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Einsatz des Computers in der Klinischen Psychologie. Seminar: E- Health WS09/10 Leiterin: Dr. C. Eichenberg Referentin: Helen Soetemann. Gliederung. Computerunterstützte Diagnostik Computerunterstütze Dokumentation und Evaluation. Computerunterstützte Diagnostik. Begriff Varianten
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Einsatz des Computers in der Klinischen Psychologie Seminar: E-Health WS09/10 Leiterin: Dr. C. Eichenberg Referentin: Helen Soetemann
Gliederung • Computerunterstützte Diagnostik • Computerunterstütze Dokumentation und Evaluation
Computerunterstützte Diagnostik Begriff Varianten Anwendung Beispiele Neuere Entwicklungen Gütekriterien/ Vor- und Nachteile Äquivalenzfrage Fazit
Begriff Computerdiagnostik wird als eine strategische Variante innerhalb der Diagnostik verstanden, um psychologisch relevante Variablen zu erfassen, deren Auswahl zu steuern, die erhaltenen Informationen zu einem Urteil zu verdichten und gegebenenfalls schriftlich und/oder bildlich darzustellen. (Booth, 1992)
Varianten • Der Computer zur Vereinfachung der Auswertung • Die Verwendung des Computers zur Testvorgabe • Der Computer zur Steuerung sog. peripherer Geräte Motorische Leistungsserie Periphere Wahrnehmung Flimmertubus
Datenerhebung • Dateneingabe • Tastatur, Abdeckschablonen, reduzierte Tastaturen, Maus, Barcode, Lichtgriffel, Touchscreen, Spracheingabe, Headset, Palmtops • Testvorgabe • (bloß) computergestützte Vorgabe von Tests (Testleiter wird nicht ersetzt) • Computervorgabe von Papier-Bleistift-Tests • Vorgabe originärer Computertests
Datenauswertung • Integration von Daten (Datenverdichtung): Sammeln, Sortieren, systematisches und analytisch-integratives Gestalten von Daten • Statistik-Pakete • Auswertungs-Algorithmen
Datendarstellung • numerisch: nach deskriptiver Statistik • grafisch: nach deskriptiver Statistik • verbal: • Bsp. Computergesteuerter Interpretations-/Auswertungsbericht: Interpretations-Algorithmen werden auf Aussage-Sammlung angewandt sind die Kriterien für eine Regel erfüllt (kritische Grenzwerte), wird diese Aussage markiert
COMPUTER Wissensdatenbank und Unterstützung der Entscheidungsfindung Datenverdichtung, -bewertung, -gewichtung Datenregistrierung, -auswertung, -darstellung, -speicherung Unterstützung Diagnose-prozess Daten-eingabe zur Auswertung Computer-basierte Tests Konventionelle Tests, Beobachtung DIAGNOSTI- KER DIAGNOSTI- KAND Direkte Interaktion • Computereinsatz in der Interaktion Diagnostiker-Diagnostikand (Hänsgen, 1998)
Beispiele • Testsysteme: z.B. Wiener Testsystem, Hogrefe Testsystem Sammlung vieler Einzeltests • Arbeitspsychologie: • Simulationen und Planspiele (z.B. Lohausen-Programm von Dörner, 1983; Airport-Problemlösesimulation von Obermann, 1996; Postkorbverfahren) Validierung schwierig, Berufserfolg nicht gut vorhersagbar • Eignungsdiagnostik in Großorganisationen, z.B. Bundeswehr
Beispiele • Klinische Psychologie: • MMPI (Minnesota MultiphasicPersonalityInventory = eines der größten Inventars an computerisierten klinischen und neuropsychologischen Tests) • Expertensysteme (z.B. für ICD-10-Klassifikation, Rehabilitation von kognitiven Störungen, CEPAR Erfassung psychosozialer Anforderungen und Ressourcen in versch. Lebensbereichen) • Fahreignung: • ART-90 (Burkasa et al., 1987): Testbatterie: visuelle Wahrnehmung, Konzentrationsvermögen, Belastbarkeit, sensomotorische Koordinationsfähigkeit, Intelligenz, Persönlichkeit • Schulpsychologie: • REMO Rechtschreibpaket (Walter und Uplegger, 1997); ALFONS Lernsoftware und Diagnostikprogramm; „Lern-Reha“ (Kasten)
Neuere Entwicklungen (nach Hänsgen, 1998) Eingabe- und Interaktionsmedien: Eingabemedium hat wesentlichen Einfluss auf Normen!! • Zunächst normale Tastaturen Orientierungsprobleme und starke interindividuelle Varianz • Reduzierte Tastaturen und Abdeckschablonen immer noch interindividuelle Varianz (z.B. können einige die Tasten blind bedienen, andere nicht) • Maus Vorteil: Aufmerksamkeit nur auf Bildschirm interindividuelle Varianz durch Übung/Vertrautheit mit Maus • „Track ball“ und „Joystick“ trotzdem sensomotorische Koordination nötig • „Lichtgriffel“ und „Touchscreen“ natürlichste Koordinierungsanforderungen • Direkte Spracheingabe
Neuere Entwicklungen Verbesserte Gestaltung von Tests: • Laufende Prüfung des Instruktionsverständnisses • Erkennen und separate Behandlung von Ausreisserwerten • Warnung/ Abbruch bei starker Überforderung • Speedtests: Motivation erhöhen, indem Testende nicht bekannt ist • Mischstrategien zwischen Speed- und Powertests • Fragebögen: Antwortzeitkontrolle (z.B. bei zu schneller Antwort Wiederholung der Frage), Nachinstruktion bei fehlenden Antworten, Antworttendenz- und Perseverationsanalyse, zeitspezifische Auswertung (z.B. Reaktionszeit)
Neuere Entwicklungen Neue Parameter und Messmodelle: • Einzelne Reaktionen können genauer erfasst werden • Intraindividuelle Variation kann ausgewertet werden Adaptivität: • Makroadaptiv: die Auswahl der zu erhebenden Informationen erfolgt sukzessive und abhängig von den jeweils bereits vorliegenden Informationen, jeder einzelne Test wird aber gleich durchgeführt. Meist nur durch Computer möglich, da nach jedem Einzeltest schnell ausgewertet und entschieden werden muss. • Mikroadaptiv: Itemabfolge variiert. Antwortabhängige Aufgabenauswahl mit dem Ziel, dem Leistungsniveau des Pbd optimal angepasst zu testen. Problem: wirkt der Standardisierung entgegen, da Übungseffekte interindividuell versch. sind.
Neuere Entwicklungen Felddiagnostik: • Einschätzungen direkt in der interessierenden Situation z.B. unmittelbare Protokollierung durch Mini-PC, die Pbd mit sich führt Weiterentwicklung der Testsysteme: • Diagnostische „Betriebssysteme“, wie z.B. das Hogrefe Testsystem, sind praktischer, da der Anwender, sie mit seinen Informationen „füttern“ kann und sich nicht immer wieder in neue Programme einarbeiten muss.
Neuere Entwicklungen „Prozedurale“ Weiterentwicklung: • „Psychodiagnostik-Arbeitsplätze“, die alle formalisierbaren Elemente im Diagnoseprozess enthalten: Abruf von Informationen, Visualisierung von Ergebnissen, Verknüpfung mit anderen Programmen. Diagnoseprozess und „Objektorientierte Strukturierung“: • Programme sollen der natürlichen Denkweise des Diagnostikers entsprechen (Diagnoseprozess) und der des Pbd (Objektorientierung)
Neuere Entwicklungen Vernetzung: Internet und Diagnostik: • Eher Intranet (z.B. Vernetzung der PCs einer Klinik) als Internet Datenschutz! Netzanforderungen: • Strukturen von Intranet: mehrere Diagnostik-Arbeitsplätze sind mit einer Datenbank verbunden, die auf einem extra Serverrechner oder bei Peer-to-peer-Netzen auch auf einem der Diagnostikarbeitsplätze sein kann. • Vorteile: Diagnostiker kann auf jedem PC die gleichen Informationen abrufen, ggf. sogar schon während der Untersuchung an einem anderen PC.
Neuere Entwicklungen Normenproblem: • Normen werden normalerweise durch Aggregation aus versch. Quellen erstellt oder durch Testung einer große Stichprobe (meist zu aufwendig) • Adaptive Normdatenbank: wird mit jeder Testung gefüllt und präzisiert • Probleme: Im Querschnitt zwischen den einzelnen Diagnostikern würden Normen vom „anfallenden“ Klientel abhängen und wären irgendwann nicht mehr vergleichbar. Im Längsschnitt ist für die Verlaufsdiagnostik ebenfalls eine relative Normenkonstanz notwendig, um bspw. Behandlungserfolge adäquat zu erfassen. • Kompromiss: Generationen von Normen: werden in regelmäßigen Zeitabständen zur Verfügung gestellt, so kann auch ein Trend der Normentwicklung verfolgt werden. • Mittel zur Normgewinnung: netzgestützter anonymisierter Datenrücklauf von den einzelnen Anwendern. Vorschlag: „Bezahlung“ der Nutzung in Form von dokumentierten Daten.
Die Äquivalenzfrage (Klinck, 2002) • Lassen sich Ergebnisse aus computerisierten Tests in gleicher Weise interpretieren, wie Ergebnisse deren herkömmlicher PP-Version? • Die bei der Entwicklung des PPT gewonnen Item- und Testkennwerte dürfen nur auf den CT übertragen werden, wenn sie äquivalent sind • Normen, Validität und Testfairness müssen bei einer Übertragung empirisch neu überprüft werden
Die Äquivalenzfrage • Die Äquivalenzfrage umfasst folgende Aspekte: • Psychometrische Äquivalenz • Mittelwertsunterschiede in den Rohwerten • Metrische Veränderungen (Verteilungsform, Standardabweichung) • Itemspezifische Unterschiede • Veränderung der Rangfolge der Personen (Konstruktvaliditätsfrage) • Subjektiv perzipierte bzw. erfahrungsbezogene Äquivalenz (Unterschiede in Wahrnehmung und emotionalen Bewertung der Darbietungsformen) • Populationsspezifische/ individuumspezifische Äquivalenz (Abhängigkeit der Testergebnisse von individuellen oder populationsspezifischen Merkmalsausprägungen, z.B. könnten ältere Personen benachteiligt sein)
Die Äquivalenzfrage • Fazit zur bisherigen Forschung: • Sehr heterogen sehr versch. CT, versch. Methoden und viele versch. Moderatorvariablen • Äquivalenzproblem wird sich bald von selbst lösen, wenn nur noch CT angeboten werden • Trotzdem sollten Computererfahrung und Einstellung (incl. Ängstlichkeit) weiterhin erhoben werden, da es Variablen sind, die sich auf die Testergebnisse auswirken könnten dies wird v.a. wichtig, wenn dadurch eine bestimmte Population benachteiligt wird
Vorteile der Computerdiagnostik • Höhere Objektivität und Standardisierung • Ökonomie (Zeit des Diagnostikers) • Parallele Erfassung und Analyse vieler Variablen • Verringerte sozialeBelastung für Pbd • Diagnostiker hat persönlichen Zugang zur Datenverarbeitung (d.h. er muss kein Computerspezialist sein oder sich teure Technik anschaffen) • Spezielle Möglichkeiten: Simulation, adaptives Testen, Multimedia-Nutzung, individualisierte Instruktion, präzise Messung versch. Variablen, übersichtliche Darstellung der Ergebnisse
Mögliche Probleme • Verarmung der psychologischen Diagnostik (weniger intuitiv, unflexibel, weniger human) • Computer gleicht „scheinbar“ fehlende Kompetenz von psychodiagnostisch unzureichend ausgebildeten Personen aus Urteile durch Laien • Überprüfung der Richtigkeit des Urteils schwierig • Beziehung zwischen Therapeut und Klient • automatische Ergebnisrückmeldung • zielloses Sammeln von Daten • Äquivalenzproblem (siehe oben) • fehlende Vertrautheit des Pbd mit dem Computer
Fazit • Es ist keine Frage ob, sondern wann und in welchem Umfang Computer in der Diagnostik eingesetzt werden sollen. (Booth,1992) • Noch zu wenig Validierung, Normierung und Grundlagenforschung. Fortschritte in der Informatik meist schneller als in Psychodiagnostik Anpassung/Zusammenarbeit! • Empfehlungen (Bukasa et al., 1989): • Entwicklung, Einsatz und Interpretation nur unter Kontrolle eines Psychologen • Weiterbildung und Forschung zu diesem Gebiet • Kontrollinstanzen
Computerunterstütze Dokumentation und Evaluation • Begriffe • Dokumentation in der Psychotherapie • Instrumente • Integrierte Systeme • Beispiel: KÖDOPS • Fazit
Begriffe • Dokumentation: primär deskriptive Funktionen • Evaluation: ausgerichtet auf Erfassung und Bewertung der Prozess- und Ergebnisqualität • Dokumentation gehört zu den Berufspflichten von Psychotherapeuten, damit ist auch die Qualitätssicherung gemeint, für die eine Evaluation nötig ist.
Dokumentation in der Psychotherapie • Basisdokumentation: • standardisiertes Erfassungssystem basaler patienten-, behandlungs-, ergebnisbezogener Daten • Vor- und Ausgangsbedingungen, Verlauf und Ergebnisse einer Psychotherapie • Verlaufsdokumentation: • konkrete Behandlung in ihrer Durchführung, ihrem Verlauf, dem Prozess und den erzielten Veränderungen • Ergänzungsverhältnis: beide Teile sind notwendig • Ziel: allgemeine Dokumentationssysteme für bestimmte Bereiche zu entwickeln Verbindlichkeit und Vergleichbarkeit
Instrumente • „Stundenerfassungs-/Dokumentationsbögen“ • „Psychotherapieprozessbögen“ • Tagebuchverfahren • änderungssensitive Symptomlisten • Punktuell: wiederholte Statusmessung, Zielerreichungsbeurteilung, retrospektive direkte Veränderungsmessung Paper-Pencil oder Evaluations- und Qualitätsmonotoringbatterien • Solche Instrumente gibt es auch in computerisierter Form, wobei Skalenwerte berechnet und graphisch dargestellt werden; diese Daten können dann mittels statistischer Methoden weiterverarbeitet werden • Ziel: nicht nur einfache Rückmeldung an Therapeuten, sondern Input für weitere Gestaltung der Therapie; Ergebnisse sollten auch mit Klienten besprochen werden
Integrierte Systeme = Evaluationsinstrumente integriert in Basis- und Verlaufs-Dokumentationssysteme • Probleme bei der Anwendung und Verbreitung solcher Systeme: • Anschaffung teuer; für kleinere Praxen nicht rentabel • Abhängig von Technologieentwicklung; Halbwertszeit gering; Updates teuer • Im deutschen Sprachraum noch wenig gemeinschaftlich genutzte Datenbanken
Beispiel für integriertes System KÖDOPS(Kölner Dokumentationssystem für Psychotherapie und Traumabehandlung): • Handbuch incl. Materialband (Testverfahren, Forschungsformate) • Software: alle Arten psychologischer Interventionen können dokumentiert werden • Testmodul: Psychometrie und automatische Auswertung von Testergebnissen; Hilfestellung bei Berichterstattung • Kombination mit SMARTY möglich (kassenärztlich zugelassenes Programm zur Abrechnung und Praxisverwaltung)
Fazit • Akzeptanz für die Nutzung von Dokumentations- und Evaluationssysteme besteht • Evidenz für positive Effekte auf Qualität der Behandlung gibt es bislang nicht • Ziel nach Laireiter (2003): … ein ökonomisches und einfach anzuwendendes Qualitätsmonitoringsystem, das sowohl eine Basis- und Verlaufsdokumentation besitzt, wie auch Methoden und Strategien der Verlaufs-, Prozess- und Ergebnisevaluation und das über empirisch oder konsensuell definierte Kriterien ein kontinuierliches Qualitätsmonitoring erlaubt. Dieses sollte sowohl vom Therapeuten wie auch vom Patienten bedient werden können und könnte so zu einem integrierten Bestandteil einer qualitätsgesicherten psychotherapeutischen Praxis der Zukunft werden.
Literatur Eichenberg, C. (2008). Bedeutung der Medien für klinisch-psychologische Interventionen. In B. Batinic (Hrsg.), Lehrbuch Medienpsychologie (S. 503-530). Berlin: Springer. Booth, J.F. (1992). Computerdiagnostik. In R.S. Jäger & F. Petermann (Hrsg.), Psychologische Diagnostik - ein Lehrbuch (2. Aufl.) (S. 186-197). Weinheim: Psychologie Verlags Union. Bukasa, B., Kisser, R. & Wenninger, U. (1989). Qualitätskriterien computerunterstützter Testung. Psychologie in Österreich, 1-2, 9, 15-19. Hänsgen, K.-D. (1998). Computerbasierte Psychodiagnostik heute und morgen. In U. Imoberdorf (Hrsg.), Psychodiagnostik von Individuen, Gruppen und Organisationen (S. 25-45). Stuttgart: Hitzel. Klieme, E. & Stumpf, H. (1990). Computereinsatz in der pädagogisch-psychologischen Diagnostik. In K. Ingenkamp & R.S. Jäger (Hrsg.), Tests und Trends 8, Jahrbuch der Pädagogischen Diagnostik. Weinheim: Beltz Klinck, D. (2002). Computergestützte Diagnostik. Göttingen: Hogrefe. (S. 11-37) Kubinger, K.D. (1993). Vor- und Nachteile der Computerdiagnostik. Psychologie in Österreich, 1-2, 13, 25-29. Laireiter, A.-R. (2003). Dokumentation in der Psychotherapie. In M. Haerter, H.W. Linster, R.-D. Stieglitz & A. Beiroth (Hrsg.), Qualitätsmanagement in der Psychotherapie. Grundlagen, Methoden und Anwendung (S. 71-95). Göttingen: Hogrefe. Beispiele: HogrefeTestsystem: http://www.hogrefe-testsystem.com Wiener Testsystem: http://www.schuhfried.at Fischer, G. (2000). KÖDOPS - Kölner Dokumentationssystem für Psychotherapie und Traumabehandlung. Köln: Deutsches Institut für Psychotraumatologie (inkl. Softwareversion, siehe www.koedops.de)