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Der Staat als Unternehmer (7) Ausgliederungen. SS 2009 Kurt Reindl. Kurt Reindl, Der Staat als Unternehmer, SS 2009, 27.04.2009. 1. Gliederung. Allgemeiner Teil Allgemeine Informationen Begriff des Öffentlichen Unternehmens Öffentliche Unternehmen und EG-Wettbewerbsrecht
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Der Staat als Unternehmer (7) Ausgliederungen SS 2009Kurt Reindl Kurt Reindl, Der Staat als Unternehmer, SS 2009, 27.04.2009 1
Gliederung Allgemeiner Teil • Allgemeine Informationen • Begriff des Öffentlichen Unternehmens • Öffentliche Unternehmen und EG-Wettbewerbsrecht • Rechtliche Grundlagen in Ö: Privatwirtschaftsverwaltung • Beweggründe für unternehmerisches Tätigwerden • Eigenunternehmen • Ausgliederungen • Verstaatlichung/Privatisierung • Rechtsschutz und Kontrolle • Regulierungsbehörden
Ausgliederungen Allgemeines • Ausgliederungsfähige Aufgaben • Alle Verwaltungsaufgaben, die die Gebietskörperschaft selbst im eigenen Namen in nicht-hoheitlicher Verwaltung, in den Formen des Privatrechts wahrnehmen könnte • Übertragung der Erfüllung dieser öffentlichen Aufgaben an Rechtsträger, die von der von öffentlichen Hand kontrolliert werden • Beteiligung einer oder mehrerer Gebietskörperschaften oder ausgegliederter Unternehmen des privaten und öffentlichen Rechts der Gebietskörperschaften • Gesetzlich vorgesehene Gründung • zB Bundesgesetz zur Errichtung einer ‚Brenner-Eisenbahngesellschaft‘, BGBl 1995/502: Für die umfassende Planung des Baues und die Planung der Erhaltung der Hochleistungsstrecke Staatsgrenze bei Kufstein-Innsbruck-Staatsgrenze am Brenner ist eine Kapitalgesellschaft in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Stammkapital von 5 Millionen Schilling, dem Firmenwortlaut „Brenner-Eisenbahn-Gesellschaft mit beschränkter Haftung'' - im folgenden als Gesellschaft bezeichnet - und dem Sitz in Innsbruck zu errichten, deren Anteile dem Bund zu mindestens 51% vorbehalten sind.
Ausgliederungen Allgemeines • Gründung im Rahmen der Privatrechtsfähigkeit der Gebietskörperschaft • zB Austria Film und Video GmbH (Bundesunternehmen) • zB Seilbahnunternehmen von Gemeinden • Verfassungsrechtliche Zulässigkeit • Betrauung ausgegliederter Rechtsträger mit nicht-hoheitlichen Aufgaben der Verwaltung zulässig • ergibt sich ua aus Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Prüfung staatsnaher Unternehmen • Vgl zB Artikel 126b Abs 2 B-VG: Rechnungshof überprüft Unternehmungen, an denen der Bund beteiligt ist • Grenzen • Grundrechte, insbes Gleichheitssatz • Verfassungsrechtliches Effizienzgebot (Art 51a Abs 1, 126b Abs 5, 127 Abs 1 und 127a Abs 1 B-VG): Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit • Ausgliederungen sind daher begründungsbedürftig
Ausgegliederte Unternehmen Sonderrechtsfähige Verwaltungseinheiten • Rechtspersonen des Öffentlichen Rechts • Durch Hoheitsrecht eingerichtet • Bund und Länder verfügen über Gesetzgebungskompetenz, sonderrechtsfähige Verwaltungseinheiten ihrer Gebietskörperschaften einzurichten • Artikel 10 Abs 1 Z 13 B-VG: „Stiftungs- und Fondswesen, soweit es sich um Stiftungen und Fonds handelt, die nach ihren Zwecken über den Interessenbereich eines Landes hinausgehen und nicht schon bisher von den Ländern autonom verwaltet wurden“ • Artikel 10 Abs 1 Z 16 B-VG: „Einrichtung der Bundesbehörden und sonstigen Bundesämter“ • Artikel 15 Abs 1 B-VG • Gemeinden: • Einrichtung sonderrechtsfähiger Verwaltungseinheiten durch Hoheitsakt (zB Verordnung) nur aufgrund besonderer gemeindegesetzlicher Rechtsgrundlagen (Landesrecht) • Gemeindeverbände: eine bundesverfassungsgesetzliche Sonderform (Art 116a Abs 1 Z 1 B-VG)
Ausgegliederte Unternehmen Sonderrechtsfähige Verwaltungseinheiten • Von Trägergebietskörperschaft verschiedene Rechtspersönlichkeit • Teilnahme am Wirtschaftsverkehr „unter fremden Namen“ • Beispiele von Sondervermögen für bestimmte Verwaltungsaufgaben • § 1 Salzburger Festspielfonds-Gesetz, BGBl 1950/147: „Zur Veranstaltung von Festspielen in der Landeshauptstadt Salzburg wird ein Fonds errichtet, der die Bezeichnung „Salzburger Festspielfonds'', im folgenden kurz Fonds genannt, führt. Dieser Fonds genießt Rechtspersönlichkeit und hat seinen Sitz in der Stadt Salzburg.“ • § 2 Abs 1 AMA-Gesetz: „Unter der Bezeichnung „Agrarmarkt Austria'' (AMA) wird eine juristische Person des öffentlichen Rechts eingerichtet. Die AMA tritt an die Stelle des Milchwirtschaftsfonds, des Getreidewirtschaftsfonds, des Mühlenfonds und der Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft einschließlich der Unterkommission.“ • § 1 DAK-Gesetz BGBl 1996/178 idgF: „In Wien wird unter der Bezeichnung ‚Diplomatische Akademie Wien – Vienna School of International Studies – Ecole des Hautes Etudes Internationales de Vienne‘ (‚Diplomatische Akademie‘) eine postgraduale wissenschaftliche Bildungseinrichtung als Anstalt öffentlichen Rechts errichtet.“ • Beispiele von erwerbswirtschaftlichen Betätigungen • früher die mittlerweile privatisierte PSK
Ausgegliederte Unternehmen Rechtspersonen des Privaten Rechts • Gebietskörperschaften stehen aufgrund ihrer Rechts- und Vermögensfähigkeit alle zivil- und gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten offen • Gründung von Rechtspersonen des privaten Rechts als sonderrechtsfähige organisatorische Einheiten durch zivilrechtlichen Vertrag • Ausgliederung von nicht-hoheitlichen Verwaltungsaufgaben also nicht nur auf sonderrechtsfähige Verwaltungseinheiten (Rechtspersonen des öffentlichen Rechts) sondern auch auf von ihnen gegründete und organisatorisch beherrschte Rechtspersonen des privaten Rechts • Insbesondere für Gemeinden attraktiv, weil ihnen die Einrichtung sonderrechtsfähiger Verwaltungseinheiten nur aufgrund besonderer gemeindegesetzlicher Rechtsgrundlagen (Landesrecht) möglich ist • Gebietkörperschaften sind an die bundesgesetzlich vorgegebene Typologie von Rechtspersonen gebunden • Besonderheit für Bund: Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG (Zivilrechtswesen) erlaubt durch Bundesgesetz ein Sondergesellschaftsrecht zu schaffen
Ausgegliederte Unternehmen Rechtspersonen des Privaten Rechts • Beherrschung der Rechtsperson privaten Rechts • Durch privates Satzungsrecht, das durch die Gebietskörperschaft geschaffen wird • Gebietskörperschaft dominiert das machttragende Organ (zB die Gesellschafterversammlung bei der GmbH) • Durch zivilvertragliche Vereinbarungen • Durch Bereitstellung von finanziellen Mitteln
Ausgegliederte Unternehmen Rechtspersonen des Privaten Rechts • Kapitalgesellschaften (AG, GmbH) • Gründung von AGs und GmbHs und Verwendung als „ausgegliederte Unternehmen“ ist häufigste Form der Ausgliederung von Verwaltungsaufgaben aus dem Verwaltungsbereich der Gebietskörperschaften • Von Trägergebietskörperschaft verschiedene (eigene) Rechtspersönlichkeit • Kategorien: • Einpersonengesellschaft • Gemischt-öffentliche Gesellschaft: Beteiligung mehrerer öffentlicher Unernehmensträger • Gemischt-wirtschaftliche Gesellschaft: Beteiligung Privater
Ausgegliederte Unternehmen Rechtspersonen des Privaten Rechts • Aktiengesellschaft (AG): • Grundsätzlich große unternehmerische Autonomie und Beweglichkeit der Leitungsorgane • Leitung obliegt dem Vorstand in eigener Verantwortung; einziges Führungs- und Leitungsorgan • Von Hauptversammlung bestellter Aufsichtsrat überwacht die Geschäftsführung des Vorstands • Aufsichtsrat und Hauptversammlung können Geschäftsführungsbefugnis nicht an sich ziehen • Keine Weisungsbefugnis des Aufsichtsrats an Vorstand • Maßnahmen der Geschäftsführung können dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden (§ 95 Abs 5 AktG) • Allerdings: Bestimmte in Satzung vorgesehene Arten von (nicht laufenden) Geschäften nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats
Ausgegliederte Unternehmen Rechtspersonen des Privaten Rechts • Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH): • Große Satzungsfreiheit • Befugnisse des Geschäftsführers können nach Belieben begrenzt werden (durch Satzung und durch ad hoc-Beschlüsse) • Dominierende Stellung der Gesellschafterversammlung • Gesellschafter können Geschäftsführungsbefugnis an sich ziehen • Weisungsbefugnis der Gesellschafter an Geschäftsführer (Einzelweisungen gem § 20 Abs 1 GmbHG) • Bestimmte in Satzung vorgesehene Arten von Geschäften nur mit Zustimmung des allenfalls eingerichteten Aufsichtsrats
Ausgegliederte Unternehmen Rechtspersonen des Privaten Rechts • Beispiele • Bundesrechenzentrum GmbH • Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-AG,Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. • Internationalen Amtssitz- und Konferenzzentrums Wien AG • Austria Wirtschaftsservice GmbH • Fusion aus Bürges Förderungsbank, Finanzierungsgarantie GmbH und Innovationsagentur • Österreichische Bundesforste AG • Bundestheater-Holding GmbH • Austria-Film und Video GmbH • Austro-Control GmbH • Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH
Ausgegliederte Unternehmen Rechtspersonen des Privaten Rechts • Sondergesellschaftsrecht • Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG: Zivilrechtswesen einschließlich des wirtschaftlichen Assoziationswesens (Bund) • zB Möglichkeit der Einräumung von besonderen Weisungs- und Aufsichtsrechten auch bei einer AG • Beispiel: • Österreichische Nationalbank: § 1 NBG „… Die Bestimmungen des Aktiengesetzes 1965, BGBl. Nr. 98/1965, sind auf die Oesterreichische Nationalbank anwendbar, soweit durch den EG-Vertrag, das ESZB/EZB-Statut oder durch dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird.“ • Besonderheit Gemeinde: • Gemeinde verfügt über keine Gesetzgebungskompetenz • Bund bzw Ländern ist es untersagt, den Gemeinden eine Sondervereins- und Gesellschaftsrecht zu schaffen (Art 116 Abs 2 B-VG „Schranken der allgemeinen Bundes- und Landesgesetze“)
Ausgegliederte Unternehmen Rechtspersonen des Privaten Rechts • Genossenschaften, Vereine, Stiftungen • Genossenschaft • Genossenschaft dient der „Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder“ • daher nur im Bereich erwerbswirtschaftlicher Betätgung möglich • Ideelle Vereine iSd VereinsG 2002 • verfolgten keine wirtschaftlichen Zwecke; nicht auf Gewinn berechnet • Nur für leistende Verwaltungstätigkeit, nicht für erwerbswirtschaftliche Unternehmungen • bedarf zur Gründung und auch später mindestens zweier Mitglieder • „Nebentätigkeitsprivileg“: wirtschaftliches Tätigwerden erlaubt, sofern den ideellen Zwecken untergeordnet • VfGH: lässt auch erwerbswirtschaftliche Vereinstätigkeit zu; allerdings Verbot der Gewinnausschüttung
Ausgegliederte Unternehmen Rechtspersonen des Privaten Rechts • Stiftungen: gem § 2 Abs 1 Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz „dauernd gewidmete Vermögen mit Rechtspersönlichkeit, deren Erträgnisse der Erfüllung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke dienen“
Ausgegliederte Unternehmen Rechtspersonen des Privaten Rechts • Personengesellschaften (OG, KG) • Jedenfalls nicht zulässig für Bund: • § 59 Abs 1 Z 2 BHG: Beteiligungen (Anteilsrechte) an Gesellschaften und Genossenschaften des Privatrechts dürfen von einem haushaltsleitenden Organ für den Bund nur erworben werden, wenn die sich aus einer solchen Beteiligung ergebende Zahlungsverpflichtung des Bundes mit einem bestimmten Betrag begrenzt ist. • Strittig bei Gemeinden: • Art 116 Abs 2 B-VG garantiert der Gemeinde prinzipiell die Teilnahme am Privatrechtsverkehr • Ausschluss von einzelnen Privatrechtsgeschäften kann nur verfassungsrechtlich begründet werden • Konkretisierung der Grundsätze der „Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit“ durch den Gesetzgeber dahingehend, dass ein unbegrenzbares Risiko bei erwerbswirtschaftlicher Betätigung ausgeschlossen werden muss
Ausgegliederte Unternehmen Rechtspersonen des Privaten Rechts • Gemeindeverbände • Art 116a Abs 1 B-VG: „Zur Besorgung einzelner Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches können sich Gemeinden durch Vereinbarung zu Gemeindeverbänden zusammenschließen.“
Ausgegliederte Unternehmen Ausgliederungsmotive • Geschäftsführung nach wirtschaftlichen Prinzipien • Stärkere betriebswirtschaftliche Orientierung • Entbürokratisierung • Politische Rücksichten treten in den Hintergrund • Mehr Beweglichkeit • Schnellere und flexiblere Entscheidungsprozesse durch „maßgeschneiderte Organisation“ • Gründer einer Rechtsperson des Privatrechts haben weitgehende organisationsrechtliche Gestaltungsfreiheit • Mitwirkung politisch zusammengesetzter Organe an der Geschäftsführung ist reduziert • Flexiblere Personalpolitik • Unterliegen nicht dem starren Dienst- und Besoldungsrecht sondern dem allgemeinen Zivil- und Arbeitsrecht
Ausgegliederte Unternehmen Ausgliederungsmotive • Ermöglichung außerbudgetärer Finanzierungen • Keine Bindung an haushaltsrechtliche Vorschriften • Ermöglichung einer angemessenen Investitions- und Finanzpolitik (zB längere Finanzplanung) • Haftungsbeschränkung der öffentlichen Hand durch Wahl einer entsprechenden Gesellschaftsform • Durchbrechen der Kompetenzschranken • Tätigwerden in Bereichen, für Gebietskörperschaft gem Hoheitsrecht unzuständig ist • Erleichterung von Kooperationen zur Bewältigung kompetenzrechtlich aufgeteilter Aufgaben • Steuerliche Erwägungen • Zusammenschluss defizitärer und gewinnbringender Unternehmen • Zurückdrängen politischen Einflusses • Beispiel ÖIAG
Ausgliederungsmotive Ausgliederungsmotive • Einhaltung der Maastricht-Konvergenzkriterien • Art 104 Abs 1 EGV: Die Mitgliedstaaten vermeiden übermäßige öffentliche Defizite. • Schulden sog „Marktproduzenten“ bleiben unberücksichtigt, wenn • Sie eine „eigene institutionelle Einheit“ darstellen; • mehr als 50% seiner Produktionskosten durch Umsätze abgedeckt, also durch Zahlungen für konkret erbrachte Leistungen zu wirtschaftlich signifikanten Preisen; • Leistungen an Dritte gegen Entgelt erbringen • Aber auch wenn sie Leistungen an beherrschenden Rechtsträger erbringen (zB BIG, die dem Bund Immobilien zu marktkonformen Preisen vermietet)
Exkurs: Beleihung • Beispiele: • OeNB als Devisenbehörde • Austro Control GmbH als Luftfahrbehörde • Schienen-Control GmbH als Regulierungsbehörde • Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH) mit bestimmten hoheitlichen Aufgaben im Bereich des Telekommunikationsrechts • Betrauung mit der Befugnis zur Erlassung von Hoheitsakten in eigener Entscheidungskompetenz • Üben Verwaltung im Sinne des B-VG aus • Eingliederung in öffentliche Verwaltung • zB Austro Control GmbH, Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH
Exkurs: Beleihung • Voraussetzungen lt VfGH: (vgl 14.473 Austro Control GmbH) • Ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung • Berücksichtigung des dem Gleichheitssatz immanenten Sachlichkeitsgebots • Berücksichtigung des Effizienzprinzips • Nur vereinzelte Aufgaben (vgl VfSlg 3.685/1960) • Notwendigkeit der Unterstellung unter ein verantwortliches oberstes Organ (insbes Aufsichts- und Weisungsrecht) • Keine Betrauung mit staatlichen Kernaufgaben (zB innere und äußere Sicherheit, Strafgewalt)