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Partnerschaft & Bindung. Liebe? . Wir können sehr unterschiedlich lieben…. Gliederung. Formen und Phasen der Liebe Geerbt oder nur abgeschaut? Bindungstheorie & Bindungsforschung Neurobiologie der Bindung. I. Formen und Phasen der Liebe. Formen & Phasen der Liebe - TYPOLOGISIERUNG.
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Liebe? Wir können sehr unterschiedlich lieben…
Gliederung • Formen und Phasen der Liebe • Geerbt oder nur abgeschaut? Bindungstheorie & Bindungsforschung • Neurobiologie der Bindung
Formen & Phasen der Liebe - TYPOLOGISIERUNG Leidenschaftliche Liebe (passionate love) Freundschaftliche Liebe (companionate love) Liebestaumel Liebeskummer Obsession Verliebtheit Wahre Liebe tiefe Verbundenheit Typologisierung von Liebesbeziehungen Zwei-Formen-Modell
Dreikomponententheorie der Liebe nach Sternberg (1988)„Triangular Modell of Love“ • Leidenschaft: romantische und sexuelle Anziehung, psychologische und physiologische ErregungVerhaltensweisen: Anschauen, Berühren, Umarmen usw. • Intimität: Gefühle der Verbundenheit, Zusammengehörigkeit, Vertrauen, UnterstützungVerhaltensweisen: Teilen von Besitz, zeigen von Empathie, verständnisvolle Kommunikation • Bindung: Entscheidung zur Aufrechterhaltung der Partnerschaft, gemeinsame ProblembewältigungVerhaltensweisen: sexuelle Treue, Heirat, Symbole (Ring o.ä.)
Dreikomponententheorie der Liebe nach Sternberg (1988)„Triangular Modell of Love“ Romantische Liebe (Intimität+Leidenschaft) Kameradschaftliche Liebe (Intimität+Bindung) Betörung (nur Leidenschaft) Törichte Liebe (Leidenschaft+Bindung) Leere/einsame Liebe (nur Bindung und Entscheidung) Mögen (nur Intimität) Vollendete Liebe (Intimität+Leidenschaft+Bindung)
Grau & Kumpf (1993): Überprüfung der Theorie Sternbergs • Sexuelle Aktivität und Zufriedenheit hängt hauptsächlich mit der wahrgenommenen Intimität der Partnerschaft zusammen. • Geschlechtsunterschiede wurden bei der Ausprägung der Komponenten nicht gefunden. • Jedoch erwies sich für Frauen die Intimität, für Männer die Leidenschaft als der beste Prädiktor für Zufriedenheit und Glück in der Partnerschaft.
Vierkomponententheorie nach Yela (1998) Mögen (nur Intimität) Romantische Liebe (Intimität+Leidenschaft) Kameradschaftliche Liebe (Intimität+Bindung) Vollendete Liebe (Intimität+Leidenschaft+Bindung) Betörung (nur Leidenschaft) Törichte Liebe (Leidenschaft+Bindung) Leere/einsame Liebe (nur Bindung und Entscheidung) Erotische Leidenschaft (erotic passion) Romantische Leidenschaft (romantic passion) Intimität Bindung
Dynamik und Phasen der Liebe (Yela, 1998) Theoretisches Modell Empirische Ergebnisse Verliebtheit (EP+RP) Leidenschaft-liche Liebe (I+RP+EP+C) Freundschaftliche Liebe (I+C+RP+EP)
Welchen Liebesstil bevorzugen wir? Bierhoff, 2002
Die meisten Menschen in Deutschland suchen weniger sexuelle Abenteuer, sondern wünschen sich einen exklusiven Partner in den sie dauerhaft verliebt sein können. Bierhoff, 2002
Liebesstil und Zufriedenheit? • Glücklich machen vor allem hohe Werte in der romantischen Liebe. • Ebenso hochausgeprägte Opferbereitschaft, Freundschaft und Pragmatismus. • Allein spielerische Liebe macht nicht glücklich, vielmehr lässt sich hierbei auf unbefriedigte und enttäuschte Gefühle schließen. Bierhoff, 2002
Kulturelle Unterschiede? • Chinesen schätzen die romantische Liebe, bewerten aber die altruistische und pragmatische Liebe höher als wir im Westen. Sie verbinden diese beiden Stile zu einer eigenen Form der Liebe, die man als gegenseitige Verpflichtung der Partner interpretieren könnte. Bierhoff, 2002
Liebesansichten in der BRD & DDR • Ausbildung unterschiedlicher Liebesansichten in Abhängigkeit zu sich stetig ändernden kulturellen Einflüssen. • 1996 hatten die Ostdeutschen auf fast allen Skalenhöhere Werte als die Westdeutschen. Allein spielerische Liebe führte im Westen. • Die Gesellschaft, die das Kollektiv betont fördert ein engeres Verständnis von Partnerschaft. • Eine Gesellschaft, die durch Individualismus und Selbstverwirklichung geprägt ist, bewertet partnerschaftliche Liebe geringer. Bierhoff, 2002
Formen & Phasen der Liebe -Fazit Teil I • Liebesbeziehungen unterliegen über die Zeit hinweg spezifischen Veränderungen in bezug auf Verhalten und Erleben. • Diese Veränderungen lassen sich als Variabilität in Kognitionen, Emotionen und im Verhalten erfassen. • Wie Menschen lieben ist eng verwoben mit veränderlichen gesellschaftlichen/ kulturellen Einflüssen.
Empirische Untersuchungen & Statistiken über Liebesbeziehungen • Erstmals verheiratete werden mit einer Wahrscheinlichkeit von 40-50% wieder geschieden. • Die Mehrzahl der Scheidungen werden nach 3-5 Ehejahren eingereicht. • Untersuchungen zur Beeinflussung der psychischen und physischen Gesundheit durch langjährige Beziehungen (mit und ohne Trauschein) haben ergeben, daß lange Beziehungen bei Frauen häufiger depressionsfördernd und bei Männern eher depressionsmindernd wirken. • Diese Beobachtung deckt sich mit der Tatsache, daß 3/4 aller Ehescheidungen von Frauen eingereicht werden und mit der Tatsache, daß das Selbstmordrisiko eines frisch getrennten Mannes um das 20-fache erhöht ist. • Ungünstige Konfliktbewältigung und negative Interaktionen in der Partnerschaft erlauben eine Vorhersage des Ausmaßes an Ehestress und negativen Auswirkungen für die Kinder.
Worin bestehen die Geheimnisse der Kommunikation zwischen zwei Partnern – in guten und in schlechten? • Haben wir so etwas wie Beziehungsprogramme, die wir in der Kindheit erwerben und dann immer wieder neu anwenden? • Gibt es womöglich Menschen, deren Persönlichkeit nicht für Beziehungen geschaffen sind?
Zwei inkompatible Liebesstile: umerziehen? • Statistisch und psychologisch eher zweifelhaft • Tatsache ist: am ehesten wechselt der Stil zusammen mit dem Partner. • Unsere Art zu lieben ist eher beständig. • Oftmals scheinen wir den Liebesstil unserer Eltern zu wiederholen. - > erben wir unsere Art zu lieben?
II. Lieben – geerbt oder nur abgeschaut? Bindungstheorie und Bindungsforschung
Geerbt oder nur abgeschaut? • Liebe ist im Wesentlichen durch soziales Lernen bestimmt. • Wie eine Person liebt ist stark durch Beziehungserlebnisse in der Kindheit und Jugend beeinflusst. • Wir entwickeln unsere eigene soziale Konstruktion der Liebe in Abhängigkeit mit unseren frühen Bindungserfahrungen.
Bindung & Bindungstheorie • Bindung als angeborenes, evolutionärbedingtes emotional-motivationales System mit der Funktion der Arterhaltung. • Grundannahme der Bindungstheorie und Bindungsforschung (Bowlby, 1973):Frühe leidenschaftliche Bindungen zwischen Eltern und Kind bilden den Prototyp der Vorstellungen, Empfindungen und Verhaltensweisen späterer leidenschaftlicher Lieben.
Die Qualität der Bindungserfahrungen erlaubt Prognosen in bezug auf die Kompetenz (kognitiv, emotional, sozial) in zwischenmenschlichen Beziehungen im Erwachsenenalter. • Ausschlaggebend ist die Fähigkeit zur Fürsorge bei der Hauptbezugsperson -> „Kognitiv-emotionale Liebesmodelle“ -> Prognosen gelten also auch für spätere Liebesbeziehungen.
Bindungstheoretische Annahmen - Interpersonelle Interaktion & sozio-emotionale Entwicklung Emotionale Kompetenz Kognitive Flexibilität Soziale Kompetenz Frühkindliche Bindungserfahrungen und Interaktionen zwischen Kind und Hauptbezugspersonen Interne Repräsentationen über Selbst, Andere und Zusammenhänge in der Welt
Bindungstheoretische Annahmen • Frühe Interaktionen zwischen Hauptbezugsperson und Kind erlauben dem Kind - in Abhängigkeit zur Feinfühligkeit der Bezugsperson - immer differenziertere innere Repräsentationen über sich, andere und über die Zusammenhänge intern und extern zu entwickeln. • Wichtige Grundlagen der sozio-emotionalen Entwicklung bilden sich durch interpersonelle Interaktionen des Kindes mit Hauptbezugspersonen aus.
Bindungstypen (nach Bowlby, 1988) sicher60% aller Deutschen unsicher unsicher-vermeidend30% aller Dt. unsicher-ambivalent Desorientiert10%
sichere Bindung60% aller Deutschen • Vorwiegend hohe Verfügbarkeit der Bezugsperson (wenig schmerzliche Trennungen), unterstützender, respektvoller Umgang mit den Bedürfnissen des Kindes • Erhöhte emotionale Flexibiliät, soziale Kompetenz und kognitive Leistungsfähigkeit
unsicher unsicher-vermeidend unsicher-ambivalent Desorientiert • Vermeidend (30%): Erfahrungen der Unzuverlässigkeit, Konflikthaftigkeit, Feindseligkeitambivalent: häufige Trennungen, Trennungsängste, Ablehnungdesorientiert: traumatisierende Erfahrungen • Emotionale Rigidität, Schwierigkeiten in sozialen Kontakten, Beeinträchtigung in Aufmerksamkeit und Verständnis der Bedürfnisse anderer.
Bindungserfahrung und Bindungsverhalten - Fazit Teil II • Eine wichtige Grundlage für die Ausgestaltung von Erleben und Verhalten in Liebesbeziehungen liegt in der Individualentwicklung des Bindungsgefühls- unserer individuellen „kognitiv-emotionalen Liebesmodelle“ • D.h. wieviel und in welcher Ausprägung wir Leidenschaft, Intimität und Bindung erleben und zeigen hängt von unseren Bindungserfahrungen ab.
Worin bestehen die Geheimnisse der Kommunikation zwischen zwei Partnern – in guten und in schlechten?Erklärungsmöglichkeit: Bindungserfahrungen und daraus resultierende Konfliktbewältigungsstrategien
Haben wir so etwas wie Beziehungsprogramme, die wir in der Kindheit erwerben und dann immer wieder neu anwenden? • Jaein. • Die Bindungsverhaltensweisen werden neuronal gesehen genauso etabliert wie beispielsweise Sprache und Gangart. • Liebe ist kein Schicksal, sondern hauptsächlich durch unsere Erfahrungen bestimmt – vor allem aber dadurch, was wir daraus machen.
Gibt es womöglich Menschen, deren Persönlichkeit nicht für Beziehungen geschaffen sind? • Wohl schon… • Es konnte gezeigt werden, dass qualitativ gute (sichere) Bindungserfahrungen wichtig sind für stabile langfristige (Ehe oder ehe-ähnliche) Beziehungen, die dabei helfen Ängste und Ärger zu regulieren sowie auch allgemein Kommunikation zwischen Erwachsenen aufrechtzuerhalten. Sperling & Berman, 1994
Vertrauen in andere und das Gefühl Dinge in der Welt beeinflussen zu können gehen mit sicherer Bindung einher. • Ihre Untersuchungen legen nahe, dass die Bindungssicherheit spätere psychische Störungen beeinflussen kann (Persönlichkeitsstörung, aggressive/emotionale Verhaltensstörungen usw.). • Probleme ergeben sich meist in stressreichen Situationen, wenn soziale Unterstützung fehlt. Sperling & Berman, 1994
Hilflosigkeit und Veranlagung zu Selbstmord werden von einigen Forschern diskutiert als ausgelöst durch chronische interpersonelle Schwierigkeiten, welche ihren Ursprung in unsicheren Bindungserfahrungen haben. • Diese Personen sind im Erwachsenenalter nicht in der Lage zuverlässige, andauernde Fürsorge zu vermitteln und zu erleben. Sperling & Berman, 1994
Liebe ist kein Schicksal, sondern hauptsächlich durch unsere Erfahrungen bestimmt – vor allem aber dadurch, was wir daraus machen. • Einige Studien haben gezeigt, dass enge emotionale Bindungen als Erwachsener sehr wohl helfen können frühe emotionale Verwundungen zurückzubilden und sichere Bindungserfahrungen zuzulassen. Sperling & Berman, 1994
Gehirnsysteme der Lust, romantischen Anziehung und Bindung Drei getrennte emotional-motivationale Systeme, die miteinander interagieren können Lustsystem Annäherungssystem Bindungssystem Fisher et al. 2002
Bindungssystem • Bindungsverhalten als evolutionärbedingtes System, welches die Funktion hat das Individuum zu motivieren soziale Nähe zuzulassen und längerfristig aufrechtzuerhalten (Arterhaltung). • Typische Verhaltensweisen: Territorialverhalten, Nestbau, Fürsorge, Pflege, Trennungsängste, Familienplanung… • Charakteristische Gefühle: Gefühle der Ruhe, Sicherheit, sozialer Ausgeglichenheit und emotionaler Verbindung.
Neuronales System: vor allem beteiligt sind Netzwerke und Strukturen, die mit Oxytozin und Vasopressin zusammenhängen. (Carter, 1998; Fisher, 2002)
Oxytozin (OT) & Bindung • Tiere, die ihren Partner lebenslang beibehalten, und auch physisch-geografisch mit im Verbunden bleiben, zeigen im limbischen und hypothalamischen System eine deutlich vermehrte Anzahl von OT-Rezeptor-Bindungsorten. • Insgesamt scheint die Gegenwart des Neuropeptids OT im ZNS sozialen Kontakt jeder Art, nicht nur sexuellen, belohnend zu machen und dies in Kooperation mit opioiden Peptiden und Strukturen.
Oxytozin & Bindung • Eine Mutter, die wenig Fürsorge für ihr Kind zeigen kann scheint ein oxytocin-induziertes Problem zu haben. • Welche Faktoren oder Mechanismen können die Entwicklung neuronaler Verschaltungen des Bindungssystem modulieren?
Henry & Wang (1998) Zusammenhänge? Stress Frühkindliche Bindungserfahrungen Entwicklung des Gehirns Kognitiv-sozial-emotionale Entwicklung
Beispiel 1 Aktivierung des Arterhaltungssystems Kind hört auf zu weinen;wird in Emotionsregulation sozial unterstützt Aktivierung des neuroendokrinen Arterhaltungssystems Ausschüttung von Oxytozinerhöhte Motivation für situationsadequates Fürsorgeverhalten Positiv besetztes internes Modell der Interaktion;Ausschüttung z.B. von Oxytozin, Auslöser:Kind meldet sich,weint
Beispiel 2Aktivierung des Selbsterhaltungssystems Kind hört auf zu weinen;eventl. Unterdrückung des Bindungssystems Aktivierung des neuroendokrinen Selbsterhaltungssystems Ausschüttung von Epinephrin/ Norepinephrinerhöhte Motivation für Kampf-Flucht negativ besetztes internes Modell der Interaktion;kurzfristige Stressreaktion;Ausschüttung vonGlucocorticoiden Auslöser:Kind meldet sich,weint
Unsichere und sichere Bindung sind beides aktive adaptive Antworten des Organismus auf bewältigbare und unbewältigbare Ereignisse. • Unsichere Bindungen sind verknüpft mit dem Erleben von Stress und Hilflosigkeit.
Zwei Systeme der Stressreaktion Stressreaktion treten auf, wenn die Bewältigungs-mechanismen des Individuums überschritten werden.
Häufige und langandauernde Stressreaktionen führen längerfristig zu Veränderungen auf der Ebene des ZNS (erhöhtes Level einiger hormoneller und autonome Reaktionen). • Je nach Bewältigungsart – aktiv oder passiv – kann sich dauerhafter Stress in unterschiedlichen Symptomen niederschlagen.
Selbsterhaltungssystem Sozialer Kontext Neigung (bias) vorwiegend Reaktionen zu zeigen die mit Selbsterhaltung zusammenhängen. Bindungs-/Arterhaltungssystem
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) • PTBS: Traumatisierende, extrem stressreiche Erfahrung mit Kontrollverlust. • Führt zu langanhaltender Aktivierung des sympatischen Systems, nachweisbar in erhöhten Anteilen von Norepinephrin/ Epinephrin (Selbsterhaltungssystem). -> chronische Stressreaktion • Erhöhte Aktivität der locus coeruleus • Symptome: Vigilanz, erhöhte Reizbarkeit, dysphorische Stimmung