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Steuerung und Eigendynamiken in verteilten Verkehrssystemen: Assistenzsysteme und Risiko in Schifffahrt und maritimer Logistik IFZ-Works, Graz, 16.-17. Juni 2005 Stephan Cramer Teilprojekt M14 im SFB 559, Dortmund Fachgebiet Techniksoziologie, Uni Dortmund. Gliederung:
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Steuerung und Eigendynamiken in verteilten Verkehrssystemen: Assistenzsysteme und Risiko in Schifffahrt und maritimer Logistik IFZ-Works, Graz, 16.-17. Juni 2005 Stephan Cramer Teilprojekt M14 im SFB 559, Dortmund Fachgebiet Techniksoziologie, Uni Dortmund
Gliederung: 1. Fragestellung, These 2. Containerschifffahrt 3. Feldforschung 3.1. Reederei: Containerdisposition 3.2. Terminal: CTA Hamburg 3.3. Schiffsbrücke: Assistenzsysteme 4. Fazit/Zusammenfassung: Hybridität, Risiko, Partizipation
1. Fragestellung, These • Gestaltungschancen und Probleme informatisierter Automatisierungen? • Empirische Indizien für „Hybridität“ (Rammert und Schulz-Schaeffer)? • These: Einführung informatisierter Automatiken in soziotechnischen Systemen - verändert den Umgang mit Risiken - wie gestalten? (Partizipation)
2. Warum Containerschifffahrt als Gegenstand? • economies of scale in der weltweiten Containerschifffahrt (9000 TEU) • und in der Küstenschifffahrt (300 TEU): „hub-and-spoke-system“ • Schifffahrt/maritime Logistik als System
(2.) Warum Schifffahrt? • Ein innovatives Handlungsfeld mit Laborcharakter • Transformation von Gefahren in Risiken • Terminus „Agent“ • Steuerung und Kontrolle komplexer Prozesse
3. Feldforschung • informatisierte Leitstände: hybrider „Entscheidungen“ (Abstimmungen) • dadurch gesteuerte „Handlungen“ (Aktivitäten) -Reedereien (Container-Disposition) - Containerterminals (Transshipment) - Schiffsbrücke (Hauptlauf) • Systemperspektive
3.1. Reederei • Schifffahrtskaufleute disponieren Container im Haus-zu-Haus-Verkehr • automatisierten Datenübersendung (EDI) zwischen Kunde, Reeder, Schiff und Terminal • telefonische Kommunikation mit allen Beteiligten - Routine: bis zu 80% per Telefon • Feinabstimmungen - Problembearbeitung
(3.1.) Interpretation • telefonische Rückkopplung - Interaktion: Bedeutung aushandeln • soziale und kommunikative Redundanz zum technisierten Datentransfer • und Problembewältigungsressource • keine Hybridität, keine Symmetrie/Substitution zwischen Menschen und Maschinen
(3.2.) Terminal: CTA Hamburg • vollautomatische Ladekräne • „Automated Guided Vehicles“ (AGVs)
(3.2.) Ablauf Transshipment • Zugriffsmöglichkeit des Leitstandes auf den kompletten Transport vom Lager auf das Schiff • = IT-“Vorgangskomponente“ • Vorgangskomponente „wägt alternative Stellplätze ab“ und berücksichtigt die sich daraus ergebende Auslastung der Umschlaggeräte • die IT-“Auftragskomponente“ „ist verantwortlich für ´ihr´ Gerät“ (AGVs, Kräne) • Auftragskomponente: lokale Optimierung der Reihenfolge von Zuführungsabläufen
(3.2.) Interpretation • Manuelle und automatische Abläufe greifen ineinander • Ablauf ist nicht durch im Programm festgeschriebene menschliche Vorab-Entscheidungen determiniert (AGV) • zwischen Mensch und Technik verteilte Abstimmung bei Teilprozessen auf der Ebene der • Kausalität (o.k) • Kontingenz (o.k.: erst technisch generierte Abstimmungen führen zu neuer Möglichkeit) (3) Intentionalität? Nur dann, wenn diese auf Steuerung reduziert wird
(3.3.) Assistenzsysteme: „verteilte“ Navigation • Integrierte Navigationsautomatik, Subsysteme - DGPS (digitale Satellitenortung) - ECDIS (elektronische Seekarte) • Routing Ergebnis eines verteilten Abstimmungsprozesses: - Wegpunkte (Mensch) • automatisierte Abstimmung zwischen Subsystemen • Automatisierte Regulation der Bordaggregate
(3.3.) Assistenzsysteme: Kollisionsvermeidung technisches Anders-Handeln-Können (Kontingenz) ? • Kurzfristige Routenoptimierung bei der Kollisionsvermeidung: - verschiedene Ausweichrouten als Wahlmöglichkeit - Variabilität der Ausgangsbedingungen - automatisierter Input • Assistenzsysteme in der Praxis: - flexibel, „kontextsensitiv“ - legt Zuschreibung von Kontingenz nahe
(3.3.) Entscheidungsunterstützungssystem Projekt an der TU-Berlin: RAS • Entscheidungshilfe in automatisierter Schiffsführung (AS = zuviel Information!) • Risiko für Bereiche des Schiffsführungsprozesses (Bahnführung, Reiseplanung, Verkehr, Tempo) wird skaliert • Anzeige von Entscheidungsprioritäten • Beim Simulatortraining Möglichkeit der Kompetenzbewertung (zu großes oder zu kleines (!) Risiko)
(3.3.) Interpretation • Entscheidungsunterstützung = assistiert dem Menschen beim Umgang mit Assistenzsystemen • möglicher Nebeneffekt: Risiko als Ressource, die immer genutzt werden muss • Risiko als unhinterfragter Teil routinisierter Praxis: • kein „slack“ • kein Refugium wenig riskanter Entscheidungen • Lokal: Erwartungsunsicherheit • Zentral: Erwartungssicherheit
4. Fazit Dispositionspraxis • kein geeignetes Umfeld für Einführung verteilten Abstimmungen • Handlungsfeld ist sozial zu anspruchsvoll: Aushandlungsprozesse • dem Kunden muss die Disposition begründet werden • erfordert Echtzeitkoordination mit kommunikativer Rückkopplung
(4.) Terminal • Teile des Terminals sind informatisiert automatisierbar • Verteiltes Agieren auf den Ebenen Kausalität und Kontingenz unter drei Voraussetzungen: • Soziale Enklave: Abschluss Aushandlungen • Physische/technische Enklave: Zaun • Rechtliche Enklave: Ausschluss der Gefährdung Dritter
(4.) „Verteilte“ Assistenzsysteme (Brücke) • Einbußen menschlicher „agency“ = Handlungsträgerschaft vor Ort • Technisch präformierte Abstimmmungen und Aktivitäten motivieren Adaptionen des menschlichen Entscheiders • praktischer Verlust der Exit-Option
(4.) Zusammenfassung • Hybridität ist Teil innovativer Subsysteme • Erhebliche Eingriffstiefe: Interdependenz und Emergenz (Risiko) • Partizipation auf der Planungsebene: Mangel an Vorerfahrung • Partizipation = Rückgriff auf heterogene Perspektiven zur Gestaltung von Systemen • Vorschlag: präventives Qualitätsmanagement bei der Planung soziotechnischer Systeme mit hybriden Komponenten