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Zum Zusammenhang von historischen Forschungs- und Lernprozessen

Zum Zusammenhang von historischen Forschungs- und Lernprozessen. Vergangene Wirklichkeit ≠ historisches Wissen ≠ historische Darstellungen.

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Zum Zusammenhang von historischen Forschungs- und Lernprozessen

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Presentation Transcript


  1. Zum Zusammenhang von historischen Forschungs- und Lernprozessen

  2. Vergangene Wirklichkeit ≠ historisches Wissen ≠ historische Darstellungen • „Wenn sich die französische Revolution ewig wiederholen müsste, wäre die französische Geschichtsschreibung nicht so stolz auf Robespierre. Da sie aber von einem Ereignis spricht, das nicht wiederkehren wird, haben sich die blutigen Jahre in Worte verwandelt, in Theorien und Diskussionen ...“ Milan Kunderas: Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins (Roman 1982)

  3. Unterschiedzwischen Forschungs- und Lernprozess • Umfang und Struktur des fachlichen Vorwissens • lebensweltliches Erfahrungswissen • lebensalterspezifisches Vergangenheits- und Geschichtsverständnis

  4. Phasen des historischen Erkenntnisprozesses Johann Gustav Droysen Fotografie vor 1868 1851-57 Professor in Jena 1857 Historik

  5. Am Anfang steht eine historische Frage … • begründet gegenwärtiges Interesse • grenzt Untersuchung ein • steuert Quellenauswahl • Hypothesen und Vermutungen Geschichtsunterricht: • Steuerungsinstrument des Lehrenden • Fragekompetenz der Lernenden z.B. nach der zeitgenössischen Wahrnehmung des Kriegsausbruches 1914 „Augusterlebnis 1914“

  6. Förderung der Fragekompetenz (Einsicht in heuristische Verfahren) • Konfrontation mit Quellenüberschuss • Internetrecherche in Online-Sammlungen • eigene Quellensuche in einem begrenzten Umfeld / Thema • Beschäftigung mit geschichtskulturellen Institutionen, die dem Suchen, Bewahren und Sammeln von Zeugnissen der Vergangenheit dienen (Archive, Museen)

  7. Thomas Nipperdey (1993) • gewaltige Woge der Kriegsbegeisterung • Krieg als Verteidigungskrieg • Schutz des Vaterlandes, das in Gefahr sei • Nation als der oberste aller Werte • Krieg selbst hatte etwas Befreiendes • mehr als eine Million ‚Kriegsfreiwillige‘ Thomas Nipperdey: Deutsche Geschichte 1866-1918. Zweiter Band: Machtstaat vor der Demokratie. 2., durchges. Aufl. München 1993, S. 778f.

  8. Wolfgang Kruse (1991) • weit übertriebene Zahlenangaben • verklärende Berichterstattung über die Kriegsfreiwilligen • propagandistische Intentionen [Absichten] • idealisierendes Bild von der Opferbereitschaft der Bevölkerung • Propagandaklischee bis heute prägend Wolfgang Kruse: Die Kriegsbegeisterung im Deutschen Reich Beginn des Ersten Weltkrieges. Entstehungszusammenhänge, Grenzen und ideologische Strukturen. In: Marcel van der Linden und Gottfried Mergner (Hrsg.): Kriegsbegeisterung und mentale Kriegsvorbereitung. Berlin 1991, S. 73-87.

  9. Jeffrey Verhey (2000) • Kriegsbegeisterung auf die Großstädte beschränkt • erfasste vor allem die gebildete Jugend • Gefühl der Einheit, Gemeinschaft war beschränkt • kleine Städte, auf dem Land, in Arbeitervierteln wenig öffentliche Begeisterung • Männer zeigten mehr Begeisterung als Frauen • Mehrheit der Deutschen empfand keine Kriegsbegeisterung Jeffrey Verhey: Der „Geist von 1914“ und die Erfindung der Volksgemeinschaft. Hamburg 2000, S. 190f.

  10. SuS überprüfen Plausibilität historischer Darstellungen (LeMO / DHM) Heuristik Kritik Interpretation Darstellung

  11. nationale Gemeinschaftserfahrung (Nipperdey)propagandistische Formung (Kruse)relative Reichweite (Verhey) • „In ganz ungeheuerlicher, unglaublicher Weise ist in den letzten Tagen die Bevölkerung planmäßig in eine Aufregung hineingehetzt worden, die zur Besinnungslosigkeit führt, führen soll, um die Volksmassen den Plänen gewisser Kreise gefügig zu machen. Mit gewissenlosen Hetzartikeln und erlogenen Nachrichten wird versucht, dem Volke die Meinung beizubringen, als ob es jeden Tag von Russland und Frankreich mit Krieg überzogen werden könnte. Dadurch soll die Bevölkerung hier in Deutschland in eine Kriegsstimmung hineingehetzt werden.“ Volkszeitung, 31. Juli 1914, S. 1: „Ein frevles Spiel mit des Volkes Gut und Blut“.

  12. nationale Gemeinschaftserfahrung (Nipperdey)propagandistische Formung (Kruse)relative Reichweite (Verhey) • „Die Verhängung des Kriegszustandes am 31. Juli und der Mobilmachungsbefehl vom 1. August haben in Marienheim dieselbe Aufregung, ja Bestürzung hervorgerufen wie anderswo. War doch die Ernte noch nicht hereingebracht und waren doch im Ort selbst wie in der ganzen reformierten Pfarrgemeinde eine Anzahl von Militärdienstpflichtigen, die sich sofort zum Abschied von den Ihrigen rüsten mussten.“ Aufzeichnung des Pfarramts Marienheim in Südbayern; zitiert nach: Benjamin Ziemann: Front und Heimat. Ländliche Kriegserfahrungen im südlichen Bayern 1914-1923. Essen1997, S. 43.

  13. nationale Gemeinschaftserfahrung (Nipperdey)propagandistische Formung (Kruse)relative Reichweite (Verhey) • „Was sich vom 30. Juli bis heute [6. August] in Berlin abspielte, ist eine Offenbarung des starken nationalen Empfindens, das in unserem Volke lebt. (…) Wer die Massen in den Straßen Berlins gesehen hat, wer fortgerissen mit ihnen marschierte, der wird Eindrücke bekommen haben, die sich ihm bis an das Lebensende nicht verwischen werden. (…) Welch ein großer Tag war das! Die Erregung stieg zu einer nicht beschreibbaren Höhe an. (…) Man war brüderlich; der Arbeiter, der in der Bluse barhäuptig die Fahne trug, der Akademiker, der neben ihm schritt, Kaufleute, Wandervogelscharen, Studenten mit dem Verbindungsband auf der Brust, Soldaten, die, zum Teil schon in der grauen Felduniform, sich singend in die Reihen der Marschierenden eingegliedert hatten. Oft ging man Arm in Arm, in Reihen zu 30 und 40 Menschen.“ Norddeutsche Allgemeine Zeitung, 6. August 1914, S.1: „In der Reichshauptstadt“.

  14. nationale Gemeinschaftserfahrung (Nipperdey)propagandistische Formung (Kruse)relative Reichweite (Verhey) • „Der ganze Bahnhof voll von Menschen. Die katzenjämmerlichste Stimmung herrschte, die ich je erlebt habe. Mütter, Frauen und Bräute und die übrigen Angehörigen bringen die jungen Männer zum Zuge und weinen. Alle haben das Gefühl: es geht direkt zur Schlachtbank. (…) Auf dem Bahnhof spielen sich unangenehme Abschiedsszenen ab. Die alte Mutter umarmt ihren Sohn, und beide verharren lange Zeit in dieser Stellung. Abfahrt. Man winkt. Man weint.“ Wilhelm Eildermann: Jugend im Ersten Weltkrieg. Tagebücher, Briefe, Erinnerungen. Berlin 1972, S. 61f.

  15. nationale Gemeinschaftserfahrung (Nipperdey)propagandistische Formung (Kruse)relative Reichweite (Verhey) Kundgebung im Berliner Lustgarten anlässlich der Mobilmachung 1914 Verabschiedung von Truppen in Wien, Anfang August 1914

  16. Quellenkritik • äußere und innere Quellenkritik Methodenwissen: • epochenspezifische Gattungen (Fotografie / Zeitgeschichte) • sektorenspezifische Ausdruckskraft (Wirtschafts- u. Sozialgeschichte, Statistiken) • Gattungsspezifik (Brief, Akten) • Perspektivität von Quellen (regierungsnahe vs. sozialdemokratische Presse) • Historizität der Quellensprache

  17. Zusammenstellung der aus den Quellen ermittelten Tatsachen Ordnung mit Blick auf die historische Frage Erstellung eines Sinnzusammenhanges mit Hilfe von Theorien und Kategorien Interpretationen im GU basieren auf geschichtstheoretischen aber auch alltagsweltlichen Annahmen über Temporalität (Dauer und Wandel, Analogien zur Gegenwart) Kausalität gesellschaftlicher Faktoren (Ursache, Wirkung) Verlaufsmuster historischer Entwicklungen (z. B. Aufstieg, Niedergang, Verfall) Rolle historischer Persönlichkeiten Interpretation

  18. Richtung an Adressaten berücksichtigt lebensweltliche Funktion Kommunikationsabsicht Komm.bedingungen Adressaten gegenstandsaffine Darstellung Interpretation verändert sich im Modus der Darstellung durch Konzentration und Verdichtung des Inhalts Fachspezifische Strukturierungskonzepte, die eine inhaltliche Fokussierung ermöglichen Vorstellungsskizzen Ästhetisierung (Gestalten von Plakaten) Darstellen

  19. Von Schülern gestaltete Ausstellung in der Dokumentations- und Gedenkstätte der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit in Rostock (2009) Geschichtslehrbuch für die Hauptschule, Zeitlupe 3, S. 106f.

  20. Prozessmodell historischer Erkenntnisverfahren Saskia Handro (2007), S. 26.

  21. Analogie zu unseren eigenen Handlungen und Motiven sich in die Situation der handelnden Menschen hineinversetzen aus der zeitlichen Differenz folgt Geschichtlichkeit des Verstehens selbst Konfrontation mit nicht überbrückbarer Alterität kognitiv-analytisches Verfahren widmet sich den Umständen und Rahmenbedingungen menschlichen Handelns d.h. beschreibbarer und intersubjektiv überprüfbarer Faktoren Untersuchung überindividuell wirksamer Tendenzen „Verstehen und Erklären“

  22. Grenzen des historischen Verstehens – am Bsp. Zustimmung zur Hitlerdiktatur Hitler in der Kantine der Parteizentrale („Braunes Haus“) in München (um 1933)

  23. Methodische Überlegungen für GU • auf Charisma und Mythos beruhende Herrschaft Adolf Hitlers, empathische Zugänge ungeeignet ! • suggestive Wirkung lässt sich für SuS nicht nachfühlend erleben • Redestil und Gestik wirken auf SuS eher komisch • daher intellektuell-kognitiver Zugang • Berichte derer, die Hitler erlebt haben, Tagebücher, Briefe, Fotos, Zeitzeugen • suggestive Wirkung herausarbeiten, die von Hitlers Auftritten ausging • moderne Propaganda- und Werbetechniken, die die Präsenz Hitlers sicherstellten, behandeln • sich mit Erklärungsmodellen der Geschichtswissenschaft („Mythos“, Ian Kershaw) auseinandersetzen

  24. Verbreitete Kriegsbegeisterung 1914 Erörtern von Nationalismuskonzepten d. 19. Jh. / deutsch-französische Erbfeindschaft „Zur Jahrhundertfeier der Freiheitskriege“, Postkarte 1913

  25. Literaturauswahl • Saskia Handro, Historische Erkenntnisverfahren, in: Hilke Günther-Arndt (Hg.): Geschichtsmethodik. Handbuch für die Sekundarstufe I und II, Berlin 2007, S. 25-45. • Johann Gustav Droysen, Grundriß der Historik. Die letzte Druckfassung, Leipzig 1882, in: Peter Ley u.a. (hg.), Historik. Historisch kritische Ausgabe, Stuttgart 2007, S. 413-450. • Bernd-A. Rusinek, Quellenkritik und –interpretation. Auf die Frage kommt es an, in: Lothar Dittmer, Detlef Siegfried (Hg.), Spurensucher. Ein Praxishandbuch für die historische Projektarbeit, Hamburg 2005, S. 180-198. • Henke-Bockschatz, Gerhard: Forschend-entdeckendes Lernen, in: Ulrich Mayer u.a. (Hg.): Handbuch Methoden im Geschichtsunterricht, Schwalbach/Ts. 2004, S. 15-29. • Bodo v. Borries, Wissenschaftsorientierung. Geschichtslernen in der „Wissensgesellschaft“, in: ebenda, S. 30-32 und 44-46. • Wolfgang Piereth, „Augusterlebnis“ 1914. Eine Frage der Quellen, in: Praxis Geschichte 3 (2007), S. 16-19. • Skandale in der Geschichte. Die Ergebnisse beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten, Spurensuchen 25 (2011). • Hans-Jürgen Pandel, Verführt, gezwungen, bestochen oder geblendet? Hitler und die Deutschen bis zur Machtübernahme, in: Christian Heuer u.a. (Hg.), Der Nationalsozialismus. Aufstieg und Gleichschaltung. Unterrichtseinheiten, standardbasiert und kompetenzorientiert, 1, Berlin 2010, S. 6-35.

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