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Vorlesung Entwicklungspsychologie des Kindes- und Jugendalters Wintersemester 2008/09 PD Dr. Carlos Kölbl, Institut für Pädagogische Psychologie, Leibniz Universität Hannover. Entwicklungspsychologie des Kindes- und Jugendalters. 1. Einordnung der Entwicklungspsychologie
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Vorlesung Entwicklungspsychologie des Kindes- und Jugendalters Wintersemester 2008/09 PD Dr. Carlos Kölbl, Institut für Pädagogische Psychologie, Leibniz Universität Hannover
Entwicklungspsychologie des Kindes- und Jugendalters 1. Einordnung der Entwicklungspsychologie 2. Gegenstand und Aufgaben der Entwicklungspsychologie 3. Anforderungen an die Entwicklungspsychologie aus der Praxis 4. Menschenbildmodelle und theoretische Richtungen der Entwicklungspsychologie 5. Wegbereiter der Entwicklungspsychologie 6. Erläuterung des Vorlesungsprogramms
Einordnung der Entwicklungspsychologie Grundlagendisziplinen der Psychologie Allgemeine Psychologie Entwicklungspsychologie Differentielle und Persönlichkeitspsychologie Sozialpsychologie Biopsychologie Methodenlehre Anwendungsdisziplinen der Psychologie Klinische Psychologie, Pädagogische Psychologie, Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie
Gegenstand und Aufgaben Unter Entwicklung versteht man im allgemeinsten Sinne Veränderungen des Individuums im Zeitablauf. Deskriptive Aufgaben Explanative Aufgaben
Anforderungen aus der Praxis - Vorhersage (Prognose) - Veränderung (Intervention) - Vorhersage von Stabilität und Veränderung von Merkmalen und Verhaltensweisen - Begründung von Entwicklungszielen und Interventionszielen - Ermittlung und Bewertung von spezifischen Entwicklungsbedingungen - Planung und Evaluation von Interventionsmaßnahmen
Menschenbildmodelle Mechanistische Modelle Mensch als komplexe Maschine; Reaktivität und Determinismus; Beispiel: klassischer Behaviorismus Organismische Modelle Mensch als biologisches System; Selbstreproduktion und Selbstorganisation; Beispiel: Teile der Piagetschen Theorie Reflexive Subjektmodelle Mensch als rational Handelnder; Subjektivität, Intentionalität und Reflexivität; Beispiel: Humanistische Psychologie
Eine Typologie Umwelt aktivnicht aktiv aktivinteraktionist- Selbstgestaltungs- ische Theorien theorien Subjekt nichtexogenist- endogenistische aktivische Theorien Theorien
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Theoretische Richtungen Biopsychologie: biologische Determiniertheit psychischer Prozesse Tiefenpsychologie (psychodynamisches Modell): Freud, Adler, Jung, Horney, Fromm u.a.; Konzepte des Unbewussten und der Abwehrmechanismen Behaviorismus: Watson, Skinner u.a.; psychische Tatbestände als Resultate von Konditionierung Kognitive Psychologie: Miller, Bruner, Neisser u.a.; „to bring back mind to psychology“ Humanistische Psychologie: Rogers, Maslow, Ch. Bühler u.a.; betont eine den Menschen innewohnende Tendenz zur „Selbstaktualisierung“
Wegbereiter der Entwicklungspsychologie Johann Nicolas Tetens (1777) legt einen programmatischen Entwurf für eine Entwicklungspsychologie der gesamten Lebensspanne vor. Dietrich Tiedemann (1787) legt das erste auf systematische Beobachtung gegründete Tagebuch einer Kleinkindentwicklung vor. Adolphe Quetelet (1835) versucht über verschiedene Statistiken zu allgemeinen Entwicklungsverläufen zu kommen.
Wegbereiter der Entwicklungspsychologie William Preyer (1882) veröffentlicht einen der ersten „Klassiker“ der Kinderpsychologie: „Die Seele des Kindes“ Ellen Key ruft 1900 das „Jahrhundert des Kindes“ aus.
Wegbereiter der Entwicklungspsychologie Johann Nicolas Tetens (1736-1807) „Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung“ (1777) „Allemal aber kann die Frage: was kann aus dem Menschen werden, und was und wie soll man es aus ihm machen? Nur gründlich und bestimmt beantwortet werden, wenn die theoretische: was ist der Mensch? was wird er und wie wird er‘s in den Umständen und unter dem Einflusse der moralischen und physischen Ursachen, unter denen er in der Welt sich befindet? Vorher bestimmt und deutlich beantwortet worden ist“.
Wegbereiter der Entwicklungspsychologie Entwicklungen in den USA James Baldwin (1895) betont die Bedeutung von Nachahmungshandlungen für die geistige Entwicklung. G. Stanley Hall (1900) bezeichnet Kinderforschung als „Teil einer großen Kulturbewegung“. Hall ist wesentlicher Wegbereiter entwicklungspsychologischer und pädagogischer Forschungen in den USA. John B. Watson (1914), wesentlicher Mitbegründer des Behaviorismus, betont die fast ausschließliche Bedeutung von Umwelteinflüssen für die Entwicklung. Er führt erste Konditionierungsexperimente durch.
Wegbereiter der Entwicklungspsychologie Entwicklungen in den USA Arnold Gesell (1925) hält die Reifung für den wichtigsten Faktor der frühen Kindesentwicklung. Frankreich Alfred Binet (1905) entwickelt zusammen mit T. Simon die erste Intelligenztestreihe für Kinder. Jean Piaget (aus der Schweiz) beginnt seine Untersuchungen bei Binet.
Wegbereiter der Entwicklungspsychologie Sowjetunion Lev S. Vygotskij, Aleksandr R. Lurija und Aleksej N. Leont‘ev entwickeln ab den 1920er Jahren eine kulturhistorische Psychologie, die gerade auch für entwicklungspsychologische Fragestellungen bedeutsam wird.
Wegbereiter der Entwicklungspsychologie Deutschland/Österreich William Stern (1914): „Psychologie der frühen Kindheit bis zum 6. Lebensjahr“ Heinz Werner (1926): „Einführung in die Entwicklungspsychologie“ Karl Bühler (1918): „Die geistige Entwicklung des Kindes“ Charlotte Bühler (1928): „Kindheit und Jugend“ Eduard Spranger (1924): „Psychologie des Jugendalters“ Charlotte Bühler (1933): „Der menschliche Lebenslauf als psychologisches Problem“
Vorlesungsplan 6.10. Geschichte, Gegenstandsbereich und Aufgaben 13.10. Forschungsmethoden 20.10. Psychosexuelle Entwicklung 27.10. Identitätsentwicklung 3.11. Kognitive Entwicklung I 10.11. Kognitive Entwicklung II 17.11. Moralische Entwicklung I 24.11 Moralische Entwicklung II 1.12. Emotionale Entwicklung
Vorlesungsplan 8.12. Motivationale Entwicklung 15.12. Kontexte der Entwicklung I: Familie 22.12. Kontexte der Entwicklung II: Die Gruppe der Gleichaltrigen 5.1. Kontexte der Entwicklung III: Schule 12.1. Probleme im Jugendalter I: Externalisierendes Problemverhalten 19.1. Probleme im Jugendalter II: Internalisierendes Problemverhalten 26.1. Resümee
Literaturhinweise 1. Überblickswerke und Lehrbücher Fend, H. (2002). Entwicklungspsychologie des Jugendalters. Ein Lehrbuch für pädagogische und psychologische Berufe. Opladen: UTB. Keller, H. (Hrsg.) (1998). Lehrbuch Entwicklungspsychologie. Bern: Huber. Miller, P. (1993). Theorien der Entwicklungspsychologie. Heidelberg: Spektrum. Oerter, R. & Montada, L. (Hrsg.) (2002). Entwicklungspsychologie. Ein Lehrbuch (5. überarb. Aufl.). Weinheim: PVU. Straub, J., Kempf, W. & Werbik, H. (Hrsg.) (1997). Psychologie. Eine Einführung. München: DTV. Weinert, F. E. (Hrsg.) (1998). Entwicklung im Kindesalter. Weinheim: PVU.
Literaturhinweise 2. Zur Vertiefung der behandelten Themenbereiche Geschichte, Gegenstandsbereich und Aufgaben Montada, L. (2002). Fragen, Konzepte, Perspektiven. In R. Oerter & L. Montada (Hrsg.), Entwicklungspsychologie, S. 3-53. Forschungsmethoden Mey, G. (2005). Handbuch Qualitative Entwicklungspsychologie. Köln: Kölner Studienverlag. Petermann, F. & Rudinger, G. (2002). Quantitative und qualitative Methoden der Entwicklungspsychologie. In R. Oerter & L. Montada (Hrsg.), Entwicklungspsychologie, S. 999-1028.
Literaturhinweise Psychosexuelle Entwicklung Freud, S. (1998). Gesammelte Werke. Bd. 11: Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse (9. Aufl.). Frankfurt/M.: Fischer (Orig. 1917). Mertens, W. (2002). Psychoanalyse (6. Aufl.). Stuttgart: Kohlhammer. Identitätsentwicklung Erikson, E. H. (1994).Identität und Lebenszyklus. Drei Aufsätze. Frankfurt/M.: Suhrkamp (Orig. 1959). Kognitive Entwicklung Bringuier, J.-C. (1996). Jean Piaget. Im allgemeinen werde ich falsch verstanden. Hamburg: EVA.
Literaturhinweise Kognitive Entwicklung (Forsetzung) Ginsburg, H. P. & Opper, S. (1998). Piagets Theorie der geistigen Entwicklung (8. überarb. Aufl.). Stuttgart: Klett-Cotta. Kölbl, C. (2006). Die Psychologie der kulturhistorischen Schule. Vygotskij, Lurija, Leont‘ev. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Piaget, J. (1980). Das Weltbild des Kindes (frz. Orig. 1920). Frankfurt/M.: Ullstein. Piaget, J. (1983). Meine Theorie der geistigen Entwicklung. Frankfurt/M.: Fischer. Piaget, J. (1999). Über Pädagogik. Weinheim: Beltz.
Literaturhinweise Moralische Entwicklung Edelstein, W., Oser, F. & Schuster, P. (Hrsg.) (2001). Moralische Erziehung in der Schule: Entwicklungspsychologie und pädagogische Praxis. Weinheim: Beltz. Garz, D. (1995). Kohlberg zur Einführung. Hamburg: Junius. Heidbrink, H. (1992). Gerechtigkeit. Eine Einführung in die Moralpsychologie. München: Quintessenz. Kohlberg, L. (1995). Die Psychologie der Moralentwicklung. Frankfurt/M.: Suhrkamp. Oser, F. & Althof, W. (1994). Moralische Selbstbestimmung. Modelle der Entwicklung und Erziehung im Wertebereich (2. Aufl.). Stuttgart: Klett-Cotta.
Literaturhinweise Emotionale Entwicklung Friedlmeier, W. & Holodynski, M. (1999). Emotionale Entwicklung. Funktion, Regulation und soziokultureller Kontext von Emotionen. Heidelberg: Spektrum. Motivationale Entwicklung Heckhausen, J. & Heckhausen, H. (2005). Motivation und Handeln (3. Aufl.). Berlin: Springer. Kontexte der Entwicklung: Familie, Schule, Peers Fend, H. (2002). Entwicklungsaufgabe: Umbau der sozialen Beziehungen, S. 269-367. Opladen: UTB. Probleme im Jugendalter Fend, H. (2002). Risikoentwicklung in der Adoleszenz. In ders., Entwicklungspsychologie des Jugendalters, S. 417-455. Opladen: UTB.
Die Folien finden Sie hier: http://carlos.koelbl.phil.uni-hannover.de/lehre-forschung/