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STRAFRECHT BT BETRUG StGB 146

STRAFRECHT BT BETRUG StGB 146. Prof. Dr. H. Vest Institut für Strafrecht und Kriminologie Universität Bern. DAS GRUNDDELIKT Ziff. 1. 4 Stadien: Arglistige Täuschung Irrtum Motivationszusammenhang Vermögensdisposition Motivationszusammenhang Vermögensschaden Kausalzusammenhang.

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STRAFRECHT BT BETRUG StGB 146

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  1. STRAFRECHT BTBETRUG StGB 146 Prof. Dr. H. Vest Institut für Strafrecht und Kriminologie Universität Bern

  2. DAS GRUNDDELIKT Ziff. 1 4 Stadien: • Arglistige Täuschung • Irrtum Motivationszusammenhang • Vermögensdisposition Motivationszusammenhang • Vermögensschaden Kausalzusammenhang

  3. DIE TÄUSCHUNG (I) • Täuschung = jedes konkludente Verhalten mit falschem Erklärungs-wert (BGE 113 Ib 170?; krit. Schmid, SAG 1988, 136 f.; “Züri Gschnetzletes” Kalbfleisch?, BGE 99 IV 80 f.) • Vorspiegelung von Tatsachen (BGE 96 IV 145: “Unfallfreiheit”) • Äussere Tatsachen: Objektiv feststehende Geschehnisse/ Zustände: • Vergangene und gegenwärtige (zukünftige nur, wenn von naturgesetz-licher Art; d. h. nicht zukünftige Zahlungsfähigkeit oder Erfolgsaussichten einer Baueinsprache: BGE 89 IV 74) • Nicht: Prognosen, Wahrsagungen und reine Werturteile; anders bei Tatsachenkern: Abgrenzungen schwierig (BGE 119 IV 210) • Bei Insidergehabe ggf. bzgl. besonderer bestehender Kenntnisse, auch als Grundlage eines Werturteils • Innere Tatsachen (z.B. Vorspiegelung des Zahlungswillens beim Kreditbetrug: BGE 102 IV 84; nicht bzgl. Kreditkarte: BGE 111 IV 134)

  4. DIE TÄUSCHUNG (II) • Unterdrückung von Tatsachen • Ebenfalls ein Fall des positiven Tuns und nicht des Unter-lassens • Täter erweckt den Anschein, dass vorhandene Tatsachen nicht vorhanden sind (z.B. Übermalen einer schadhaften Stelle vor dem Verkauf eines “Unfallautos”; ist aber auch Vorspiegeln) • Bestärkung eines Irrtumes • Früher: Benutzung des Irrtumes eines anderen genügte • Neu: Aktives Handeln erforderlich (“Bestärken”) • Strittig, unter welchen Voraussetzungen eine solche Handlung arglistig ist, insb. wohl bei Machenschaften, einem Lügengebäude oder einem Vertrauensverhältnis!?

  5. BETRUG DURCH SCHWEIGEN (I) • Theoretisch möglich, wenn durch Schweigen eine spezif.Rechts-pflicht verletzt wird; Garantenstellung kann sich – theoretisch! –ergeben aus: • positivem Recht BGer 6S.364/2005: Meldepflicht gem. WG 40 bei Wiederauftauchen? • freiwilliger Übernahme (z.B. vorvertraglich eingegangene Aufklärungspflicht) • Abgrenzung zum sog. qualifizierten Schweigen mit positivem Erklärungsgehalt (Lehrbuchbsp.: “demonstratives” Nicht-Gemeint-Sein auf Frage “noch zugestiegen?” • BGE’s zu unechter Unterlassung sind meist keine Fälle eines rein passiven Schweigens: BGE 127 IV 163: Sozialleistungen

  6. BETRUG DURCH SCHWEIGEN (II) • Betrug durch Unterlassen/Nichtabwägung eines bevorste-henden Irrtums ist vom Fall der Nichtbeseitigung eines schon bestehenden Irrtums abzugrenzen (vgl. zu letzterem BGE 76 IV 158; generell Volk, JuS 1981, 880) • Betrug durch Schweigen kann demnach nur dadurch verübt werden, dass trotz Aufklärungspflicht einem sich bildenden Irrtum nicht entgegengetreten wird • Auch beim Betrug durch Schweigen ist Arglist erforderlich: Begehungsgleichheit i. S. sog. Modalitätenäquivalenz (BSK-Arzt, Art. 146 N 61)

  7. DIE ARGLIST (I) • Lügengebäude • Nicht jede Summierung von Lügen ist ein Lügengebäude • BGE 119 IV 36: “Lügen müssen von besonderer Hinterhältigkeit zeugen und so raffiniert aufeinander abgestimmt sein, dass dadurch auch ein kritisches Opfer getäuscht würde”, z.B. Simulation eines Schleudertraumas (BGer 6S. 379/2004) • Besondere Machenschaften/Kniffe • Täuschung wird durch spezifische Massnahmen (z.B. Ur-kundenfälschung bzw. Falschbeurkundung) abgesichert (vgl. BGE 116 IV 25; 122 IV 205; 126 IV 165; liegt nur eine straflose schriftl. Lüge vor, kann diese trotzdem ein Lügengebäude konstituieren!)

  8. DIE ARGLIST (II) • Bloss falsche Angaben, sofern: • Überprüfung unmöglich oder schwierig: z.B. innere Absichten, Zahlungswille: BGE 119 IV 288; 118 IV 361 m.H. ; nur indirekte Überprüfung der Zahlungsfähigkeit • Überprüfung unzumutbar: z.B., sofern besondere Fachkenntnisse vorausgesetzt (BGE 96 IV 147; Kilometerstand von Auto: BGE 119 IV 129; Gemeinnützlichkeit des Verkaufserlöses: BGE 72 IV 128 f.; akadem. Titel: BGE 106 IV 362; Reh oder Antilope) • Abhalten des Opfers von einer möglichen Überprüfung: z.B. Abhalten von der Besichtigung des Kaufobjektes (BGE 72 IV 159 f: Pferdehandel) • Täter sieht voraus, dass das Opfer aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses von einer Überprüfung absieht: z.B. persönl. Beziehungen oder lange geschäftliche Zusammenarbeit; vgl. BGE 107 IV 171; 119 IV 37; nicht aber BGE 117 IV 142: Dealer-Partner

  9. OPFERMITVERANTWORTUNG I • Missachtung grundlegendster Vorsichtsmassnahmen i. S. von grober Leichtfertigkeit: Gesamtabwägung aller Umstände; bei bes. Arglist auch Fachleute geschützt: BGE 133 IV 171; krit. Bspr. AJP 2007, 1199 • nicht nur bei einfachen Lügen, auch bei Lügengebäude (BGE 126 IV 171 f.) und Machenschaften (BGE 128 IV 20 f.) • Opfermitverantwortung führt zu Verneinung der Arglist; wird in der bger Praxis selten bejaht (BSK-Arzt, Art. 146 N 57 ff.): — geschäftl. (sehr) erfahrene Opfer: BGE 72 IV 12; 107 IV 169 — mögl. bei völlig unrealistischen Gewinnversprechungen: in BGer 6S.168/2006 (Nigeria-Connection) verneint — bei wiederholter Täuschung durch gleichen Täter

  10. OPFERMITVERANTWORTUNG II • Prinzip. auch Dumme, Leichtgläubige und Schwache ge-schützt: BGer 6S.168/2006 • Schutz besonderer Opferkategorien: Ausländer u. Fremde (BGE 120 IV 186); Kranke (BGE 106 IV 358); Kinder, Betag-te; erkennbar intellektuell Unterlegene (BGE 109 IV 210); emotional Abhängige. „Beziehungsbetrug“ (BGE 128 IV 255)

  11. DER IRRTUM (I) • Die Handlung des Täters muss beim Opfer ein auf dem Irrtum beruhendes Motiv hervorrufen • Definiton: Jede Diskrepanz zwischen Vorstellung und Wirklichkeit, wobei unerheblich ist, ob sich der Getäuschte eine konkrete unkorrekte Vorstellung bildet oder ob ihm lediglich die richtige Vorstellung fehlt; — d.h. Verkennen und Nichterkennen der Sachlage sind gleichwertig) • Diskrepanz besteht auch bei Zweifeln (BGE 118 IV 38), nicht aber bei Gleichgültigkeit

  12. DER IRRTUM (II) • Tatbestandsmässig ist nur die Einwirkung auf die Vorstel-lung, nicht diejenige auf die Wirklichkeit, durch welche eine Vorstellung falsch wird (z.B. blinder Passagier (=Art. 150); — falsch deshalb BGE 96 IV 188 f.: Computermanipulation) • Falls eine motivierende Einwirkung vorliegt, ist es unerheb-lich, ob auch noch andere Beweggründe zur Vermögensver-fügung geführt haben (z.B. Altersschwachsinn, Kritiklosigkeit oder leichte Beeinflussbarkeit)

  13. DIE VERMÖGENSVERFÜGUNG (I) Voraussetzungen: • Unmittelbar vermögensmindernde Wirkung • Gesetzliche Umschreibung zu weit (“Verhalten”) • Nur Vermögensdisposition stellt sicher, dass der Betreffen-de sich selbst oder seiner Verfügung unterliegendes Ver-mögen schädigt (Gegenbeispiel: überlisteter Arzt) • Unmittelbar vermögensmindernde Wirkung liegt nicht vor, wenn der Eingriff ins Vermögen erst durch eine weitere Handlung des Täters oder eines Dritten geschieht • Wahlfreiheit • Das Veranlassen einer Vermögensverfügung setzt eine gewisse Wahlfreiheit voraus (nicht gegeben im Falle des falschen Polizisten, der eine Beschlagnahme vortäuscht = Diebstahl: BGHSt 18, 233)

  14. DIE VERMÖGENSVERFÜGUNG (II) • Verfügungsmacht: • Der Verfügende und der Geschädigte brauchen nicht identisch zu sein (“Dreiecksbetrug”; BGE 126 IV 113) • Der Verfügende muss jedoch in Bezug auf das fremde Vermögen eine gewisse Verfügungsmacht besitzen: Ermächtigungstheorie • Umstritten ist, ob eine tatsächliche Verfügungsmacht genügt (Stratenwerth), oder ob eine rechtliche Verfügungsbefugnis zu fordern ist (Schubarth/Albrecht) • Vorzugswürdig: sog. “Lagertheorie”: Vest, AJP 2001, 1464

  15. DIE VERMÖGENSVERFÜGUNG (III) Sind diese drei Voraussetzungen erfüllt, ist es gleichgül-tig, worin die Vermögensverfügung besteht; Möglichkei-ten sind: • Verpflichtungsgeschäft, Verpflichtungserklärung • Erfüllung (Verfügungsgeschäft) bzw. Unterlassung der Gel-tendmachung einer Forderung • Tatsächlich vermögensvermindernde Handlung (z.B. Übergabe des Besitzes; Erbringen einer Arbeitsleistung) • dass Opfer die Vermögensverfügung überhaupt erkennt, ist nicht notwendig (BGE 100 IV 273: Abschluss einer Lebensversicherung)

  16. DIE VERMÖGENSVERFÜGUNG (IV) • Sonderfall des Prozessbetruges • Täuschung des Richters in der Absicht, ihn zum Nachteil des Prozessgegners zu einem unrichtigen Urteil zu veranlassen (Sonderfall des Dreieckbetrugs) • Entgegen seiner früheren Auffassung hat das BGer in BGE 122 IV 197 die Strafbarkeit wegen Betruges anerkannt (davor nur Strafbarkeit i.S.v. Art. 306, 307 StGB)

  17. DER MOTIVATIONSZUSAMMENHANG • Zwischen Täuschung, Irrtum und Vermögensdisposition muss ein Motivationszusammenhang bestehen (Kausalzusammenhang genügt nicht; vgl. BGE 119 IV 214) • Diese Anforderung fehlt etwa bei der Benutzung einer Kredit- oder Checkkarte durch ihren insolventen Inhaber (BGE 112 IV 81 f.)

  18. DAS GESCHÜTZTE VERMÖGEN (I) • Strafrechtlicher Vermögensbegriff: • Juristischer Vermögensbegriff • “Rechtsraub”: Vermögen als Summe aller Vermögensrechte und -pflichten • Problem: • Besitz und gesicherte Anwartschaften sind nicht geschützt, wohl aber gänzlich wertlose Gegenstände und Forderungen • zirkuläre “Begründung” • Wirtschaftlicher Vermögensbegriff • Summe aller geldwerten Güter • Problem: Aspekt der juristischen Schutzwürdigkeit der betref-fenden Vermögenswerte wird ausgeblendet (z.B. Killerlohn) • Wertungswiderspruch zum Zivilrecht

  19. DAS GESCHÜTZTE VERMÖGEN (II) • Strafrechtlicher Vermögensbegriff (Forts.): • Juristisch-wirtschaftlicher Vermögensbegriff • Summe der rechtlich geschützten wirtschaftlichen Werte • Ausgangspunkt ist die Existenz eines wirtschaftlichen Werts; danach ist zu prüfen, ob dieser auch rechtlich geschützt ist • Personaler Vermögensbegriff • personal strukturierte Ressourcen, die Gegenstand eines Rechtsgeschäfts “Tausch gegen Geld” bilden können

  20. VERMÖGENSSCHADEN (I) • Vermögensbestand • entgangener Gewinn nur, wenn Anwartschaftsrecht oder Exspektanz mit aktuellem wirtschaftlichem Wert • alle subjektiven (dinglichen, obligatorischen und immateriellen) Vermögenswerte • Arbeitsleistung (als versachlichtes Substrat der Arbeitskraft) • Nutzungsmöglichkeiten (z.B. Besitz) • handelbare Berufs- und Geschäftsgeheimnisse nicht: reines Affektionsinteresse; wertlose Forderungen; höchstpersönliche Rechte

  21. VERMÖGENSSCHADEN (II): BERECHNUNG • Differenzmethode • „Gesamtsaldierung“ (Vergleich des Gesamtvermögens vor und nach der Vermögensverfügung) • Praxis: 1. Feststellung, ob Verminderung der Aktiven bzw. Vermehrung der Passiven; wenn ja 2. Feststellung, ob voller Ausgleich durch unmittelbaren Wertzuwachs; wenn nein 3. Existenz vollwertiger Kompensationsansprüche

  22. BEISPIEL 1: BGE 96 IV 145 - OCCASIONSWAGEN Der betrügerische Kaufvertrag über einen angeblich unfall freien Personenwagen zu einem übersetzten Kaufpreis war nichtig, weil die gesetzlich vorgeschriebenen Formvorschriften für den Abzahlungsvertrag (OR 226a Abs. 2) irrtümlich nicht eingehalten worden waren. Der Käufer hatte im übrigen den Kaufpreis noch nicht beglichen. Das Bger verurteilte wegen versuchten Betruges.

  23. DER VERMÖGENSSCHADEN (III) • Subjektive Konzeption (Bundesgericht) Vermögensschaden liegt vor, wenn die Leistung und die Gegenleistung in einem ungünstigeren Verhältnis stehen als vorgespiegelt; d.h. wenn die Leistung - den subjektiven Erwartungen des Opponenten; (BSK-Arzt, Art. 146 N 106); oder - den vertraglichen Zusicherungen; oder - den individuellen Bedürfnissen widerspricht • Objektive Konzeption Vermögensschaden liegt vor, wenn kein objektives Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung besteht

  24. BEISPIEL 2: BGE 99 IV 80 - HIRSCHPFEFFER! Ein Wirt serviert unter der Bezeichnung "Rehfleisch" ausgebeintes Hirschfleisch, weil seinen Gästen das nicht ausgebeinte Rehfleisch nicht schmeckte. Das ausgebeinte Hirschfleisch kostete gleichviel wie Rehfleisch mit Knochen und wurde zum Marktpreis abgegeben, ausgebeintes Rehfleisch wäre dagegen erheblich teurer gewesen.

  25. VERMÖGENSSCHADEN (IV):OBJ.-INDIVIDUELLE KONZEPTION (h.L.) • Vermögensschaden, wenn die Gegenleistung objektiv zwar gleichwertig ist, • aber für die zumutbaren individuellen Zwecke des Betroffenen unbrauchbar ist oder • zu weiteren vermögensschädigenden Massnahmen zwingt oder • die Aufrechterhaltung einer angemessenen Lebensführung verunmöglicht

  26. BEISPIEL 3: BGE 71 IV 138 – VERSCHNITTENER ROTWEIN Ein Weinhändler verkaufte ca. 40'000 Liter mit gewöhnlichem Burgunder bzw. billigem portugiesischen Wein verschnittenen Rotwein teilweise unter der Bezeichnung eines für den Vertrieb erstklassiger französischer Weine bekannten Händlers, teilweise mit der Phantasiebezeichnung "grand crus du Mâconnais" unter eigenem Namen zu einem übersetzten Preis. Selbst wenn der Wein zu einem marktgängigen Preis für einen solchen Verschnitt verkauft worden wäre, hätte der Käufer immer dann einen Schaden erlitten, wenn er eine relevante Mindestmenge Qualitätsburgunder hätte erwerben wollen, etwa zwecks Weiterverkauf oder Lagerung

  27. BEISPIEL 4: BGE 100 IV 273 - LEBENSVERSICHERUNG Ein Versicherungsvertreter schloss mit einer Anzahl junger Leute Lebensversicherungen ab, indem er ihnen vorspiegelte, ihre Unterschrift diene nur der unverbindlichen Anforderung weiterer Unterlagen. Das BGer rekurriert in seinem Urteil explizit auf den objektiv-individuellen Schadensbegriff, versteht diesen aber subjektiv, wenn es ausführt, "dass der Geschädigte eine Gegenleistung von geringerem Wert erhält, als ihm versprochen wurde". Objektiv entsprach die Versicherungsleistung dem Wert der dafür geforderten Prämienzahlungen. Zum Kern der Sache stösst der Kassationshof dagegen vor, wenn er feststellt, die finanzielle Verpflichtung, 30 Jahre Prämien zu bezahlen, komme angesichts der damit verbundenen Beschränkung der vermögensrechtlichen Verfügungsfreiheit einem Schaden gleich.

  28. VERMÖGENSSCHADEN (V): ZEITPUNKT • Wertvergleich des Vermögens durch „Gesamtsaldierung“ vor und nach der eingegangenen Verpflichtung (Eingehungsbetrug) bzw. erfolgten Verfügung (Erfüllungsbetrug) • Spätere Veränderung des Vermögens sind irrelevant (BGE 120 IV 122, 135)

  29. DER VERMÖGENSSCHADEN (VI):EINGEHUNGS- & ERFÜLLUNGSBETRUG • Eingehungsbetrug: Begründung von Ansprüchen oder Verbindlichkeiten: Schadensermittlung durch Vergleich der einander gegenübertretenden Ansprüche • Erfüllungsbetrug: Zu- oder Abgang von stofflichen Vermögensbestand-teilen: Schadensermittlung durch Vergleich zwischen der eingegangenen schuldrechtlichen Verpflichtung und der erbrachten/empfangenen Leistung

  30. BEISPIEL 5: BGE 74 IV 146 – FAULES DARLEHEN (vgl. 102 IV 84) Die getäuschte Person geht einen ungesicherten Darlehensvertrag in Höhe von Fr. 30‘000.- zugunsten einer konkursreifen Firma ein. Der Schaden ist bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eingetreten, da der Darlehensnehmer die Auszahlung jederzeit erwirken kann (Klage, Betreibung). „Die Einrede wegen Täuschung, die ihm zustand, konnte ihm erst vom Augenblick an nützen, wo er vom Betruge Kenntnis hatte“ (153).

  31. VERMÖGENSSCHADEN (VII) • „echter“ Erfüllungsbetrug: Verplichtungsgeschäft ist ausgeglichen; Täter entschliesst sich nachträglich zur vertragswidrigen Leistung • „unechter“ Erfüllungsbetrug: Täter ist von Anbeginn an hinsichtlich vertraglich zu-gesicherter Eigenschaften nicht erfüllungswillig bzw. -fähig

  32. VERMÖGENSSCHADEN (VIII): VERMÖGENSGEFÄHRDUNG • Vermögensgefährdung genügt nicht • Vorübergehender Schaden reicht aus • Schadensgleiche Vermögensgefährdung: Gefährdungs-schaden • bei erheblicher Gefährdung gilt das Vermögen – aus wirtschaftlicher Sicht – als bereits vermindert; da • buchhalterische Wertberichtigung bzw. Rückstellung erforderlich

  33. INTENSITÄT DES SCHADENS (IX) • Beispiele: • Kreditbetrug = Erwerb einer dubiosen Forderung; • Kauf einer gestohlenen Sache (vgl. Art. 934 ZGB); • grundsätzlich nicht: Erwerb einer veruntreuten Sache (Art. 933 ZGB: strittig); • grundsätzlich nicht: Verkauf ertrogener Sachen (strittig: a. A. BGE 121 IV 26)

  34. VERMÖGENSSCHADEN (X): EINSEITIGE VERMÖGENSHINGABE • Subj. Schadenskonzeption (BGer) funktioniert auch bei Spenden- (BGE 72 IV 126; 106 IV 26), Bettelbetrug (BGE 80 IV 193) etc . • Obj. Schadenskonzeption scheidet aus, da Zweckverfolgung nicht quantifizierbar • Ausweichen auf Lehre von der sozialen Zweckverfehlung: Zweckverfehlungskonzeption • Zweckverfehlungslehre ist keine allg. Schadenskonzeption • Spezialfälle: — Subventionsbetrug: Art. 14 VStrR (Leistungs-/Abgabebetrug) — Steuerbetrug: Art. 59 StHG; Art. 186 DBG (Urkundenmodell!)

  35. SUBJEKTIVER TATBESTAND • Vorsatz (dolus eventualis genügt) • Bereicherungsabsicht • Erstrebung eines Vorteiles für sich oder einen anderen (nicht bei eigenmächtiger Darlehensaufnahme mit Bereitschaft und Fähigkeit rechtzeitiger Rückzahlung) • Stoffgleichheit, d.h. der erstrebte Vermögensvorteil muss den verschobenen Vermögensbestandteilen entsprechen (BGE 134 IV 210; Bspr.: Häring, AJP 2008, 1596) • direkte Absicht (strittig) • Unrechtmässigkeit • Betrug entfällt, wenn der Täter einen Anspruch auf die Bereicherung hat

  36. BETRUG – KONKURRENZEN • nach h.L. stets echte Konkurrenz mit Urkundenfälschung (probl.; vgl. bei Art. 251) • Sicherungsbetrug nach Aneignungsdelikt mitbestrafte Nach-tat, da/soweit er sich g. das Vermögen des Erstgeschädigten richtet • Verwertungsbetrug: echte Konkurrenz, sofern er sich g. das Vermögen einer Drittperson richtet, so z.B. bei Verkauf einer gestohlenen Sache; sonst mitbestrafte Nachtat (z.B. Abhe-bung von gestohlenem Sparheft)

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