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Klausur S 437 Strafrecht SS 2014. Friedrich Toepel. A. Strafbarkeit des A I. §§ 212, 22, 23 StGB durch den Gewehrschuss auf P2 Tötungsvorsatz – A hat als Jäger zwar gewusst, dass sein Schuss unter unglücklichen Umständen tödlich sein konnte.
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Klausur S 437 StrafrechtSS 2014 Friedrich Toepel
A. Strafbarkeit des A I. §§ 212, 22, 23 StGB durch den Gewehrschuss auf P2 Tötungsvorsatz – A hat als Jäger zwar gewusst, dass sein Schuss unter unglücklichen Umständen tödlich sein konnte. Dieser Todeserfolg ist hier nur aufgrund der Bewegung des P2, eines glücklichen Zufalls, ausgeblieben. Da A hat aber auf das Ausbleiben dieses für ihn unerwünschten Erfolges fest vertraut (vgl. zu dem Meinungsstand etwa Roxin, AT, 4.Aufl., § 12 Rn. 21 ff., insbes. 75 ff.).
II. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3, Nr. 5 StGB durch den Gewehrschuss auf P2 1. Objektiver Tatbestand a) Grundtb. + b) Qualifikation: Gewehr = Waffe, § 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 StGB + c) hinterlistiger Überfall, § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB? Hinterlistig = wenn der Täter planmäßig, in einer auf Verdeckung seiner wahren (Verletzungs-) Absicht berechneten Weise vorgeht, um die Abwehr des nicht erwarteten Angriffs zu erschweren.
Hier: A schießt, als P2 in den Gaststättenraum gesprungen ist, verdeckt seine Absichten nicht planvoll, sondern nutzt nur die überraschende Situation aus § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB - d) lebensgefährdende Behandlung, § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB: Nur durch Zufall keine tödliche Verletzung = konkrete Lebensgefahr + § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB nach allen Ansichten +
2. Subjektiver Tatbestand. Vorsatz nur in Bezug auf § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB problematisch a) Wenn abstrakte Lebensgefährdung ausreichend: Vorsatz + Täter muss nur die Umstände kennen, aus denen sich die Eignung zur Lebensgefahr ergibt b) A kennt nicht die die konkrete Gefahr begründenden Umstände: Wer eine konkrete Lebensgefahr verlangt, für den: Vorsatz –
2. Subjektiver Tatbestand 3. Rechtswidrigkeit § 32 StGB, Notwehr? Angriff? = die von einem Menschen drohende Verletzung rechtlich geschützter Interessen. a) notwehrfähiges Rechtsgut = körperliche Unversehrtheit des A und sein Leben in Betracht, objektiv drohte aber keine Verletzung, da P2 nicht als Angreifer schießen wollte.
b) P2 drang in das befriedete Besitztum des A ein und erfüllte damit den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 123 Abs. 1 StGB c) Eigentumsverletzung des P1 am Türschloss, dem P2 mittäterschaftlich zuechenbar, P1 erfüllte den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 303 Abs. 1 StGB durch das Aufbohren des Türschlosses, Angriff müsste aber auch rechtswidrig sein, Hier -, P2 (wie P1) durch die richterliche Anordnung gerechtfertigt
4. Schuld, Erlaubnistatbestandsirrtum (ETBI) a) Voraussetzungen des ETBI ETBI = wenn der Täter sich einen Sachverhalt vorstellt, der ihn rechtfertigen würde, wenn seine Vorstellung den Tatsachen entspräche. § 32 StGB vorgestellt? aa) gegenw. Rw. Angriff: A ging von einem rechtswidrigen und gegenwärtigen Angriff nicht nur auf sein Hausrecht, sondern auch auf seine körperliche Unversehrtheit aus.
bb) Erforderlichkeit: Aus seiner Sicht drohte P2 unmittelbar das Feuer auf ihn zu eröffnen, also keine Alternativen, als ebenfalls zu schießen. Ein milderes, ebenso geeignetes Mittel nicht ersichtlich. Also ETBI: + b) Behandlung des ETBI aa) strenge Schuldtheorie: jeder Irrtum über die Rechtswidrigkeit = Verbotsirrtum, also ein Fall des § 17 StGB
Aber aufgrund der Gesamtumstände und der äußerst kurzen Zeitspanne, nur schwer vertretbar, den Irrtum als vermeidbar einzustufen. A hatte keine Chance, den Irrtum aufzuklären. Also Unvermeidbarkeit des Irrtums bb) Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen: bei irriger Annahme der tatsächlichen Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes § 16 StGB unmittelbar anwendbar und schließt damit den Vorsatz aus.
Also: Alle Theorien gelangen zu §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3, Nr. 5 StGB - III. § 229 StGB durch den Gewehrschuss auf P2 Bearbeiter, die nicht der strengen Schuldtheorie gefolgt sind: können kurz § 229 StGB anprüfen. Aber: Irrtum jedoch nicht vermeidbar war, Pflichtverletzung des A fehlt, Daher Tatbestand -
IV. § 239 Abs. 1 StGB durch das Fesseln von P1 und P2 1. Objektiver und subjektiver Tatbestand Fesseln = Freiheitsberaubung in sonstiger Weise vor. Dauer 25 Minuten überschreitet die Bagatellgrenze Vorsatz + 2. Rechtswidrigkeit § 127 Abs. 1 StPO ? a) „Tat“ i.S.d. § 127 Abs. 1 StPO aa) Nach einer Ansicht : = dringender Tatverdacht
= wenn bei verständiger Würdigung eine große Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Straftat spricht. Entscheidend, ob der Private die Voraussetzungen des Rechts ohne Fahrlässigkeit annehme (Roxin, Strafverfahrensrecht, § 31 A 2 d) nicht mehr als von einem Beamten zu verlangen werden, den er in der konkreten Situation gleichsam vertrete (Roxin, AT I, 4. Aufl., § 17 Rn. 23).
Hier: aus der Sicht des A spricht alles für Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch und sogar versuchte Tötungsdelikte in Mittäterschaft. A hat aus dem Anruf und dem sich ihm bietenden Bild einen zwar nicht zutreffenden, aber auch nicht fahrlässigen Rückschluss gezogen. Also „Tat“ i.S.d. § 127 Abs. 1 StPO + bb) Eine andere Ansicht : tatsächlich begangene Straftat Innerhalb dieser Ansicht Abstufungen verschiedener „Unteransichten“
Teilweise tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Straftat verlangt Teilweise tatbestandsmäßige und rechtswidrige Tat verlangt Teilweise nur eine objektiv tatbestandsmäßige Handlung Hier: Öffnen der Tür und Eindringen in den Gaststättenraum = Tatbestand des § 123 StGB und § 303 StGB erfüllt, nach „Unteransicht“ , die nur tatbestandsmäßige Handlung verlangt: „Tat“ i.S.d. § 127 Abs. 1 StPO +, Handlung des A gerechtfertigt
Alle Auffassungen sind vertretbar. Wer das Vorliegen einer Tat i. S. d. § 127 StPO bejaht hat bzw. wem der Tatverdacht genügt, prüft weiter: b) Tatfrische, Fluchtverdacht, Identitätsfeststellung „Frische“ der Tat = aufgrund des Betreffens vor Ort zu bejahen Fluchtverdacht: da P1 und P2 aus Sicht des A eine falsche Identität angeben. Annahme gerechtfertigt, P1 und P2 würden sich einer Verantwortung durch Flucht entziehen
- sofortige - Identitätsfeststellung aber nicht unmöglich (a.A. vertretbar), wenn man davon ausgeht, dass die Polizisten sich ausweisen konnten. D Dass A den Polizisten ihre Identität nicht glaubt, ändert daran nichts. Gesetz verlangt an dieser Stelle mehr als nur einen Verdacht c) Ergebnis Wer § 127 StPO bejaht: Rechtfertigung des A Wer § 127 StPO ablehnt: Prüfung des ETBI. In diesem Zusammenhang auch die Identitätsfeststellung nicht sofort möglich
V. § 240 Abs. 1 StGB durch das Fesseln von P1 und P2 wie Freiheitsberaubung, s. oben Prüfung des § 240 Abs. 1 StGB kann unterbleiben, da Gesetzeskonkurrenz zu § 239 StGB besteht . B. Strafbarkeit der G I. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 5, 26 StGB durch den Anruf bei A 1. Tatbestand a) Objektiver Tatbestand aa) Haupttat, ETBI des Haupttäters:
Lehre von den negativen Tatbestandsvoraussetzungen: fehlt bereits an einer vorsätzlichen Tat eines anderen. eingeschränkte Schuldtheorie i.e.S.: Vorsatzunrecht und damit die Rechtswidrigkeit entfällt Nach den übrigen Theorien: vorsätzliche, rechtswidrige Tat des A + In diesem Falle weiter prüfen: bb) „Bestimmen“ des A nach allen Ansichten +
b) Subjektiver Tatbestand Vorsatz bezüglich tbm rw Haupttat -, G ging davon aus, dass A das Gewehr nur zur - rechtmäßigen - Verteidigung einsetzen werde. 2. Ergebnis: §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 5, 26 StGB - II. §§ 212 Abs. 1, 30 StGB durch den Anruf bei A G nahm billigend in Kauf, dass A einen Menschen töten könnte,
aber ging lediglich von einer - gerechtfertigten - Verteidigung des A aus, Vorsatz bezüglich tbm rw Haupttat – C. Strafbarkeit der J I. §§ 212 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 2. Alt. StGB durch den Anruf bei G 1. Vorprüfung Totschlag nicht vollendet. Strafbarkeit des Versuchs: § 12 Abs. 1 i. V. m. § 23 Abs. 1 StGB.
2. Tatbestand a) Subjektiver Tatbestand - Tatentschluss aa) Tötungsvorsatz + bb) J wollte die anwesenden Polizisten - damit auch P2 - nicht eigenhändig töten. Aber § 25 Abs. 1 2. Alt. StGB? Hintermann zur Begehung der Vorsatztat bedient sich wissentlich und willentlich eines nicht tatbestandsmäßig, nicht rechtswidrig oder nicht voll verantwortlich handelnden Werkzeugs bedient
J stellte sich Geschehen vor, bei dem sie aufgrund ihres überlegenen Wissens (G und) A als Werkzeug(e) einsetzt. Bei G ruft sie danach den Irrtum darüber hervor, dass A gerechtfertigt handeln würde, sodass es G am Vorsatz zur Teilnahme fehlt, s. o. Vorstellung, Täterin dieses Geschehens zu sein? a) Nach der Tatherrschaftslehre: J stellte sich vor, dass A irrt und daher im ETBI handelt.
überlegenes Wissen, bewusst planvoll-lenkend Gesschehen in den Händen gehalten b) Nach der modifizierten subjektiven Theorie: ist im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung der Tatumstände, Täterwillen: Fehlen einer sozialen Unterordnung, hohes Interesse der J am Erfolg Wille zur Tatherrschaft
J wollte daher mittelbare Täterin sein i. S. v. § 25 I Alt. 2 StGB. cc) Ergebnis Tatentschluss, einen Totschlag in mittelbarer Täterschaft zu begehen + b) Objektiver Tatbestand - Unmittelbares Ansetzen gemäß § 22 StGB aa) Gesamtlösung: der mittelbare Täter setzt an, wenn der Tatmittler ansetzt. = letztmöglicher Zeitpunkt für ein unmittelbares Ansetzen.
bb) anderen Ansichten stellen auf einen früheren Zeitpunkt ab. schon dann, wenn er auf den Tatmittler einwirkt wenn der mittelbare Täter das Geschehen aus der Hand gibt und das Tatobjekt aus Sicht des mittelbaren Täters bereits konkret gefährdet ist A hat den Schuss bereits abgegeben. daher hat A als Tatmittler schon die Tathandlung vorgenommen. Selbst nach der strengsten Theorie (Gesamtlösung) angesetzt. Nach allen Ansichten § 22 StGB +
3. Rechtswidrigkeit und Schuld sind gegeben. 4. Ergebnis §§ 212 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 2. Alt. StGB + II. §§ 212 Abs. 1, 211, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 2. Alt. StGB durch den Anruf bei G Falls für Teilnahme entschieden und nun (versuchte) Anstiftung zum Mord geprüft wird, muss bei den täterbezogenen Mordmerkmalen auf die Frage eingegangen werden, ob § 28 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB Anwendung findet Hier: Mordmerkmale Heimtücke und Straftatverdeckungsabsicht bzw. an sonstige niedrige Beweggründe in Betracht ziehen!
1. Straftatverdeckungsabsicht muss sich auf eine eigene oder fremde Straftat beziehen Taten ihres Ehemannes = für J fremde Straftaten Absicht, durch die Tötung die Aufdeckung der Tat oder die Aufdeckung der Identität des Täters zu verhindern? Tat selbst ist den Strafverfolgungsbehörden schon bekannt, im Vordergrund für J die Absicht, die Identität ihres Ehemannes geheim zu halten.
Allerdings durch Verwirrung bei den Ermittlungsorganen stiften. Straftatverdeckungsabsicht – (a. A. vertretbar) 2. sonstiger niedrigen Beweggrund? Tötung eines Menschen, nur um daraus einen - wenn auch nicht unmittelbar auf die Verdeckung einer Straftat gerichteten - Vorteil im Rahmen der Strafverfolgung zu erzielen = sittlich auf tiefster Stufe 3. Vorsatz gehabt haben, P2 heimtückisch zu töten? auf Arglosigkeit beruhende Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung ausgenutzt?
Durchsuchung durch maskierte Polizisten des Sondereinsatzkommandos durchgeführt = Situation in der eindringende Polizisten mit Gegenwehr rechnen Vorsatz, P2 sei arglos, - 4. Unmittelbares Ansetzen, Rechtswidrigkeit und Schuld + 5. Ergebnis versuchter Mord in mittelbarer Täterschaft + II. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 5, 25 Abs. 1 2. Alt. StGB durch den Anruf bei G 1. Tatbestand a) Objektiver Tatbestand
gegenüber P2 gefährliche Körperverletzung, s. oben mittelbare Täterschaft der J Anm.: Spätestens hier auch die Qualifikation prüfen. ! b) Subjektiver Tatbestand Vorsatz bezüglich aller Merkmale, auch bezüglich der Qualifikationsmerkmale des § 224 StGB und bezüglich der Begehung in mittelbarer Täterschaft +
2. Rechtswidrigkeit und Schuld + 3. Ergebnis gefährliche Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft + IV. § 258 Abs. 1 bzw. §§ 258 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1, 258 Abs. 4 StGB durch den Anruf bei G aus dem Sachverhalt nicht hervorgehend, dass es zu einem Vereitelungserfolg in Form einer Verzögerung gekommen ist Außerdem: § 258 Abs. 6 StGB Daher Strafbarkeit insoweit -
D. Gesamtergebnis und Konkurrenzen A und G: nicht strafbar J: §§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 2, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 2. Alt.; §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 5, 25 Abs. 1 2. Alt.; 52 StGB