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Ver.di Bundesvorstand Parlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004. Gesetzliche Mindestlöhne. Dr. Thorsten Schulten. Internationale Erfahrungen ... und was Deutschland von ihnen lernen kann.
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Ver.di Bundesvorstand Parlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Gesetzliche Mindestlöhne Dr. Thorsten Schulten Internationale Erfahrungen ... und was Deutschland von ihnen lernen kann
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Gesetzliche Mindestlöhne 1. Internationale Verbreitung 2. Ökonomische und soziale Auswirkungen 3. Konsequenzen für Deutschland
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Grundlegende Idee gesetzlicher Mindestlöhne “Unternehmen, deren Existenz lediglich davon abhängt, ihren Beschäftigten weniger als einen zum Leben ausreichenden Lohn zu zahlen, sollen in diesem Land kein Recht mehr haben, weiter ihre Geschäfte zu betreiben. Mit einem zum Leben ausreichenden Lohn meine ich mehr als das bloße Existenzminimum - ich meine Löhne, die ein anständiges Leben ermöglichen.” U.S.-PräsidentFranklin D. Rooseveltbei der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in den USA im Jahre 1938
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Sozialen Ziele eines gesetzlichen Mindestlohns Definition eines gesellschaftlich anerkannten Mindestniveaus Verhinderung von Armutslöhnen (Working poor)/Begrenzung des Niedriglohnsektors Egalitärere Einkommensverteilung Bekämpfung von Lohnungleichheit und Lohndiskriminierung
Gesetzliche Mindestlöhne in der EU 2004 (in Euro) * pro Monat im Jahresdurchschnitt Stand: September 2004 Quelle: Eurostat
Gesetzliche Mindestlöhne pro Stunde in US-Bundesstaaten 2004 (in US-Dollar) Quelle: U.S. Departement of Labor
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Formen der Festlegung und Anpassung des gesetzlichen Mindestlohns • „Rein politische“ Entscheidung (USA) • Politische Entscheidung mit institutionalisierten Konsultationen von Arbeitgebern und Gewerkschaften (Großbritannien, Irland, Spanien, Portugal) • Ergebnis von nationalen Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften (Belgien, Griechenland) • Indexierung des Mindestlohnes an die Preis- und/oder Lohnentwicklung sowie politische Entscheidung mit institutionalisierten Konsultationen (Frankreich, BeNeLux-Staaten)
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Großbritannien: Die Low Pay Commission • Zusammensetzung: • Jeweils drei Vertreter der Arbeitgeber, Gewerkschaften und Wissenschaft • Aufgaben: • Auswirkungen des Mindestlohnes regelmäßig evaluieren • Unternehmen bei der Einführung/Anpassung des Mindestlohns unterstützen • Empfehlungen für die Anpassung des Mindestlohns formulieren • http://www.lowpay.gov.uk/
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Vorteile einer Low Pay Commission Stärkung der gesellschaftlichen Akzeptanz des Mindestlohns Einbeziehung der Arbeitgeber und Gewerkschaften führen zu „Quasi- Tarifverhandlungen“ Empfehlungen zur Anpassung des Mindestlohns gestützt auf wissenschaftliche Untersuchungen
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Mindestlöhne und Beschäftigung USA: Studien von David Card und Alan B. KruegerVergleich von Bundesstaaten mit unterschiedlichen Mindestlöhnen und Auswirkungen auf die Beschäftigten in Fast Food Restaurants („natürliches Experiment“) Vergleich der Beschäftigungsentwicklung in Bundesstaaten mit unterschiedl. Mindestlöhnen Fazit: Mindestlohn hat keinen systematischen Einfluss auf die Beschäftigung !!!
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Gesetzlicher Mindestlohn und Beschäftigung USA: “Die Erfahrungen zeigen überwiegend, dass moderate Steigerungen der Mindestlöhne nur sehr geringe oder gar keine Auswirkungen auf die Beschäftigung haben.” Council of Economic Advisers 1999 Economic Report to the President
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Mindestlöhne und Beschäftigung Großbritannien: Einführung des Mindestlohnes in einer ökonomischen Boom-Phase Low Pay Commission: Kein systematischer Einfluss auf die Beschäftigung LSE-Studien (Manning u.a.): Kein Einfluss auf die Beschäftigung im Sozial- und Pflegesektor
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Mindestlöhne und Beschäftigung Großbritannien: “Von dem nationalen Mindestlohn haben bislang weit mehr als eine Millionen Niedriglohnempfänger profitiert. Dies geschah ohne negative Auswirkungen auf Wirtschaft und Beschäftigung. Entgegen mancher Befürchtungen, erfolgte die Einführung und Anpassung des Mindestlohns ohne größere Probleme. ... Er hat sich von einem umstrittenen Instrument zu einem allgemein akzeptierten Bestandteil unseres Arbeitslebens entwickelt.” 4. Bericht der Low Pay Commission (2003)
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Mindestlöhne und Beschäftigung Zusammenfassung neuerer empirischer Studien (OECD 1998, Ragacs 2003): widersprüchliche Ergebnisse keine eindeutigen Konsequenzen für das Beschäftigungsniveau (möglicherweise) begrenzter Einfluss auf die Beschäftigung von Jugendlichen Fazit: Die Rolle des Mindestlohns für das Beschäftigungsniveau wird vielfach überschätzt !!!
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Mindestlöhne und Einkommensverteilung Zusammenfassung neuerer empirischer Studien (OECD 1998, Rubery 2003): Reduzierung der allgemeinen Lohnspreizung (abhängig vom Niveau des Mindestlohns) Reduzierung von Lohndiskriminierungen (z.B. zwischen Frauen und Männern) Fazit: Der Mindestlohns kann zu einer egalitäreren Einkommensverteilung beitragen !!!
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Was kann Deutschland von den internationalen Erfahrungen lernen ???
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Länder ohne gesetzlichen Mindestlohns
Tarifbindung in Deutschland 1998-2003 (Beschäftigte in %) Quelle: IAB
Tarifbindung in Deutschland nach Sektoren 2003 (Beschäftigte in %) Quelle: IAB
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Tarifliche Niedriglöhne - einige Beispiele West Ost Landwirt. Hilfsarbeiter 4,64 4,32 Wach- und Kontrollpersonal5,60 4,32 Hotelbote/page 5,95 5,12 BäckereierkäuferIn (1. Jahr)5,98 5,52 FloristIn (3. Jahr)7,66 5,33 GebäudeinnenreinigerIn8,17 5,79 Friseurin (1. Kraft) 8,195,59 Quelle: WSI-Tarifarchiv Insgesamt gibt es in mehr als 130 Tarifbereichen Tarifgruppen mit Vergütungen unter 6 € pro Stunde !!!
Die Lohnhierarchie von allen Vollzeitbeschäftigten in % Entgeltklassen in % des Referenzlohns Westdeutschland Ostdeutschland 1997 1980 1997 1993 0-50 %Armutslöhne 12,1 (2,138) 12,0 9,5 (0,410) 7,0 50-75 %Prekäre Löhne 23,8 (4,175) 19,3 26,0 (1,125) 22,0 75-125 %Mittlere Löhne 47,5 53,3 47,0 53,9 125 % und mehrHohe Löhne 16,5 15,4 17,5 17,1 Alle(in Mill. Personen) 100,0(17,526) 100,0(18,946) 100,0(4,325) 100,0(4,778) Quelle: IAB-Beschäftigtenstichprobe – Berechnungen des WSI Effektiv gezahlte Niedriglöhne in Deutschland
Häufigste Einflüsse auf Niedriglöhne (West) 1997 in % Beschäftigungsmerkmale Armutslöhner Prekärlöhner Kleinbetrieben bis 99 Beschäftigte 9 Beschäftigte 80,945,3 62,222,0 Geschlecht: Frau dar. deutsche Frauen 71,364,8 49,845,3 Dienstleistungsbereich Handel und Verkehr haushaltsb. Dienstleistungen 63,022,416,6 52,426,04,4 Mit Berufsausbild. (ohne Abitur) 61,6 64,3 Alter 30 Jahre und darüber 65,3 60,8 Keine einfache Tätigkeiten 66,5 73,1 Alle(in Mill. Personen) 100,0 (2.138) 100,0 (4.175) Effektiv gezahlte Niedriglöhne in Deutschland
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Mindestlohn-Modelle in der gewerkschaftlichen Diskussion 1. Erleichterung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung/ Ausweitung des Entsendegesetzes(IG BCE, IG Bau) 2. Gesetzliches branchenbezogenes Mindestentgelt (IG Metall) 3. Einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn(ver.di, NGG)
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Doppelstrategie Erleichterte Allgemeinverbindlichkeit: stärkt die Tarifautonomie bietet keine Lösung für Beschäftigte in Branchen ohne Tarifbindung und mit niedrigen Tariflöhnen Gesetzlicher Mindestlohn: Definition eines gesellschaftlich allgemein akzeptierten Mindestlohnniveaus
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Doppelstrategie WSI-Betriebsrätebefragung 2002: 50% der Betriebsräte plädieren dafür, dass das Instrument der Allgemeinverbindlichkeit stärker genutzt werden soll 82% der Betriebsräte halten einen gesetzlichen Mindestlohn für sinnvoll
Ver.di BundesvorstandParlamentarischer Abend bei der SPD-Bundestagsfraktion Berlin, 23. November 2004 Bestimmungsmöglichkeiten eines gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland (in Euro) * 50% von durchschnittlichen Vollzeitlohn; ** Auf der Basis von 167 Stunden pro Monat Quelle: WSI auf der Basis von Daten des Jahres 2003
Gesetzliche Mindestlöhne pro Stunde 2004 in Euro Quelle: Eigene Zusammenstellung und Berechnungen auf der Grundlage nationaler Angaben (Stand Oktober 2004)