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STRAFRECHT BT DIE ANEIGNUNGSDELIKTE

STRAFRECHT BT DIE ANEIGNUNGSDELIKTE. FS 2008 Prof. Dr. H. Vest Institut für Strafrecht und Kriminologie Universität Bern. GESCHÜTZES RECHTSGUT.

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STRAFRECHT BT DIE ANEIGNUNGSDELIKTE

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  1. STRAFRECHT BTDIE ANEIGNUNGSDELIKTE FS 2008 Prof. Dr. H. Vest Institut für Strafrecht und Kriminologie Universität Bern

  2. GESCHÜTZES RECHTSGUT • Geschütztes Rechtsgut der Art. 137 - 140 ist die sich aus der Rechtsstellung als Eigentümer ergebende tatsächliche und rechtliche Verfügungsmacht über die den Gegenstand des Eigentums bildende Sache (Rehberg/Schmid/Donatsch, Strafrecht III, 82)

  3. GRUNDELEMENTE DER ANEINGUNGSDELIKTE Alle Aneignungsdelikte haben als gemeinsamen Unrechtskern die • Aneignung (objektive Manifestation der Aneignungsabsicht) einer • fremden, beweglichen Sache in • der Absicht, sich oder einen anderen unrechtmässig zu bereichern (Ausnahme: Privilegierung gem. Art. 137 Ziff. 2 Abs.2)

  4. OBJ. TB: FREMDE, BEWEGLICHE SACHE • Sache - körperlicher Gegenstand (≠ Rechte & Forderungen soweit nicht in einem Wertpapier verkörpert; anders noch BGE 116 IV 134 ff. & 121 IV 258 ff.) - Abgrenzung zu Energie (Art. 142) und Daten (Art. 143f, 144bis) - wirtschaftlicher Wert irrelevant, so z.B. auch Schriftstücke - Aggregatzustand beliebig, sofern transportabel (Flüssigkeit, Gas) - Tiere gelten als Sachen (Art. 110 Abs. 3bis) - nicht Leichen und Leichenteile (vgl. aber Art. 262 Ziff. 2), sofern nicht ausnahmsweise Gegenstand der Eigentumsordnung - nicht fest mit dem Körper verbundenes prothetisches Material, wohl aber herausnehmbare bzw. herausgenommene Prothesen

  5. OBJ. TB: FREMDE, BEWEGLICHE SACHE • Fremd - Wenn nach den Eigentumsvorschriften des ZGB (641 ff.) fremdes Eigentum (auch Gesamt- bzw. Miteigentum) besteht - Herrenlose und derelinquierte Sachen, an denen der Eigentümer den Besitz mit Absicht des Eigentumsverzichts aufgegeben hat, sind nicht fremd - Achtung: Mit eigenem vermischtes Bargeld ist nicht mehr fremd (anders wenn separat aufbewahrt: BGE 81 IV 228; vgl. auch Art. 727 ZGB; 481 OR) - Streitig ist ob illegale Betäubungsmittel fremd sein können (verneinend: BGE 122 IV 179ff.; 124 IV 102ff.; 132 IV 5 ff. krit. Seelmann, recht 1997, 35ff.) • Beweglichkeit - Mobiliarsachenrecht massgeblich: Art.713ff. ZGB. Ausreichend, dass Be- weglichkeit durch Aneignungsakt entsteht (Abweidenlassen einer fremden Wiese: BGE 74 IV 54; Herausbrechen von Mineralien: BGE 100 IV 155)

  6. ANEIGNUNG • Die Aneignung besteht aus dem Willen zur dauernden Enteignung des bisherigen Eigentümers und dem Willen der mindestens vorübergehenden Zueignung der Sache und muss sich in einem äusserlichen Verhalten manifestieren (BGE 118 IV 151; 121 IV 25) gemischt subjektiv-objektives Element Bsp.: Verbrauch der Sache, Verfügung über sie (auch durch Verschenken), Leugnung des Besitzes, Verarbeitung, Vermischung und Vermengung (ZGB 727) der Sache (zur Verpfändung vgl. BSK-Niggli, Art. 137 N 38) Keine objektive Aneignung bei der offenen Weigerung, die Sache herauszugeben oder bei blossem Behalten eines geliehenen Gegenstandes

  7. ANEIGNUNG • Objektiv muss der Täter nach aussen erkennbar wie ein Eigentümer mit der Sache verfahren, obwohl ihm diese Rechtsstellung nicht zukommt: Quasi-Eigentümerposition (BSK Niggli, Art. 137 N17f. m.w.N.) • Streitig ist, ob das Objekt der Zueignung die Sache selbst oder der in ihr verkörperte Sachwert darstellt: - Substanztheorie = Aneignung als Überführung der Sachsubstanz (überzeugt dann nicht, wenn diese bedeutungslos ist, wie z.B. eine Eintrittskarte, jedoch eine „Schlüsselfunktion“ besitzt) - Sachwerttheorie = Aneignung als Überführung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Wert (überzeugt nicht, da sie all jene Sachen ungeschützt lässt, die weder einen Wert verkörpern noch einen wirtschaftlichen Wert haben - Vereinigungstheorie (vertreten von Rechtsprechung und Lehre; vgl. Stratenwerth/Jenny, BT I § 13 N 23 m.w.N.) = Aneignung , wenn die Sache selbst oder – bei Wertlosigkeit und Rückgabe derselben – der in ihr verkörperte Wert in das Vermögen des Täters überführt wird

  8. ANEIGNUNG Die subjektiven Elemente des Aneignungsbegriffs sind • die auf Dauer angelegte Enteignung des Berechtigten (Unterscheidung zur Gebrauchsanmassung, die nur in den gesetzlich geregelten Fällen von Art. 141 StGB und Art. 94 SVG [vgl. BGE 85 IV 21] strafbar ist) und • die zumindest zeitweise Zueignung des Objekts durch den Täter (Abgrenzung der Aneignungsdelikte von der blossen Enteignung eines anderen, etwa durch Sachbeschädigung gem. Art. 144 oder besondere Formen der Sachentziehung (z.B. Verstecken)

  9. ABGRENZUNG ZUR GEBRAUCHSANMASSUNG • Bei der Abgrenzung zwischen grds. strafloser Gebrauchsan-massung (Ausnahme: Art. 94 SVG und Art. 141 StGB) und strafbarer Aneignung sind qualitative Aspekte zu berücksichtigen. Wesentlich sind insb. – Art und Intensität der Benutzung der Sache – die intendierte Dauer kurzer, nur vorübergehender Gebrauch ist keine Aneignung, sofern die Substanz bzw. ihr Wert nicht beeinträchtigt wird Bsp.: - Wer ein Auto für eine Fahrt nach Indien “ausleiht“, begeht Aneignung in Form eines Diebstahls (keine übliche Ge- brauchsleihe) - Wer ein Fahrrad für eine Spritzfahrt mitnimmt um es im Anschluss daran zurückzustellen, begeht kein Aneig- nungsdelikt

  10. SUBJEKTIVER TATBESTAND • Vorsatz • Aneignungswille (Element der Enteignung und Element der Zueignung) • Absicht unrechtmässiger Bereicherung = direktes Handlungsziel

  11. Unrechtmässige Bereicherungsabsicht • „Bereicherung“ meint jegliche Art von Vermögensvorteil oder wirtschaftlicher Besserstellung. Der Vermögensvorteil muss nicht im Wert der angeeigneten Sache selbst, sondern kann auch im (illegalen) Gebrauch derselben liegen (Bsp.: BGE 78 IV 67f.; vgl. 92 IV 131; 111 IV 75 ff.; 128 IV 15 f.) • Unrechtmässigkeit der Bereicherung: • Weiter: Jeder Vermögensvorteil, auf den der Täter keinen rechtlichen Anspruch hat (BGE 129 IV 227) • Enger: Vermögensvorteil, der im Widerspruch zur Rechtsordnung steht (Ausschluss der eigenmächtigen „Vollstreckung“ von Naturalobligationen; vgl. aber BGE 107 IV 166: „Flying Dutchman“ – dazu BSK-Niggli, Art. 137 N 79 f.) • Achtung: Die Prüfung der Unrechtmässigkeit der Bereicherung hat nichts mit der Prüfung der Rechtswidrigkeit der Tat zu tun!

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