is affected by the achievement of the corporation‘s purpose.“ Edward R. Freeman „Langfristigkeit“ = Zeit, bis sich Widerstand formiert.

  20. Quintessenz • „Ethik zahlt sich langfristig aus“ heisst: • „Wir betreiben diejenigen <Ethik>, die sich langfristig auszahlt.“ • Widerlegung der These in ihrer Pauschalität.

  21. Eine alternative Sicht • Die Stakeholder erwarten nicht, dass die Unternehmen sich an ihren „Erwartungen“ orientiert. • Sie erwarten vielmehr, dass die Geschäfte integer geführt werden. • Die Stakeholder haben ein feines Gespür dafür, ob es eine Unternehmung erst meint mit der Ethik – oder sie nur so tut als ob.

  22. III. Integrative Unternehmensethik: Die Idee verdienter Reputation • Motto: „Wir möchten nur in legitimer und ethisch verantwortbarer Weise Gewinne zu erzielen.“ • Stakeholder-Support • Geschäftsintegrität kann die Basis des Unternehmenserfolgs sein • Voraussetzung: Geschäftsintegrität = die Bereitschaft, das eigene Erfolgsstreben von seiner Legitimierbarkeit abhängig zu machen.

  23. Chancen verdienter Reputation • Geschäftspraktiken, die sich nicht rechtfertigen lassen, haben es schwer. • Es gibt eine ethische Eigendynamik, der sich die Unternehmen nur schwer entziehen können -> „Raising the bar“ (UN Global Compact) • Wir beobachten Ansätze eines Ethikwettbewerbs (Migros / Coop) • Korridor verdienter Reputation – und dieser ist noch kaum ausgeschöpft. • Echte Chance einer genuinen Geschäftsethik (statt „Ethik der roten Zahlen“)

  24. Grenzen verdienter Reputation • Kein neuer Pauschal-Harmonismus (Überschüsse grösser Null statt maximale Gewinne) • Bloss Korridor –> Zumutbarkeitsproblematik • Es bedarf einer Rahmenordnung, damit der Verantwortungsbewusste im Wettbewerb nicht der Dumme ist. • Branchenvereinbarungen • Ordnungsrahmen, national – global • Ordnungspolitische Mitverantwortung im ethisch wohlverstandenen Eigeninteresse.

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