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Unternehmensrestrukturierungen und Arbeitsrecht. Risiken und Chancen. Risiken und Chancen. Rechtsanwalt Sami Negm Rechtsanwälte Dr. Pribilla Kaldenhoff Negm Goebenstr. 3 50672 Köln s.negm@prikalneg.de www.prikalneg.de. Worum es geht….
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Unternehmensrestrukturierungen und Arbeitsrecht Risiken und Chancen Risiken und Chancen Rechtsanwalt Sami Negm Rechtsanwälte Dr. Pribilla Kaldenhoff Negm Goebenstr. 3 50672 Köln s.negm@prikalneg.de www.prikalneg.de
Worum es geht… • In welchen Formen kann sich Umstrukturierung vollziehen? • gesellschaftsrechtliche Vorgänge • arbeitsrechtliche Vorgänge • Mischformen • Welche kollektivarbeitsrechtlichen Fragen stellen sich? • bei Kündigungen: Anhörungspflicht des BR • bei Versetzungen: Zustimmungspflicht • bei Betriebsänderungen • Informationspflichten gegenüber Wirtschaftsausschuss und BR, Massenentlassungsanzeige bei Arbeitsagentur • Beratung mit BR • Interessenausgleich • Sozialplan • Welche individualarbeitsrechtlichen Fragen stellen sich? • Kündigungen: Erfordernis der sozialen Rechtfertigung nach dem KSchG • Versetzungen: Weisung oder Änderungskündigung? • Betriebsübergang • Welche Lösungsstrategien versprechen Erfolg? © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Worum es nicht geht… steuerrechtliche Aspekte von Umstrukturierungen gesellschaftsrechtliche Aspekte von Umstrukturierungen kartellrechtliche Aspekte von Umstrukturierungen © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
? Gestaltungsformen der Umstrukturierung Rein gesellschaftsrechtliche Vorgänge • Mischformen • Rein • arbeitsrechtliche Vorgänge • Gesellschafterwechsel, Anteilsveräußerung, Anteilstausch • Neubesetzung von Unternehmensorganen • Änderungen des Gesellschaftsvertrages einschließlich Formwechsel • Gründung und Erwerb von Tochtergesellschaften und sonstigen Beteiligungen • Konzernierung/Einführung einer Holdingstruktur/Beendigung von Konzernverhältnissen • Außerhalb des Umwandlungsgesetzes • Ausgliederung von Aktivitäten auf neu gegründete oder bestehende Gesellschaften • Verschmelzung durch Einbringung von Einzelvermögenswerten in aufnehmende Gesellschaft • Liquidation/Eröffnung des Insolvenzverfahrens • Innerhalb des Umwandlungsgesetzes • Verschmelzung • Spaltung • Vermögensübertragung • Formwechsel • Personalabbau/Massenentlassung • Organisationsänderungen auf betrieblicher Ebene • Teilung, Verschmelzung und Verlegung von Betrieben und Betriebsteilen • Betriebsstilllegung/-teilstilllegung • Betriebsübergang nach § 613 a BGB • Unterrichtung • und • Beratung • § 111 BetrVG • Kündigungen • Interessenausgleich • und • Sozialplan • 112 ff BetrVG Betriebsübergang 613 a BGB • Versetzungen • Massenentlassungs-anzeige © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Rein gesellschaftsrechtliche Vorgänge Gesellschafterwechsel, Anteilsveräußerung, Anteilstausch Neubesetzung von Unternehmensorganen Änderungen des Gesellschaftsvertrages einschließlich Formwechsel Gründung und Erwerb von Tochtergesellschaften und sonstigen Beteiligungen Konzernierung/Einführung einer Holdingstruktur, Beendigung von Konzernverhältnissen © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Rein gesellschaftsrechtliche VorgängeBeispiel A ist in dritter Generation Alleingesellschafter der C-GmbH, eines traditionsreichen, im Zentrum einer aufstrebenden Stadt gelegenen Familienunternehmens mit 150 Beschäftigten. Er beabsichtigt den Verkauf sämtlicher Anteile an einen „stadtbekannten" Spekulanten (B), dem offensichtlich in erster Linie an dem äußerst wertvollen Betriebsgrundstück gelegen ist. Der Betriebsrat verlangt die Aufnahme einer „Fortführungsklausel" in den Anteilsveräußerungsvertrag sowie die Aufstellung eines Sozialplans für den Fall, dass es innerhalb von fünf Jahren zu einer Verlegung oder gar Stilllegung des Betriebes kommen sollte. Liegt ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a vor? Handelt es sich um eine Betriebsänderung, bei der ein Interessenausgleich versucht werden muss und ein Sozialplan verlangt werden kann? Muss der Wirtschaftsausschuss informiert werden? © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Rein gesellschaftsrechtliche VorgängeBeispiel Die Z-GmbH ist ein am Markt sehr erfolgreicher, wegen seines Produktdesigns höchst angesehener Hersteller von Büroaccessoires. Die überwiegend noch aus Handarbeit bestehende Produktion ist jedoch hoffnungslos veraltet. Die Geschäftsführung beabsichtigt den Kauf eines nur 35 km entfernten Konkurrenzunternehmens (K-GmbH) im Wege der Übernahme sämtlicher Gesellschaftsanteile. Die K-GmbH wäre ohne weiteres in der Lage, mit ihren fortschrittlichen Produktionseinrichtungen nach einer gewissen Umstellungsphase die Herstellung der Z-Produkte ohne wesentliche Erweiterung des bei der K-GmbH beschäftigten Personals zu übernehmen. Muss der Wirtschaftsausschuss informiert werden? Handelt es sich um eine Betriebsänderung, bei der ein Interessenausgleich versucht werden muss und ein Sozialplan verlangt werden kann? © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
rein arbeitsrechtliche Vorgänge Personalabbau/Massenentlassungen Organisationsänderungen auf betrieblicher Ebene Teilung, Verschmelzung und Verlegung von Betrieben und Betriebsteilen Betriebsstilllegung/-teilstilllegung Betriebsübergang nach § 613 a BGB © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Beispiel Betriebsverlegung • Erfordert die Versetzung der Arbeitnehmer eine Änderungskündigung? • Ist der Betriebsrat hierbei zu beteiligen? • Handelt es sich darüber hinaus um eine evtl. sozialplanpflichtige Betriebsänderung? Die A-GmbH unterhält am Standort X ein Fachhandelsgeschäft für Gaststätten- und Hotelbedarf mit eigener Lager- und Versandabteilung. Auf Grund der besseren Verkehrsanbindung soll die Lager- und Versandabteilung mit ca. 70 Arbeitnehmern ausgegliedert und in ein neu bezogenes, ca. 35 Kilometer entferntes Gebäude verlagert werden. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Misch- und Überschneidungstatbestände • Außerhalb des Umwandlungsgesetzes • Ausgliederung von Aktivitäten auf neu gegründete oder bestehende Gesellschaften • Verschmelzung durch Einbringung von Einzelvermögenswerten in aufnehmende Gesellschaft • Liquidation/Eröffnung des Insolvenzverfahrens • Innerhalb des Umwandlungsgesetzes • Verschmelzung • Spaltung • Vermögensübertragung • Formwechsel © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Beispiel: Ausgliederung durch Einzelrechtsnachfolge • Liegt ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB vor? • Handelt es sich um eine ggf. sozialplanpflichtige Betriebsänderung? Die C-GmbH betreibt ein Unternehmen der chemischen Industrie, das sich in die Bereiche Einkauf, Produktion, Vertrieb und Verwaltung (Organisation, Buchhaltung, EDV, Personal) aufgliedert. Die Produktion soll nunmehr „rechtlich verselbständigt" werden. Zu diesem Zweck gründet die C-GmbH als 100%ige Anteilseignerin die P-GmbH, in welche die C-GmbH im Wege eines entsprechenden Veräußerung,- und Übertragungsvertrages ihr gesamtes auf die Produktion entfallendes Betriebsvermögen einbringt (Sachgründung bzw. Sachkapitalerhöhung). © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
1. arbeitsrechtlicher Problemkreis Umstrukturierungen als sozialplanpflichtige Betriebsänderungen © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Betriebsänderungen Der DGB hat in einer Untersuchung herausgefunden, dass sich mehr als jeder dritte Betriebsrat und 9,2 Prozent aller Personalräte mit Sozialplänen auseinandergesetzt hat Unterrichtung und Beratung gem. § 111 BetrVG Interessenausgleich Sozialplan © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Vorraussetzungen für die Beteiligung bei Betriebsänderungen • ausreichende Unternehmensgröße • Bestehen eines Betriebsrates • Möglichkeit wesentlicher Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft • geplante Betriebsänderung 1. Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, 2. Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, 3. Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben, 4. grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen, 5. Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Unternehmensgröße Unternehmensgröße: mehr als zwanzig wahlberechtigte Arbeitnehmer Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten (§ 5 Abs. 1 BetrVG). Ob es sich bei den Arbeitnehmern um Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigte handelt, oder ob diese befristet oder unbefristet eingestellt sind, ist irrelevant. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Bestehen eines Betriebsrates maßgeblicher Zeitpunkt für die Begründung von Beteiligungsrechten ist der Abschluss der unterneh-merischen Planungsphase. Ist die Planung noch im Fluss oder ändert ein Unternehmen beispielsweise nach der erstmaligen Konstituierung eines Betriebsrates nochmals grundlegend das Konzept der Restrukturierungsmaßnahme, so ist der neue Betriebsrat allerdings zu beteiligen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Beteiligung des Gesamtbetriebsrates bei Fehlen eines Einzelbetriebsrates? vgl. § 50 I BetrVG: Der Gesamtbetriebsrat ist zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können seine Zuständigkeit erstreckt sich insoweit auch auf (betriebsratsfähige – str.-) Betriebe ohne Betriebsrat. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Möglichkeit wesentlicher Nachteile für Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft wesentlicher Nachteil wird bei Nr. 1-5 gesetzlich vermutet sollte Aufzählung nicht abschließend sein, wäre wesentlicher Nachteil zu prüfen © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
erhebliche Teile der Belegschaft • richtet sich nach der Anzahl der von der Maßnahme betroffenen ArbN. • BAG greift auf die Zahlenangaben des § 17 Absatz 1 KSchG zurück. • Dies bedeutet, dass bei Betrieben zwischen • 21 und 59 ArbN mindestens 6 ArbN, • 60 und 499 ArbN 10% bzw. mindestens 26 ArbN • sowie in Betrieben mit mehr als 500 ArbN mindestens 30 ArbN betroffen sein müssen. • Zusätzlich verlangt das BAG, dass mindestens 5% der Belegschaft des Betriebs betroffen sind. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen ArbGeb und ArbN bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft, die ihre Veranlassung und zugleich ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der ArbGeb die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Weiterverfolgung des bisherigen Betriebszwecks dauernd od. jedenfalls für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne einzustellen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Betriebsstilllegung durch ArbG • Betriebsstilllegung muss durch den Arbeitgeber veranlasst sein. • Daher liegt eine Betriebsstilllegung i.S.d. § 111 BetrVG nicht bereits dann vor, wenn sämtliche ArbN wegen erheblicher Lohnrückstände selbst kündigen. Etwas anderes kann gelten, wenn der ArbGeb • die ArbN durch schleppende Lohnzahlung zur Eigenkündigung veranlassen wollte bzw. • diese ausdrücklich zur Eigenkündigung aufgefordert hat, um die Rechtsfolgen der §§ 111ff BetrVG zu umgehen bzw. • wenn der ArbGeb ausdrücklich wegen des bevorstehenden Personalabbaus die ArbN zu Eigenkündigungen veranlasst. • Eine Betriebsstilllegung ist auch dann nicht gegeben, wenn ein Betrieb geschlossen wird, der von vornherein und für die ArbN erkennbar nur für einen zeitlich begrenzten Betriebszweck errichtet worden ist und die Betriebsschließung wegen der Zweckerreichung erfolgt. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen Eine Betriebseinschränkung liegt demgegenüber vor, wenn der Betriebszweck zwar weiterverfolgt wird, dies jedoch unter einer nicht nur vorübergehenden Herabsetzung der Betriebsleistung geschieht. Wichtigster Anwendungsfall der Betriebseinschränkung ist der Personalabbau. Ob ein rechtlich erheblicher Personalabbau vorliegt, richtet sich nach den Zahlenwerten des § 17 Abs 1 KSchG. Dabei ist unerheblich, ob es sich um Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigte handelt. Hieran hat auch § 112a BetrVG nichts geändert, da diese Vorschrift nur die Erzwingbarkeit von Sozialplänen bei Personalabbau betrifft, aber die Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG nicht neu definiert. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen Normalerweise erfolgt der Personalabbau durch betriebsbedingte Kündigungen oder arbeitgeberseitig veranlasste Aufhebungsverträge. Im Einzelfall können auch Eigenkündigungen der ArbN Mitwirkungsrechte des BRat nach §§ 111ff BetrVG auslösen. Dies gilt immer dann, wenn sie auf Veranlassung des ArbGeb zur Vermeidung arbeitgeberseitiger Kündigungen ausgesprochen werden. Änderungskündigungen sind nur dann zu berücksichtigen, wenn die gekündigten ArbN entweder das Änderungsangebot abgelehnt oder nicht fristgerecht einen Vorbehalt iSd § 2 KSchG erklärt haben. Nicht unter den Begriff der Betriebseinschränkung fallen saisonbedingte Personalreduzierungen bei Saison- und Kampagnebetrieben. Schließlich müssen sich Betriebsstilllegung und Betriebseinschränkung nicht auf den gesamten Betrieb erstrecken, sondern es genügt, wenn wesentliche Betriebsteile betroffen sind. Die Beurteilung der Wesentlichkeit eines Betriebsteils richtet sich nach der Rspr wiederum nach der Anzahl der betroffenen ArbN, wobei erneut die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG herangezogen werden. Nicht entscheidend ist, ob in dem stillgelegten Betriebsteil bislang ein wesentliches Vorprodukt gefertigt wurde, das nunmehr von Dritten angekauft wird. Dies kann allenfalls i.S.v. § 111 Satz 3 Nr. 5 BetrVG erheblich sein. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen (§ 111 Satz 3 Nr 2 BetrVG). • Unter Verlegung ist jede wesentliche Veränderung der örtlichen Lage des Betriebs bzw von wesentlichen Betriebsteilen zu verstehen, die mit nicht ganz unerheblichen Erschwerungen für die Belegschaft verbunden ist. Dabei stellt die Rspr relativ geringe Anforderungen. Beispiele: • Umzug von 4,3 km vom Zentrum an den Stadtrand • Umzug von 5,5 km innerhalb Frankfurts. • Die Betriebsverlegung ist dabei von der Betriebsstilllegung abzugrenzen. Nach der Rspr des BAG stellt eine erhebliche räumliche Verlegung des Betriebs dann eine Betriebsstilllegung dar, wenn die alte Betriebsgemeinschaft aufgelöst wird und der Aufbau einer im Wesentlichen neuen Betriebsgemeinschaft am neuen Betriebssitz erfolgt. Ein solcher Fall soll z.B. vorliegen, wenn sich die ArbN weigern, am neuen Betriebssitz zu arbeiten. • Diese Überlagerung von Betriebsverlegung und Betriebsstilllegung hat ihre Ursache in dem Betriebsbegriff des BetrVG und dabei insbesondere in dem Umstand, dass zum Betrieb i.S.d. BetrVG auch die ArbN zählen. Eine Auflösung der Betriebsgemeinschaft hat damit notwendigerweise eine Betriebsstilllegung zur Folge. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben (§ 111 Satz 3 Nr 3 BetrVG) Die Zusammenfassung zweier bislang selbstständiger Betriebe kann entweder durch die Aufnahme eines Betriebs in die bestehende betriebliche Organisation eines anderen Betriebs oder durch die Bildung einer gänzlich neuen Betriebseinheit erfolgen. Beide Vorgänge erfüllen den Tatbestand des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG. Das Gleiche gilt für die Zusammenlegung eines selbstständigen Betriebsteils oder eines Nebenbetriebes mit einem anderen Betrieb oder Betriebsteil. Im Zusammenhang mit der Neuregelung des Umwandlungsrechts zum 1.1.95 ist das Tatbestandsmerkmal der Spaltung von Betrieben in den Katalog möglicher Betriebsänderungen mit aufgenommen worden. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen (§ 111 Satz 3 Nr 4 BetrVG) • Grundlegend ist jede Änderung, die nicht nur einer laufenden Verbesserung entspricht, sondern maßgebliche Auswirkungen auf den Betriebsablauf hat. Es muss eine erhebliche Bedeutung für das betriebliche Gesamtgeschehen erkennbar sein. Im Zweifelsfall stellt das BAG dabei erneut auf die Zahl der betroffenen ArbN ab. • Unter dem Begriff der Betriebsorganisation ist die Art und Weise, wie Menschen und Betriebsanlagen koordiniert werden, um den gewünschten arbeitstechnischen Zweck zu erreichen, zu verstehen. Von einer grundlegenden Änderung der Betriebsorganisation kann daher bei der vollständigen Änderung des Betriebsablaufs, der Abteilungsstrukturen sowie der Zuständigkeiten und Unterstellungsverhältnisse gesprochen werden. • Beispiele hierfür können sein: • Zentralisierungs- oder Dezentralisierungsmaßnahmen sowie die Einführung „flacherer" Hierarchien, • Einführung von Großraumbüros, Gruppenarbeit und so genannter Just-in-time Produktion • Outsourcing von Primärfunktionen und Vergabe so genannter Sekundärfunktionen (z. B. Bewachung, Kantine, Reinigung) an Drittunternehmen, • leanproduction, d. h. Reduktion der Fertigungstiefe. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Grundlegende Änderungen des Betriebszwecks (§ 111 Satz 3 Nr 4 BetrVG) • Von einer Änderung des Betriebszwecks ist auszugehen, wenn sich der arbeitstechnische Zweck des Betriebs ändert, z.B. • bei Umstellung der Produktpalette, • Umstellung von Produktion auf Vertriebstätigkeit • Nach der Rspr des BAG kann die Hinzufügung eines weiteren Betriebszwecks ausreichen (Ergänzung eines Spielkasinos mit Spieltischen um einen zusätzlichen Saal mit Spielautomaten; aA LAG Hess: Einführung des Pokerspiels in Spielbank bewirkt keine Änderung des Betriebszwecks). • Die Änderung der Betriebsanlagen betrifft schließlich die Betriebsmittel im weiteren Sinne. Beispiele: • Einführung neuartiger Maschinen, • Einführung eines EDV-Systems , • Einführung von Bildschirmarbeitsplätzen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren (§ 111 Satz 3 Nr. 5 BetrVG) Hinsichtlich der grundlegenden Bedeutung gilt das oben zu § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG Gesagte entsprechend. Erfasst werden insbesondere Rationalisierungsmaßnahmen soweit es sich hierbei nicht lediglich um eine sich im Rahmen des Üblichen bewegende Verbesserung handelt. Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein. während es bei Nr. 4 auf technische Änderungen der Betriebsmittel ankommt, kommt es bei Nr. 5 auf Gestaltung der Arbeit selbst an. Je nach Art der Maßnahme können gleichzeitig Mitbestimmungsrechte des BRat nach § 87 BetrVG bzw. § 102 BetrVG eingreifen; z.B. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei Einführung von technischen Überwachungseinrichtungen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
neue Arbeitsmethoden Umstellung von Einzel- auf Fließbandfertigung, Einführung von Gruppenarbeit, EDV-gestützte Verwaltung und Bildschirmarbeit Auch wird vertreten, dass die Einführung von Teilzeitarbeit und so genannter kapazitätsorientierter Arbeitszeit sich als Einführung neuer Arbeitsmethoden darstellt (str.). © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
neue Fertigungsverfahren Fertigungsverfahren betreffen die technischen Methoden zur Herstellung der Produkte. Die Einführung neuer Fertigungsverfahren wird in aller Regel mit der Änderung der Betriebsanlagen einhergehen. Maßstab für die Neuheit der Arbeits- und Fertigungsmethoden ist nicht die generelle Situation beispielsweise in der Branche. Es kommt vielmehr ausschließlich darauf an, ob der Arbeitgeber sich in dem in Rede stehenden Betrieb bereits dieser Methode bedient. Indiz dafür, ob eine grundlegende Änderung vorliegt, ist auch hier wieder die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer. Wichtig ist in diesem Kontext, dass gerade bei der Änderung von Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren vielfach noch weitere Beteiligungsrechte des Betriebsrates zu berücksichtigen sind. In Betracht kommen insoweit insbesondere die erzwingbaren Mitbestimmungsrechte nach §§ 87 Abs. 1 Nr. 6, Nr. 10 und Nr. 11, 90 BetrVG. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Interessenausgleich und Sozialplan Interessenausgleich regelt das „Ob“, „Wie“ und „Wann“ der Betriebsänderung. Er muss bei Betriebsänderungen versucht werden. Sozialplan regelt das „Wieviel“. Er ist bei Betriebsänderungen erzwingbar. Was Gegenstand eines Interessenausgleichs ist, kann nicht Gegenstand eines Sozialplans sein. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Interessenausgleich • Der Interessenausgleich ist ein Instrument der betrieblichen Mitbestimmung im deutschen Arbeitsrecht und dient zur Verhinderung wirtschaftlicher Nachteile bei einer Betriebsänderung. Der Begriff wird - anders als beim Sozialplan - im Gesetz nicht definiert sondern vorausgesetzt, etwa in § 112 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). • Der Interessenausgleich ist laut Betriebsverfassungsgesetz schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben. • Typische Inhalte, die in einen Interessenausgleich aufgenommen werden können, sind etwa • Festlegung der Termine für Entlassungen • Freistellungen bei Betriebsstillegung • Regelungen zur Kurzarbeit • Regelungen zur Umschulung und Qualifizierung, Schaffung einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit • Auswahlrichtlinien für Versetzung und Entlassung © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Versuch des Interessenausgleichs Problem: BR kann Verfahren durch Dissens über den Vorsitzenden hinauszögern Nach der Rechtsprechung des BAG (Bundesarbeitsgericht) muss der Arbeitgeber nach vorheriger Information des Betriebsrats und nach vorherigen Beratungen mit dem Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen, um vor der Einigungsstelle (weiter) über einen Interessenausgleich zu verhandeln. Da ein Interessenausgleich auch vor der Einigungsstelle nicht erzwungen werden kann, kann es passieren, dass der Arbeitgeber die Einigungsstelle vergeblich anruft. Andererseits ist die Anrufung der Einigungsstelle und das Verhandeln vor ihr ein klar definiertes Ereignis ist, das auch für den Arbeitgeber von Vorteil ist: Scheitern nämlich auch die Verhandlungen vor der Einigungsstelle, steht zumindest fest, daß der Arbeitgeber einen Interessenausgleich (ernsthaft) "versucht" hat. Letztlich hat der Betriebsrat durch diese Rechtsprechung aber die Möglichkeit, bei den Verhandlungen über einen Interessenausgleich auf Zeit zu spielen, was ihm bei wirtschaftlich dringend notwendigen Betriebsänderungen eine gewisse Verhandlungsmacht gibt, die ihm an sich bei den Verhandlungen über einen Interessenausgleich fehlt. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Sozialplan • Nach der gesetzlichen Definition des § 112 Abs. 1 BetrVG ist unter einem Sozialplan eine Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile zu verstehen, die dem Arbeitnehmer infolge von geplanten Betriebsänderungen entstehen. • Der Zweck des Sozialplans wird sowohl in der Überbrückungsleistung für den Arbeitnehmer, der Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes (oder anderer Nachteile) als auch in der Förderung der Akzeptanz der Betriebsänderung gesehen. Typischer Inhalt sind • Abfindungszahlungen bei Verlust des Arbeitsplatzes. • Regelungen zu Transfergesellschaften gemäß SGB III, • Regelungen zu Versetzungen und Umsetzungen sowie zur Qualifizierung. • Fahrtkostenzuschüssen oder Umzugsbeihilfen • befristete Arbeitsplatzgarantien nach Umsetzung sowie • Besitzstandsklauseln und • Härtefallregelungen. • Ein Sozialplan hat die normative Wirkung einer Betriebsvereinbarung. • Im Gegensatz zum Interessenausgleich ist der Sozialplan über die Einigungsstelle grundsätzlich erzwingbar. Ausnahmen gelten jedoch bei Neugründungen (das Unternehmen besteht noch keine vier Jahre) und Betriebsänderungen, die sich in bloßer Personalverringerung erschöpfen, wenn die erforderliche Mindestzahl an Kündigungen (vgl. § 112a BetrVG) nicht erreicht wird. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Folgen des Verstosses gegen § 111 ff. BetrVG Nachteilsausgleich gem. § 113 BetrVG Ordnungswidrigkeit gem. § 121 BetrVG einstweilige Verfügung auf Unterlassung? streitig… © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Nachteilsausgleich bei Entlassungen • Besteht ausgleichspflichtige Maßnahme in Entlassungen, muss der ArbGeb bei Nichtversuch eines Interessenausgleichs oder bei nicht begründeter Abweichung von einem solchen eine Abfindung entsprechend § 10 KSchG zahlen. Der Begriff der Entlassung ist derselbe, wie bei der Betriebsänderung und beim Sozialplan. • Kündigung durch ArbG • Aufhebungsvertrag • vom ArbG veranlasste Eigenkündigung • auch Änderungskündigungen können erfasst sein. • Für den Anspruch aus § 113 BetrVG reicht die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus. Unerheblich ist, ob die Kündigung wirksam war. Dies braucht nicht zuvor in einem Klageverfahren festgestellt zu werden. Man kann den ArbN nicht zwingen, den ArbG durch Erheben einer Kündigungsschutzklage vor den Folgen eines gesetzwidrigen Verhaltens zu bewahren. Wird jedoch im Kündigungsschutzverfahren die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt, gibt es auch keinen Nachteilsausgleich, weil der Nachteil - die Auflösung des Arbeitsverhältnisses - nicht eingetreten. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Nachteilsausgleich in anderen Fällen andere wirtschaftliche Nachteile sind für den Zeitraum von bis zu 12 Monaten auszugleichen, wenn die Abweichung vom Interessenausgleich nicht in einer Entlassung, sondern z.B. in einer Versetzung oder Umgruppierung besteht. Es geht nach dem Gesetzeswortlaut des § 113 Abs 2 BetrVG um einen vollen Ausgleich, nicht nur um eine Milderung. Als Nachteile kommen geringere Vergütung, höhere Fahrtkosten u.ä. in Betracht. Immaterielle Schäden werden nicht ersetzt. Der abstrakte Verzicht auf mögliche zukünftige Ansprüche auf Nachteilsausgleich ist unwirksam. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Folgen des Verstosses gegen § 111 BetrVG - Unterlassungsverfügung? Nein: BAG 28.8.91 , BB 91, 2306; LAG Hamm 1.4.97 , NZA-RR 97, 343; LAG Köln 1.9.95 , BB 95, 2115 [LS]; LAG SchlHol 13.1.92 , DB 92, 1788; LAG RhPf 28.3.89 , LAGE Nr 10 zu § 111 BetrVG 1972; LAG BaWü 28.8.85 , DB 86, 805; LAG Düsseldorf 19.11.96 , DB 97, 1286; LAG Nürnberg 6.6.2000 - 6 TaBv 8/00, BB 2000, 2100 [LS]; ArbG Dresden 30.11.99 - 17 BvGa 8/99, BB 2000, 363 [LS]; ArbG Herne 24.5.91 , DB 91, 2296; ArbG Nürnberg 20.3.96 , NZA-RR 96, 411; ArbG Kiel 13.12.96 , BB 97, 635; ArbG Minden 25.9.96 , BB 97, 635; ArbG Dresden 25.7.97 , NZA-RR 98, 125; ArbG Schwerin 13.2.98, NZA-RR 98, 448; LAG Köln 30.03.2006 - 2 Ta 145/06 Ja: LAG Frankfurt 30.8.84 , DB 85, 178; LAG Frankfurt 6.4.93 , ArbuR 94, 162; LAG Bln 7.9.95 , BB 96, 64 [LS] = NZA 96, 1284; ArbG Oldenburg 28.10.93 , DB 94, 1195; Kreisgericht Saalfeld 2.4.91 , DB 91, 919; ArbG Neustrelitz 24.2.94 , BB 95, 206; ArbG Reutlingen 11.4.96 , AiB 96, 490; ArbG Hamburg 4.11.97 – 25 BVGa 6/97, NZA-RR 98, 127; © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Lösungsstrategien kreative Sozialpläne mit Vereinbarung von Transfergesellschaften statt reiner Abfindungssozialpläne individualarbeitsrechtlicher Nebeneffekt: Vermeidung von kosten- und zeitintensiven Kündigungsschutzprozessen © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Beschäftigungs-/Transfer gesellschaften Beschäftigungsgesellschaften haben zwischenzeitlich weitreichende Bedeutung als Gestaltungselement bei Unternehmenskrisen und -umstrukturierungen erlangt. Mit Hilfe der Beschäftigungsgesellschaften soll bei betriebsbedingten Entlassungen eine Alternative zur Arbeitslosigkeit geschaffen werden, indem den zu entlassenden ArbN die Möglichkeit eingeräumt wird, im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses für einen befristeten Zeitraum in der Beschäftigungsgesellschaft tätig zu sein und diese Zeit zu einer Qualifizierung und Bewerbung für eine neue Tätigkeit im ersten Arbeitsmarkt zu nutzen. Beschäftigungsgesellschaften können von den Unternehmen, die (Massen-)Entlassungen planen, konkret für den Einzelfall gegründet werden. Daneben existieren aber bereits regional und auch überregional arbeitende Beschäftigungsgesellschaften, welche über eine vorhandene Infrastruktur verfügen. Hinsichtlich der Bezeichnung derartiger Gesellschaften hat sich noch keine einheitliche Terminologie gebildet. Neben dem hier verwendeten Begriff "Beschäftigungsgesellschaft" sind zB auch die Bezeichnungen "Qualifizierungsgesellschaft" oder "Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft" (kurz "BQG") gebräuchlich. Die Chemische Industrie gebraucht in ihren Vereinbarungen mit der IGBCE die Bezeichnung "Transfer- und Personalentwicklungsgesellschaften". Unter dem inzwischen riesigen Angebot gibt es ein immenses Qualitätsgefälle, so dass eine sorgfältige Information unerlässlich ist. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Sozialplan und Transfergesellschaften Die Verpflichtung des ArbGeb, bei Vorliegen einer Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG im Rahmen eines Sozialplans die Einschaltung einer Beschäftigungsgesellschaft vorzusehen, ist grds möglich. Würde die Einigungsstelle diese Möglichkeit (anstelle eines reinen Abfindungs-Sozialplans) überhaupt nicht in ihre Erwägungen einbeziehen, überschreitet sie ihr Ermessen. Dies ergibt sich schon aus dem vom BAG anerkannten Sinn und Zweck eines Sozialplans, zukünftige Nachteile der Betroffenen auszugleichen und keine zusätzliche Entlohnung für den Verlust des Arbeitsplatzes auszuwerfen. § 112a Abs 2 BetrVG betont ausdrücklich, dass die Einigungsstelle die in SGB III vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen soll. Eine Pflicht zur Einschaltung einer Beschäftigungsgesellschaft infolge einer entsprechenden Ermessensreduzierung auf Null dürfte allerdings kaum anzunehmen sein. Ebenso würde die Einigungsstelle ihren Ermessensspielraum überschreiten, wenn sie den ArbGeb zur Gründung einer eigenen Beschäftigungsgesellschaft verpflichten und nicht nur die Beteiligung an einer externen Beschäftigungsgesellschaft vorsehen würde. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Transfergesellschaften Unter Transfergesellschaften werden betriebsorganisatorisch eigenständige Einheiten verstanden, die konkret von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter eines Unternehmens im Rahmen einer maximal einjährig befristeten Beschäftigung neue Beschäftigungsverhältnisse vermitteln. Sie verfolgen ausschließlich das Ziel, die betreuten Beschäftigten so schnell wie möglich wieder in neue Beschäftigungsverhältnisse zu vermitteln. Der Wechsel in eine Transfergesellschaft ist für die von Arbeitslosigkeit bedrohten Beschäftigen freiwillig. Transfergesellschaften werden über ein gesetzlich definiertes Verfahren in enger Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit installiert. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Aufbau einer Transfergesellschaft Der Aufbau einer Transfergesellschaft erfolgt über eine Einigung zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen in einem Unternehmen, und einer „Information über Betriebsänderungen“ nach § 2 Abs. 3 SGB III bei der zuständigen Agentur für Arbeit. Diese Einigung erfolgt meist über einen Zusatz im Sozialplan oder über einen eigens verabschiedeten Transfersozialplan, der den Arbeitnehmern konkrete Vermittlungs- und Qualifizierungsangebote macht. Gemeinsam muss eine „Dritte Partei“ beauftragt werden, die die Transfergesellschaft führt und die von Arbeitslosigkeit betroffenen Beschäftigten in einer Transfergesellschaft beschäftigt. Anhand eines Vertrags verständigen sich Unternehmen, Beschäftigte und die Organisation, die mit der Transfergesellschaft beauftragt wurde, über die Zusammenarbeit in der Transfergesellschaft. Die Mitarbeiter, die sich für einen Übergang in eine Transfergesellschaft entschieden haben, werden dann in einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit (beE) zusammengefasst. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Zustandekommen der Arbeitsverhältnisse Das zwischen ArbN und Beschäftigungsgesellschaft geschlossene Vertragsverhältnis ist ein "normales" Arbeitsverhältnis. Insbesondere ist die Beschäftigungsgesellschaft auch bei einer engen Anbindung an den bisherigen ArbGeb der übernommenen ArbN als alleiniger ArbGeb einzustufen, auch mit allen betriebsverfassungsrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Folgen. Der Abschluss des Arbeitsvertrages erfolgt vielfach über einen dreiseitigen Vertrag, in dem gleichzeitig zwischen bisherigem ArbGeb und ArbN die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses mit der Beschäftigungsgesellschaft geregelt werden. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Inhalt der Arbeitsverhältnisse Das Arbeitsverhältnis mit der Beschäftigungsgesellschaft ist regelmäßig auf ein Jahr befristet, also innerhalb der Höchstgrenzen des § 14 Abs 2 TzBfG. Die Arbeitsbedingungen sind im Hinblick auf den Zweck der Beschäftigungsgesellschaft modifiziert. § 613a BGB steht dem nicht entgegen, weil regelmäßig keine Betriebsmittel übernommen werden und die ArbN einen anderen Betriebszweck, die Qualifizierung, verfolgen. Üblich ist etwa die Verpflichtung der ArbN, an von der BA finanzierten Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen, sowie das Recht, innerhalb einer kurzen Ankündigungsfrist auch während des Befristungszeitraums das Arbeitsverhältnis mit der Beschäftigungsgesellschaft zu kündigen. Vielfach üblich ist es auch, zu vereinbaren, dass die Beschäftigungsgesellschaft ArbN einem anderen Unternehmen auf Zeit überlassen kann, um den ArbN für ein neues Arbeitsverhältnis zu erproben, oder das vorübergehende Ruhen des Arbeitsverhältnisses mit der Beschäftigungsgesellschaft zu vereinbaren, falls der ArbN ein befristetes Arbeitsverhältnis bei einem anderen Unternehmen eingeht. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Inhaltliche Ausgestaltung und Funktion von Transfergesellschaften Die Transfergesellschaft ist ein arbeitspolitisches Instrument, die in ihrer Ausgestaltung in §216b SGB III fest definiert sind. Die inhaltliche Ausgestaltung einer Transfergesellschaft wird zwischen der Arbeitnehmervertretung und Unternehmensleitung ausgehandelt. Die finanzielle Basis für die in die Transfergesellschaft eingetretenen Beschäftigten bildet das Transferkurzarbeitergeld, welches dem Arbeitslosengeld I ähnlich ist. Der Bezug des Transferkurzarbeitergeldes ist auf maximal zwölf Monate begrenzt und hat keinen Einfluss auf die Bezugsdauer des Arbeitslosengeld I. Das Transferkurzarbeitergeld wird im Rahmen des Aufbaus einer Transfergesellschaft bei der zuständigen Agentur für Arbeit von der Transfergesellschaft beantragt. In der Regel wird das Transferkurzarbeitergeld von dem entlassenen Unternehmen „aufgestockt“, so dass die Mitarbeiter der Transfergesellschaft bis zu 100 % ihrer vormaligen Bezüge erhalten können. Die Finanzierung der Transfergesellschaft erfolgt ebenfalls über das Unternehmen. Die arbeitspolitische Funktion der Transfergesellschaft besteht in der Vermittlung der von Arbeitslosigkeit bedrohten Beschäftigten. Zur Vermittlung stehen Transfergesellschaften unterschiedliche Instrumente zur Verfügung. Weiterbildungsmaßnahmen, die vom entlassenen Unternehmen finanziert werden, helfen den Mitarbeiter in der Transfergesellschaft sich beruflich neu zu orientieren oder so zu qualifizieren, dass diese in neue Beschäftigungsverhältnisse vermittelt werden können. Ferner arbeiten die Transfergesellschaften in enger Abstimmung mit der Agentur für Arbeit und nutzen auch die etablierten Instrumente © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Vorteile von Transfergesellschaften • Transfergesellschaften sind im Kontext umfassender Rationalisierungsmassnahmen und dem damit einhergehenden Personalabbau zu einem prominenten Instrument moderner Arbeitsmarktpolitik geworden. Den Unternehmen wird mit dem Instrument der Transfergesellschaft ein Mechanismus bereitgestellt, der es ermöglicht, Arbeitsplätze „sozial verträglich“ abzubauen. Trotz der meist erheblichen Kosten, die mit der Installierung einer Transfergesellschaft verbunden sind, bieten sich den Unternehmen mit dem Instrument der Transfergesellschaft folgende Vorteile: • Imagegewinn trotz betrieblich notwendiger Personalanpassung • Vermeidung von Kündigungsfristen • Vermeidung von Kündigungsschutzklagen • Bessere Kalkulierbarkeit der Kosten des Personalabbaus • Für die von der Kündigung betroffenen Mitarbeiter bietet die Beschäftigung in einer Transfergesellschaft gleich mehrere Vorteile: • Vermeidung von Arbeitslosigkeit • Ununterbrochener Verlauf von Entgeltpunkten in der Rentenversicherung • Bezug von Transferkurzarbeitergeld für maximal zwölf Monate • Professionelle Betreuung in der beruflichen Neuorientierung • Finanzierung von Weiterbildungsmaßnahmen • Bewerbungen aus einem Beschäftigungsverhältnis heraus © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Finanzierung Transferkurzarbeitergeld wird im Regelfall beim Wechsel eines Arbeitnehmers in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft als neuen Arbeitgeber gewährt. Die Höhe der Leistung liegt je nach Familienstand bei 60 Prozent bzw. 67 Prozent des anfallenden Nettoentgelts, die maximale Bezugsdauer beträgt 12 Monate. Ergänzt werden die Leistungen der BA durch Zuschüsse zu Qualifizierungsmaßnahmen im Einzelfall. Der ArbGeb beteiligt sich meist dadurch an der Finanzierung der Beschäftigungsgesellschaft, dass er das Kurzarbeitergeld aufstockt. Derartige Leistungen werden in einem Sozialplan gem § 112 BetrVG festgeschrieben. Damit der ehemalige ArbGeb die für diese Sozialplanleistungen notwendigen Mittel (gerade in der Krise) aufbringen kann, ist es durchaus gängige Praxis, dass den betroffenen ArbN recht deutlich klargemacht wird, dass eine Übernahme in die Beschäftigungsgesellschaft nur infrage kommt, wenn das Arbeitsverhältnis mit dem ehemaligen ArbN unter Abkürzung der persönlichen Kündigungsfristen beendet wird. Beschäftigungs- und Auffanggesellschaft. Wird die Beschäftigungsgesellschaft als Mittel zum Personalabbau gebraucht, endet die Umstrukturierungsmaßnahme häufig nicht mit der Überleitung der Arbeitsverhältnisse auf die Beschäftigungsgesellschaft. Als vermeintlicher "Königsweg" zur Ausschaltung der Betriebsübergangsproblematik wird wie folgt vorgegangen: Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der erfolgten Überleitung der Arbeitsverhältnisse in die Beschäftigungsgesellschaft tritt eine schon vorhandene oder neu gegründete Auffanggesellschaft des bisherigen ArbGeb, welche die bisherige Geschäftstätigkeit (ggf in vermindertem Umfang) fortführt, auf den Plan. Diese Auffanggesellschaft macht nun einem Teil der in der Beschäftigungsgesellschaft "geparkten" ArbN neue Angebote zur Fortsetzung ihrer Tätigkeit in der Auffanggesellschaft, wobei hier regelmäßig aus ArbGebSicht günstigere Arbeitsbedingungen gelten. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Beratung zu Interessenausgleich und Sozialplan Kommunikationsstrategie nach innen und außen Sondierung der geeigneten Transfermaßnahmen und -instrumente Operative Umsetzung verschiedener Transferinstrumente nach dem Vermittlungskonzept der Personal Innovation GmbH Verhandlungen mit der Bundesagentur für Arbeit Fördermöglichkeiten nach §216 a/b SGB III Beratung zu Verhandlungsstrategien © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de