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Der Roman des Mittelalters I

Der Roman des Mittelalters I. Fiktionalität – Wiedererzählen – Strukturen des Erzählens Heinrich von Veldeke,‘Eneasroman‘. Roman: Gattungsbezeichnung (s. RLW 3, 2003, S. 317-322). Afrz. romanz ‚Erzählung in der Volkssprache‘ (ohne gattungsspezifische Fixierung).

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Der Roman des Mittelalters I

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  1. Der Roman des Mittelalters I Fiktionalität – Wiedererzählen – Strukturen des Erzählens Heinrich von Veldeke,‘Eneasroman‘

  2. Roman: Gattungsbezeichnung(s. RLW 3, 2003, S. 317-322) • Afrz. romanz ‚Erzählung in der Volkssprache‘ (ohne gattungsspezifische Fixierung). • Chrétien de Troyes (um 1160/80) bezeichnet seine Romane ‚Erec et Enide‘ und ‚Yvain‘ als romanz. • Im Dt. wird Roman erst im 17. Jh. aus dem Frz. übernommen und bedeutet zunächst „Liebesgeschichte; phantastische Geschichte“ • Die dt. Romane des Mittelalters werden in ihrer Zeit als liet, maere etc. bezeichnet.

  3. Gattungstransfer und Kulturgefälle zwischen Frankreich und „Deutschland“(Bumke, Höfische Kultur, S. 83-136) • Übernahme frz. Gesellschaftsformen seit dem 11. Jh.: Rasur, Haartracht, Kleidermode, Tischsitten, Kampfspiele (Turnier = tournoiement); Gesellschaftsspiele: Schach; Gruß, Dank (merci). • Übernahme von Wörtern: parlieren ‚sprechen‘; aventiure ‚Abenteuer‘; planiure ‚Wiese‘, tschantieren ‚singen‘; courtoisie ‚Höflichkeit‘. • Lehnwörter: prîs ‚Preis, Lob‘; palas ‚Wohnhaus‘; turn ‚Turm‘; tanzen; schastel ‚Schloss‘etc.

  4. Fiktionales Erzählen im Höfischen Roman • Die Etablierung der großen Form des Erzählens (Roman) erfolgt in der Adaptation französischer Romane ins Deutsche. • Ausschlaggebend: Kulturgefälle zwischen Frankreich und dem deutschen Sprachraum (s. Joachim Bumke, Höfische Kultur, S. 83-136).

  5. Fiktionalität im Roman • Im Stoff der Erzählung: Erzählen im Roman ist nicht an die Gesetze der Geschichtsdarstellung gebunden, kann erzählen, was nicht geschehen ist. • In der Gestaltung: Die szenische Gestaltung, Beschreibungen von Personen, Sachen, Landschaften etc. dürfen die erfahrene Realität überschreiten. • Mittelalterliches Erzählen nutzt die strukturellen und sprachlichen Freiräume des Gestaltens.

  6. „Wiedererzählen“(s. Franz Josef Worstbrock, 1999) • Die deutschen Roman-Dichter beabsichtigten nicht, „Neues“ zu schaffen, sondern die vorbildlich erachtete frz. Romankultur dem deutschen Adel verfügbar zu machen: „Wiedererzählen“. • Deshalb immer wieder Quellenberufungen vom Typ als uns daz welsche buoch seit. • Sie nutzen indes die Spielräume im Rahmen des sprachlich-stilistischen Gestaltens.

  7. Heinrich von Veldeke (um 1150-1200) • Heinrich von Veldeke, s. MF 56,1: daz die vogel offenbaere / singent, dâ man bluomen siht. • Aus: Codex Manesse, um 1320)

  8. Heinrich von Veldeke: Profil Herkunft: aus der Grafschaft Limburg (heute nördl. Belgien). Ausbildung wohl an einer Dom- oder Klosterschule (litteratus). Hervorragende Kenntnis der lat. Klassiker und der aktuellen französischen Literatur.

  9. Karte: Sprachregionen des Deutschen um 1200

  10. Heinrich von Veldeke: Werkprofil • Servatius-Legende, nach lat. Vorlage; im limburgischen Dialekt. Wohl im Zusammenhang des neuen Schreins für den Maastrichter Bistumsheiligen, um 1170; Gönnerin: Gräfin Agnes von Loon • Rd. 30 Minnelieder, darunter viele einstrophige; überliefert in den oberdeutschen Liederhandschriften B und C. • Eneasroman, nach frz. Vorlage; um 1175 weitgehend fertig. Manuskript gestohlen (s. Epilog); bis 1186 in Thüringen fertiggestellt. Gönner: Hermann von Thüringen und seine Verwandten.

  11. Heinrich von Veldeke, ‚Eneasroman‘ • Unmittelbare Quelle: ‚Roman d‘Eneas‘ eines frz. Anonymus, um 1160. • Im Bildungshorizont Veldekes: • - Vergils ‚Aeneis‘ (um 30-20 v. Chr.) mit der spätantik/mal. Kommentartradition, • - Ovid, ‚Amores‘, ‚Ars amatoria‘, ‚Remedia amoris‘.

  12. Vergils Konzept der Aeneas-Geschichte • Ziel: Mit dem Trojanerfürsten Aeneas die Vorgeschichte des gegenwärtigen Friedenskaisers Augustus zu erzählen: Augustus ist das Ziel der römischen Geschichte. • Vorausblicke aus der Aeneas-Geschichte in die Zukunft: u.a. in der Unterwelt (B. 6): Aen. sieht die Gestalten der zukünftigen Geschichte; Schildbeschreibung (B. 8): figürliche Darstellung u.a. der Geschichte des Augustus.

  13. Gliederung von Vergils ‚Aeneis‘ • B. 1. Einsatz: Sturm vor der afrikanischen Küste; Aeneas und seine Gefährten suchen Zuflucht bei Dido, der Königin von Karthago (ordo artificialis). • B. 2-3: Erzählung des Aen. von der Vernichtung Trojas, seiner Flucht und den Irrfahrten. • B. 4: Die tragische Liebe der Dido • B. 5: Leichenspiele zu Ehren des Anchises • B. 6: Unterweltfahrt des Aeneas

  14. B. 7-8 Landung in Latium; Verbündete: König Euander und sein Sohn Pallas. • B. 9-12 Kämpfe: u.a. gegen den Latinerfürsten Turnus, der Lavinia, die Tochter des Königs Latinus heiraten will. • Schluss: Aeneas tötet Turnus.

  15. Das Konzept der mittelalterlichen Eneasromane • Erzählbeginn im ordo naturalis (=natürliche Abfolge der Ereignisse): Belagerung von Troja ... • Ausgestaltung von zwei gleichgewichtigen Minne-Episoden: Dido und Lavine. • Verbindung der Themen Minne und Landesherrschaft.

  16. Gestaltungselemente der mal. Eneasromane • Beschreibung der Liebesqualen (Vorbild Ovid) • Beschreibung von Gegenständen, Landschaften, Personen nach den Regeln der zeitgenössischen Poetiken, • Entfaltung von Innenwelten in den Monologen, • Formen diskursiver Erörterung in den Dialogen.

  17. Die mittelalterlichen Eneasromane als Eröffnung der Gattung des volkssprachigen Romans • Vergils antikes Epos gehört in den Bildungsbereich der mittelalterlichen Intellektuellen (und bleibt bis ins 20. Jh. Lektüre am humanistischen Gymnasium). • Der mittelalterliche Eneasroman sucht ein neues Publikum: den Adel, dessen Bildungs- und Unterhaltungsinteressen in aktuellen Themen aufgegriffen und neu gestaltet werden: • Das neue Thema der mittelalterlichen Eneasromane: Das Verhältnis von Minne und Landesherrschaft.

  18. Daten zur Entstehungsgeschichte: Der Epilog • Diu grâvinne von Cleve: Margarethe v. Cl. • Grâve Heinrîch: Heinrich Raspe (+ 1180)? • Der phalinzgrâve von Sassen (phalentgrâve Herman: Hermann I. von Thüringen (+ 1217), • Lantgrâve Lodewig: Ludw. II. v. Thüringen • Lantgrâve Lodewig: Ludw. III. v. Thüringen • Grâve Friderîch: Friedrich von Ziegenhain

  19. Ergebnisse • Vorstellung des noch unfertigen Manuskripts am fürstlichen Hof, • Interesse der adligen Damen an Literatur, • Raub – Interesse des Thüringer Hofes an der Fertigstellung: um 1185/86. • Einbettung der Gattung Roman in das kulturelle Engagement eines fürstlichen Hauses, hier der Ludowinger.

  20. Der Thüringer Landgrafenhof als kulturelles Zentrum(s. Bumke, Höfische Kultur, S. 662ff.) • Literatur: Herbort von Fritzlar, Trojaroman; Wolfram von Eschenbach, Willehalm; Walther von der Vogelweide. • Geschichtsschreibung: Reinhardsbrunner Annalen. • Buchmalerei: Landgrafenpsalter. • Baukunst: Palas der Wartburg.

  21. Erzähleinsatz v. 1-32 • Anrede an das Publikum: Inszenierung des Erzählens. Ein eigentlicher Prolog fehlt. • Vorgeschichte: Der Kampf um Troja. • Worauf bezieht sich: Ir habet wol vernomen daz ... • Ein früherer deutscher Trojaroman ist nicht bekannt. • Spiel mit den Zuhörern?

  22. Beschreibungskunst (Descriptio): Die schöne Dido • Strukturierte Abfolge der Elemente • a) von innen nach außen: Hemd, Pelz, Samt, Mantel; • b) von oben nach unten: Haar, Hut, Sporen. • Sprachliche Gestaltung von Kostbarkeit: Adjektive; Substantive. • Fazit: Sprache schafft Imaginationsräume

  23. Funktion der Descriptiones: Dilatatio materiae • a) Dilatatio materiae (Ausweitung des Stoffs/Gegenstandes) als Prinzip epischen Gestaltens im Vorgang des „Wiedererzählens“ (Worstbrock, 1999). • b) Handlungsbegründung/Motivation durch beschreibendes Erzählen (Descriptio).

  24. Minne und LandesherrschaftDie strukturelle Funktion der Minne-Episoden Dido-Episode: • Liebe einseitig, nur bei Dido, • Keine Landesherrschaft des Eneas • Keine dynastische Zukunftsperspektive Lavine-Episode: • Liebe auf Gegenseitigkeit • Ehe -> Landesherrschaft • Ziel: Dynastie bis hin zu Augustus (-> Röm. Reich d. MA)

  25. Ergebnisse • Die neue Gattung des Höfischen Romans erzählt im Eneasroman eine alte Geschichte für das neue (illitterate) Publikum des weltlichen Adels. • Neue publikumsbezogene Akzentuierung: Liebe und Landesherrschaft. • Gestaltungsprinzipien: „Wiedererzählen“,

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