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Ethische Implikationen der Allokation im Gesundheitswesen

Ethische Implikationen der Allokation im Gesundheitswesen. Ethik:Rat öffentlich „Solidarität und Rationierung: Zu einer gerechten Verteilung knapper Gesundheitsressourcen“ St. Virgil Salzburg – 23. März 2006 Peter Dabrock Fachgebiet Sozialethik (Bioethik) Fachbereich Evangelische Theologie

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Ethische Implikationen der Allokation im Gesundheitswesen

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Presentation Transcript


  1. Ethische Implikationen der Allokation im Gesundheitswesen Ethik:Rat öffentlich „Solidarität und Rationierung: Zu einer gerechten Verteilung knapper Gesundheitsressourcen“ St. Virgil Salzburg – 23. März 2006 Peter Dabrock Fachgebiet Sozialethik (Bioethik) Fachbereich Evangelische Theologie Philipps-Universität Marburg

  2. Konstitutionelle Dauerkrise jeden entwickelten Gesundheitssystems • Demographische Entwicklung • Doppeltes Altern • Epidemiologische Entwicklung • Panoramawechsel der Krankheiten und Behandlungsnotwendigkeiten • Medizinischer Fortschritt • Angebotsinduzierte Nachfragesteigerung • (Krise der Einnahmen)

  3. Grundsätzliche Optionen • mögliche Reaktionen: • Verbreiterung der Einnahmenseite  • Bsp. „Bürgerversicherung vs. Kopfpauschale“ • Konflikte mit der Finanzierung anderer Güter • Rationalisierung  • Bsp. DRG-Systeme, Praxisgebühr • begrenzter Effekt • Rationierung ? oder  • Priorisierung ? oder  • unter Realbedingungen • Dauerreforminitiative geboten • Pfadabhängigkeiten beachten

  4. Sozialethik als Distanzgewinnung und Kriterienberatung • Distanzgewinnung • Beitrag zum Legitimationsdiskurs • Kriterienberatung • Beitrag zum Anwendungsdiskurs • Schritte: • Sehen = Diagnose • Urteilen = Kriterien • Handeln = politische Handlungsempfehlungen

  5. Minimalbedingungen • Transparenz • Konsistenz • Legitimität • Nachvollziehbarkeit der Gründe • Evidenzbasierung • Widerspruchs- und Abhilfemöglichkeit • Regulierung und Kontrolle dieser Kriterien (Daniels , Sabin 2002; Marckmann 2006)

  6. Topographie von Wertentscheidungen im Gesundheitssystem Solidarität Eigen- verant- wortung Finanzierung VORAUS- SETZUNG: Grund- Spannung Ich Gruppen Gesellschaft ZIEL: Med. Effekti- vität System Versorgung Rundum Grund- Aufbau- Differenz Markt Staat Steuer Beitrag WEG: ökonomische Effizienz

  7. Sozialethik als Distanzgewinnung und Kriterienberatung • Distanzgewinnung • Beitrag zum Legitimationsdiskurs • Fragen: • grundsätzlich • Was sollen wir tun? Was müssen wir tun? • Was wollen wir tun? • im Blick auf eigene Lebensführung: • Was ist mir für mich die Gesundheit wert – für meine Lebensplanung, im Vergleich zu anderen Gütern? • Was bin ich gewillt, dafür an finanziellen, materiellen und zeitlichen Opfern zu bringen? • Welche persönlichen Vorlieben bin ich bereit, um der Gesundheit willen aufzugeben?

  8. Sozialethik als Distanzgewinnung und Kriterienberatung • Distanzgewinnung als Beitrag zum Legitimationsdiskurs • Fragen: • im Blick auf das Verhältnis von ind. + kollektiver Gesundheitsverantwortung: • Wie weit reicht die Solidarität unter den Menschen, um sich wechselseitig das Gut Gesundheit zu gewähren? • Kann nicht jeder für sich selbst sorgen? • Teilen wir heute noch immer die Werteinstellungen, die das deutsche Gesundheitswesen voraussetzt und in Strukturen gegossen hat? Welches Bild von gelingendem Zusammenleben steht hinter der solidarischen Gesundheitsversorgung? • Müssen wir umverteilen? • Gibt es ein Recht auf einegleiche Gesundheitsversorgung?

  9. Soziale Gerechtigkeit 1 • Vor dem Hintergrund knapper Ressourcen befragt soziale Gerechtigkeit soziale Institutionen, ob und wie sie eine Balance zwischen Freiheit und Gleichheit finden auf der Grundlagen fairer Verfahren und unter Beachtung der Menschenwürde eines jeden Menschen.

  10. Soziale Gerechtigkeit 2 • Hintergrund: • Ausgleich zwischen Freiheit und Gleichheit • ist sinnvoll, weil Menschenwürde impliziert • dass man ein menschenwürdiges Leben führen kann, sprich: • die eigene Persönlichkeit entfalten kann • sofern man andere nicht in ihrer Freiheitsentfaltung willkürlich verletzt • ist nötig, weil Menschen unter knappen Ressourcen unterschiedliche Lebensziele verfolgen und so Konkurrenz und Konflikt ausgeglichen werden müssen.

  11. Soziale Gerechtigkeit 3 • Breiter Konsens: Soziale Gerechtigkeit als Chancengerechtigkeit • Hoch umstritten: was die Chancen ermöglicht: • Grundgüter • gleiche Ressourcen (input) • gleiche Wohlfahrt (output) • gleiche Wohlfahrtschancen • - einmalig • wiederholt • Anspruchsrecht gegenüber Staat? • ideelle und / oder materielle Güter?

  12. ‚soziale Gerechtigkeit‘ als Befähigungsgerechtigkeit • „... I argue that the best approach to this idea of a basic social minimum is provided by an approach that focuses on human capabilities, that is, what people are actually able to do and to be, in a way informed by an intuitive idea of a life that is worthy of the dignity of the human being.” Martha Nussbaum 2006

  13. Gerechtigkeit als Inklusionsbefähigung Befähigung zur realistischen Teilnahmemöglichkeit an sozialer Kommunikation (freiheitsfunktionaler Suffizienzansatz) vgl. § 70 Abs. 2 SGB V: „humane Krankenbehandlung“

  14. Warum ‚soziale Gerechtigkeit‘ als Befähigungsgerechtigkeit? 1 • Differenzsensibel: Berücksichtigung (capabilities for functioning) von • Alter • Geschlecht • Konstitution • allgemein gesprochen: Gleichheitsgrundsatz impliziert: • Gleiches gleich • Gleiches nicht ungleich • Ungleiches nicht gleich • realistisches Menschenbild • geht nicht vom souveränen, atomistischen, gebildeten, immer entscheidungsfähigen Menschen(-konstrukt) aus • rechnet mit Verletzlichkeit, Scheitern, Angewiesenheit auf andere, kann alle Menschen integrieren • Begrenzung von Gerechtigkeitsansprüchen • Änderung der Beweislastigkeit mit Erreichung des Suffizienzkriteriums • spezielle Befähigung zu seiner realen Erreichung gerechterweise erforderlich • literacy

  15. Subjektiver Aspekt Sozialer Aspekt Krankheit Objektiver Aspekt Benchmarking einer Allokationsethik im Gesundheitswesen Beteiligungs- gerechtigkeit Verfahrens- gerechtigkeit Kompensations- gerechtigkeit Bedarf Leistungs- gerechtigkeit Befähigung zur sozialenInklusion Semantische Transparenz Intergeneratio-nelle Gerechtigkeit Effizienz und Effektivität Formale akteurs-bezogene Kriterien 1. Not, Schwere, Dringlichkeit (obj.) 2. Tragbarkeit, fehlende Konsumnähe (subj.) 3. Beeinflussbarkeit, Wirksamkeit (soz., instrumentell) Inhaltliche Priorisierungsstufen 1. Alle drei Aspekte 2. Zwei Aspekte, davon einer der objektive 3. Nur der objektive Aspekt 4. Subjektiver und sozialer Aspekt 5. Nur subjektiver oder sozialer Aspekt

  16. Subjektiver Aspekt Sozialer Aspekt Krankheit Objektiver Aspekt Befähigungsgerechtigkeitsnetzwerk als Kontrolle für Grundversorgungsmodelle Beteiligungs- gerechtigkeit Verfahrens- gerechtigkeit Kompensations- gerechtigkeit Bedarf Leistungs- gerechtigkeit Semantische Transparenz Intergeneratio-nelle Gerechtigkeit Effizienz und Effektivität Formale akteurs-bezogene Kriterien 1. Not, Schwere, Dringlichkeit (obj.) 2. Tragbarkeit, fehlende Konsumnähe (subj.) 3. Beeinflussbarkeit, Wirksamkeit (soz., instrumentell) Inhaltliche Priorisierungsstufen 1. Alle drei Aspekte 2. Zwei Aspekte, davon einer der objektive 3. Nur der objektive Aspekt 4. Subjektiver und sozialer Aspekt 5. Nur subjektiver oder sozialer Aspekt

  17. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Allokationsethik Gerechtigkeitsgrenzen in der Medizin

  18. III. Zählt Gleichheit? 3 • notwendig: Rechenschaft über das Verhältnis der elementaren Werte menschlichen Zusammenlebens: • grundlegend: Achtungsgleichheit, Menschenwürde • moralisch intrinsisches Ziel: Freiheit • moralisch intrinsisches Mittel: Gleichheit • Begründung: competitive utility • „Unter Bedingungen der Ressourcenknappheit […] ist die Frage, wie viel jemandem zusteht, nicht ablösbar davon zu beantworten, wie viel andere erhalten sollen“ (Pauer-Studer 2000: 53). • Über Realisierung von Achtungsgleichheit (Inklusion in Gesellschaft) wird soziale Gleichheit relevant

  19. III. Zählt Gleichheit? 4 • Über Realisierung von Achtungsgleichheit (Inklusion in Gesellschaft) wird soziale Gleichheit in Gesundheitsversorgung relevant • es geht um Chancengleichheit • Analogie zur biblisch-jüdisch-christlichen „vorrangigen Option für die Benachteiligten“ • vgl. „Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit“, Nr. 107 • gilt Chancengleichheit grenzenlos oder doch nur beschränkt? • wie weit also muss die Egalitarismuskritik berücksichtigt werden?

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