420 likes | 524 Views
Diagnostik in der beruflichen Rehabilitation - Einführung in Assessmentverfahren unter Einbeziehung förder- und prozessdiagnostischer Elemente. Modul: 022681 Ausgewählte Aspekte beruflicher Integration Leitung: Prof. Dr. Burtscher Gehalten am: 11.06.2008
E N D
Diagnostik in der beruflichen Rehabilitation - Einführung in Assessmentverfahren unter Einbeziehung förder- und prozessdiagnostischer Elemente Modul: 022681 Ausgewählte Aspekte beruflicher Integration Leitung: Prof. Dr. Burtscher Gehalten am: 11.06.2008 von: Bianca Leue & Dorothea Webersinke
1. Diagnostik • Diagnostik bei Menschen mit Behinderung ein fortwährender Prozess? • Diagnose (griech. ‚diagnosis‘): Entscheidungen • Ist Diagnostik gleich Diagnostik?
1.1 Statusdiagnostik • Ziel: Feststellung eines Ist-Zustandes • punktuell diagnostische Feststellung führt zu bestimmten Prognosen oder Entscheidungen • Voraussetzung: zeit-, situations- und populationsstabile Merkmale • Diagnostisch relevante Methoden zur Erfassung der Merkmale
1.1 Statusdiagnostik Diagnostisch relevante Methoden der Statusdiagnostik 1. Tests • psychometrische Verfahren • Leistungstests z.B.: • Intelligenztests • Funktions- und Eignungstests • psychometrische Persönlichkeitstests z.B.: • Einstellungs- und Interessentest
1.1 Statusdiagnostik Diagnostisch relevante Methoden der Statusdiagnostik 2.Standardisierte Verhaltensbeobachtungen • systematische Beobachtung • zufällige ‚Gelegenheitsbeobachtungen‘
1.2 Prozessdiagnostik • Vorrangiges Ziel: Feststellung von Veränderung innerhalb des diagnostischen Prozesses • ‚diagnostische Urteile‘ auf der Basis einer Bewertung zu unterschiedlichen Zeitpunkten (über mindestens 2 oder mehr Zeitpunkte)
1.2 Prozessdiagnostik Diagnostisch relevante Methoden der Prozessdiagnostik 1. Biografische Fragebögen 2. Gespräch • Anamnese • Exploration 3. Tests • Leistungstest, „…soweit sie die gegenwärtige Ausprägung von „Fähigkeiten“ und „Eignungen“ anzeigen.“ (Fisseni 2004, S. 258) • Projektive Verfahren, wenn sie „…die Entstehung von Verhaltensstilen und Konflikten andeuten.“ (Fisseni 2004, S. 258)
1.3 Heilpädagogische Diagnostik Heilpädagogische Diagnostik als Paradigmenwechsel zu einer Förder- und Prozessorientierten Diagnostik • Ressourcenorientierung heilpädagogische Diagnostik: Suche bzw. Erfassung von Entfaltungspotenzialen des Menschen mit Behinderung • subjektive Erfahrungs-, Denk und Handlungsweise des betroffenen Menschen in der Situation
1.3 Heilpädagogische Diagnostik Methoden heilpädagogischer Diagnostik 1. Beobachtung von Verhaltensweisen und Interaktionen 2. Analyse von Befragungen 3. Testpsychologische Verfahren, als Orientierungshilfe 4. Umfeldanalyse (Umfeldanforderungen und -erwartungen)
1.3 Heilpädagogische Diagnostik Umfeldanalyse Die Umfeldanalyse „… konzentriert sich einerseits auf die sozialen Gegebenheiten, auf Interaktionsstrukturen, Assisstenzen oder Erschwerungen, Stigmatisierungen usw. seitens des engeren und weiteren Umfeldes, und andererseits auf die sächlichen, materiellen Gegebenheiten (Wohn,- Ernährungs-, Arbeits-, Lern- und Freizeitgegebenheiten usw.)“ (zit n. Bach in Ondracek/ Störmer 2007, S.29) Beziehung zwischen Diagnostizierendem und Diagnostizierten!
1.3 Heilpädagogische Diagnostik Prozessualität • Schrittweiser Prozess der Diagnostik • kann „...immer nur in Zusammenarbeit und mittels offener Kommunikation mit dem Klienten und seiner sozialen Umwelt vollzogen werden“(Ondracek & Störmer 2007, S.31) • Benennung des Anlasses für eine diagnostische Untersuchung • Schaffung von Bedingungen für die Zusammenarbeit • Sammlung und Auswertung anamnestischer Daten • Informationen und Daten Beschreibung des Ist-Zustandes • Beschreibung des anzustrebenden Soll-Zustandes samt vorläufiger Prognosen seiner Erreichung sowie das Vorschlagen und Planen der dafür erforderlichen Aufgaben und Maßnahmen • Durchführung geplanter Handlungen, Vorgänge und Prozesse
1.3.1 Beispiel Praxisbeispiel: AG- BOA (Fachverband für Behindertenpädagogik Landesverbands Sachsen- Anhalt) • Arbeitsgruppe – Berufliche Orientierung und Ausbildung (AG BOA) • Ergebnisse: ‚Bedürfnisgerechte berufliche Orientierung und Vorbereitung von Jugendlichen mit dem Förderschwerpunkt Lernen beim Übergang von der Schule in die Berufsausbildung‘ • Material zur Diagnostik
1.3.1 Beispiel Ziele • Verbesserung des Übergangs Schule - berufliche Ausbildung • Senkung der Ausbildungsabbrüche Erhöhung der Integration in 1. Arbeitsmarkt • Material soll Informationsfluss gewährleisten und unterschiedliche Informationsbedürfnisse berücksichtigen
1.3.1 Beispiel Aufbau des Materials • Gemeinsame Dokumentation von Stärken und Leistungseigenschaften • BOA- Begleitbögen (1) • Informationen an das Arbeitsamt in Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung, • Begleitbogen zur beruflichen Orientierung und Ausbildung
1.3.1 Beispiel Aufbau des Materials - Weg des Begleitbogens Schule ↔ Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) ↓ Arbeitsamt ↔ Berufliche Vorbereitung/ Ausbildung
1.3.1 Beispiel Aufbau des Materials • Kriterienkatalog (2) zum BOA- Begleitbogen • Mathematik- Rechnen • Deutsch: Lesen, Schreiben, Sprechen • Arbeiten • Lernen • Verhalten
1.3.1 Beispiel Schwerpunkt Arbeiten • 2 Perspektiven • Außenperspektive Pädagogenteam • Innenperspektive Selbsteinschätzung des Jugendlichen
ARBEITEN VERHALTEN LERNEN
2. Assessment • engl.: to assess = einschätzen, beurteilen • Prozess fachlich erforderlicher und wissenschaftlich fundierter Einschätzung und Beurteilung • Ermittlung eines Zustandes als Grundlage der Gestaltung des Prozesses von Leistungen zur Teilhabe
2.1 ‚Assessmentcenter-Methode‘ (klassische Form) • ursprünglich: diagnostische Methode zur Personalauswahl und/oder -entwicklung • „Personalauswahl bezeichnet Maßnahmen, die dazu bestimmt sind, die Eignung von Personen für Berufe, Stellen oder Tätigkeiten zu erfassen.“(zit. n. DORSCH 1994 in FISSENI 2004, S. 397) • „Personalentwicklung bezeichnet Maßnahmen zur Analyse, Planung, Förderung und Evaluation des personellen Potenzials einer Organisation; Ziel ist es, die Effizienz zu verbessern und so die personellen Ressourcen eines Unternehmens zu kennen und zu fördern.“(zit. n. DORSCH 1994 in FISSENI 2004, S.397)
2.1 ‚Assessmentcenter-Methode‘(klassische Form) • Mittels Übungen realitätsnahe Anforderungen • Beobachtung liefern Informationen • Beteiligte sind: • Teilnehmer • Beobachter • Moderator
2.2 ICF-basiertes Assessment • bio-psycho-soziales Modell der ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health) • ICF-basiertes Assessment in der beruflichen Rehabilitation • Körperfunktion/-struktur • Aktivität/Leistungsfähigkeit • Partizipation/Leistung und Teilhabe • Einbeziehung personenbezogener Kontext- und Umweltfaktoren
2.3 Assessmentprozedur 6 Schritte: • Konkretisierung der Fragestellung und Zielgrößen sowie Bestimmung der Kriterien, die erfasst werden müssen • Auswahl geeigneter Assessmentinstrumente • Auswertung der einzelnen Test/ Untersuchungsergebnisse • Datenintegration und Gesamtbeurteilung • Ergebnisdokumentation • Ergebnisevaluation
2.4 Gütekriterien Hauptgütekriterien: - Objektivität - Reliabilität - Validität
2.5 Assessmentinstrumente / Assessmentverfahren • „Assessmentverfahren der beruflichen Rehabilitation dienen der Einschätzung und Beurteilung von individuellen Eignungsvoraussetzungen, die wiederum mit beruflichen Anforderungsmerkmalen in Beziehung gesetzt werden können.“ (Forschungsinstitut Berufliche Bildung 2006, Assessmentverfahren der beruflichen Rehabilitation, Online im Internet)
2.5 Assessmentinstrumente / Assessmentverfahren • unterschiedliche Erhebungsmethoden: • Test, • Fragebogen, • Aktenanalyse/Aktenscreening, • Beobachtung, • Anamnese, biographische Diagnostik, • Interaktionsdiagnostik • Ziel: passgenauer Arbeitsplatz
2.5 Assessmentinstrumente Online-Datenbank • http://www.assessment-info.de/assessment/ seiten/datenbank/assessmentkatalog-de.asp • Einblick in über 170 Assessment-instrumente • allgemeine Informationen zum Thema Assessment
2.5.1 Melba – Instrument zur beruflichen Rehabilitation und Integration • Einschätzungs- und Dokumentationsinstrument • Verfahren, mit dem „...einerseits die Fähigkeiten von Personen und andererseits die Anforderungen von Arbeitstätigkeiten dokumentiert und verglichen werden können“ (IQPR 2004, Melba, Online im Internet) • drei Elemente: Anforderungsprofil Fähigkeitsprofil Profilvergleich
2.5.1 Melba Anforderungsprofil • ermöglicht die Dokumentation der Anforderungen einer ganz bestimmten Tätigkeit • „Anforderungen sind alle diejenigen Aspekte bei einer Tätigkeit, die Einfluss auf diejenige Person haben, die die Tätigkeit ausführt.“ (Föhres, Kleffmann, Sturtz, Weinmann 2004, Handbuch II, S. 1)
2.5.1 Melba Anforderungsprofil • Anforderungsprofile ermöglichen u. a.: • Dokumentation der Anforderungsstruktur einer Tätigkeit • Kommunikation über diese Struktur • den Vergleich verschiedener Arbeitsplätze • die Gestaltung einer Tätigkeit entsprechend einer gewünschten Anforderungsstruktur
2.5.1 Melba Fähigkeitsprofil • ermöglicht die Dokumentation der Schlüssel-qualifikationen eines Menschen • „Schlüsselqualifikationen werden [...] als diejenigen Kapazitäten eines Menschen verstanden, die ihn [...] dazu befähigen, tätig zu werden“ (Föhres, Kleffmann, Sturtz, Weinmann 2004, Handbuch III, S. 1)
2.5.1 Melba Fähigkeitsprofil • Fähigkeitsprofile ermöglichen u. a.: • Dokumentation von Potentialen und Beeinträchtigungen • Kommunikation über die Stärken und Schwächen • Konzipierung von Personalentwicklungs- und Trainingsmaßnahmen • die Darstellung des Verlaufs Dokumentation des Erfolges einer Maßnahme
2.5.1 Melba Profilvergleich • Vergleich möglich zwischen: • Anforderungsprofil und Fähigkeitsprofil • Anforderungsprofilen • Fähigkeitsprofilen • Profilvergleich zur Beantwortung von Fragestellungen hinsichtlich: • des Themas Mensch und Arbeit • Anforderungsstrukturen verschiedener Tätigkeiten • Fähigkeitsstrukturen verschiedener Personen
2.5.1 Melba Profilvergleich • Profilvergleiche ermöglichen u. a.: • zu prüfen, ob eine gegebene Tätigkeit für eine bestimmte Person geeignet ist • festzustellen, warum die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit Schwierigkeiten bereitet • Ableitung von Maßnahmen zur Verbesserung der Platzierung • Beschreibung des Unterschieds zwischen zwei Tätigkeiten oder den Fähigkeiten von Personen“
2.5.1 Melba Anwendungen und Nutzung des Verfahrens Melba • zur fähigkeitsgerechten Tätigkeitsgestaltung • zur Entwicklungsplanung • zur Konzipierung und Erfolgskontrolle therapeutischer Maßnahmen • Entwicklung und Veränderung von Arbeitsplätzen • in Bereichen des ersten und zweiten Arbeitsmarktes • bei Fragen zur Personalauswahl in Profit-Organisationen • bei der Auswahl von Teilnehmern in Eingliederungs-maßnahmen oder WfbM
2.5.1 Melba Melba SL • Ergänzung zur Standardversion • differenzierte Dokumentation von Fähigkeiten und Anforderungen im unteren Skalenbereich • achtstufige Beurteilungsskala: • Profilwert 1 in Stufen B & C, • Profilwert 2 in Stufen D & E gegliedert • Skalenwert A für nicht gegebene Anforderungen oder Fähigkeiten • selbst geringfügige Veränderungen von Tätigkeiten oder Fähigkeiten können aufgezeigt werden
2.5.1 Melba Melba SL Anforderungen • Melba SL Anforderungen wird u. a. verwendet: • „...wenn die Anforderungen von Tätigkeiten insgesamt sehr niedrig sind • in Situationen, in denen auch geringfügige Veränderungen von Tätigkeiten bedeutsam sein können und dokumentiert werden müssen • wenn im Bereich der beruflichen Förderung für Personen mit sehr geringer Leistungsfähigkeit angemessene Tätigkeiten ausgewählt oder spezifisch angepasst werden sollen“ (Miro GmbH, Melba SL, Online im Internet)
2.5.1 Melba Melba SL Fähigkeiten • Melba SL Fähigkeiten wird u. a. verwendet: • „...wenn mit einer Klientel gearbeitet wird, deren Fähigkeiten zum Teil erheblich beeinträchtigt sind • wenn Veränderungen stark beeinträchtigter Fähigkeiten nur im geringen Maße bzw. nur über einen längeren Zeitraum hinweg erwartet werden“ (Miro GmbH, Melba SL, Online im Internet)
Zitat „Suchen und Finden ist zweierlei. Der Weg von Suchen und Finden ist nicht gerade und Willen und Vernunft genügen nicht, um ihn zu gehen. Man muss horchen, lauschen, warten können, Ahnungen offen stehen.“ (Hesse, zit. in Eberwein & Knauer 1998, zit. n. Boban & Hinz, S. 151)